Yasmina Khadra, Dennis Cooper, Jared Carter, Jutta Treiber, Franz Kain

De Algerijnse schrijver Yasmina Khadra (pseudoniem van Mohammed Moulessehoul) werd geboren op 10 januari 1955 in Kenadsa. Zie ook mijn blog van 10 januari 2008 en ook mijn blog van 10 januari 2009 en ook mijn blog van 10 januari 2010.

 

Uit: Die Schuld des Tages an die Nacht (Vertaald door Regina Keil-Sagawe)

 

„Río Salado gefiel mir sehr – Flumen Salsum, wie der Ort bei den Römern hieß, heute El Maleh. Und er gefällt mir nach wie vor, ich kann mir kaum vorstellen, unter einem anderen Himmel alt zu werden oder fern der Geister, die ihn bevölkern, zu sterben. Río Salado war ein prachtvolles Kolonialdorf mit stattlichen Häusern und üppig begrünten Straßen. Der Platz, auf dem einst große Bälle stattfanden und wo die renommiertesten Musiker spielten, hatte seinen Steinfliesenteppich in nächster Nähe zum Rathaus entrollt. Hochstrebende Palmen rahmten ihn ein, die ein Band lampiongeschmückter Girlanden verband. Dort traten Aimé Barelli und Xavier Cugat mit seinem berühmten Chihuahua auf, der ihm stets vorwitzig aus der Tasche lugte, Jacques Hélian und Pérez Prado: legendäre Namen und Orchester, die Oran, die Hauptstadt Westalgeriens, sich trotz allem Weltstadtgehabe niemals leisten konnte.

Río Salado trumpfte gerne auf, um die Prognosen Lügen zu strafen, die seinen Untergang auf ganzer Linie vorhergesagt hatten. Die herrschaftlichen Villen, die es mit keckem Eifer längs der Durchgangsstraße aufreihte, sollten dem Reisenden vor Augen führen, dass Angeberei eine Tugend ist, wenn sie Vorurteile entkräftet und die Mühen veranschaulicht, die es zu bewältigen gilt, um den Mond vom Himmel zu holen.

In früheren Zeiten war hier nur trostlose Ödnis gewesen, nichts als Steine und Eidechsen. Nur selten verirrte sich einmal ein Hirte hierher, der gewiss kein zweites Mal seinen Fuß dorthin setzen würde, auf dieses Gelände voll Dornengestrüpp und toter Flussarme, wo Hyänen und Wildschweine den Ton angaben – kurzum, ein Stück Erde, das Menschen wie Engel mieden und das die Pilger so hastig durchquerten, als wäre der Teufel hinter ihrer Seele her …“

 

 

Yasmina Khadra (Kenadsa, 10 januari 1955)

 

 

De Amerikaanse dichter Jared Carter werd geboren op 10 januari 1939 in Elwood, een dorpje in Indiana, VS. Zie ook mijn blog van 10 januari 2009 en ook mijn blog van 10 januari 2010.

 

Wind Egg

 

Once a wind egg called out to a young girl who went each morning

to collect eggs for her grandmother—”O child, do not take me,

let the hen my mother set for ten more days, I long to walk about

in the world, even now I can see the horse grazing in the meadow.”

 

“How can this be?” the girl wondered.  “Neither white egg nor brown

ever speaks to me.  They have nothing to say, in their thin shells,

even when we hold them up to the candle’s glow.  But this one

has a blue eye, and wears no coat.  I had better ask grandmother.”

 

The old woman had peered into hens’ eggs for so many years

she could see into the heart of things.  When the child told her

of the talking egg, she was not deceived.  “It is the wind,”

she declared, “trying to make mischief among honest folk.”

 

“Never could we leave the brood mares alone in the pasture

when the wind blew down from the mountains.  Crossing the barnyard

in winter, I too have felt it, reaching in.  An egg without

a shell is an abomination.  Cast it out for the hogs to eat.”

 

That night the girl dreamt of an empty nest, and a blue eye

singing to itself.  She reached out to take it in her hand

but it was like holding water.  She threw it against the wall

and it slid down and became whole again, balanced in her palm.

 

“No,” she said to herself next morning, and she opened the pocket

of her apron and slipped in the strange egg.  The black hen cackled,

and the rooster crowed.  “Alas, I can see nothing!” the egg called,

but the girl’s thighs kept it warm, and in nine days it quickened.

 

Lying alone in her room she awoke to the glint of a new moon

shining through the window, and there was no membrane, no shell,

no barrier to what she could become.  Next morning, the old woman

looked away from the tremor of light into which she was gazing.

 

“Go,” she said, “for nothing can keep you here now.  That is the way

of the wind—it is always blowing, always wanting to be elsewhere.”

She turned back to her candle.  “I long to be out in the world,”

the young woman said.  “The horse waits for me in the meadow.”

 

The horse galloped toward her through the tall grass, and the wind

leapt from her apron, into its sleek body, its churning hooves.

The horse shuddered, and knelt down, and she mounted its back.

“Let us ride,” said a clear voice that was all around her now.

 


Jared Carter (Elwood, 10 januari 1939)

 

 

 

De Oostenrijkse dichteres en schrijfster Jutta Treiber werd geboren op 10 januari 1949 in Oberpullendorf. Zie ook mijn blog van 10 januari 2010. 

 

Uit: Herz- und Beinbruch

“Ich habe Harry an einem Regentag kennen gelernt. Im Oktober. Ich war mit meiner Freundin  Daniela im Café am Hauptplatz gewesen, wir hatten uns blendend verstanden und die ganze Zeit gelacht. Als wir hinausgehen wollten, ging ein ebenso starkes Gewitter nieder wie gerade vorhin und plötzlich stand Harry da mit einem großen Schirm und fragte, ob er uns unter seine Schirmherrschaft nehmen dürfe. Daniela und ich, wir mussten beide über die Formulierung lachen. Wir kannte Harry von der Schule, aber nur flüchtig. Er ging schon in eine höhere Klasse.

Wir schlenderten über den Hauptplatz. Die Pflastersteine sahen aus wie frisch lackiert. Daniela verabschiedete sich bald, sie wohnt in der Nähe des Cafés. Harry und ich gingen weiter. Und als wir bei mir zu Hause angelangt waren, wusste ich, dass ich mich ganz fürchterlich verliebt hatte. Harry schaute auf die Hausnummer, Untere Marktgasse 43, sagte er, wie um sich die Adresse einzuprägen. Das hoffte ich jedenfalls. Er lächelte mich an und ich war … Das, was ich da war, dafür gibt es kein Wort!

Ich ging in mein Zimmer, mit der Erinnerung an das Lächeln und die „Schirmherrschaft“, ich sang und tanzte, ich war so glücklich wie schon lange nicht. Immer hab ich gesungen und getanzt, wenn ich glücklich bin. War ich als Kind einmal krank und sang nicht, dann war es für meine Mutter das erste Zeichen von Besserung, wenn ich zu singen begann, und ein Zeichen völliger Gesundung, wenn ich wieder tanzte. Nur als Miki geboren wurde, da sang und tanzte ich lange Zeit nicht. Und das Schlimmste war – es fiel meiner Mutter nicht einmal auf! Erst als es ihr auffiel, begann ich wieder zu singen. Aber mein Gesang war leiser geworden.

 

 

Jutta Treiber (Oberpullendorf, 10 januari 1949)

 

 

 

De Oostenrijkse schrijver, journalist en politicus Franz Kain werd geboren op 10 januari 1922 in Goisern, het huidige Bad Goisern. Zie ook mijn blog van 10 januari 2010.

 

Uit: Die Donau fließt vorbei

 

„In der Nacht vom 1. auf 2. Mai 1950 wurde der Stoffhändler Josef Lackinger am linken Donauufer in Urfahr auf der Höhe der damaligen Holz- und Kohlenhandlung Viehböck erschlagen. Die Bluttat ist nie aufgeklärt, der Täter nie gefaßt worden.
Bevor sie die Arbeit beginnt, schaut sie von ihrem Dachkammerfenster auf die Donau hinaus. Im vorigen Herbst, als sie hier im Mostwirtshaus den Dienst angetreten hatte, den langen Winter hindurch, und auch im Frühling, war es um diese Zeit noch finster oder dämmerig gewesen.
Tagsüber aber sieht die Donau anders aus. Da ist sie eine vielbefahrene Straße. Die schweren Schleppschiffe verbreiten Lärm und Rauch. An den Ufern ist das Gewimmel des Alltags, und niemand nimmt sich Zeit, den kleinen Wirbeln des Wassers nachzuschauen.
Jetzt aber, um fünf Uhr früh, ist der Strom sanft und still, er gleitet langsam zur Brücke hinunter, und drüben am anderen Ufer steigt das Schloß auf wie eine Felswand. Der herbe Geruch von Wasser und Weiden kommt zum Fenster empor, auch wenn der Ruß in steinerne Dämme gezwängt ist. Er bringt diesen Geruch von weit her, von großen, unübersehbaren Auen, in denen Weiden und Erlen ihre Wurzeln ins Wasser senken.
Sie steht am Fenster und räkelt sich den Schlaf aus den Gliedern. Wie schön, daß man an einem solchen Morgen wenigstens das Fenster öffnen kann, weil der Wassergeruch einen anderen, nicht minder scharfen verdrängt: den Geruch von verschüttetem Most, den Küchendunst und überhaupt den Wirtshausgeruch in all seinen Farben. Da glaubt man immer, ein Wirtshaus rieche stets verlockend nach Zwiebel und Majoran. Aber von dem Ammoniakgestank redet niemand. Die Leute spotten oft, daß es auf dem Land nach Kuhstall rieche. Sie sollen sich einmal davon eine Nase nehmen, was da zu dem Fenster des Küchenmädchens emporschlägt wie giftiger Quaiin. »Kathi, Kathi!« ruft die Wirtin jetzt von unten über die Stiege herauf, »aufstehn, was ist denn?« Und das Küchenmädchen Katharina Kitzberger kleidet sich schnell an und steigt mißmutig die Stiege hinunter. In der Küche schiebt sie mit dem Löffel widerwillig die dicke Haut von dem Kakao, den ihr die Wirtin hingestellt hat. Dann beginnt die Arbeit.“

 


Franz Kain (10 januari 1922 – 27 oktober 1997)