Frank Witzel

Onafhankelijk van geboortedata

De Duitse schrijver en muzikant. Frank Witzel werd geboren in 1955 in Wiesbaden. Als kind leerde de veelzijdige kunstenaar verschillende instrumenten en vervolgens begon hij als tiener te tekenen en te schrijven. Hij schreef gedichten, proza, essays en bijdragen aan culturele en literaire tijdschriften. In 1978 verscheen zijn eerste dichtbundel ” Stille Tage in Cliché” met zijn eigen illustraties. Het tweede deel van ” Tage ohne Ende , volgde in 1980. Hoewel zijn vroege prozawerk – een aantal korte verhalen en romanfragmenten – tot nu toe ongepubliceerd bleef, dienden zich hier al de belangrijkste elementen van zijn latere teksten aan. Met de roman “Blue Moon Baby” lukte hem in 2001 de doorbraak. “Blue Moon Baby” vertelt het verhaal van de leraar Hugo Rhäs, waarvan de verhaallijn zich met andere – zoals over de bizarre verschijning van spion zonder been Douglas Jr. in Wisconsin – overlapt. Hier verbindt Witzel moderne samenzweringstheorieën met elementen van de spionageroman, doorspekt met verwijzingen naar popcultuur en literatuur: Ook in de volgende roman “Revolution und Heimarbeit” (2003) combineert Witzel samenzweringstheorieën – zoals de vermeende gesimuleerde maanlanding in 1969 – met een reeks van groteske gebeurtenissen, kritiek op het kapitalisme en freakshow elementen. Voor zijn boek “Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969” ontving Witzel in 2012 de Robert Gernhardt Prijs.

Uit: Bluemoon Baby

“Horst Janssen war fest davon überzeugt, daß er alles zu zeichnen vermochte. Er sagte das einmal in einem Interview, das im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Wenn man sich jedoch seine Zeichnungen anschaut, so sind es meist verwelkte Blätter und eingetrocknete Früchte, die darauf zu sehen sind. Und wenn es keine verwelkten Blätter und eingetrockneten Früchte sind, so sieht es doch aus wie verwelkte Blätter und eingetrocknete Früchte. Ich finde, daß die Zeichnungen durchaus ge-konnt aussehen. Vielleicht konnte Horst Janssen auch tatsächlich alles zeichnen. Können im Sinne von: die Möglichkeit zu etwas besitzen. Ge-tan hat er es mit Sicherheit nicht. Das ist auch nicht weiter schlimm. Aber warum hat er so viel getrunken? Und warum war er o so unglücklich? Und so alt ist er nun auch nicht geworden.
Natürlich kann man solche Fragen nicht beantworten. Es wäre sogar zynisch, wollte man sie beantworten. Aber man kann sie stellen. Rein rhetorisch, weil gewisse Vorstellungen mit anderen Vorstellungen zu tun haben. Auf der Rückseite eines dtv-Taschenbuchs von Horst Janssen steht ein Zitat von ihm, das lautet: »Mich haben die Götter ungemein gestraft mit meinen Gaben.« Das ist es, was ich meine. Der Künstler denkt mit einem Mal, daß er alles zeichnen kann, und daß das eine Gabe sei, und daß es Götter gibt, die einen dann noch mit dieser Gabe strafen wollen. Wahrscheinlich entstehen Mythen aus unreflektiert Da-hingesagtem, das auf der Rückseite eines dtv – Taschenbuchs abgedruckt oder im Fernsehen gesendet wird. Nicht nur andere Leute denken: »Na, das hört sich doch ganz plausibel an«, sondern man selbst denkt es. Und dann verwechselt man die Medien schon mit den Göttern. Und dann wird es, glaube ich, ziemlich schwierig.
Das Buch ist jetzt ungefähr zu einem Viertel vorüber, und deshalb erlaube ich mir diese kleine persönliche Abschweifung. Ich kam darauf aus folgendem Grund: Eigentlich wollte ich mit der Beschreibung von Abbie Kofflager beginnen. Ich hatte aber gerade kurz zuvor eine Folge der Sendung »Ehen vor Gericht« gesehen. Das ist eigentlich keine besondere Sendung, eher billig produziert und in letzter Zeit auf eine Stunde heruntergekürzt. Deshalb erwarte ich dort auch keine besonderen Schauspieler. Nun war heute aber gerade dort eine ausgezeichnete Schauspielerin zu sehen. Diese Schauspielerin war so ausgezeichnet, daß ich mehrfach überlegte, ob sie vielleicht gar keine Schauspielerin war, sondern das alles wirklich in dem Moment erlebte, in dem sie es darstellte – was natürlich Unsinn ist. Sie war umgeben von schlechten bis rechten Schauspielern, die sich mit ihren Rollen abmühten oder identifizierten, oder eben sich selbst spielten. Demnach war sie aller Wahrscheinlichkeit auch eine Schauspielerin. Sie spielte die Böse. Die Schuldige, was die Psychologin in den Zwischengesprächen auch mehrfach betonte.”

 
Frank Witzel (Wiesbaden, 1955)