Deutscher Buchpreis 2020 voor Anne Weber

Deutscher Buchpreis 2020 voor Anne Weber

De winnares van de Deutscher Buchpreis 2020 is Anne Weber. Zij krijgt deze prijs voor haar roman in verzen “Annette, ein Heldinnenepos”. De Duitse schrijfster en vertaalster Anne Weber werd geboren op 13 november 1964 in Offenbach am Main. Zie ook alle tags voor Anne Weber op dit blog.

Uit: Annette, ein Heldinnenepos

“Anne Beaumanoir ist einer ihrer Namen.
Es gibt sie, ja, es gibt sie auch woanders als auf
diesen Seiten, und zwar in Dieulefit, auf Deutsch
Gott-hats-gemacht, im Süden Frankreichs.
Sie glaubt nicht an Gott, aber er an sie.
Falls es ihn gibt, so hat er sie gemacht.
Sie ist sehr alt, und wie es das Erzählen will,
ist sie zugleich noch ungeboren. Heute,
da sie fünfundneunzig ist, kommt sie
auf diesem weißen Blatt zur Welt –
in eine undurchdringliche Leere, in die sie
lange runde Maulwurf blicke wirft und die sich
nach und nach mit Formen und mit Farben,
mit Vater Mutter Himmel Wasser Erde füllt.
Himmel und Erde sind bleibende Erscheinungen,
das Wasser aber kommt und geht, es strömt
ins trockne Bett des Flusses Arguenon, wo es
zweimal am Tag die Boote aufrichtet, die schon seit
Stunden auf der Flanke liegen. Zweimal am Tag
zieht sichs ins Meer zurück, Ärmelkanal
nennt man es hier, auch kurz La Manche, Der
Ärmel, obwohl es kein Kanal und auch kein Ärmel ist,
nichts Hohles also, eher schon ein Arm: der
Meeresarm, den der Atlantik zur
Nordsee rüberstreckt. Sachte legen sich die
Boote wieder seitlich auf den Bauch.

Im All des Zimmers, dem noch unbewohnten,
schwimmen vier und auch manchmal sechs
glänzende Gestirne oder Augen. Wie in der Dunkelkammer
langsam Konturen aus dem Nichts aufsteigen,
beginnen sich um die Gestirne
Gesichter abzuzeichnen. Mutter. Großmutter.
Vater. Das Kind, das Anne heißt und alle
Annette nennen (sprich Annett) bringt diese
Planeten zum Kreisen.

Von Annette ist Anne (die Heutige) dem Alter nach
doppelt so weit entfernt, wie ihre
Großmutter es damals war, aber irgendwo
erstaunlich fern und nah
gibt es noch dieses Kind. Es ist eins mit ihr,
ist nicht verkümmert und nicht tot, es schläft,
es ist noch da.”

 

Anne Weber (Offenbach am Main, 13 november 1964)

Anne Weber

De Duitse schrijfster en vertaalster Anne Weber werd geboren op 13 november 1964 in Offenbach am Main. Zij bezocht het Wolfgang-Ernst-Gymnasium in Büdingen en slaagde in in 1983 voor haar eindexamen. Ze woont sinds 1983 in Parijs. Daar studeerde zij Franse literatuur en vergelijkende literatuurwetenschap aan de Sorbonne. Van 1989-1996 was zij werkzaam bij verschillende Franse uitgevers. Ze vertaalde ook teksten van hedendaagse Duitse auteurs en nonfictie in het Frans. Haar eigen, sinds 1998 gepubliceerde werken, schreef ze voor het eerst in het Frans en vertaalde ze later pas in het Duits. Intussen schrijft Weber de teksten weer eerst in de Duitse taal, om ze dan ook in het Frans te vertalen. Haar autobiografische lange essay “Ahnen. Een tijdreis dagboek”, dat begin 2015 op hetzelfde moment in Frankrijk en Duitsland werd gepubliceerd, is een confrontatie met haar grootvader, de theoloog, politicus en schrijver Florens Christian Rang (1864-1924). Walter Benjamin, die met Rang bevriend was noemde hem de „tiefste Kritiker des Deutschtums seit Nietzsche.”

Uit: Ahnnen

„Es  fängt  damit  an,  dass  mein  Passwort  »Panzerdivision«  ist.  Ich  habe  es  vor  Jahren  gewählt,  als  ich  das letzte  Mal  eine  Dauerkarte  für  die  untere,  den  Forschern vorbehaltene Etage der Bibliothèque nationale beantragt  hatte.  Für  Platzreservierungen  und  Buchbestellungen im Internet braucht man dort ein Pseudonym.  Nun  hätte  ich  natürlich  Lindenblüte  oder Seidenwurm wählen können. Ich hatte Panzerdivision gewählt. Es war der Kosename, den mir einmal ein äußerst charmanter, in der hohen, wenn auch in meiner Wertschätzung  seither  gesunkenen  Kunst  der  Ironie unschlagbarer  Franzose  gegeben  hatte  und  der  mit möglichst nasalem Akzent, weichem »s« und Betonung auf der letzten Silbe ausgesprochen gehört: Pansèredivisión. Dieser Name, der nicht etwa nur mir als Deutscher galt, sondern gewisse, mir ganz persönliche Eigenschaften treffen sollte und vermutlich auch trifft, war mir einst komisch erschienen. Im Zusammenhang mit den Nachforschungen, die ich mit Hilfe dieses Passwortes  betreiben  will,  hört  er  sich  nicht  mehr  so  komisch an. Es soll um einen Deutschen gehen, der einige Jahre in Polen verbracht hat. Um meinen Urgroßvater.
Um es gleich zu sagen: Mein Urgroßvater ist nicht in Polen einmarschiert. Die Gegend um Poznan, in der er  lebte,  war  schon 1815 Preußen  zugeschlagen  worden.
Trotzdem.  Ich  will  das  Bibliothekspseudonym  ändern. Das ist unmöglich. Ein einmal gewähltes Kennwort, ein sogenannter Alias, erklärt mir unwirsch die für die Karten-Erstellung zuständige Dame, bleibe für immer bestehen. Panzerdivision.“

 
Anne Weber (Offenbach am Main, 13 november 1964)