Ralf Thenior, Daniela Dröscher

De Duitse dichter en schrijver Ralf Thenior werd geboren op 4 juni 1945 in Bad Kudowa. Zie ook alle tags voor Ralf Thenior op dit blog.

 

Alma

Ein schneeweißer Hund
schneeflockengleich weht er
übers Stoppelfeld hüpft
wie ein Schmetterling durch die Luft
läuft einem Zirkusgaul gleich
täuscht Bremsung vor
und setzt mit rehgleichem Satz
jubelnd (scheint es) über Strohwälle
noch einer und noch einer
voller Eleganz und Lebensfreude
Morgen werden sie das Stroh
zu Ballen pressen übermorgen
glänzt schwarze Scholle
im Sonnenlicht

 

Köln, Völkerkundemuseum

An der Haltestelle der Straßenbahn Nr. 16
schnäuzt sich ein Sachse, Salier niesen, drei
Ubier steigen zu, ein Hunne, Bässe im Hirn,
Knöpfe im Ohr, alte Karolingerin spricht über
Clubs, die es nicht mehr gibt, Seifenspender
damals eins a, zwei Latinas schnattern rasant,
dort malt eine Hand in Schönschrift Shitsos
an die Wand – der Tag frostklar, zerbrechlich.

Urformen der Kunst im Rautenstrauch-Joest-
Museum, Fotos von Bloßfeldt, frischer Trieb
einer Trichterlilie, weibliche Figur der Songye
aus dem Kongo – gefährliche Ähnlichkeiten
verstellen den Blick – der Keimblattkopf
der Christrose mit Schwanenhals kraftvoll
wie die Götterfigur der Nukuoro, Karolinen
– aus dem Erlebnis des Wachsens gebildet?

Der Wärter der asiatischen Götter empfiehlt
die Hühnersuppe aus dem Heißgetränkeautomat
mit slawischem Vibrato: hatte schon Schlechteres.
Das Adjektiv luftbekleidet weht mich an. Versuche
die Gesten der Erleuchteten – Fingerstellungen:
Schutzgebärde, Erdanrufung, Gabengewährung.
Ein sterbender Buddha kneift lachend ein Auge
zu. Draußen verändert sich krachend die Welt.

 

Ein Anflug von etwas

oh die Botschaft von der zyklischen Weisheit des
Körpers kommt im Umschlag eines unbedachten
Augenblicks GUTEN MORGEN der Frühling ist da
kein Weiß kein Rot kann so erglühn in Zärtlichkeit
wie dieses Grün und alle Knöpfe platzen auf
die Zunge taumelt dir im Munde wie springt vom
Fuß der Hochzeitsschuh von diesem winzigen
Gefühl das sich bewegt und eine Wunde legt aus
der die Blumen sprießen die schon gefressen sind

 

Fièvre Tangerienne

Het is niet gemakkelijk te krijgen
Je moet betrouwbaar zijn
Het is beter als je hier al een tijdje woont

De mensen kennen jou weten dat je cool bent
Het beste is een dealer in de buurt
Even aanbellen en voor weinig geld een pietsje

Met een harsachtige hand kom je thuis
Je snuift eraan fièvre tangerienne
Je kunt ontspannen de dag is binnen

Terwijl Dealer een paniekaanval krijgt
Lieve God, ik zou nooit walvissen doden!
Nooit! Nooit! En jij ’s nachts tegen je balkon –

Reling leunend -het schoolplein van de Lessing-
Basisschool gadeslaat en naar deze magische lamp
Kijkt boven de trap van de achteringang

Die het dahlia-achtige licht in de nacht verdoezelt

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Ralf Thenior (Bad Kudowa, 4 juni 1945)

 

De Duitse schrijfster Daniela Dröscher werd geboren op 4 juni 1977 in München. Zie ook alle tags voor Daniela Dröscher op dit blog.

Uit: Lügen über meine Mutter

„Meine Mutter passt in keinen Sarg. Sie ist zu dick, sagt sie. Nach ihrem Tod soll die Asche nicht in einer Urne aufbewahrt werden, sondern einfach über das offene Wasser zerstreut. Seit ein paar Jahren lebt meine Mutter am Haff Es ist der nordöstlichste Punkt des Landes. Näher an Polen, also dem Land ihrer Geburt, geht es nicht. Wir sprechen viel über den Tod. Eigentlich spricht nur sie davon. Es ist ihr Gewicht, das ihr zu schalen macht, und das, obwohl sie keines der klassischen Leiden hat, die Ärzte dicken Menschen unbesehen attestieren. Ihre Schmerzen sitzen in den Muskeln, den Gelenken. Ich kann über vieles mit meiner Mutter reden. Über fast alles eigentlich. Das Einzige, woran wir nie rühren, ist die Frage nach dem Geld. Wie es aussieht, wird sie dieses Geheimnis niemals preisgeben. Sie selbst würde vermutlich bestreiten, je ein Geheimnis gehabt zu haben. Und ob du welche hast, denke ich. So wie jeder Mensch drei Leben hat. Ein öffentliches, ein privates und ein geheimes. Mein Blick wandert über ihre Bücherregale. Tolstoi, überlege ich. Meine Mutter liebt Anna Karenina. Vielleicht könnten wir über den dramatischen Ruin von Tolstois Heldin ins Gespräch kommen? »Alle glücklichen Familien …«<, hebe ich an, doch da dreht meine Mutter bereits den schönen Kopf beiseite. »Ach was. Unglück.« Jawohl, Unglück!, denke ich. Ihr Unglück lag meine ganze Kindheit und Jugend über wie Blei auf meinen Schultern. Deshalb ist das hier nicht nur ihre es ist auch meine Geschichte. »Wenn du nicht endlich redest«, drohe ich, »muss ich etwas erfinden. Ich muss lügen.« »Nur zu. Das ist ja dein Beruf «
Meine Mutter lächelt geschmeichelt und keineswegs beeindruckt. Fast so, als wäre sie gern die Heldin in meinem Roman. Ich dagegen klinge wie ein schüchternes Kind. Nicht wie eine Schriftstellerin. Die Geschichte, die mir vorschwebt, ist eine Geschichte mit viel Schminke, blonden Perücken, Trapez und doppeltem Boden. Eine in vielerlei Hinsicht absolut dktive Geschichte. In der Philosophie beschreibt die Fiktion ein »methodisches Hilfsmittel bei der Lösung eines Problems«. Mein Problem lautet: Es gibt in meiner Familie so viele Geheimnisse, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Die Sache mit dem Geld ist nur eines davon. Dass auch meine Mutter, obwohl sie mir so nah ist, manchmal so rätselhaft vorkommt, liegt auch an meinem Vater. Für ihn ist sie der mysteriöseste Mensch der Welt. Zugleich behauptet er, bis ins letzte Detail über sie Bescheid zu wissen.“

 

Daniela Dröscher (München, 4 juni 1977)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 4e juni ook mijn blog van 4 juni 2020 en eveneens mijn blog van 4 juni 2019 en ook mijn blog van 4 juni 2018 en ook mijn blog van 4 juni 2017 deel 2.