De Duits-Iraakse schrijver Abbas Khider werd geboren op 3 maart 1973 in Bagdad. Nadat hij zijn middelbare school had afgerond, studeerde hij twee semesters financiële wetenschappen in Bagdad Vanaf zijn 19e jaar is Abbas Khider in totaal elf keer gearresteerd voor politieke activiteiten tegen het regime van Saddam Hoessein of terwijl hij probeerde te vluchten. Hij werd tussen 1993 en 1995 gemarteld in een Iraakse gevangenis, werd in 1996 vrijgelaten en vluchtte vervolgens naar verschillende landen zoals Jordanië en Libië. In 2000 vond Khider asiel in Duitsland. Hij slaagde voor de Duitse Abitur en studeerde literatuur en filosofie in München en Potsdam. In 2007 kreeg hij de Duitse nationaliteit. In een interview in 2013 verduidelijkte Khider dat zijn werken literatuur zijn waarmee hij de stemming van zijn tijd, zijn generatie, en geen autobiografie probeert weer te geven, en hij voegt er lachend aan toe dat alles erin autobiografisch is, zelfs wat verzonnen is. Door een zekere afstand tot de Duitse taal als zijn nieuwe thuis weet hij “betrokkenheidsliteratuur” te vermijden en de gruwel om te zetten in vrolijkheid. In 2014 gaf Khider een schrijfworkshop in Caïro waar jonge Arabische schrijvers Franz Kafka’s claustrofobische scènes als thema kozen, waarin ze “hun eigen situatie herontdekten. Khider ziet zichzelf als onderdeel van de Duitse samenleving. De problemen van deze samenleving zijn zijn problemen. Hij is nu kritisch, want zelfkritiek mag uiteindelijk. Zijn roman “Ohrfeige” (2016) gaat niet langer over dictaturen, maar over de keerzijde van democratie in Duitsland, zoals blijkt uit situaties die vluchtelingen moeten meemaken die in angst voor deportatie leven. Abbas Khider woont in Berlijn. Sinds 2010 is hij lid van de schrijversvereniging P.E.N.
Uit: Der falsche Inder
»Intercity Express 1511, Berlin-München, über Leipzig, Bamberg, Nürnberg, Ingolstadt. Planmäßige Abfahrt 12 Uhr 57.« Unangenehm blechern die Stimme aus dem Lautsprecher. Ein kurzer Blick auf die große Uhr am Bahnsteig: 12.30. Eine knappe halbe Stunde noch. Ich deponiere meine Zeitung und den Kaffee-zum-Mitnehmen auf der Bank. Noch ein langer Blick durch den Bahnhof Zoologischer Garten.
Alles leer. Für einen Moment das Gefühl, auf diesem Bahnhof mutterseelenallein zu sein. Die Menschen sind verschwunden, oder genauer, niemals da gewesen. Alles leer. Alles hell und sauber. Keine Züge, keine Reisenden, keine Lautsprecher. Nichts, nur ich und der leere Bahnhof Zoo, das große Nichts um mich herum. Wo bin ich eigentlich? Was mache ich hier?Wo sind die anderen? Solche Fragen wirbeln durch meinen Kopf wie Trommeln auf einem afrikanischen Fest. Alles leer wie eine endlose Wüste, nackte Berge oder klares Wasser. Aber auch unheimlich wie der Wald nach einem gewaltigen Gewitter. Und meine Fragen laut und dennoch leise, tönend und dennoch stimmlos.
Dieses Gefühl dauert ein paar Minuten an, oder waren es mehr als nur ein paar Minuten? Nicht das erste Mal, dass ich die Orientierung verloren habe. Seit einigen Jahren schon erlebe ich ab und zu diesen Wahnsinn. Manchmal habe ich Angst, dass ich eines Tages aus solch einer Wüste in meinem Kopf nicht mehr zurückkehre.
Gott sei Dank, die Bahnhofshalle ist noch da und auch die Sprüche an den Wänden: »Mein Spaßvogel ist in seinem Spaß verloren geflogen.« »Simone ist meine Maus.« Auch die Currywurst- und die Hotdogbude sind noch da, die Menschen?
12.40 Uhr. Noch einmal ein Blick über den Bahnhof, aber diesmal ohne Begleitung einer afrikanischen Trommel. Der Bahnsteig voll. Reisende steigen ein oder suchen einen Ausgang. Einige rennen, um den Anschlusszug nicht zu verpassen. Eine Gruppe halbnackter Mädchen und Jungs mit kurzen Hosen und Sonnen-Tops schlendern langsam mit ihren Rucksäcken den Bahnsteig entlang. Beinahe wie eine Schulklasse. Die Mädchen lachen und beleben den Bahnhof mit ihren hellen, lauten Stimmen. Der Gruppe voran ein paar ältere Leute. Wohl die Lehrer. Mit ernsten Gesichtern. Fast alle ziehen schwarze Koffer auf Rollen hinter sich her.
Überall auf dem Bahnhof Tauben. Sie haben sogar ihre Nester unter die Dachschräge der Bahnhofshalle gebaut. Eine männliche Taube verführt gerade eine weibliche. Das Männchen breitet seine Flügel aus, zieht sie hinter sich auf dem Boden her, schwänzelt um das Weibchen herum und flirtet mit ihm: »Bak, bak, bak, buk.« Das Weibchen stolziert vor ihm auf und ab wie eine Königin,mit hoch erhobenem Kopf.“