Ralf Thenior, Marie Ndiaye, Erasmus Schöfer, Buddy Wakefield, Yaak Karsunke, Charles Dickinson

De Duitse dichter en schrijver Ralf Thenior werd geboren op 4 juni 1945 in Bad Kudowa. Zie ook alle tags voor Ralf Thenior op dit blog.

Uit: Strange Kebab

Schlechte Karten

Einsame Frau am Tresen. Leichte Beute. – Na, Kummer mit dem Liebsten? Nee, mit’m Chef. Wie? Er kommt immer zu spät und ich muss die ganze Arbeit machen.
Soll vorkommen. Was machst du? Sozialfürsorge. Kleines Büro, nur er und ich. Dauernd ist er weg, Kenia, Karibik und so. Und woher kommt die Kohle? Aus der Kasse für die Behinderten. Zeig ihn an!
Wollte ich ja. Und? Kein Geld. Geh ins Amtsgericht zur Rechtsberatung. War ich ja. Und? Netter junger Anwalt. Ich erzähl die Story. Sein Robin-Hood-Ding kommt hoch. Er kriegt leuchtende Augen. Wie heißt der Mann? Ich nenn den Namen. Seine Miene wird eisig. Keine Chance, schnarrt er. Der Mann ist in meiner Partei. Dann hat er mich rausgeschmissen. –

 

Der Borsig-Kreisel

Vom Borsigplatz gehen sternförmig sechs Straßen ab.
An jeder Ecke gibt es eine Kneipe und in die Straßenschluchten hinein, die, wie manche sagen, wie Fangarme eines Kraken auf Opfer lauern, gibt es weitere,sie bilden in vereintem Interesse einen Mahlstrom,dessen Wirbel der Borsig-Kreisel genannt wird. Gerät einer in diesen Kreisel hinein, ist er für mindestens drei Nächte verschwunden. Wenn er überhaupt wieder auftaucht. Es beginnt mit Bier und Korn, jeder Arzt rät von der Mischung ab. Der wagemutige Westfalenreisende würde hier mehr als Überraschungen erleben.
Doch sprechen wir über jene, die sich nicht leichtfertig hineinstürzen: Die Ortskundigen, die es wie eine Kunst betreiben. Der Mann, der im Kreisel surft. Der volltrunken in den »Haxenhans« hineinschneit, ohne Zögern eine Haxe bestellt und sie, während unser staunender Stammesforscher noch an der harten Außenhaut seiner eigenen Haxe herum säbelt, in Sekundenschnelle fachmännisch zerlegt und verzehrt hat, und ehe der verdutzte Neuankömmling sich an die zweite Säbelei machen kann, schon wieder, nachdem er zahlte, den Laden verlässt und dem Wirt über die Schulter zu-
ruft: Grüß deine Schwester! – Welche? – Is’ egal! Schon ist er verschwunden, angesogen vom Borsigkreisel in der Nacht.

 
Ralf Thenior (Bad Kudowa, 4 juni 1945)
Kudowa-Zdrój (Bad Kudowa)

 

De Franse schrijfster Marie Ndiaye werd geboren op 4 juni 1967 in Pithiviers. Zie ook alle tags voor Marie Ndiaye op dit blog.

Uit: Drei starke Frauen (Vertald door Claudia Kalscheuer)

„Und der, der sie empfing oder wie durch Zufall auf der Schwelle seines großen Betonhauses auftauchte, in einem schlagartig so starken Licht, daß es von seinem hellgekleideten Körper auszugehen und sich von dort zu verbreiten schien, dieser Mann, der klein und schwerfällig dastand und ein weißes Strahlen aussandte wie eine Neonleuchte, dieser plötzlich auf der Schwelle seines übertrieben großen Hauses erschienene Mann hatte, so sagte sich Norah sofort, nichts mehr von seinem Hochmut, von seiner Statur, von seiner früher auf geheimnisvolle Weise gleichbleibenden und dadurch unvergänglich wirkenden Jugendlichkeit. Er hielt die Hände über dem Bauch gefaltet und den Kopf zur Seite geneigt, und dieser Kopf war grau, dieser Bauch wölbte sich unter dem weißen Hemd schlaff über den Gürtel der cremefarbenen Hose. In einem kalten Lichtschein stand er da, wahrscheinlich vom Ast eines der Flammenbäume des Gartens auf die Schwelle seines protzigen Hauses gefallen, denn, so sagte sich Norah, sie hatte die Eingangstür nicht aus den Augen gelassen, während sie sich dem Gartentor näherte, und sie hatte sie nicht aufgehen und ihren Vater hinaustreten sehen — und doch war er vor ihr in der Abenddämmerung erschienen, dieser leuchtende und heruntergekommene Mann, der den Eindruck machte, als habe ein ungeheurer Schlag auf den Kopf seine harmonischen Proportionen zerstört, an die Norah sich erinnerte, und ihn in einen dicken, halslosen Mann mit schweren, kurzen Beinen verwandelt. Regungslos beobachtete er, wie sie auf ihn zukam, und nichts in seinem zögernden, etwas verlorenen Blick verriet, daß er sie erwartete, daß er sie aufgefor-dert, ja inständig gebeten hatte (soweit ein solcher Mann, dachte sie, überhaupt Fähig war, irgendeine Art von Hilfe zu erflehen), ihn zu besuchen. Er stand einfach da, als habe er sich möglicherwei-se mit einem Flügelschlag von dem dicken Ast des Flammenbaums, der das Haus gelb überschattete, hinabgeschwungen und sei hart auf der rissigen Betonschwelle des Hauses gelandet, und allein der Zufall habe Norahs Schritte in diesem Augenblick auf das Gartentor zugelenkt. Und dieser Mann, der jede von ihm ausgehende Bit-te in ein an ihn gerichtetes Gesuch verwandeln konnte, sah zu, wie sie das Tor aufstieß und den Garten be-trat wie ein Gast, der versucht, ein leises Unbehagen zu verbergen, eine Hand schützend über die Augen haltend, denn obwohl die Schwelle im Abendschat-ten lag, wurde sie dennoch durch seine seltsam strahlende, elektrische Erscheinung erhellt.“

 
Marie Ndiaye (Pithiviers, 4 juni 1967)

 

De Duitse schrijver Erasmus Schöfer werd geboren op 4 juni 1931 in Altlandsberg bij Berlijn. Zie ook alle tags voor Erasmus Schöfer op dit blog.

Uit:Ein Frühling irrer Hoffnung

„Kommuneleute hatten die Flüstertüte, setzten sich durch für Auf­bruch und unterwegs Flugblätter verteilen, Sympatisanten sammeln. Langsam franste der Menschenhaufen aus in die Schwabinger Passanten, welche wollten mit der Straßenbahn, vier Stationen bis Theresienstraße, Kurz­Reden an die Fahrgäste, Bliss und Anklam schoben ihre Fahrräder auf dem Bürgersteig der nächtlich belebten Leopoldstraße, neben ihnen die auf­wallenden HupOpern der Autofahrer in die kleine LatschDemo, sie nötigten die Flugblätter in die Hände uninteressierter Lustsucher mit rausgestoßnen Hinweisen auf das Attentat und die ideellen Totschläger, auch in die Cafés und Bars drang Anklam ein, paar Müßigsitzer vielleicht vom Hintern zu scheuchen. Bliss wartete mit den Rädern vor den Schaufenstern, sah Man­fred von Tisch zu Tisch, freundlich ernst, Hausierer ohne Bauchladen in Sa­chen Empörung, hinterließ sichtbar Unruhe Irritation an den Tischen, tatsächlich gerieten einige junge Leute in Bewegung, winkten der Kellnerin Zahlen, schoben sich durch zum Ausgang an Bliss vorbei Richtung Siegestor.
Da sind doch viele ganz schön angeschlagen, berichtete Anklam, erst der Mord an King, jetzt Dutschke, und was sie so gesehn haben von Vietnam, monatelang in der Tagesschau, ich glaube sie haben ein dumpfes Gefühl daß die Gewalt ih­nen langsam wieder auf die Pelle rückt, daß sich was ändert in der Welt über ihre Köpfe weg, das regt die allmählich auf – die wollen was gegen tun und wissen nicht wie.
Vor dem Haupteingang des Buchgewerbehauses in der Schellingstraße hatten sich kaum mehr Men­schen versammelt als vor Hertie in Schwabing. Die Straßenlaternen gaben mattes Licht in die diesig kalte Nachtluft. Sie schlossen ihre Räder an einen Kandelaber. Das mächtige Gebäude mit den re­gelmäßigen Fensterreihen ragte ins Dunkel, sah aus wie geräumt oder schlafend, wenige Lampen warfen einen fahlen Schein über den Hof. Durch das Rollgitter neben dem Pförtner­haus sahen sie die Reihen aufgestellter Lieferwagen mit dem gut verhaßten rotweißen BILDViereck. Ein Pförtner war hinter den Scheiben zu erkennen, einsam, lesend, so schien es. Unglaubhaft, daß der die Menge vor der Ein­fahrt nicht bemerkt haben wollte. Spielte Ge­lassenheit. Eine halbe Stunde vor Mitternacht zeigte die Normaluhr an der Wand hinter ihm. Ralf Pohle kapierte als erster: Leute – die Bude ist leer, die drucken heut nicht wegen Karfreitag!“

 
Erasmus Schöfer (Altlandsberg, 4 juni 1931)

 

De Amerikaanse (slam) dichter Buddy Wakefield werd geboren op 4 juni 1974 in Shreveport, Louisiana. Zie ook alle tags voor Buddy Wakefield op dit blog.

Convenience Stores (Fragment)

still
gettin’ scared like I do sometimes
really (REALLY) ready to drive
I ask,
“Is this it for you?
Is this all you’ll ever do?”

Her smile
collapsed.
That tightly strapped-in pasty skin
went loose.
Her heart
fell crooked.

She said (not knowin’ my real name),
“I can tell, buddy, by the Mini Thins and the way ya drive–
we’re both taken with novelty.
We’ve both believed in mean gods.
We both spend our money on things that break too easily like…
people.
And I can tell
you think you’ve had it rough
so especially you should know…
It’s what I do,
I dream.
I get high sometimes.
And I’m gonna roll outta here one day.
I just might not get to drive.”

 
Buddy Wakefield (Shreveport, 4 juni 1974)

 

De Duitse dichter en schrijver Yaak Karsunke werd geboren op 4 juni 1934 in Berlijn. Zie ook alle tags voor Yaak Karsunke op dit blog.

Der Speise-Eisbär

Der Speise-Eisbär misst im Stehn
von Fuß bis Kopf zwei Meter zehn

Seine allerliebste Speise
ist Sahne-Eiscreme eimerweise

Er schleckt & schlürft & schlotzt & schluckt
das ist, wonach das Fell ihm juckt

und dieses Fell ist gelblich-weiß
:das kommt von dem Vanille-Eis

Auf dem Dorf

Wenn der Hofhund morgens kräht
weil die Gans auf Stelzen geht

Wenn Pferde gackern, Schweine bellen
dann hilft es nicht, sich taub zu stellen

Wenn Hähne grunzen, Hühner schwimmen
da kann doch irgendwas nicht stimmen

Wenn dann noch Mäuse Katzen fangen
ist etwas gründlich schief gegangen.

 
Yaak Karsunke (Berlijn, 4 juni 1934)
Berlijn, Südstern

 

De Amerikaanse schrijver Charles Dickinson werd geboren op 4 juni 1951 in Detroit, Michigan. Zie ook alle tags voor Charles Dickinson op dit blog.

Uit: Shortcut in Time

“I got my hands under his armpits, got my feet balanced precariously on the edge of the trolley, and lifted. He came free easily enough. He was a shrimp, light and cold. A strand of pearllike bubbles trailed out his nose as I carried him toward the surface. I felt a slushy thump in his chest as we ascended.
The girl was kneeling at the pool’s edge. She’d lost a high-heeled shoe. The tail of her blouse had come loose and there was a rip in the knee of her nylons. From far away, too far away to be of any immediate use, came a siren. The girl pushed her glasses higher on her nose, then grabbed the back of Kurt’s trunks and dragged him out onto the deck, her eyes locked all the time on the trolley at the bottom of the pool.
Then she put her hand on my face and pushed me back under.
“Vaughan!” she screamed.
Vaughan Garner hadn’t moved. He reminded me of a kid sleeping in a bed he’d outgrown, his knees to his chest, his toes scratching against the trolley canvas. The only sign of something wrong was the nail of his left index finger jutting out perpendicular from its roots, torn almost off in his panic.
I reached in and grabbed the back of his swim trunks. He came loose easily.
He felt inert–empty–as I struggled with him to the surface. I delivered him into a flurry of activity. A firefighter went feetfirst over my head into the water, and then down, not knowing everyone was accounted for. Others worked on Kurt.
The girl in one shoe stood off to the side. She chewed the tips of her fingers, but she didn’t cry.
I learned soon enough that this was Vaughan’s sister, Flo Garner. She had come to the pool when her brother was late returning home.
A spark of life was found almost immediately in Kurt and he was borne away.
Vaughan was taken away, too, finally, but there was no hurry”

 
Charles Dickinson (Detroit, 4 juni 1951)
Cover

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 4e juni ook mijn vorige blog van vandaag.