Johann Scheerer, Werner Söllner

De Duitse schrijver, muzikant en muziekproducent Johann Scheerer werd geboren op 6 november 1982 in Henstedt-Ulzburg. Zie ook alle tags voor Johann Scheerer op dit blog.

Uit: Wir sind dann wohl die Angehörigen

„Meine Mutter öffnete die Tür und betrat, energischer als sonst, mein Zimmer. Hatte mein Wecker schon geklingelt? Normalerweise weckte mich meine Mutter nicht mehr. Ich überlegte kurz, ob es mir unangenehm sein sollte, dass sie so unangekündigt hereinkam, war aber zu müde und ließ die Augen geschlossen und meine Gefühle im Dämmerschlaf. Ohne ein Wort lief sie die paar Schritte zum halb geöffneten Fenster und zog die Vorhänge auf. Vogelgezwitscher. Hätte ich gewusst., dass diese Frühlingsatmosphäre, dieser Klang der erwachenden Vögel, gepaart mit den ersten vorsichtigen Sonnenstrahlen des Jahres, bis heute eine Art wiederkehrenden Soundtrack, einen Schlüsselreiz meiner Erinnerung darstellen wird, hätte ich meine Mutter bestimmt gebeten, das Fenster zu schließen und die Vorhänge zuzuziehen, bevor sie sich zu mir ans Bett setzte. Ich tat, als ob ich noch schliefe, ließ sie meinen Rücken streicheln und genoss die paar Sekunden, die ich noch hatte, bevor ich mich anziehen und in die Schule musste. Ich war Ende des vergangenen Jahres dreizehn geworden, Körperlichkeit zwischen meinen Eltern und mir war selten. Der Dämmerschlaf dieser morgendlichen Augenblicke erlaubte es mir, mich nicht gegen die Hand meiner Mutter zu wehren. Langsam kamen die Gedanken. Eine Lateinarbeit, er die ich mit meinem Vater die Tage zuvor noch gelernt hatte, stand an. Latein lernen mit meinem Vater. Er war nicht der Geduldigste, ich nicht der Begabteste und diese Kombination nicht die beste. Ich sog den Geruch des Kissens ein, streckte mich ein wenig, versuchte, mir die Geborgenheit des Betts, die Besonderheit dieses Moments zu bewahren. »Johann, ich muss dir etwas sagen.« Der Klang der Stimme meiner Mutter war nicht wie sonst Ich kannte diesen Eröffnungssatz von früheren Situationen. Er verhieß nichts Gutes. Das war mir schlagartig klar. Behutsam schien meine Mutter den nächsten Satz vorbereiten zu wollen. »Wir müssen jetzt gemeinsam ein Abenteuer bestehen. Jan Philipp ist entführt worden. Die Entführer wollen zwanzig Millionen Mark_ Die Polizei hat einen Krisenstab eingerichtet. Christian Schneider ist auf dem Weg hierher. Ich weiß ganz sicher, dass es gut ausgehen wird, aber bis dahin wird es schwer für uns werden.«
Es war der 25. März 1996, es war Frühling, und mein Leben sollte von da an ein anderes sein. Es sollte keinen unbeschwerten Frühling mehr für mich geben, kein Vogelgezwitscher ohne diesen Satz in meinem Kopf ohne meinen ersten Gedanken an die Lateinarbeit, die ich hätte schreiben sollen und die ich, das war mir in diesem rasenden Chaos sofort klar, verpassen würde. Meine Mutter sah mich an, als wolle sie mit ihrem Blick in meinem Kopf die Gewissheit einbrennen, dass wir es schon schaffen würden, dass mein Vater nicht ermordet würde, dass alles — was auch immer das sein mochte — gut ausgehen werde.“

 

Johann Scheerer (Henstedt-Ulzburg, 6 november 1982)

 

De Duitse dichter, schrijver en vertaler Werner Söllner werd geboren op 10 november 1951 in Arad, Roemenië. Zie ook alle tags voor Werner Söllner op dit blog.

 

De slaap van de trommelaar

Nacht, geel
van onweersbuien, de huizen
zijn leeg, in de koele grond
waar de vlierbes standhoudt
slapen de slapers
zich de wereld uit

Maar de bewaker loopt
rusteloos, in een flikkerende droom
loopt hij moeizaam, hij roert
de trommels van steen
en roept met de scheerlingstrompet
de verspreide botten

Ze staan op
en kauwen op de papaver, ze praten
met het rusteloze vee, ze vragen
de muizen om brood
en trekken ijzeren spijkers
uit de dood

Grond, koud
van vergeten, daar was ik
met Pechmarie, had maggikruid
in de mond, in zijn houten pak
staat de trommelaar
in een verscheurde tijd

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Werner Söllner (10 november 1951 – 19 juli 2019)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 6e november ook mijn blog van 6 november 2018 en eveneens mijn blog van 6 november 2017 en ook mijn blog van 6 november 2016 deel 2.

Johann Scheerer, Werner Söllner

De Duitse schrijver, muzikant en muziekproducent Johann Scheerer werd geboren op 6 november 1982 in Henstedt-Ulzburg. Zie ook alle tags voor Johann Scheerer op dit blog.

Uit: Unheimlich nah

„Trotzdem waren 5000 Mark, ich meine 2459,70 Euro, deutlich mehr, als ich eingeplant hatte. Ich holte Luft. »Eigentlich wollte ich doch nur die Bremsen checken lassen«, sagte ich vorsichtig und blickte erneut, diesmal aber leicht nach vorn gebeugt, zum Auto, als könnte ich so erkennen, ob die Bremsen neu wären. »Yo. Steht hier auch: ‘Test Bremsbeläge( – war alles gut. EC oder bar?« Langsam richtete ich mich wieder auf und schaute den Mechaniker an. »Wieso mussten Sie dafür die gesamte Verkleidung des Innenraums rausnehmen?« Er wirkte genervt. »Mensch, Junge, Markus hatte angerufen und gelacht, dass wir die Knöppe hier auch noch machen sollen. Wie bei den anderen Fahrzeugen.« Ich stand auf dem Schlauch. »wer ist Markus?«, fragte ich. »Markus I« Er sagte den Namen etwas lauter, wohl in der Annahme, er würde den Groschen mittels Schalldruck zum Fallen bringen. Ich zuckte mit den Schultern. »Markus – Mensch, wie heißt der noch mit Nach-namen?« »Ich weiß es nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß. Der Mann blätterte in seinen Unterlagen und seufzte. »Da. Markus … Kramer!« »Ach so. Eine Sekunde bitte.« Ich zog mein Nokia 3310 aus der Hosentasche. Mit zwei Tastendrücken kam ich zum Adressbucheintrag »aaaaaaaaaaaaa« und wählte. Mit dem Handy am Ohr ging ich vor die Tür. Es meldete sich sofort jemand. »Zentrale, hallo?« »Moin, hier ist Johann, ist Herr Kramer da?« »Der müsste eigentlich direkt bei dir vor der Werkstatt sein.«
Ich blickte mich um. Kramer kam auf mich zu. Er war nur noch wenige Meter von mir weg. »Alles klar. Danke«, sagte ich in den Hörer und legte auf. »Moin«, grüßte ich ihn. »Alles okay hier bei dir?«, fragte er mich freundlich. Seine schwarze Funktionsjacke, die gerade so seine Hüften bedeckte, trug er offen, obwohl es nur wenige Grad plus hatte. Darunter ein ebenfalls offenes, dickes Karoflanell-hemd und darunter eine Schicht, die ich als Skiunter-wäsche identifizierte. Das perfekt-unauffällige Outfit, mit dem er für alle Witterungsverhältnisse gewappnet war. »Ja, alles okay«, antwortete ich beiläufig. »haben Sie mit der Werkstatt irgendwas besprochen?« Kurz sah er mich an. als wüsste er nicht, was er sagen sollte, doch dann legte er umso schneller los. Seine militärisch gedrillte Sprache, die es schaffte, sogar den unbetonten Wörtern im Satz eine abgehackte Betonung zu geben, schoss auf mich ein. »Du fährst die Woche auf deine Tour. und da wollten wir nur sichergehen, dass wir quasi mit an Bord sind. Wir haben noch zwei Features installiert.« Er sagte wir, als hätte er die Arbeiten selbst durchgeführt. Deine Tour, hallte es in meinem Kopf nach. Ein Teil meines Privatlebens, ein simples Vorhaben, stand vermutlich schon irgendwo auf einem Plan als übergeordneter Punkt einer langen Liste von kryptischen Unterpunkten. Während er sprach, bewegte er sich zum Eingang der Autowerkstatt. Ich würde es nicht verhindern können, dass wir gemeinsam den Raum betraten und der Mechaniker denken müsste, dass ich mir Hilfe geholt hatte. Peinlich. Leider entsprach es noch dazu der Wahrheit.“

 

Johann Scheerer (Henstedt-Ulzburg, 6 november 1982)

 

De Duitse dichter, schrijver en vertaler Werner Söllner werd geboren op 10 november 1951 in Arad, Roemenië. Zie ook alle tags voor Werner Söllner op dit blog.

 

Leg de pen neer

Leg de pen neer, alles is
gezegd. Aan je voeten de hond, een warm
slapend zakje dat van tijd tot jankt omdat jij
er nog steeds bent. Op de planken achter je woorden, woorden
woorden. Rommel en wonderen. Vervulling
en leegte. Zoveel gesproken heb je en niets
gezegd. Niets over de waarheid, over de dwaling
nog minder.

Voor het raam schreeuwt een merel alsof hij losgelaten is
uit de hel. Zon en aarde, een oud
koppel, slechts bij elkaar gehouden door de aantrekkingskracht
van de angst voor elkaar. Of uit de schoot van het zwijgen
de ijzige adem van geluk ooit nog terugkeert?

Heb geen angst, kleine vogel. En geen
verdriet. Om niets en om niemand. Sneller
dan je kunt vergeten, zal het huis
leeg zijn. De laatste spullen ophaalklaar
langs de weg. Ook voor jou, kleine
Chimaera in het heelal, treur niet. Geen god, een
gloeiende klomp ijs jaagt achter je aan.

Niets, droomt
de hond, wordt gezegd. Hij zegt dat alles
gedroomd is.

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Werner Söllner (10 november 1951 – 19 juli 2019)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 6e november ook mijn blog van 6 november 2018 en eveneens mijn blog van 6 november 2017 en ook mijn blog van 6 november 2016 deel 2.

Johann Scheerer, Werner Söllner

De Duitse schrijver, muzikant en muziekproducent Johann Scheerer werd geboren op 6 november 1982 in Henstedt-Ulzburg. Zie ook alle tags voor Johann Scheerer op dit blog.

Uit: Unheimlich nah

„Das macht 2459,70 Euro.“
Ich sah den Typ im verdreckten Blaumann an. Das gefaltete Papier zog eine Schneise in den dunklen Staub, als er mir die Rechnung über den Tresen schob.
„Das sind dann ja …“, ich überschlug die Zahl und setzte neu an: „Sind das 5000 Mark?“
Ich blickte ungläubig durch die Seitenscheiben des hellblauen Volvos meiner Mutter, der neben uns auf der heruntergefahrenen Hebebühne stand. Die Stelle an der Rückseite der Kopfstütze des Fahrersitzes, die ich bei einem kindlichen Anfall von Wut und Langeweile, weil irgendwas nicht so schnell gegangen war, wie ich es gern gehabt hätte, von der Rückbank aus herausgebissen hatte, war gut zu erkennen. Der Schaumstoff hatte sich über die Jahre gelb verfärbt und bröselte in den Fußraum. Diese Kopfstütze, dachte ich, hatten sie offensichtlich nicht repariert.
„Allein 800 Euro für die Kabel“, der Mechaniker hinter dem Schreibtisch zeigte mit seinen öligen Fingern auf die einzelnen Positionen der Rechnung, „1443 Euro für die Arbeitsstunden“, er betonte das Wort Euro so deutlich und doch so beiläufig, als wäre die Währung schon immer da gewesen und nicht erst wenige Tage alt. „Wir mussten ja die ganze Verkleidung abnehmen, um von der zusätzlichen Batterie von vorne ganz nach hinten durchzukommen.“
Ich wusste überhaupt nicht, wovon er sprach.
„Zwei Knöpfe, eine Birne und Fassung, Ölwechsel, alles einmal durchgecheckt.“ Er zuckte mit den Schultern und deutete auf die Gesamtsumme. „EC oder bar?“ Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich hatte den Volvo meiner Mutter in die Werkstatt gebracht, weil ich übermorgen, wenige Monate nach dem Ende des Zivildienstes, den ich direkt nach meinem Abitur im Jahr 2002 angetreten hatte, von Hamburg nach München fahren wollte und von dort mit der Bahn weiter nach Italien. Mit meinem noch frischen Führerschein wollte ich das erste Mal 1000 Kilometer am Stück fahren. Den endlosen Diskussionen mit meiner Freundin Svenja entkommen und allein, nur in Begleitung eines Stapels CDs, einfach mal weg. Testament der Angst von Blumfeld, Bleed American von Jimmy Eat World, Das grüne Album von Weezer, The Strokes’ Is This It, White Blood Cells von den White Stripes, Runter mit den Spendierhosen, Unsichtbarer! von Die Ärzte und natürlich Toxicity von System Of A Down. Und auch wenn ich das Stück Neue Zähne für meinen Bruder und für mich immer skippte, hatte ich noch Wasser marsch! von Superpunk eingepackt.
Ich wollte, begleitet von diesem phänomenalen Soundtrack, im Frühjahr 2003 die Freiheit genießen. Nichts muss, aber alles kann. Meine Mutter fuhr nur noch selten selbst. Seit ein paar Jahren musste sie gefahren werden, und so hatte sie mir erlaubt, ihren Volvo, der die meiste Zeit in der Garage stand, für ein paar Wochen auszuleihen. Sie hatte allerdings darauf bestanden, dass ich ihn vorher durchchecken ließ. Damit er auch bremst, wenn er soll, hatte sie gesagt. Und nun sollte ich 5000 Mark für diesen Check bezahlen? Ich bekam kein Taschengeld mehr. Aber ich konnte von den früheren Einkünften unserer Band ganz gut leben. Trotzdem waren 5000 Mark, ich meine 2459,70 Euro, deutlich mehr, als ich eingeplant hatte.“

 

Johann Scheerer (Henstedt-Ulzburg, 6 november 1982)

 

De Duitse dichter, schrijver en vertaler Werner Söllner werd geboren op 10 november 1951 in Arad, Roemenië. Zie ook alle tags voor Werner Söllner op dit blog.

 

OPEN BRIEF

Ik hoor, mijn vriend, je bent een ander
geworden zonder jezelf te veranderen, voorbij
de grens. Je bent dus nog
altijd dezelfde, en men herkent je
onder het puin
niet terug.

Ik zie, mijn vriend, de omstandigheden
hebben afscheid van je genomen, maar
dit verhaal is eenzijdig, zoals jij
eens gezegd hebt. Vroeger. Toen we nog
niet opgehouden waren met afscheid nemen.

Ik voel, mijn vriend, je vrienden
zijn geteld. Zeker, wie een lange tijd
niets hoort niets, luistert tot slot naar
de echo. Grimassen van graven.

Ik proef, mijn vriend, nog steeds domheid
en papier en geweld, en, mijn
vriend, ik ruik nieuwsberichten die ruiken
naar niets.

Maar ik weet ook, mijn vriend, dat een woord
soms sterker is dan wie het
spreekt. Dus naar de hel met de berichten
van mijn vijf zintuigen, ik reken op
de geheime dienst van het zesde, waarmee
ik nog kan lezen. Wat jij
niet zegt en waarom en tegen wie.

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Werner Söllner (10 november 1951 – 19 juli 2019)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 6e november ook mijn blog van 6 november 2018 en eveneens mijn blog van 6 november 2017 en ook mijn blog van 6 november 2016 deel 2.

Johann Scheerer

De Duitse schrijver, muzikant en muziekproducent Johann Scheerer werd geboren op 6 november 1982 in Henstedt-Ulzburg. Hij richtte zijn eerste band op op vijftienjarige leeftijd, nam zijn eerste album op met “Score!” In 1999 en ging op tournee in Duitsland. Na het behalen van zijn middelbare school kreeg hij een platencontract voor zijn soloproject “Karamel” en richtte in 2003 de opnamestudio “Rekordbox” op. Sinds 2005 runt hij de opnamestudio “Clouds Hill Recordings” met een aangesloten label en muziekuitgever “Clouds Hill”. Johann Scheerer werkt als muziekproducent met internationaal bekende musici zoals Omar Rodríguez-López, At the Drive-In, Alice Phoebe-Lou, Gallon Drunk, Rocko Schamoni en Peter Doherty. In 2018 verscheen zijn veelgeprezen eerste roman „Wir sind dann wohl die Angehörigen“.

Uit: Wir sind dann wohl die Angehörigen

„28.4.1996 New York, Central Park
Die Eisbahn ist voll, die Vögel zwitschern, der Frühling liegt in der Luft, aber wir können die Schönheit nicht erkennen. Nicht spüren. Nicht genießen. Wir sind nicht hier, weil wir etwas erleben wollen. Wir können nicht nach Hause. Die Journalisten vor, hinter und über unserem Haus, in Autos und Hubschraubern, die Berichte auf den Titelblättern sämtlicher deutschen Zeitungen. In Deutschland können wir jetzt nicht sein.
Noch Wochen nach unserer Rückkehr nach Hamburg würden sie nach Benni rufen, damit ich mich auf unseren täglichen Spaziergängen nach ihnen umdrehte, unter der Kapuze hervorlugte und sie ein Foto schießen konnten. Keine Fragen, kein Verstehenwollen, keine Kommentare. Nur ein Pfiff, ein Blick und ein Klicken. Erst mal sollte New York uns davor schützen. Uns durchatmen lassen.
Wir atmen die Luft des Parks, hören die Menschen, spüren aber die Stadt nicht. Wie fühlt es sich an, wenn man nichts fühlt? Registrieren wir, dass die Sonne scheint? Dass wir dort leben, wo andere Urlaub machen? New York – für viele ein Traum, für uns nur eine Kulisse, durch die wir miteinander gehen, ohne uns zu begreifen.
Mein Vater ist nicht sicher auf seinen Füßen, die sich während der letzten 33 Tage immer nur zwei Meter vor und zurück an einer Kette in einem Keller bewegen konnten. Meine Mutter stützt ihn am linken Arm, ich am rechten. So gehen wir durch den Park, in dem uns keiner kennt und niemand etwas von uns weiß, und versuchen herauszufinden, ob wir noch wissen, wer wir sind, ob mein Vater noch vollständig ist und wir noch die sind, von denen er sich am 24. März verabschiedete. „Ich geh noch mal kurz rüber . . .“
Ich wollte nicht nach New York, ich wollte nach Hause. Man hatte mir meinen Vater entrissen, unser Zuhause angegriffen, und dann gab es diese Idee, erst einmal wegzubleiben. Ich wäre am liebsten einfach zurückgekehrt in mein altes Leben, in unser Zuhause, das noch nicht zerstört war von diesen langen, zehrenden fünf Wochen.
New York. Die Stadt der Albträume. Ein Fluchtkurort.
„Nach New York? Na toll – dann werden wir da alle drei entführt!“
Ich hatte Angst vor einem weiteren Schritt ins Unbekannte, ins Unberechenbare. Ich sehnte mich nach der Normalität, die mir genommen worden war. Sollte es nie mehr werden, wie es vorher war? Von hier aus, das spürte ich, führte jedenfalls kein Weg zurück.“

 

Johann Scheerer (Henstedt-Ulzburg, 6 november 1982)