Susanne Röckel

De Duitse schrijfster en vertaalster Susanne Röckel werd geboren op 14 juni 1953 in Darmstadt. Na haar studies germanistiek en romanistiek aan de Vrije Universiteit van Berlijn verbleef zij enige tijd in het buitenland, totdat ze in 1978 verhuisde naar München en tot 1985 werkte voor het tijdschrift Filmkritik, als docente Duits en als freelance redacteur. In 1989 debuteerde zij met het verhaal “Palladion”, waarvoor ze meteen twee prijzen in de wacht sleepte. Van 1997 tot 1998 doceerde Röckel Duits aan een universiteit in Shanghai. Andere boeken zoals het prozawerk “Der Kimonofärber” en “Der Käfig ” volgden. Haar romans “Aus dem Spiel” en “Rotula” bouwden ook voort op het succes van haar eerste boekuitgave. In 1997 verscheen de roman “Eschenhain”, in 1999 een boek over haar ervaringen in Shanghai “Chinesisches Alphabet”.In 2009 publiceerde zijde verhalenbundel “Vergessene Museen”. De schrijfster werd o.a. bekroond met de Gerhard-Fritsch- Preis (1988) en de Kunstförderpreis des Freistaats Bayern in der Sparte Literatur (1989). Ook ontving zij verscheidene beurzen, zoals van de Stiftung Kulturfonds (Berlijn), Künstlerhaus Schloß Wiepersdorf (1994), de Kulturstiftung des Bundes in Peking (2005) en het Internationale Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg (2010).

Uit: Vergessene Museen. Erzählungen

“Loon Bay”Amortortok (Loon Bay). Postbus hält nurim Juli und August. Hotel geöffnet Juli, August.Passables Menu mit Suppe, Hauptgericht und Kaffee 2 $. Geführte Bootstouren zu den Walroßinseln 2 $ (nur Juli und August). Museum geöffnet Juli, August, ganztägig 1 $.”Nur selten lassen sich Rucksacktouristen, vereinzeltauch Mitarbeiter einer fünfhundert Kilometer weitersüdlich gelegenen meteorologischen Station von diesenZeilen in einem alten Reiseführer und der Aussicht aufgünstige Preise dazu verführen, in ein wenig vertrauenerweckendes,nicht klimatisiertes und kaum gefedertes Gefährt mit der Aufschrift “Postal Services of the ArcticOcean” zu steigen, um auf endlosen Schotterpisten den Weg zu dem kleinen Flecken weit nördlich des Polarkreiseszu suchen. Doch was immer sie erwartet haben,sie werden bitter enttäuscht. Amortortok hat ihnen nichts zu bieten, keine wildromantische Küste, keinen erhabenen Blick aufs Meer; nur eine nichtssagende flache Bucht mit träge anrollenden Wellen, einen Strandaus grauem Geröll; scharfkantige Felsbrocken, in deren Schatten ganzjährig schmutziges Eis lagert. Vom Wasser kommt ein kühler Hauch; und aus dem Tundragras ringsum steigen Schwärme von Mücken auf, die sich,ohne die Zeit mit Höflichkeiten zu verschwenden, wie rasend auf die Fremden stürzen. So ist es nicht verwunderlich,daß die meisten Besucher nur so lange bleiben,bis sie sich nach ein paar Stunden Schlaf der Rückreis eim Postbus wieder gewachsen fühlen.In der Nacht ihrer Ankunft sind sie trotz der Helligkeit todmüde. Der Fahrer läßt sie vor einem windschiefen Gebäude mit der Aufschrift “Loon Bay Inn” aussteigen.Taschen und Rucksäcke werden ihnen auf die Straße nachgeworfen, dann hören sie, daß sich mit einem lauten Ächzen die Tür schließt, und schon rumpelt der Bus davon. Die Straße ist menschenleer. Nach dem stundenlangen Radiolärm, auf den der eisern schweigende Fahrer nicht hatte verzichten wollen, dröhnt ihnen nun die Stille in den Ohren. Mit steifen Beinen gehen sie ein paar Schritte den Abhang hinunter, der zum Meerführt. Die Mücken hängen an ihren Händen und Wangen, sirren vor ihren Augen. Es stinkt nach Fisch und Exkrementen. Ein magerer, triefäugiger Hund kreuzt ihren Weg; wenn sie ihm zu nahe kommen, beginnt er feindselig zu knurren. Wer lebt in diesen armseligen Behausungen?Hinter einigen Fenstern ist Licht, aber sie sind mit Stoffetzen verhängt, so daß man nicht hineinsehen kann. Hier und da sieht man Autos, die aber ohne Räder sind oder auf der Seite liegen, aufgebockte und offenbar nicht mehr funktionsfähige Campmobile und Motorschlitten mit abgesprungenem Lack und verrosteten Kufen. Sie gehen bis zum Ende des Ortes. Die Sonnesteht milchig rot über dem Horizont, den Himmel überziehen graublaue Wolkenschlieren. Ein verwittertes Reklameplakat wirbt für Sunkist-Orangensaft. Jetzt hören sie auch das eintönige Geräusch der Brandung.Das Meer ist glatt und schwarz, es schillert wie Motoröl. Etwas Bedrückendes und Unheimliches liegt über dieser öden Bucht, das sich jedem Menschen sofort mitteilt.Wer kann hier wohnen und sein Leben fristen?”

 
Susanne Röckel (Darmstadt, 14 juni 1953)

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