De Duitse schrijver Eduard Graf von Keyserling werd geboren in Hasenpoth, Koerland, op 14 mei 1855. Keyserling behoorde tot een vooraanstaande adellijke Baltisch-Duitse familie. Van 1873 tot 1877 studeerde hij rechten en filosofie in Dorpat. Later woonde en werkte hij in Wenen en vanaf 1899 in München. Keyserling leed aan syfilis en leefde na 1900 een teruggetrokken bestaan. Op latere leeftijd werd hij blind. In 1887 debuteerde Keyserling als romanschrijver met “Fräulein Rosa Herz. Eine Kleinstadtliebe”, gevolgd door “Die dritte Stiege”. Deze vroege werken werden nog sterk beïnvloed door het naturalisme, maar verraden al zijn bijzondere stilistische kwaliteiten. Deze komen nog sterker naar voren in zijn latere werk, dat onder het impressionisme in de literatuur wordt gerangschikt. Tot zijn beste werken worden gerekend: “Beate und Mareille” (1903), waarin hij melancholisch en gelaten de wereld van de Baltische adel beschrijft, en “Wellen” (1911), een tragisch eindigend verhaal over een vrouw uit de hogere standen die haar veel oudere man verlaat voor een jonge kunstenaar. Keyserling schreef ook een aantal succesvolle toneelwerken.
Uit: Fräulein Rosa Herz
„Den Ort, an dem Fräulein Rosa Herz das Licht der Welt zuerst erblickt hatte, vermochte keiner anzugeben. Wo ihre Wiege gestanden — ob sie überhaupt je eine Wiege besessen —, wer konnte es wissen! Über jenen Teil von Fräulein Rosas Leben hatte sich undurchdringliches Dunkel gebreitet. Herr Klappekahl, der Apotheker, war gewiss ein Mann von seltenem Scharfblick. Ein halbes Jahr hatte er in der Residenz verlebt, und die Früchte jenes Aufenthaltes, ohne Zweifel, waren: Weltklugheit, Bildung, skeptische Klarheit in der Beurteilung der verwickeltsten Verhältnisse; Eigenschaften, die ein jeder ihm zuerkannte. Vielleicht auch ein Anflug von Frivolität, aber — «Mein Gott!», meinte er, «wer kann sich in der verderbten Weltstadt davor bewahren!» Herr Klappekahl nun pflegte zu sagen, wenn das Gespräch auf Rosa Herz kam: «Ihren Geburtsort? Gott, wer soll den kennen! Solche arme Würmer kommen ebenso gerängehlos und plötzlich zur Welt wie die Pilze nach dem Sommerregen. Gelegentlich einmal, während eines Zwischenaktes, hinter einer alten Kulisse, was weiß ich! — Das Publikum klatscht und ruft. Dann tritt der Regisseur vor und dankt, denn die Fee oder der Engel kann nicht erscheinen, ein kleines Unwohlsein … Und in einer Ecke hört man’s piepen. In einer verstaubten Papprüstung —auf einem wackeligen Theaterthron liegt etwas in Gazefetzen gewickelt und wimmert. Das ist dann das Kind, Fräulein Soundso, Fräulein Rosa. Es wird mit all dem Plunder zusammengepackt, und weiter geht es. Glauben Sie, Madame Herz oder Monsieur Springinsfeld erinnerten sich schließlich selbst daran, wo die Geschichte mit dem Kinde passierte? Gott bewahre! Das geht alles so geschwind; heute hier, morgen dort. Ich kenne das!» Was kannte Herr Klappekahl nicht! Und hier hatte er, wie sonst immer, recht. Rosas Mutter war Balletttänzerin, ihr Vater Balletttänzer gewesen. Während des rastlosen Umherziehen von einer Stadt zur anderen war Rosa geboren worden; doch kostete ihre Geburt der atmen Madame Herz das Leben. Herr Herz — traurig, einsam, des Tanzens müde, sehnte sich danach, sein unstetes Leben mit einem ruhigeren zu vertauschen. Auf diesem Standpunkte angelangt, gedachte er wieder seiner Heimatstadt. Als Knabe hatte er sie verlassen, zum Leidwesen seines Vaters, des braven Schustermeisters Herz, um, statt für die Füße anderer Leute zu sorgen, sich mit den seinigen unsterblichen Ruhm zu erwerben. Jetzt sehnte sich sein alterndes Herz nach der friedlichen Heimat zurück. Sein Vater war längst tot, aber eine Schwester lebte ihm noch; eine musterhafte Schwester. Als Herr Herz von dem Verluste seiner Gattin betroffen ward, langte ein schwarzgerändertes Schreiben von Frl Ina Herz an, voll schwesterlichen Bedauerns und frommer Ermahnungen. Am Schluss meinte die gute Seele: Da die kleine Rosa der mütterlichen Pflege beraubt sei, möge man ihr das Kind bringen; sie wolle für dasselbe sorgen und ihm eine zweite Mutter sein. — Gerührt von so viel Liebe, beschloss Herr Herz, nicht nur das Kind, sondern auch sich selbst der Sorgfalt seiner guten Schwester anzuvertrauen.“