Mihály Vörösmarty, Valery Bryusov, Ernst Toller

De Hongaarse dichter Mihály Vörösmarty werd geboren op 1 december 1800 in Puszta-Nyék. Zie ook alle tags voor Mihály Vörösmarty op dit blog.

 

Prologue (Fragment)

It’s winter now and death and snow and stillness,
The earth turned white;
Not hair by hair as happy people do,
It lost its colour all at once, like God,
Who on the sixth day, crowning his creation,
Gave life to man, the godly-beastly mongrel,
And shattered by the grim monstrosity
His sorrow turned Him white and very old.
When spring, the makeup-mistress comes again,
The aged earth may take a periwig
And find a frilly frock of daffodils.
The ice may thaw out on her glassy eyes,
Her perfume-scented, painted-on complexion
Pretending youth and faking happiness;
Ask then the aging, wrinkled prostitute
What has she done to her unhappy sons?

Vertaald door Peter Zollman

 

Vorwort (Fragment)

Jetzt herrschen Winter, Stille, Schnee und Tod.
Die Erde aber ist jählings ergraut;
doch nicht allmählich wie friedliche Menschen,
nein, über Nacht ergraut, wie einstmals Gott,
der, als die Welt er schuf und dann den Menschen,
halb Gott im Wesen und noch halb ein Tier,
erschauderte ob seiner düstren Schöpfung
und vor Entsetzen grau ward, müd und alt.

Bald kommt der Lenz gegangen, ein Barbier,
die graue Erde nimmt dann die Perücke
und legt den Blumen Samt und Seide an.
Von ihren starren Augen taut der Frost,
mit Düften und mit grell geschminkten Wangen,
täuscht Freude sie und frische Jugend vor.
Ihr aber fragt die alte Sünderin:
Wo tat sie die erschlagnen Söhne hin?

 

Vertaald door Günther Deicke

 

 
Mihály Vörösmarty (1 december 1800 – 19 november 1855)
Borstbeeld in Boedapest

 

De Russische dichter en schrijver Valery Bryusov werd geboren op 1 december 1873 in Moskou. Zie ook alle tags voor Valery Bryusov op dit blog.

Uit: Im Spiegel (Vertaald door Hans von Guenther)

„Aus dem Archiv eines Psychiaters
Ich liebte die Spiegel schon seit meinen frühesten Jahren. Als Kind weinte und zitterte ich oft, wenn ich in ihre durchsichtig-wahrhaftige Tiefe blickte. In der Kindheit war es mein Lieblingsspiel, durch die Zimmer und den Garten zu gehen, einen Spiegel vor mir herzutragen und in seinen Abgrund blickend, mit jedem Schritte den Rand zu überschreiten und vor Schrecken und Schwindlichkeit fast zu ersticken. Schon als Mädchen begann ich, mein ganzes Zimmer mit großen und kleinen, getreuen und ein wenig verzerrenden, klaren und etwas trüben Spiegeln zu füllen. Ich hatte mich gewöhnt, ganze Stunden, ganze Tage inmitten dieser sich kreuzenden, in einander übergehenden, taumelnden, verschwindenden und aufs neue erstehenden Welten zu verbringen. Meine einzige Leidenschaft wurde es, mich diesen lautlosen Fernen hinzugeben, diesen Perspektiven ohne Echo, diesen abgesonderten Welten, welche die unsere durchschneiden und, im Widerspruch zu der Erkenntnis, mit ihr gleichzeitig und am gleichen Platze existieren.
Diese umgedrehte Wirklichkeit, die von uns durch die glatte Spiegelfläche getrennt und dem Tastvermögen irgendwie unerreichbar ist, zog mich immer an und lockte mich wie ein Abgrund oder ein Geheimnis.
Mich lockte auch jene Erscheinung, die immer, wenn ich an den Spiegel herantrat, vor mir erschien und mein Wesen seltsam verdoppelte. Ich bemühte mich, zu erraten, wodurch jene (die andere Frau) sich von mir unterscheide, und, wie es sein könne, daß ihre rechte Hand meine linke sei und daß alle Finger dieser Hand umgestellt wären, obgleich auf einem von ihnen sich eben mein Verlobungsring befand. Meine Gedanken begannen sich zu verwirren, kaum daß ich in dieses Rätsel eindringen wollte, um es zu lösen. In _dieser_ Welt, wo man sich an alles herantasten kann und wo Stimmen und Töne sind, da lebte ich, die Wirkliche; aber in jener _Spiegel_welt, die man nur sehen kann, lebte sie, die Erscheinung.“ 

 


Valery Bryusov (1 december 1873 – 9 oktober 1924)

 

De Duitse dichter en schrijver Ernst Toller werd geboren op 1 december 1893 in Samotschin (tegenwoordig Szamocin). Zie ook alle tags voor Ernst Toller op dit blog.

 

Lied der Einsamkeit

Sie wölbt um meine Seele Kathedralen,
Sie schäumt um mich wie brandend Meer,
Der Gosse sperrt sie sich wie eine Wehr,
Und wie ein Wald beschützt sie meine Qualen.
In ihr fühl’ ich die Süße abendlicher Stille,
Auf leeren Stunden blüht sie maienliches Feld,
Ihr Schoß gebiert das Wunder der geahnten Welt,
Ein stählern Schwert steilt sich metallner Wille.
Sie schmiegt sich meinem Leib wie schlanker Frauen Hände,
In meine Sehnsucht perlt sie aller Märchen Pracht,
Ein sanftes Schwingen wird sie hingeträumter Nacht . . .
Doch ihre Morgen lodern Brände,
Sie sprengen Tore schwerer Alltagszelle,
Einstürzen Räume, aufwächst eisige Helle.

 

Gefangene Mädchen

Wie kleine arme Dirnen an belebten Straßenecken
Sich schüchtern fast und wieder roh bewegen,
Im Schatten der Laternen sich erst dreister regen
Und den zerfransten Rock kokett verstecken . . .
Wie Waisenkinder, die geführt auf Promenaden,
Je zwei und zwei in allzu kurzen grauen
Verschoßnen Kleidern sehr verschämt zu Boden schauen
Und Stiche fühlen in den nackten Waden . . .
So schlürfen sie umstellt von hagren Wärterinnen,
Die warmen Hüften wiegend auf asphaltnen Kreisen,
Sie streichen heimlich mit Gebärden, leisen,
Das härne Kleid, als strichen sie plissiertes Linnen,
Und wie sich in gewölbten Händen Brüste runden,
Befällt sie Grauen ob der Last der leeren Stunden . . .

 


Ernst Toller (1 december 1893 – 22 mei 1939)
Hier met zijn vrouw Christiane Grautoff