Joachim Meyerhoff

Onafhankelijk van geboortedata

De Duitse schrijver, acteur en regisseur Joachim Philipp Maria Meyerhoff werd geboren in 1967 in Homburg (Saarland). Zijn vader was arts en directeur van een psychiatrische kliniek. Hij volgde van 1989 tot 1992 een opleiding aan de Otto Falckenberg School in München en werd na aanstellingen bij het Staatstheater Kassel, in Bielefeld, Dortmund en de Stadsschouwburg van Keulen in 2001 lid van het ensemble van het Maxim Gorki Theater in Berlijn, waar hij ook vaak als regisseur werkte. In 2002 vertrok hij naar het Duitse Schauspielhaus in Hamburg, waar hij bleef tot 2005 en in producties van Volker Hesse, Thomas Langhoff, Stefan Otteni, Karin Beier, Sebastian Hartmann en Günter Krämer speelde. Sinds september 2005 is Joachim Meyerhoff lid van het ensemble van het Weense Burgtheater. Met de start van het seizoen 2013, keerde hij naar het Duitse Schauspielhaus terug in het ensemble van directeur Karin Beier. Toch bleef hij ook deel uitmaken van het ensemble van het Wiener Burgtheater. Meyerhoff kwam ook telkens weer met zijn eigen programma zoals met het project “Alle Toten fliegen hoch” in het Burgtheater in Wenen. In dit autobiografische programma in zes delen vertelt hij zijn eigen geschiedenis en die van zijn familie. In 2011 verscheen het eerste deel, Amerika, in boekvorm. Meyerhoff ontving voor zijn roman “Alle Toten fliegen hoch, Amerika” in 2011 de Franz-Tumler Literatuurprijs en in 2012 de aanmoedigingsprijs van de Bremer Literatuurprijs.

Uit: Alle Toten fliegen hoch

“Es war schon immer ganz gleich, wann ich meine Großeltern besuchte. Ob ich vier, zehn oder fünfzehn Jahre alt war, spielte keine Rolle, sie blieben immer dieselben.
Die vielen Urlaube, die ich vor meiner Schauspielausbildung bei ihnen verbrachte, verschwimmen in meiner Erinnerung zu einer einzigen, die Jahre vernebelnden Zeitwolke.
Was auch daran liegen mag, das nur selten einzelne hervorstechende Ereignisse den Alltag meiner Großeltern unterbrachen. Ihr Leben selbst war das Ereignis. Jeder einzelne Tag stand fiir alle Tage und jeder dieser Tage war ein kleines Wunderwerk. Ein von ihnen zelebrierter Parcours, abgesteckt aus Ritual, Disziplin und Skurrilität.
Bis auf den Sonntag, an dem sie in die Kirche gingen oder zu Wanderungen aufbrachen, sahen alle ihre Tage ex-akt gleich aus. Ich habe mich oft gefragt, ob sie ihre Tage überhaupt jemals anders verbrachten, denn ich habe in all den jahren nie etwas Unvorhergesehenes mit ihnen erlebt.
Vielleicht war es sogar so, dass der zentrale Kern ihres Daseins darin bestand, Überraschungen zu vermeiden, und je älter sie wurden, desto penibler wurden sie in der Abfolge ihrer Handlungen. Ihr wunderschönes Haus in der Nähe des Nymphenburger Parks, das sie nur zwei Mal im Jahr länger
verließen – zwei Wochen Lanzarote im Februar, zwei Wochen Dürnberg, ein Luftkurort in den österreichischen Alpen, im Spätsommer -, war der ideale Ort fiir ihre Zeiteinteilungen und Wege.
Mir Fällt kein einziger Gegenstand im Hause meiner Großeltern ein, kein Möbel, keine Schale, kein Untersetzer, kein Teppich, der je den Platz gewechselt hätte. Ja selbst die Schlüssel am Schlüsselbrett hingen stets in derselben Reihenfolge sowie auch die Küchenmesser an der Magnetleiste jahrzehntelang ihre Formation wahrten. Sicher, es kamen im Laufe der Zeit ein paar Dinge dazu. Es wurde ein Platz für sie gesucht, und da blieben sie dann fiir immer. So als hätte die
Freie Stelle geduldig auf genau diesen Gegenstand gewartet.
Das Haus war immer blitzeblank-sauber. Da jedoch die Putzfrau, Frau Schuster, immer dieselbe blieb, die Bügelfrau alt und taub wurde, Herr Moser, der ebenfalls betagte Gärtner und Alleskönner, irgendwann nur noch im Schneckentempo den Rasenmäher kreuz und quer durch den Garten schob, schlichen sich Unebenheiten ein, die aber meine Großeltern durch ihr eigenes Noch-Älter-Sein nicht bemerkten.“

 
Joachim Meyerhoff (Homburg, 1967)