Ronald M. Schernikau

De Duitse schrijver Ronald M. Schernikau werd geboren op 11 juli 1960 in Magdeburg.  Na de verhuizing van zijn moeder van Oost-Duitsland naar West-Duitsland in 1966 Schernikau groeitde hij op in Lehrte in de buurt van Hannover. In 1976 werd hij lid van de Duitse Communistische Partij (DKP). Nog vóór zijn afstuderen in 1980 verscheen zijn debuutroman Kleinstadtnovelle. Het was een boek over de coming out in een klein stadje en een eerste opmerkelijk succes, want de eerste editie was uitverkocht binnen enkele dagen. In hetzelfde jaar verhuisde Schernikau naar West-Berlijn, waar hij lid werd van de Socialistische Eenheidspartij van West-Berlijn (SEW) en studeerde aan de Freie Universität germanistiek, filosofie en psychologie. Hij trad op als Tuntendiva en werkte samen met het ensemble »ladies neid«. Van 1986 tot 1989 studeerde Schernikau aan het Instituut voor Literatuur “Johannes R. Becher” in Leipzig, waar hij  met veel moeite was toegelaten . In 1988 volgde hij de postdoctorale opleiding. In mei 1988 diende hij zijn proefschrift, die hij later gepubliceerd onder de titel “die tage in l.” In 1989 verwierf Schernikau het burgerschap van de DDR. Op het congres van het Schriftstellerverband van de DDR van 1 tot en met 3 Maart 1990 hield hij een goed ontvangen toespraak waarin hij de gebeurtenissen in Oost-Duitsland na de openstelling van de grenzen als een contra-revolutie beschreef. 1991 voltooide hij zijn uitgebreide montageroman “Legende”. Ronald M. Schernikau is overleden op 20 Oktober 1991 van complicaties van AIDS.

Uit: Legende

eine geschichte | wenn ihr das gerne hören wollt, kann ich euch auch eine persönliche geschichte erzählen. eines tages entdeckte thomas an meinem hals einen knoten, der dort nicht hin gehörte, den man auch beim sprechen kaum sah und den man aber dann doch deutlich erfühlen konnte. dann bin ich zu meiner innenärztin gegangen und die innenärztin hat mich überwiesen an ein krankenhaus und in dem krankenhaus haben sie alle an mir rumgetastet und mich von einem arzt zum andern geschickt, es war kein lymphknoten es war kein nichts, es war gar nichts, es war ein knoten der da nicht hin gehörte. so wurde ich in dieses krankenhaus eingewiesen und mir wurde dieser knoten entfernt. und da gab es eine spanne von zehn tagen, nämlich von der operation bis zum histologischen befund, und unmittelbar nach der operation ist mir klargeworden, wo ich mich befinde, was passiert: es wurde nachgekuckt, ob ich krebs habe. was mache ich in diesen zehn tagen? natürlich will ich keinen krebs haben. und natürlich kann ich mir vorstellen, daß jemand in so einer situation schreit, weint, unterm bett liegt, aus dem fenster springt, sich die haare rauft oder traurige gedichte liest. und ich habe mir gesagt: ich kann diese zehn tage nichts tun. alles was ich tun werde, wird nichts an diesem befund ändern. und so hatte ich keine angst. | 8 | beschwerde | mein bauch tut weh. eigentlich ist es mehr oben, beim atmen auch, die lunge vielleicht. schon einatmen fällt mir schwer, bestimmt die luftröhre, vom schlucken zu schweigen die speiseröhre, alles in mir ist rot und entzündet, was mache ich bloß. ich fürchte, eines tages werde ich tot sein.
| 9 | der gedanke an den eigenen tod macht auch sofort gehässig. der da so ruhig über die straße geht, warum lebt der noch und ich bald nicht mehr?
| 10 | dagegen hilft nur hingehn. hingehn und sagen: ich wünsche ihnen einen guten tag, bald werde ich sterben, und sie? bestimmt machen sie viele intressante dinge, die sie mir in der eile gar nicht alle erzählen können. das beruhigt mich. ich danke ihnen. auf wiedersehen.

Ronald M. Schernikau (11 juli 1960 – 20 oktober 1991)

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