Thomas-Mann-Prijs voor Christa Wolf

Thomas-Mann-Prijs voor Christa Wolf

 

 De Thomas-Mann-Prijs van de Hanzestad Lübeck en de Beierse Academie voor Schone Kunsten is een literaire prijs, die in 2010 voor de eerste keer is toegekend. Hij lkomt voort uit de Thomas Mann Prijs van de Hanzestad Lübeck en de Literatuur Prijs van de Beierse Academie voor Schone Kunsten. In 1975 doneerde de Hanzestad Lübeck n.a.v. de 100ste geboortedag van Thomas Mann een literaire prijs voor persoonlijkheden “die zich hebben onderscheiden door hun literaire werk in de geest van de humaniteit die het werk van Thomas Mann kenmerkte”.  In 2008 werd Prijs van de Beierse Academie voor Schone Kunsten omgedoopt tot Thomas Mann Literatuurprijs. De Thomas Mann Gesellschaft in Lübeck protesteerde vervolgens in een open brief tegen de naamgeving van de Beierse prijs. Dit zou schade doen aan de reputatie van de schrijver en tot verwarring leiden, omdat Thomas Mann 75 jaar eerder verdreven was uit München. In de zomer van 2008 stelde een auteur van het culturele tijdschrift Unser Lübeck, met goedvinden van de redactie, voor om een gemeenschappelijke prijs in te stellen. Daarover werd in 2009 overeenstemming bereikt. De prijs wordt afwisselend toegekend in Lübeck en in München. De prijs wordt toegekend voor het levenswerk van een auteur of voor een uitstekende prestaties op het gebied van de literatuur en is begiftigd met 25.000  Euro. De eerste prijswinnaar van de nieuwe prijs is de schrijfster Christa Wolf. De Thomas-Mann-Prijs 2010 werd op 24 oktober 2010 in het Theater Lübeck uitgereikt.

 

 

De Duitse schrijfster Christa Wolf werd geboren op 18 maart 1929 in het huidige Poolse Gorzów Wielkopolski. Zie ook mijn blog van 18 maart 2007 en ook mijn blog van 18 maart 2008 en ook mijn blog van 18 maart 2009 en mijn blog van 19 maart 2010.

 

Uit Was Bleibt

 

Nur keine Angst. In jener anderen Sprache, die ich im Ohr, noch nicht auf der Zunge habe, werde ich eines Tages auch darüber reden. Heute, das wußte ich, wäre es noch zu früh. Aber würde ich spüren, wenn es an der Zeit ist? Würde ich meine Sprache je finden? Einmal würde ich alt sein. Und wie würde ich mich dieser Tage dann erinnern? Der Schreck zog etwas in mir zusammen, das sich bei Freude ausdehnt. Wann war ich zuletzt froh gewesen? Das wollte ich jetzt nicht wissen. Wissen wollte ich – es war ein Morgen im März, kühl, grau, auch nicht mehr allzu früh -, wie ich in zehn, zwanzig Jahren an diesen noch frischen, noch nicht abgelebten Tag zurückdenken würde. Alarmiert, als läute in mir eine Glocke Sturm, sprang ich auf und fand mich schon barfuß auf dem schön gemusterten Teppich im Berliner Zimmer, sah mich die Vorhänge zurückreißen, das Fenster zum Hinterhof öffnen, der von überquellenden Mülltonnen und Bauschutt besetzt, aber menschenleer war, wie für immer verlassen von den Kindern mit ihren Fahrrädern und Kofferradios, von den Klempnern und Bauleuten, selbst von Frau G., die später in Kittelschürze und grüner Strickmütze herunterkommen würde, um die Kartons der Samenhandlung, der Parfümerie und des Intershops aus den großen Drahtcontainern zu nehmen, sie platt zu drücken, zu handlichen Ballen zu verschnüren und auf ihrem vierrädrigen Karren zum Altstoffhändler um die Ecke zu bringen. Sie würde laut schimpfen über die Mieter, die ihre leeren Flaschen aus Bequemlichkeit in die Mülltonnen warfen, anstatt sie säuberlich in den bereitgestellten Kisten zu stapeln, über die Spätheimkehrer, die beinahe jede Nacht die vordere Haustür aufbrachen, weil sie immer wieder ihren Schlüssel vergaßen, über die Kommunale Wohnungsverwaltung, die es nicht fertigbrachte, eine Klingelleitung zu legen, am meisten aber über die Betrunkenen aus dem Hotelrestaurant im Nebenhaus, die unverfroren hinter der aufgebrochenen Haustür ihr Wasser abschlugen. Die kleinen Tricks, die ich mir jeden Morgen erlaubte: ein paar Zeitungen vom Tisch raffen und sie in den Zeitungsständer stecken, Tischdecken im Vorübergehen glattstreichen, Gläser zusammenstellen, ein Lied summen (“Geht nicht, sagten kluge Leute, zweimal zwei ist niemals drei”), wohl wissend, alles, was ich tat, war Vorwand, in Wirklichkeit war ich, wie an der Schnur gezogen, unterwegs zum vorderen Zimmer, zu dem großen Erkerfenster, das auf die Friedrichstraße blickte und durch das zwar keine Morgensonne hereinfiel, denn es war ein sonnenarmes Frühjahr, aber doch Morgenlicht, das ich liebe, und von dem ich mir einen gehörigen Vorrat anlegen wollte, um in finsteren Zeiten davon zu zehren.“

 


Christa Wolf (Gorzów Wielkopolski, 18 maart 1929)