Ela Angerer

De Oostenrijkse schrijfster Ela Angerer werd geboren op 20 oktober 1964 in Wenen. In 1966 verhuisde ze met haar ouders naar Vorarlberg, waar zij   in Bregenz en Dornbirn naar school ging. Kort voor het eindexamen verliet zij de school. Na een lang verblijf in Parijs in 1983 ging ze naar Wenen. Jarenlang werkte ze als journaliste voor Oostenrijkse kranten en tijdschriften, waaronder Kurier, Der Standard, Formaat, Festival Magazine en News. Voor deze laatste schrijft ze onder de titel “Stilfragen” een wekelijkse column over mode en trends. Ela Angerer is sinds 2010 redacteur van de boekenserie “Moderne Nerven”. Uit de teksten van het derde deel, “Porno”, schreef ze het gelijknamige toneelstuk, dat in het najaar van 2011 in het Rabenhoftheater in Wenen onder haar eigen regie in première ging en veel media aandacht kreeg. In 2014 publiceerde haar eerste roman “Bis ich 21 war. Hoewel Angerers boek “autobiografische trekken” werden toegeschreven zei de schrijfster in latere interviews dat de tekst niet kon worden gelezen als haar eigen geschiedenis. Het ging haar meer om het verkennen van de geest van een aan consumptie en uiterlijkheden georiënteerd maatschappelijk middenveld in het Oostenrijk van de jaren 1960 tot 1980. In 2016 verscheen haar tweede roman “Und die Nacht prahlt mit Kometen.”

Uit: Bis ich 21 war

„Dass meine Nase heute auf keinem Foto stört, hat wahrscheinlich mit den Gesprächen zu tun, die unsere Mutter mit mir schon in meiner Kindergartenzeit führte. Der Satz, der mir immer am meisten Angst einjagte: »Sobald du achtzehn bist, wirst du dir deine Nase operieren lassen.«
»Aber was ist, wenn ich das nicht will, weil ich mich davor fürchte?«
»Nun, dann solltest du auf jeden Fall, sooft du nur kannst, den Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger zusammendrücken. Du bist noch im Wachstum, und wenn du Glück hast, hilft auch das.«
Von diesem Glück erhoffte ich mir viel und presste deshalb über Jahre hinweg meine Nase, wann immer ich mich unbeobachtet fühlte, mit aller Kraft zusammen. Mein Glaubenssatz lautete: Erst wenn es wehtut, wird es wirken. Ich musste dem Schicksal beweisen, wie sehr ich es wollte, und  mit aller Kraft zudrücken.Genau so machte ich es auch mit den Ohren, obwohl davon in den Unterhaltungen mit meiner Mutter nie die Rede war, aber ich hatte in den Gesprächen der Erwachsenen immer wieder von Männern und Frauen gehört, die sich ihre Ohren operativ anlegen lassen mussten, weil sie nicht weiter als Witzfigur durchs Leben gehen wollten. Also leistete ich auch hier ganze Arbeit. Mehrmals am Tag presste ich nach der Nasenbehandlung beide Handflächen so fest ich nur konnte gegen meine Ohren. Mehrmals am Tag tat mir danach der ganze Kopf weh.
Wenn ich an unsere Eltern vor meiner Zeit denke, sehe ich alles in analogen Schwarzweißabzügen, mit harten Kontrasten und gelegentlichen Lichtpunkten. Meine Mutter, die mit ihrer weißen Blumenhaube auf dem Standesamt aussieht wie Liz Taylor. Tatsächlich hatte Liz Taylor, als sie Richard Burton zum ersten Mal heiratete, genau so einen Hut getragen, und meine Mutter hatte diesen Hut, den man sich wie eine seidene Badehaube vorstellen kann, bei der Schneiderin kopieren lassen. Mein Vater im dunklen Anzug mit schmaler Krawatte, so wie es zu dieser Zeit Mode ist. Beide haben auffallend große Nasen, sie könnten Griechen, Römer oder Aserbaidschaner sein. Mein Bruder und meine Schwester werden später genau so große Nasen bekommen, nur nicht so schmal und elegant. Meine wird man im Vergleich dazu einmal als klassisch bezeichnen, was bei dieser Erbmasse an ein Wunder grenzt.
In der Schwarzweiß-Welt gibt es Partys, Ausflüge mit dem Auto, Verwandte, die sich lachend übers Geländer einer Bergstation lehnen.“

 
Ela Angerer (Wenen, 20 oktober 1964)