Olga Grjasnowa, Juan S. Guse

De Duitse schrijfster Olga Grjasnowa werd geboren op 14 november 1984 in Baku  Azerbeidzjan, in een Russisch-joodse familie. Haar vader werkte als advocaat en haar moeder als muzikante. In 1996 verhuisde het gezin als “quotavluchtelingen” naar Hessen, waar Grjasnowa op elfjarige leeftijd Duits leerde en eindexamen deed aan de school in Friedberg. Vanaf 2005 studeerde ze eerst kunstgeschiedenis en Slavische studies in Göttingen. Daarna stapte ze echter over naar het Duitse Literatuurinstituut in Leipzig om “Literair Schrijven” te studeren, waar ze in 2010 haar bachelorsdiploma behaalde. Na studiebezoeken aan Polen, Rusland (Maxim Gorki Literatuur Instituut) en Israël, studeerde Grjasnowa danswetenschappen aan de Vrije Universiteit van Berlijn. Ze is lid van het PEN Center Duitsland en het Goethe Instituut. Olga Grjasnowa woont in Berlijn en is getrouwd met de in Syrië geboren acteur Ayham Majid Agha. Grjasnowa nam deel aan de “Klagenfurt Literatuurcursus” in 2007. In 2008 ontving ze een beurs van de Rosa Luxemburg Stiftung. In 2010 bezocht ze de Jürgen Ponto schrijfworkshop. In hetzelfde jaar ontving ze de toneelschrijversprijs van de “Wiener Wortstätten” voor haar debuutspel “Mitfühlende Deutsche”. In 2011 ontving ze een beurs van de Robert Bosch Stiftung en in 2012 de Hermann Lenz-beurs. Haar debuutroman “Der Russe ist einer, der Birken liebt”, verscheen in 2012 en trok onmiddellijk de aandacht en werd lovend besproken. In 2014 publiceerde ze haar roman “Die juristische Unschärfe einer Ehe”. Beide romans werdenals stuk opgevoerd in het Maxim Gorki Theater. In 2016 ontving ze een beurs van zeven maanden van de Tarabya Kültür Akademisi  in Istanboel. In 2017 werd “Gott ist nicht schüchtern” gepubliceerd en vierde het zijn première in het Berliner Ensemble in 2020. In 2020 verscheen haar vierde roman “Der Verlorene Sohn”, waarvoor ze opnieuw beurzen had ontvangen.

Uit: Gott ist nicht schüchtern

„Durch das Bullauge des Flugzeugs sind bereits die ersten Felder zu sehen, ihnen folgt ein Häusermeer und ver-schwindet wieder, dann schwenkt die Tragfläche nach oben, und durch das Fenster ist nur noch das Himmelblau zu se-hen. Der Flügel senkt sich wieder, und Hammoudi sieht ein von der Sonne verbranntes Feld. Die Räder setzen unsanft auf.
Der internationale Flughafen von Damaskus hat sich seit Hammoudis letztem Besuch kaum verändert. Hinter den Kabinen, von denen die Farbe abblättert, stehen dieselben schlechtgelaunten Grenzbeamten wie immer. Mürrisch mus-tern sie seinen Pass und machen ihn darauf aufmerksam, dass er in ein paar Tagen abläuft.
»Deswegen bin ich ja hier«, sagt Hammoudi. Der Grenz-beamte in seiner schlechtsitzenden Uniform scheucht ihn fort.
Hammoudi ist gerne in Syrien, doch stets unter Vorbe-halt: Sein ganzes Leben lang wurde ihm eingetrichtert, dass es hier keine Zukunft gebe und er spätestens nach dem Stu-dium nach Kanada, Australien oder Europa auswandern sollte. Das Leben, das er in Syrien gelebt hatte, hat diese Vor-behalte bestätigt.
Das Gepäck lässt lange auf sich warten. Mehrere Groß-familien werden ungeduldig; Kinder quengeln; ein Herr mit graumeliertem Haar zündet sich eine Zigarette an und wird
vom Wachpersonal ermahnt; Putzfrauen laufen betont lang-sam mit ihren Wassereimern hin und her, ohne etwas zu put-zen. Als das Licht über dem Gepäckband endlich rot auf-blinkt, scharen sich alle um den Ausgabepunkt und versuchen, sich einen strategisch günstigen Platz zu sichern, wobei zwei blonde Männer mit rötlichem Bart, die laut Schweizer-deutsch miteinander sprechen, am Ende siegen. Als das Ka-russell sich endlich in Bewegung setzt, geht ein Raunen durch die Menge. Das Gepäck wird schnell vom Band ge-nommen. Taschen, Koffer aus unterschiedlichsten Materia-lien, Bündel, Rucksäcke und Kartons werden geschultert, auf die Gepäckwagen gelegt und euphorisch in Richtung des Ausganges geschoben.
Hinter der Absperrung in der Ankunftshalle steht eine Masse von Menschen, die nach ihren Verwandten und Freunden Ausschau halten und auf diese zustürmen, sobald die Tür zur Gepäckausgabe sich einen Spalt breit öffnet. Ein Polizist ermahnt sie immer wieder, nicht zu nahe an die Tür zu kommen. Auf den Gesichtern wechseln sich in kurzen Abständen Freude, Neugierde und Bestürzung ab. Kinder mit Luftballons in den Händen stehen ratlos herum, Babys, deren Väter mit Blumensträußen winken, reiben sich vor Müdigkeit die Augen.“

 

Olga Grjasnowa (Baku, 14 november 1984)

 

Onafhankelijk van geboortedata

De Duitse schrijver van Argentijnse afkomst Juan Sebastian Guse werd geboren in 1989 in Seligenstadt. Guse groeide op in het Rijn-Main-gebied en voltooide aanvankelijk een cursus creatief schrijven aan de universiteit van Hildesheim. Daarna begon hij moderne Duitse literatuur en sociologie te studeren aan de universiteit van Hannover. In 2012 won Guse de Berlijnse literaire wedstrijd open mike met zijn verhaal “Pelusa”. Met zijn 23 jaar was hij een van de jongste deelnemers. Zijn debuutroman “Lärm und Wälder” werd in 2015 gepubliceerd. Daarnaast was Guse co-redacteur van het literaire tijdschrift BELLA triste en maakte hij deel uit van de artistieke leiding van het literatuurfestival Prosanova 2014. In 2014 werkte hij drie maanden als vrijwilliger op de redactieafdeling van Suhrkamp Verlag en schreef hij af en toe voor de filmrubriek van de Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Uit: Lärm und Wälder

„Es ist ein heißer Tag, der die Dinge durchsichtig und unfass-bar klar erscheinen lässt, ein Tag wie eine Erinnerung, die mit einem Mal aus unendlicher Tiefe steigt, als Pelusa sich in großer Eile von den Mitgliedern der Joyce Meyer Minis-tries Gemeinde verabschiedet, in ihren Wagen springt und losfährt.
Der Asphalt der vierspurigen Hauptstraße, die zu den Eingangstoren der Nachbarschaften West führt, ist weltall-schwarz und die Fahrbahnmarkierung leuchtend gelb. Die Luftspiegelungen über der Straße vermitteln den Eindruck großer Löcher, die in ein unbekanntes, diesiges Nichts füh-ren. Die Hitze macht die Reifen weich und geschmeidig. Es herrscht eine unbeschreibliche Ruhe, obwohl gerade einige Gärtner ihre Rasenmäher über den Grasstreifen zwischen den beiden Fahrbahnen schieben, auf dem sich Bäume in re-gelmäßigen Abständen abwechseln – Palme, Akazie, Palme, Akazie. Vorbei an zahlreichen teureren Nachbarschaften fährt Pelusa bis an den äußersten Rand von Nordelta, wo ihre Nachbarschaft La Lansia liegt.
Pelusa kratzt sich hinterm Ohr. Eigentlich hat sie es eilig, doch das Tempolimit verbietet es ihr, schneller zu fahren, während auf dem Radweg neben der Straße eine Gruppe drahtiger alter Männer auf Rennrädern Kolonne fährt. Sie tragen kontrasterhöhende Sportsonnenbrillen und haben dunkelbraune, straff gespannte Haut. Der Hinterste greift nach der in einer Halterung am Rahmen befestigten Trink-flasche, richtet sich auf und spritzt sich freihändig fahrend blaue Flüssigkeit in den offenen Mund. Sie alle ziehen an Pelusas Fenster vorbei und verschwinden im Rückspiegel. Pelusa fährt genau achtzig. Auf der Straße sind nur wenige Autos. Sie überholt niemanden und niemand überholt sie. Alle Wagen treiben die Straße hinunter. Alle treiben gleich-zeitig.
Sie fährt von der Hauptstraße ab und auf ihre Nachbar-schaft zu, die hinter dem neoklassischen Eingangstor be-ginnt. Im Glashäuschen des Eingangstores sitzen die Wach-männer in ihren schwarzen Hosen, mit ihren Lackschuhen, ihren weißen Hemden, den goldenen Ansteckern in Form einer im Wind flatternden Flagge, den Sonnenbrillen und den Kappen, auf denen in Serifenschrift NORDELTA steht. Vor ihnen die Monitore.
Pelusa hält ihren Bewohnerausweis über die mattgraue Magnetfläche und grüßt das Personal. Ihre Angst davor, das grüne Licht nicht aufleuchten zu sehen, wird sie vermutlich nie ablegen können. Jedes Mal tagträumt sie davon, einen Alarm auszulösen, und sieht sich schon von bewaffneten Wachmännern umstellt, die sie an den Haaren aus dem Wa-gen zerren und ihr mit Knüppeln ins Gesicht schlagen. Doch nichts ertönt; lautlos hebt sich die Schranke. Mit dem Zucken ihres Handgelenks richtet sie eine abschließende Geste des Grußes an die jungen Wachmänner und drückt leicht auf das Gaspedal, so dass der Wagen sanft anrollt und man nur am hypnotischen Schwingen des kleinen Holz-kreuzes, das vom Rückspiegel herabhängt, erkennen kann, dass sich der Wagen in Bewegung gesetzt hat.“

 

Juan S. Guse (Seligenstadt, 1989)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 14e november ook  mijn blog van 14 november 2018 en eveneens mijn blog van 14 november 2015 deel 2.

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