Johann Scheerer

De Duitse schrijver, muzikant en muziekproducent Johann Scheerer werd geboren op 6 november 1982 in Henstedt-Ulzburg. Hij richtte zijn eerste band op op vijftienjarige leeftijd, nam zijn eerste album op met “Score!” In 1999 en ging op tournee in Duitsland. Na het behalen van zijn middelbare school kreeg hij een platencontract voor zijn soloproject “Karamel” en richtte in 2003 de opnamestudio “Rekordbox” op. Sinds 2005 runt hij de opnamestudio “Clouds Hill Recordings” met een aangesloten label en muziekuitgever “Clouds Hill”. Johann Scheerer werkt als muziekproducent met internationaal bekende musici zoals Omar Rodríguez-López, At the Drive-In, Alice Phoebe-Lou, Gallon Drunk, Rocko Schamoni en Peter Doherty. In 2018 verscheen zijn veelgeprezen eerste roman „Wir sind dann wohl die Angehörigen“.

Uit: Wir sind dann wohl die Angehörigen

„28.4.1996 New York, Central Park
Die Eisbahn ist voll, die Vögel zwitschern, der Frühling liegt in der Luft, aber wir können die Schönheit nicht erkennen. Nicht spüren. Nicht genießen. Wir sind nicht hier, weil wir etwas erleben wollen. Wir können nicht nach Hause. Die Journalisten vor, hinter und über unserem Haus, in Autos und Hubschraubern, die Berichte auf den Titelblättern sämtlicher deutschen Zeitungen. In Deutschland können wir jetzt nicht sein.
Noch Wochen nach unserer Rückkehr nach Hamburg würden sie nach Benni rufen, damit ich mich auf unseren täglichen Spaziergängen nach ihnen umdrehte, unter der Kapuze hervorlugte und sie ein Foto schießen konnten. Keine Fragen, kein Verstehenwollen, keine Kommentare. Nur ein Pfiff, ein Blick und ein Klicken. Erst mal sollte New York uns davor schützen. Uns durchatmen lassen.
Wir atmen die Luft des Parks, hören die Menschen, spüren aber die Stadt nicht. Wie fühlt es sich an, wenn man nichts fühlt? Registrieren wir, dass die Sonne scheint? Dass wir dort leben, wo andere Urlaub machen? New York – für viele ein Traum, für uns nur eine Kulisse, durch die wir miteinander gehen, ohne uns zu begreifen.
Mein Vater ist nicht sicher auf seinen Füßen, die sich während der letzten 33 Tage immer nur zwei Meter vor und zurück an einer Kette in einem Keller bewegen konnten. Meine Mutter stützt ihn am linken Arm, ich am rechten. So gehen wir durch den Park, in dem uns keiner kennt und niemand etwas von uns weiß, und versuchen herauszufinden, ob wir noch wissen, wer wir sind, ob mein Vater noch vollständig ist und wir noch die sind, von denen er sich am 24. März verabschiedete. „Ich geh noch mal kurz rüber . . .“
Ich wollte nicht nach New York, ich wollte nach Hause. Man hatte mir meinen Vater entrissen, unser Zuhause angegriffen, und dann gab es diese Idee, erst einmal wegzubleiben. Ich wäre am liebsten einfach zurückgekehrt in mein altes Leben, in unser Zuhause, das noch nicht zerstört war von diesen langen, zehrenden fünf Wochen.
New York. Die Stadt der Albträume. Ein Fluchtkurort.
„Nach New York? Na toll – dann werden wir da alle drei entführt!“
Ich hatte Angst vor einem weiteren Schritt ins Unbekannte, ins Unberechenbare. Ich sehnte mich nach der Normalität, die mir genommen worden war. Sollte es nie mehr werden, wie es vorher war? Von hier aus, das spürte ich, führte jedenfalls kein Weg zurück.“

 

Johann Scheerer (Henstedt-Ulzburg, 6 november 1982)

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