Abbas Khider, Robert Kleindienst

De Duits-Iraakse schrijver Abbas Khider werd geboren op 3 maart 1973 in Bagdad. Zie ook alle tags voor Abbas Khider op dit blog.

Uit: Brief in die Auberginenrepublik

„Das elendige, von armen Einheimischen und Ausländern bevölkerte Viertel Ras Ebeda, das man hier spöttisch »Gaddafi City« nennt, schläft tief unter der Decke der schwülen Hitze. Es ist der i. Oktober, und dennoch sieht alles aus wie in einem Dampfbad. Als ich die Hauptstraße erreiche, die nur dreihundert Meter von meinem Haus entfernt liegt, sticht mir die Hitze bis in die Knochen. Die Bushaltestelle steht mitten in der Sonne, ohne Mauer oder Dach. Um mich herum gibt es nur leere Straßen und geschlossene Geschäfte. Nichts bewegt sich, allein der Wind lässt den Staub und einige am Straßenrand liegende Zeitungsfetzen, Zettel und Plastiktüten hochfliegen. Dieses Wetter verwandelt Bengasi zur Zeit der Mittags-ruhe in eine Geisterstadt. Fast alle Menschen sitzen da-heim in ihren Wohnungen, genießen die kühle Luft der Klimaanlage, halten Mittagsschlaf und glotzen ägyptische und syrische Seifenopern. Seit die Regierung Satelliten erlaubt hat, machen die Leute hier nichts anderes, als die Welt auf dem Bildschirm zu entdecken. Endlich, ein weiß-blauer Bus taucht auf. Der Fahrer fährt langsam, hält an und ruft: »Stadtmitte, Strandpromenade. Schnell!« Ich steige ein und setze mich auf einen der hinteren Plätze. Außer mir gibt es noch acht weitere Fahrgäste. Die klimatischen Verhältnisse im Inneren des Busses gleichen einer libyschen Bäckerei. Alles riecht nach Fett und nach Schweiß. Die Klimaanlage funktioniert nicht, und ich bin bereits nach kurzer Zeit schweiß-gebadet. Keiner sagt etwas. Wieso eigentlich? Normaler-weise plaudern die Menschen hierzulande gern. Stau gibt es zum Glück keinen. Der Bus fährt trotzdem so langsam, als würde er behutsam auf Eiern rollen. Bis ich die Nasserstraße erreiche, wird es bestimmt ein Weilchen dauern. Doch ich bin nicht weit vom Ziel entfernt. Unfassbar, dass es nur noch wenige Minuten dauern wird, bis ich den Brief abschicken kann und darf. Zwei Jahre habe ich warten müssen. Seit zwei verdammten Jahren träume ich davon, eine Möglichkeit zu finden, ihn in einen Briefumschlag zu stecken und »Adieu« zu sagen. Die letzten beiden Tage habe ich ausschließlich da-mit verbracht, diesen Brief zu verfassen. Ich arbeitete an ihm, und noch gestern überdachte, verbesserte und änderte ich das Geschriebene. Dabei musste ich immer an Samia denken, wollte ihr eine Menge erzählen und konnte doch nur wenig sagen. Auch früher schrieb ich zahlreiche Briefe an sie, die sich im Laufe der Zeit in ein kleines Buch verwandelten, das ich jedoch vernichtete, weil mich die Hoffnungslosigkeit übermannte, alles wäre vergebens und diese Briefe würden niemals abgeschickt werden. Es war und ist mir immer noch unvorstellbar, einen Brief ein-fach mit einer Briefmarke zu bekleben und loszuschicken. Wenn es so einfach wäre, schriebe ich jede Woche einen langen Brief an Samia. In den ersten Monaten nach meiner Ankunft in Bengasi ging ich einmal wöchentlich zur Post. Jedes Mal stand ich vor dem Postgebäude und begriff, dass diese Idee nicht besonders gut war.“

 

Abbas Khider (Bagdad, 3 maart 1973)

 

De Oostenrijkse dichter en schrijver Robert Kleindienst werd geboren op 4 maart 1975 in Salzburg. Zie ook alle tags voor Robert Kleindienst op dit blog.

 

Keerkring

Ga met ons mee naar het voorplein
slachten wij je maankalf
uit daar kunnen we blijven
tot de dageraad aanbreekt

wat spits je de oren
dit zijn slechts stappen, kom
blijf we maken
ramen in je rug

vraag niet
vraag niet naar de laatste
dag hij brandt op in de asbak
en de handen vegen
haarresten weg zoals altijd
dageraad
onvindbaar

stilstand, nu.
stilstand.

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Robert Kleindienst (Salzburg, 4 maart 1975)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 3e maart ook mijn blog van 3 maart 2020 en ook mijn blog van 3 maart 2019 en ook mijn blog van 3 maart 2018 deel 1 en eveneens deel 2.

Abbas Khider, James Merrill, Elisabeth Borchers

De Duits-Iraakse schrijver Abbas Khider werd geboren op 3 maart 1973 in Bagdad. Zie ook alle tags voor Abbas Khider op dit blog.

Uit: Ohrfeige

„Stumm und starr vor Angst hockt sie in ihrem Drehstuhl, als hätte die Ohrfeige sie betäubt.
»Sie ruhig sind und bleiben still!«
Ich greife nach dem Packband in meiner Jackentasche, fessle ihre Hände an die Armlehnen und die Fußgelenke an die Stuhlbeine. Mit mehreren Streifen klebe ich ihren rot geschminkten Mund zu.
»Nix ich will hören!«
So langsam beginne ich, mich zu entspannen. Ich setze mich ihr gegenüber auf den Besucherstuhl, nehme mir ein Blatt Papier von ihrem Schreibtisch, mische etwas Hasch in meinen Tabak und drehe mir eine Zigarette. Ich zünde sie an und atme tief ein. Ganz genüsslich.
Das Papier schmeckt verbrannt und im ersten Moment will ich würgen, aber ich zwinge mich dazu, diese besondere Zigarette zu genießen. Ich ziehe daran, als wolle ich sie aussaugen, inhaliere den Rauch bis tief in meine Lungen und freue mich über den leicht brennenden Schmerz in meiner Brust. Ich fühle mich so lebendig wie schon lange nicht mehr.
Ich stehe auf, beuge mich zu ihr, gehe ganz dicht an sie heran und puste ihr den Rauch mehrmals mitten ins Gesicht. Da ihr Mund zugeklebt ist, muss sie den Qualm durch die Nase einatmen. Sie versucht den Kopf wegzudrehen und muss so sehr röcheln, dass sich das Klebeband auf und ab wölbt. In einer Behörde zu kiffen, das fühlt sich irrsinnig gut an.
»Frau Schulz, wir reden zusammen. Ich wollte immer, und Sie haben keine Zeit oder Wille für mich, wenn ich vor Ihrem Zimmer warten. Jetzt endlich ist so weit! Ob Sie wollen oder nicht, wir reden. Aber Deutsch ist schwer für mich und will ich viele Sachen erzählen. Ich muss Arabisch mit Ihnen reden, so ich kann frei reden. Leider!«
Ich will mich nicht länger durch die deutsche Sprache quälen, durch diesen Dschungel aus Fällen und Artikeln, die man sich nie merken kann. Es ist natürlich Quatsch, jetzt mit ihr Arabisch zu sprechen, aber was soll’s. Auch wenn Arabisch ihre Muttersprache wäre, würde sie mich nicht verstehen. Sie stammt aus einer ganz anderen Welt als ich. Ein Erdling spricht gerade mit einem Marsianer.
Oder umgekehrt.
Das hier ist für mich eher wie die christliche Beichte, die ich mir einmal habe erklären lassen. Dabei sitzt man auch auf einem Stuhl in einem viel zu kleinen Raum. Auf jeden Fall kann ich mir jetzt meine Sorgen von der Seele reden.
Also, meine erste Frage: Wie lautet Ihr Vorname?“

 

Abbas Khider (Bagdad, 3 maart 1973)

 

De Amerikaanse dichter James Merrill werd geboren op 3 maart 1926 in New York. Zie ook alle tags voor James Merrill op dit blog.

 

THE GREENHOUSE

So many girls vague in the yielding orchard,
None at my pausing but had seemed therefore
To grow a little, to have put forth a tentative
Frond, touch my arm and, as we went,
Trailingly inquire, but smilingly, of the greenhouse —
One had heard so much, was it never to be seen?
So that it would always have appeared possible
To be distinguished under glass
Down femed-faint-steaming alleys of lady-slipper,
Camellia, browning at the finger-tip,
Yet always to find oneself, with a trace of humor,
In perhaps the least impressive room.
It was hotter here than elsewhere, being shadowed
Only by bare panes overhead,
And here the seedlings had been set to breeding
Their small green tedium of need:
Each plant alike, each plaintively devouring
One form, meek sprout atremble in the glare
Of the ideal condition. So many women
Oval under overburdened limbs,
And such vague wants, each witlessly becoming
Desire, individual blossom
Inhaled but to enhance the fiercer fading
Of as yet nobody’s beauty—
Tell me (I said ) Among these thousands which you are!
And I will lead you backwards where the wrench
Of rifling fingers snaps the branch,
And all loves less than the proud love fastened on
Suffer themselves to be rotted clean out of conscience
By human neglect, by the naked sun,
So none shall tempt, when she is gone.

 

POEM IN SPRING

Being born of earth, we’ve come to sit
On fecund ground and fondle it —
A filial diversion this.
Then brother-sisterly we kiss

Who cannot tell one branch for buds
Nor see, for trees, the April woods
Cloudy with green nor, amorous,
Think autumn looks askance at us.

 

ITALIAN LESSON

It will not do Luigi
You in this fireless room
Tirelessly expounding
The sense of so much sound

As if to speak were rathcr
Those promenades in Rome
Where each cool eye plays moth
To flames largely its own

Than the resounding Latin
Catacomb or labyrinth
Corinthian overgrown
With French sphinx or the heated tones

Of all these quenched at nightfall
Yet sparkling on a lip
At whose mute call I turn
To certain other lessons hard to learn.

 

James Merrill (3 maart 1926 – 6 februari 1995) 

 

De Duitse schrijfster en dichteres Elisabeth Borchers werd geboren in Homberg op 27 februari 1926. Zie ook alle tags voor Elisabeth Borchers op dit blog.

 

September

Er komt een tijd
dan heeft de zon
al het werk gedaan
De appels zijn rood
De peren zijn geel
en de marktvrouwen roepen
pruimen mooie pruimen
Er komt een tijd
dan wordt de zon moe
en steeds kleiner
Zo klein als een sinaasappel

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Elisabeth Borchers (27 februari 1926 – 25 september 2013)

 

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Abbas Khider, Manfred Flügge, Lisel Mueller

De Duits-Iraakse schrijver Abbas Khider werd geboren op 3 maart 1973 in Bagdad. Zie ook alle tags voor Abbas Khider op dit blog.

Uit: Die Orangen des Präsidenten

„Meine Mutter weinte, wenn sie sehr glücklich war. Sie nannte diesen Widerspruch »Glückstränen«. Mein Vater dagegen war ein überaus fröhlicher Mensch, der überhaupt nicht weinen konnte. Und ihr Kind? Ich erfand eine neue, melancholische Art des Lachens. Man könnte es als »Trauerlachen« bezeichnen. Diese Entdeckung machte ich, als mich das Regime packte und in Ketten warf Wann immer mehrere Gefängniswärter unsere Zelle betraten, begann das wöchentliche Todesspiel von Neuem: mit schweren Militärstiefeln getreten oder mit knochigen Fäusten und unerbittlichen Offiziersstäben geschlagen zu werden. Jedes Mal versuchte ich verzweifelt, wenigstens mein Gesicht mit den Händen zu schützen, und überließ den Rest meines Körpers den Wärtern. Einmal war ich ganz in der Gewalt eines Wärters, den ich Charlie Chaplin nannte. Er trieb nur einige Wochen lang bei uns sein Unwesen, danach habe ich ihn nie wieder gesehen. Er war sehr klein, nur knapp über einen Meter groß, schien mir, und trug einen lustigen Zweifingerschnurrbart. Er hatte einen Offiziersstab bei sich, mit dem er gerne um uns herumtanzte und immer wieder auf uns einstach und -schlug. Wenn er einen Gefangenen verprügelte, biss er sich mit spitzen Zähnen vor Lust auf seine wulstige Zunge und schrie, dass ihm der Speichel aus den Mundwinkeln triefte: »Hiwanat – Tiere!«, und schlug weiter und weiter wie eine Maschine auf uns ein. Chaplin malträtierte mich übel mit dem Stab, und ich krümm-te mich wie üblich wimmernd vor Schmerz, Hilflosigkeit und Hass auf dem Boden. Als er kurz Pause machte, um wie ein hechelnder Hund nach Luft zu schnappen, befreite ich mein Gesicht von den schützenden Händen und warf einen schnellen Blick auf das seine. Er war erschöpft, schwitzte, und noch immer hielt er seine Zunge zwischen den Zähnen. In diesem Moment musste ich unwillkürlich an den echten Charlie Chaplin denken und konnte mich nicht länger beherrschen. Ich prustete laut los und schrie in allen Tonlagen, krümmte und gebärdete mich, als hätte ich Lachgas eingeatmet. Den Wärtern fielen vor Überraschung fast die Knüppel aus der Hand, und sie beobachteten mich wie ein Wissenschaftler ein höchst seltenes und unerklärliches Phänomen. Einer brach schließlich das Schweigen und forderte, ich solle aufhören. Ich konnte aber nicht. Ich versuchte es, musste aber doppelt so laut und heftig wie zuvor loslachen. Während ich mich auf dem Boden wälzte, bekam ich einen Fußtritt in den Magen und einen anderen in die Nierengegend – beide ohne Wirkung und ohne dass ich sie überhaupt spürte. Das Lachen machte mich unempfindlich gegenüber dem Schmerz, gegenüber der Angst und gegenüber der Verzweiflung. »Aufhören, du Wahnsinnger!«, befahl einer. Aber ich lachte weiter. Der falsche Charlie Chaplin raunte schließlich seinen Kolle-gen zu: »Ich glaube, er hat seinen Verstand verloren!« Als ich das hörte, war es ganz um mich geschehen; ich explodierte förmlich wie eine Mine. Ich zitterte am ganzen Leib, schlug wie ein protestierendes Kind mit den Händen auf den Zellenboden und strampelte dazu mit beiden Beinen.“

 

Abbas Khider (Bagdad, 3 maart 1973)

 

De Duitse schrijver Manfred Flügge werd geboren op 3 maart 1946 in Kolding, Denemarken. Zie ook alle tags voor Manfred Flügge op dit blog.

Uit: Das Jahrhundert der Manns

“Die verwitwete Julia Mann dachte nicht daran, die literarische Tätigkeit ihres Ältesten zu behindern, ja sie begann selbst, Erinnerungen an ihre Jahre in Brasilien aufzuschreiben, und sie konnte herrlich erzählen von ihrem Leben in einem wunderlichen Haus zwischen Ozean und Regenwald unter pittoresken Menschen und Tieren. Sie spielte auch gut Klavier und sang vortrefflich. Die künstlerischen Ambitionen ihrer beiden ältesten Söhne hat sie nachhaltig unterstützt. Neben der literarischen Neigung entwickelte Heinrich einen starken Drang, seine Meinung öffentlich zur Geltung zu bringen. Seinen ersten publizistischen Auftritt hatte er als Mitarbeiter und Herausgeber der Zeitschrift Das Zwanzigste Jahrhundert. Deutschnationale Monatshefte für soziales Leben, Politik, Wissenschaft und Literatur. Das Blatt existierte von Oktober 1890 bis Oktober 1896 im Verlag der Deutschsozialen Antisemitischen Partei, die damals im Reichstag vertreten war. Dann wurde es mangels Absatz eingestellt. Heinrich Mann verfasste insgesamt etwa 50 Beiträge für diese völkische Kulturzeitschrift. Auch seinen Bruder Thomas zog er als Rezensenten heran. Die proklamierten Inhalte standen konträr zu allem, was Heinrich Mann später vertreten hat und was sein Bild prägte. Hier sprach er sich für einen starken Monarchen aus, für eine Ständeverfassung, für deutsche Kolonien, für die gesunde Familie als Basis der Gesellschaft. Von allen reaktionären Meinungsäußerungen dieser Phase sind die antisemitischen am schwersten erträglich. Kenntnis von jüdischer Religion, jüdischem Leben oder der realen Lage der im Deutschen Reich lebenden Juden besaß er nicht. In einem scharfen Artikel vom September 1895 (Jüdischen Glaubens) heißt es, Juden könnten keine Deutschen sein. Deshalb müsse man auch für die »Unterdrückung der Judenschaft« eintreten. Die jüdische Hochfinanz müsse man wie eine unheilvolle Bestie in Käfige sperren oder ausrotten. Erstaunlicherweise setzte sich Heinrich Mann für die Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich ein, allerdings mit der Begründung, auch in französischen Adern schlage germanisches Blut. Mit dieser Sicht stand er innerhalb der völkischen Rechten allein, für die Frankreich als der Erbfeind galt.“

 

Manfred Flügge (Kolding, 3 maart 1946)
Julia Mann met haar kinderen, Juia, Heinrich en Thomas

 

Onafhankelijk van geboortedata

De Duits-Amerikaanse dichteres en vertaalster Lisel Mueller werd geboren op 8 februari 1924 in Hamburg. Zie ook alle tags voor Lisel Mueller op dit blog.

 

Een dag als alle andere

Zoiets onbeduidends: een blik
op je dossier op het doktersbureau
of een brief die niet voor jou bedoeld is.

Hoe had je het kunnen weten? Het is niet waar
dat je leven in een flits
aan je voorbij trekt, maar je horloge
tikt plotseling als een vergroot hart,
de handen bevriezen tegen een wit
dat een oordeel is. Anders niets.
Het gezicht in de spiegel is nog steeds van jou.
Twee mannen passeren op de stoep
en staren niet naar je raam.

Je kamer is stil, de planten
opgesloten in hun mysterieuze leven
zoals gewoonlijk. De koningin-van-de-nacht
weigert te bloeien, accepteert
jouw definitie niet. Het slaat nergens op,
dat je de straat afzoekt naar een verkeersopstopping,
een nieuwe scheur in de bestrating,
een vlag halfstok — tekens
van enige onrust in de wereld
omdat je vriend, de ochtendzon,
zijn donkere kant naar jou heeft toegekeerd.

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Lisel Mueller (8 februari 1924) – 21 februari 2020)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 3e maart ook mijn blog van 3 maart 2020 en ook mijn blog van 3 maart 2019 en ook mijn blog van 3 maart 2018 deel 1 en eveneens deel 2.

Abbas Khider

De Duits-Iraakse schrijver Abbas Khider werd geboren op 3 maart 1973 in Bagdad. Nadat hij zijn middelbare school had afgerond, studeerde hij twee semesters financiële wetenschappen in Bagdad Vanaf zijn 19e jaar is Abbas Khider in totaal elf keer gearresteerd voor politieke activiteiten tegen het regime van Saddam Hoessein of terwijl hij probeerde te vluchten. Hij werd tussen 1993 en 1995 gemarteld in een Iraakse gevangenis, werd in 1996 vrijgelaten en vluchtte vervolgens naar verschillende landen zoals Jordanië en Libië. In 2000 vond Khider asiel in Duitsland. Hij slaagde voor de Duitse Abitur en studeerde literatuur en filosofie in München en Potsdam. In 2007 kreeg hij de Duitse nationaliteit. In een interview in 2013 verduidelijkte Khider dat zijn werken literatuur zijn waarmee hij de stemming van zijn tijd, zijn generatie, en geen autobiografie probeert weer te geven, en hij voegt er lachend aan toe dat alles erin autobiografisch is, zelfs wat verzonnen is. Door een zekere afstand tot de Duitse taal als zijn nieuwe thuis weet hij “betrokkenheidsliteratuur” te vermijden en de gruwel om te zetten in vrolijkheid. In 2014 gaf Khider een schrijfworkshop in Caïro waar jonge Arabische schrijvers Franz Kafka’s claustrofobische scènes als thema kozen, waarin ze “hun eigen situatie herontdekten. Khider ziet zichzelf als onderdeel van de Duitse samenleving. De problemen van deze samenleving zijn zijn problemen. Hij is nu kritisch, want zelfkritiek mag uiteindelijk. Zijn roman “Ohrfeige” (2016) gaat niet langer over dictaturen, maar over de keerzijde van democratie in Duitsland, zoals blijkt uit situaties die vluchtelingen moeten meemaken die in angst voor deportatie leven. Abbas Khider woont in Berlijn. Sinds 2010 is hij lid van de schrijversvereniging P.E.N.

Uit: Der falsche Inder

»Intercity Express 1511, Berlin-München, über Leipzig, Bamberg, Nürnberg, Ingolstadt. Planmäßige Abfahrt 12 Uhr 57.« Unangenehm blechern die Stimme aus dem Lautsprecher. Ein kurzer Blick auf die große Uhr am Bahnsteig: 12.30. Eine knappe halbe Stunde noch. Ich deponiere meine Zeitung und den Kaffee-zum-Mitnehmen auf der Bank. Noch ein langer Blick durch den Bahnhof Zoologischer Garten.
Alles leer. Für einen Moment das Gefühl, auf diesem Bahnhof mutterseelenallein zu sein. Die Menschen sind verschwunden, oder genauer, niemals da gewesen. Alles leer. Alles hell und sauber. Keine Züge, keine Reisenden, keine Lautsprecher. Nichts, nur ich und der leere Bahnhof Zoo, das große Nichts um mich herum. Wo bin ich eigentlich? Was mache ich hier?Wo sind die anderen? Solche Fragen wirbeln durch meinen Kopf wie Trommeln auf einem afrikanischen Fest. Alles leer wie eine endlose Wüste, nackte Berge oder klares Wasser. Aber auch unheimlich wie der Wald nach einem gewaltigen Gewitter. Und meine Fragen laut und dennoch leise, tönend und dennoch stimmlos.
Dieses Gefühl dauert ein paar Minuten an, oder waren es mehr als nur ein paar Minuten? Nicht das erste Mal, dass ich die Orientierung verloren habe. Seit einigen Jahren schon erlebe ich ab und zu diesen Wahnsinn. Manchmal habe ich Angst, dass ich eines Tages aus solch einer Wüste in meinem Kopf nicht mehr zurückkehre.
Gott sei Dank, die Bahnhofshalle ist noch da und auch die Sprüche an den Wänden: »Mein Spaßvogel ist in seinem Spaß verloren geflogen.« »Simone ist meine Maus.« Auch die Currywurst- und die Hotdogbude sind noch da, die Menschen?
12.40 Uhr. Noch einmal ein Blick über den Bahnhof, aber diesmal ohne Begleitung einer afrikanischen Trommel. Der Bahnsteig voll. Reisende steigen ein oder suchen einen Ausgang. Einige rennen, um den Anschlusszug nicht zu verpassen. Eine Gruppe halbnackter Mädchen und Jungs mit kurzen Hosen und Sonnen-Tops schlendern langsam mit ihren Rucksäcken den Bahnsteig entlang. Beinahe wie eine Schulklasse. Die Mädchen lachen und beleben den Bahnhof mit ihren hellen, lauten Stimmen. Der Gruppe voran ein paar ältere Leute. Wohl die Lehrer. Mit ernsten Gesichtern. Fast alle ziehen schwarze Koffer auf Rollen hinter sich her.
Überall auf dem Bahnhof Tauben. Sie haben sogar ihre Nester unter die Dachschräge der Bahnhofshalle gebaut. Eine männliche Taube verführt gerade eine weibliche. Das Männchen breitet seine Flügel aus, zieht sie hinter sich auf dem Boden her, schwänzelt um das Weibchen herum und flirtet mit ihm: »Bak, bak, bak, buk.« Das Weibchen stolziert vor ihm auf und ab wie eine Königin,mit hoch erhobenem Kopf.“

Abbas Khider (Bagdad, 3 maart 1973)