Friedrich Hölderlin, Katharina Hartwell, Jens Petersen, Ralph Giordano, Henning Heske, Josef Reding

De Duitse dichter en schrijver Johann Christian Friedrich Hölderlin werd geboren op 20 maart 1770 in Lauffen am Neckar in het Hertogdom Württemberg. Zie ook alle tags voor Friedrich Hölderlin op dit blog.

Hälfte des Lebens

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.

 

Ganymed

Was schläfst du, Bergsohn, liegest in Unmut, schief,
Und frierst am kahlen Ufer, Geduldiger!
Denkst nicht der Gnade du, wenns an den
Tischen die Himmlischen sonst gedürstet?

Kennst drunten du vom Vater die Boten nicht,
Nicht in der Kluft der Lüfte geschärfter Spiel?
Trifft nicht das Wort dich, das voll alten
Geists ein gewanderter Mann dir sendet?

Schon tönets aber ihm in der Brust. Tief quillts,
Wie damals, als hoch oben im Fels er schlief,
Ihm auf. Im Zorne reinigt aber
Sich der Gefesselte nun, nun eilt er,

Der Linkische; der spottet der Schlacken nun,
Und nimmt und bricht und wirft die Zerbrochenen
Zorntrunken, spielend, dort und da zum
Schauenden Ufer, und bei des Fremdlings

Besondrer Stimme stehen die Herden auf,
Es regen sich die Wälder, es hört tief Land
Den Stromgeist fern, und schaudernd regt im
Nabel der Erde der Geist sich wieder.

Der Frühling kömmt. Und jedes, in seiner Art,
Blüht. Der ist aber ferne; nicht mehr dabei.
Irr ging er nun; denn allzugut sind
Genien; himmlisch Gespräch ist sein nun.

 

Abbitte

Heilig Wesen! gestört hab ich die goldene
Götterruhe dir oft, und der geheimeren,
Tiefern Schmerzen des Lebens
Hast du manche gelernt von mir.

O vergiß es, vergib! gleich dem Gewölke dort
Vor dem friedlichen Mond, geh ich dahin, und du
Ruhst und glänzest in deiner
Schöne wieder, du süßes Licht!

 
Friedrich Hölderlin (20 maart 1770 – 7 juni 1843)
Portret door Franz Karl Hiemer, 1792

 

De Duitse schrijfster Katharina Hartwell werd geboren op 20 maart 1984 in Keulen. Zie ook alle tags voor Katharina Hartwell op dit blog.

Uit: Der Dieb in der Nacht

„Als es klingelt, hat sie bereits geschlafen. Sie setzt sich auf, sieht sich um; ein Teil von ihr hängt noch in einem Traum, der bereits in die Dunkelheit zurückfällt, aus der er zu ihr gekommen ist.
Sie stellt die Füße auf den Teppich, steht auf, läuft los, sucht nach dem Telefon, folgt dem Klingelton wie einer Spur. Bis auf das Schrillen ist es still in der Wohnung; und die Stille ist ein Rauschen, ein dunkles Klopfen tief in den Schläfen. Ihr Kopf ist so leer, dass ihr schlecht wird vor Leichtigkeit.
Sie findet das Telefon auf dem blauen Holztisch in der Küche; an der Nummer auf dem Display glaubt sie zu erkennen, dass es sich um eine Prager Vorwahl handelt.
Gut zwei Wochen sind vergangen, seit sie das letzte Mal von Paul gehört hat. Anfang September schrieb sie ihm eine Postkarte; sie sei unglücklich, schrieb sie ihm. Er sei es auch, schrieb er zurück. Und dass es kein Zufall sein könne, dass Prag beinahe ein Anagramm von Grab sei.
»Hallo«, sagt sie, nachdem sie auf den grünen Hörer gedrückt hat.
Es klickt, es rauscht, aber niemand antwortet.
»Hallo, hier ist Louise«, sagt sie.
Vielleicht hat nicht Paul angerufen, sondern jemand, der Paul kennt, der ihr mitteilen will, dass Paul etwas zugestoßen ist. Louise greift den Hörer fester. Seitdem sie denken kann, galoppieren ihr die Gedanken davon, reißen sie mit sich, hinaus aus der tatsächlichen Welt. Alles ist möglich in Louises Gedanken. Geister und Außerirdische und plötzliche, unerklärliche Todesfälle sind möglich. So lange, bis sich die Welt wieder zwischen sie und die Möglichkeiten schiebt. Sie ist gerade zu dem Schluss gekommen, dass der einzige Grund, aus dem sie jemand nachts anruft, nur Pauls Tod sein kann, als sie seine Stimme hört.
»Louise«, sagt Paul.
Louise starrt das Bild einer tanzenden Katze an, das auf Augenhöhe an der Wand hängt, und versucht, sich zu konzentrieren. Noch ist die Welt nicht ganz angekommen. Noch sind es vor allem Louise und Louises Gedanken; und ihre Stimme zittert, als sie fragt: »Paul, was ist passiert?«
Sie hört ihn atmen, und in dem Lufteinholen und Freigeben baut sich etwas auf, eine Druckwelle, die durch das Telefon von einem Land in das andere schwappt, auf Louise zurollt, schwer auf ihrem Brustkorb aufschlägt, noch bevor sie Paul sagen hört:
»Louise, ich habe Felix gefunden.«

 
Katharina Hartwell (Keulen, 20 maart 1984)

 

De Duitse schrijver en arts Jens Petersen werd geboren op 20 maart 1976 in Pinneberg. Zie alle tags voor Jens Petersen op dit blog.

Uit: Bis dass der Tod

„Nana kauert auf der Matratze und starrt an die nackte Wand. Sie klopft mit dem Zeigefinger gegen den Rahmen des alten Bettes, ein Metronom aus Adern und Sehnen, hautbespannt.
Hier ist Kaffee.
Ein schwaches Blinzeln.
Ich tu dir Zucker rein.
Er setzt sich auf den Rand der Matratze und betrachtet sie, wischt ihr schließlich mit dem Zipfel der Bettdecke über den Mund und legte ihr die Tabletten nacheinander auf die Zunge. Er beugt sich ein Stück vor und küsst ihre matten Augenlider. Sie blinzelt und schmatzt; er führt die schmutzige Tasse an ihre Lippen und sieht zu, wie ihr der Kaffee übers Kinn rinnt und auf der Decke fein verästelte Flecken hinterlässt. Die Musik spielt weiter; Mendelssohn-Bartholdy, denkt Alex. Früher mochte er Mendelssohn nicht. Heute ist er froh, dass Mendelssohn diese Leere füllt.
Draußen ist wieder der Hund.
Ein Blinzeln.
Ich glaube nicht, sagt er, dass er jemandem gehört. Ich glaube, der Hund ist allein.
Ein dreifaches Blinzeln.
Ist gut, sagt Alex. Wenn er irgendwann wiederkommt, holen wir ihn rein.
Auf dem Tisch steht noch der Teller von ihrem Geburtstag, Weißbrot mit geräuchertem Fisch und ein paar Blättern Kopfsalat. Alex will nichts mehr davon essen. Nana kann nicht. Für den Hund, denkt Alex; wenn er bloß nicht vergisst, den Teller später, bevor sie fahren, vor die Tür zu stellen. Er sieht einen Fleck auf der Wand und wischt mit seinem Ärmel drüber. Er rückt die Tassen im Schrank zurecht, putzt sich die Nase und nimmt schließlich das zerknüllte Geschenkpapier vom Tisch. Er hat ihr einen Ring geschenkt, wie immer in den vergangenen Jahren. Nana trägt dreizehn Ringe an einem Bindfaden um den Hals, da ihre Finger angeschwollen und entzündet sind. Alex hat Gitarre gespielt, eine Kerze angezündet, sich schließlich ans Schachbrett gesetzt und jeden Zug kommentiert; Nana hat ihm mit geöffnetem Mund dabei zugesehen. Später hat er ihr aus seinem Tagebuch vorgelesen und ihr mit einem warmen Handschuh Schulter und Rücken massiert.“

 
Jens Petersen (Pinneberg, 20 maart 1976)

 

De Duitse schrijver en journalist Ralph Giordano werd op 20 maart 1923 in Hamburg geboren. Zie ook alle tags voor Ralph Giordano op dit blog.

Uit: Die Bertinis

„Giacomo Bertini war fiinf Jahre alt, als er beschloß, sein erbärmliches Geburtsnest Riesi im sizilianischen Regierungsbezirk Caltanisetta auf dem Rücken eines nachbarlichen Esels unabgemeldet zu verlassen – das Meer, Palermo. Musik! Aber er kam nur knapp auf den Weg. Noch im Weichbild der Ortschaft bockte das Tier, warf den jugendlichen Reiter ab und schmetterte ihm den rechten Hinterlauf so nachdrücklich ins Gesicht, daß das Blut spritzte – spitz durchstieß das Nasenbein die Haut.
Giacomo wendete.
Fortan sah man ihn häufig in die Olivenhaine verschwinden. Mit dem Rücken gegen einen Stamm gelehnt, wußte er einer primitiven, selbstgebastelten Flöte helle, überirdische Töne zu entlocken. Acht Jahre später, mit dreizehn, verließ er sich nicht mehr auf fremder Leute Esel. Nachts riß er aus, wanderte, wanderte gewaltig über die sizilianische Erde und erreichte, halbverhungert, auf der Höhe von Palermo das gläserne, vom Horizont violett gesäumte Meer. Betrat die Stadt. Stand staunend vor der Martorana des Georg von Antiochien, in Ehrfurcht gebeugt unter dem Portal der Politeana Garibaldi und weinte vor den rötlichen Rundkuppeln des San Giovanni degli Eremiti. Zitternd betastete er die Rosen an den Säulen. Wie immer, wenn er erregt war, schimmerte die Narbe an seiner Nase ganz weiß.
Giacomo ging bei einem Schneider in die Lehre, um des Brotes willen. Mühelos und genial beherrschte er mit fünfzehn ein halbes Dutzend Instrumente, allen voran die Trompete.“

 
Ralph Giordano (20 maart 1923 – 10 december 2014)

 

De Duitse dichter en essayist Henning Heske werd geboren op 20 maart 1960 in Düsseldorf. Zie ook alle tags voor Henning Heske op dit blog.

IKONOGRAFIE VIII

Asphaltvogel. Druidisches Messgerät.
Erdhorcher – Substanzumwandlung.
Goldstaub im Palazzo Regale.

Nichts Retinales. Wechselbeziehungen
von Organischem und Anorganischem.
Das Zusammenbringen von Elementen.

Gegen die Diktatur des rechten Winkels:
die Ecke bekommt ihr Fett weg,
Chaotisches von plastischer Kraft.

Geburtsstein mit Bruchkanten
und Glättungen, ein Ovaloid,

ein Feuerstein der Transformation.

 

 Zeitbogen

 In unserem abgeschlossenen System
nimmt die Unordnung niemals ab.
Die Zeit ist unnatürlich asymmetrisch –
ein hoch geordneter Anfangszustand,
das Prinzip Ei.
Der Zeitpfeil zeigt in die Richtung
des natürlichen Endzustandes:
der leere Raum.
Da bleibt nur die große Unbekannte,
die dunkle Mademoiselle.
Alles doch nur eine Chronologie
zufälliger Ereignisse? Wir werden keine
Erinnerungen an die Zukunft
verlieren.

 
Henning Heske (Düsseldorf,  20 maart 1960)

 

De Duitse schrijver Josef Reding werd geboren op 20 maart 1929 in Castrop-Rauxe. Zie ook alle tags voor Josef Reding op dit blog.

Meine Stadt

Meine Stadt ist oft schmutzig;
aber mein kleiner Bruder ist es auch,
und ich mag ihn.
Meine Stadt ist oft laut;
aber meine große Schwester ist es auch,
und ich mag sie.

Meine Stadt ist dunkel
wie die Stimme meines Vaters
und hell wie die Augen meiner Mutter.
Meine Stadt und ich sind Freunde,
die sich kennen;
nicht flüchtig kennen
wie die von ferne her,
die der Bürgermeister
manchmal über die Hauptstraße führt.

Er zeigt
ihnen nicht
die Schutthalden.
Zu Hause führen wir auch
unseren Besuch in das
Wohnzimmer und lassen ihn
mit unserem Mülleimer in Ruhe.

Aber manchmal, bevor ich
zur Schule gehe,
klopfe ich dem braven grauen Müllkasten
auf den Deckel,
dass er fröhlich klappert,
und am Schuttfeld werfe
ich grüßend einen
Stein auf die blitzende
Konservendose dahinten,
dass sie tanzt.

 
Josef Reding (Castrop-Rauxe, 20 maart 1929)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 20e maart ook mijn vorige twee blogs van vandaag.