De Italiaanse schrijver Paolo Cognetti werd geboren in Milaan op 27 januari 1978. Op zijn 18e jaar begon hij te schrijven. Hij studeerde eerst wiskunde en Amerikaanse literatuur, studies die hij echter niet af maakte. in 1999 studeerde hij af aan de Civica Scuola di Cinema « Luchino Visconti » in Milaan. Vervolgens richtte hij zich op het maken van sociale, politieke en literaire documentaires. Hij debuteerde als schrijver in 2003 met het verhaal “Fare ordine”, waarvoor hij de Premio Subway-Letteratura literatuurprijs ontving. In de daarop volgende jaren volgden twee bundels met korte verhalen “Manuale per ragazze di successo” (2004) en “Una cosa piccola che sta per esplodere” (2007) en de “roman van korte verhalen” “Sofia si veste sempre di nero” (Sofia draagt altijd zwart, 2012). Na een reeks documentaires over de Amerikaanse literatuur (Scrivere/New York, 2004) publiceerde hij in 2010 “New York è una finestra senza tende”, gevolgd in 2014 door “Tutte le mie preghiere guardano verso ovest”, twee persoonlijke gidsen voor de stad New York. Een andere passie van Cognetti zijn de bergen, waar hij een paar maanden per jaar in eenzaamheid in doorbrengt. In deze tijden van afzondering ontstond in 2013 een dagboek, “Il ragazzo selvatico” (De wilde jongen). In 2014 verscheen “A pesca nelle pozze più profonde”, een meditatie over de kunst van het schrijven van korte verhalen. In 2016 Einaudi kwam zijn eerste roman in de strikte zin van het woord uit: “Le otto montagne” (De acht bergen), al in 30 landen verkocht vóór de publicatie. Hij ontving er in 2017 de prestigieuz Premio Strega voor.
Uit: Acht Berge (Vertaald door Christiane Burkhardt)
“Mein Vater ging auf seine Art in die Berge: Er war weniger ein Mann der Meditation als ein Dickkopf und Draufgänger. Er begann den Aufstieg, ohne seine Kräfte einzuteilen, stets im Wettlauf gegen irgendwen oder was, und wenn ihm ein Weg zu lang war, nahm er die direkte Abkürzung. Bei ihm war es verbten zu rasten, verboten über Hunger, Kälte oder Erschöpfung zu klagen, dafür durfte man ein schönes Lied singen, besonders bei Gewitter oder dichtem Nebel. Und sich laut johlend die Schneefelder hinabstürzen.
Meine Mutter, die ihn schon von klein auf kannte, erzählte, dass er schon damals auf niemanden warten wollte, so wild war er darauf, jeden einzuholen, den er vor sich hatte. Deshalb musste man gut zu Fuß sein, um in den Augen meines Vaters Gnade zu finden. Mit einem Lachen gab sie mir zu verstehen, dass sie ihn so erobert hatte. Später zog sie es vor, keine Wettläufe mehr zu veranstalten, sondern sich auf einer Wiese niederzulassen, die Füße in einen kalten Wildbach zu hängen oder Kräuter und Blumen zu bestimmen. Auch auf dem Gipfel bewunderte sie am liebsten die Kuppen in der Ferne, dachte an die Berge ihrer Jugend zurück und versuchte sich daran zu erinnern, wann sie mit wem wo gewesen war, während mein Vater in diesem Moment nichts als Ernüchterung empfand und nur noch nach Hause wollte.
Zwei unterschiedliche Reaktionen auf dasselbe Heimweh vermutlich. Meine Eltern waren mit Anfang dreißig in die Stadt gezogen, fort aus dem ländlichen Veneto, wo meine Muttergeboren und mein Vater als Kriegswaise aufgewachsen war.
Ihre ersten Berge, ihre erste große Liebe, waren die Dolomitengewesen. Sie erwähnten sie manchmal in ihren Gesprächen, als ich noch zu klein war, ihnen zu folgen, aber manche Worte ragten eindeutig heraus, weil sie sonorer, gewichtiger waren: Rosengarten, Langkofel, Tofana, Marmolada. Es genügte, dass mein Vater einen dieser Namen nannte, und die Augen meiner Mutter begannen zu leuchten.
Das waren die Orte, an denen sie sich verliebt hatten, wie auch ich irgendwann begriff. Ein Pfarrer hatte sie in jungen Jahren mit dorthin genommen, derselbe, der sie später auch
traute: am Fuß der Drei Zinnen, dort vor der kleinen Kirche, eines Morgens im Herbst. Diese Hochzeit im Hochgebirge war der Gründungsmythos unserer Familie – boykottiert von den Eltern meiner Mutter, ohne dass ich gewusst hätte, warum, gefeiert im Kreis weniger Freunde, mit Anoraks statt Hochzeitsgewändern und mit einem Bett in der Auronzohütte in ihrer ersten Nacht als Mann und Frau. Auf den Felsbändern der Großen Zinne glitzerte bereits Schnee. Es war ein Samstag im Oktober ’71, das Ende der Klettersaison – damals, aber auch noch für viele Jahre danach: Wenig später verfrachteten sie die ledernen Bergstiefel, die Kniebundhosen, ihren schwangeren Bauch und seinen Arbeitsvertrag ins Auto und zogen nach Mailand.“
Paolo Cognetti (Milaan, 27 januari 1978)