Felicitas Hoppe, Margit Schreiner, Hugo Loetscher, F.T. Marinetti, Jean Racine

De Duitse schrijfster Felicitas Hoppe werd geboren op 22 december 1960 in Hameln. Zie ook mijn blog van 22 december 2008 en ook mijn blog van 22 december 2009.

 

Uit: Der beste Platz der Welt

 

„Denn dies ist der beste Platz der Welt, wo man morgens das Licht aus hohen Kannen hinunter ins Tal gießt, mittags Schatten hinter hölzernen Läden sucht und abends auf kleinen terrassen sitzt, um die entfernungen zwischen Himmel, Gipfeln und Erde zu schätzen, zwischen Weißhorn und Schwarzhorn, zwischen dem dreißigsten und dem vierzigsten Stock, ohne jemals zu einem Ergebnis zu kommen. Man misst hier nämlich in Dezilitern und in zwei bis drei Sprachen, weshalb der Gast leicht den Überblick verliert. Und während die anderen längst auf dem Heimweg sind, sitze ich, immer noch rechnend, neben dem Mann mit den leichten Schuhen, der durch den unablässig fallenden Schnee fährt und die Gegend in leuchtenden Farben preist, als wolle er mit seiner Rede kurzfristig den Schnee zum Schmelzen bringen.

Aber der Schnee schmolz nicht, sondern wurde dichter und dämpfte die Stimme des Mannes, die sich allmählich nach oben verschob und immer leiser zu werden schien, bis sie sich in der Ferne in die Stimme meiner verstorbenen Tante verwandelte, was mich kaum überraschte, denn meine Tante ist die einzige aus unserer Familie, die es vor mir gewagt hat, ohne Begleitung vom norddeutschen Flachland hinauf in die Walliser Berge zu reisen. Dort, so erzählt die Familienlegende, sei sie Jahr für Jahr in den Sommerferien, kurzfristig frei vom deutschen Schuldienst, so lange durch die Schweizer Berge gewandert, bis ihr Herz sich so sehr an die Gegend verlor, dass es schließlich fast kein Zurück mehr gab. Nur mit äußerster Mühe und Disziplin, nicht umsonst war die Tante Lehrerin, sei es ihr damals gelungen, jedes Jahr gegen Ende August und gegen ihr Herz doch wieder die Koffer zu packen und in einen Nachtzug Richtung Hannover zu steigen.“

 

 

Felicitas Hoppe (Hameln, 22 december 1960)

 

 

De Oostenrijkse schrijfster Margit Schreiner werd geboren op 22 december 1953 in Linz. Zie ook mijn blog van 22 december 2008 en ook mijn blog van 22 december 2009.

 

Uit: Buch der Enttäuschungen

 

„Wir sind es nicht gewöhnt, den Geist zu lieben. Immer wollten wir nur den Körper lieben und andere sollten auch unseren Körper lieben. Und zwar trotz seiner Mängel. Bereits mit dreizehn oder vierzehn Jahren stehen wir, wenn wir Mädchen sind, stundenlang vor dem Spiegel und finden überall etwas auszusetzen an uns. Sind wir männlich, beginnt es erst mit sechzehn oder siebzehn: Der Bauch ist nicht flach genug oder zu flach, konkav irgendwie, die Hüftknochen sind zu deutlich sichtbar oder gar nicht sichtbar, die Beine sind krumm und nicht lang genug, oder sie sind gerade und lang, aber nicht schlank genug oder sie sind zwar lang und schlank genug, aber nicht geformt genug oder sie sind zu geformt oder die Knie sind zu dick, die Füße zu groß, der Hals zu lang oder zu kurz oder wir entdecken gar ein Doppelkinn, wenn wir uns im Profil betrachten, indem wir den Kopf auf die Brust senken. Außerdem ist, wenn wir weiblich sind, der Busen zu klein oder zu groß, wenn wir männlich sind, der Oberkörper zu kurz oder zu lang, besonders im Verhältnis zum Gesamtkörper, die Haare sind zu glatt und zu fett oder zu lockig und zu trocken, die Farbe stimmt sowieso grundsätzlich nicht und die Nase ist immer entweder grotesk groß oder lächerlich klein, stupsnäschenartig, die Augen sind zu schmal, Schlitzaugen nachgerade, oder sie sind so groß, dass es ausschaut, als rissen wir sie Tag und Nacht weit auf vor Staunen. Die Wimpern sind nie dicht und dunkel genug, die Ohren stehen in einem bestimmten Alter unweigerlich ab, die Arme sind grundsätzlich zu lang und die Finger zu dick und zu kurz, außer sie sind zu lang und zu knochig. Zu alledem haben wir noch überall im Gesicht Pickel. Aber Gott sei Dank entdecken wir dann schnell, dass wir die Pickel mit Gesichtswasser behandeln und mit Cremen überdecken können und dass die Beine mit bestimmten Hosen länger ausschauen. Die Hüften und das Gesäß verdecken wir mit weiten Sweatshirts.“ 

 


Margit Schreiner (Linz, 22 december 1953)

 

 

De Zwitserse schrijver Hugo Loetscher werd geboren op 22 december 1929 in Zürich. Zie ook mijn blog van 22 december 2008 en ook mijn blog van 22 december 2009.

 

Uit: War meine Zeit meine Zeit

 

„War der Fluss meiner Kindheit nicht auch ein Fluss des Vergessens? Die Sihl bildete einen Stausee. Der war noch kein Jahr alt, als ich mit Mitschülern an einem schulfreien Nachmittag mit dem Rad zur Staumauer fuhr. Wir hatten sie uns imposanter und länger vorgestellt, den ausgedehnten Stausee vor Augen. Als wir uns auf der Staumauerbrücke talseitig uber die Brüstung lehnten, bis uns der Hohensturz der Mauer schwindeln lies, redete uns einer an, nicht viel älter als wir. Ein Umgesiedelter, wie er sagte; er zeigte auf eine Stelle weit oben im See, dort sei er geboren worden, die Stelle war kaum auszumachen: Hinter dem Kahn, darunter, dort lag mein Schulweg, sein Vater sei Torfstecher gewesen, er selber habe als Kleiner mitgeholfen, Soden zu trocknen; bevor die Flut kam, hatten Armeeflugzeuge zur Übung bombardiert, auch, was einst ihr Haus gewesen sei.

Der Grosvater habe aus den Trümmern einen Bilderrahmen gerettet.

War das nicht ein See des Vergessens? Überflutet Wiese und Weide, Kartoffelacker, Pflanzland und Moor. Verstummt, was die Gehöfte und ihre Wande einst vernommen. Türen, durch die nun Fische schwammen. Uber dem Kreuz der Wegkapelle ein Anglerhaken. Ersoffen Stall und Scheune. Brunnen und Brunnenstuben ertrunken.

Ob das, was nach Unwettern im Sihl-Wasser trieb, versuchte, dem Vergessen zu entkommen? Nicht nur abgebrochene Äste, die an Garten und Wälder von weiter oben erinnerten.

Die Schuhschachtel, wieso war sie verschnurt? Und der Mantel, wen hatte er gewärmt? Ob der Hund, an dessen Halsband noch die Leine hing, auf jemand hörte, dem er erzahlen könnte, wie er ertränkt worden war? Bevor der Kadaver zu reden beginnen könnte, riss er sich los vom Stein, an dem er hangengeblieben war.

Als ich eines Tages dem Flussgott begegnete, der in Rom auf der Piazza Navona einen Brunnen in vier Ströme aufteilt, habe ich mich gefragt, wie wohl der Sihl-Gott ausschaut.

Sicher nicht ein Poseidon, von Nymphen verwöhnt, nicht ein Herrscher über die Meere, kein Triton, der Seepferdchen meistert und auf Muscheln bläst eher ein Bub, wie ich, der an etwas herumbastelt.“

 

 

Hugo Loetscher (22 december 1929 – 18 augustus 2009)

 

 

De Italiaanse dichter, schrijver en futuristisch kunstenaar Filippo Tomasso Marinetti werd geboren op 22 december 1876 in Alexandrië. Zie ook mijn blog van 22 december 2006 en ook mijn blog van 22 december 2007 en ook mijn blog van 22 december 2008 en ook mijn blog van 22 december 2009.

 

Uit: Critical Writings (Vertaald door Doug Thompson)

 

„I lived out my days on a tiny wooden balcony in a dreamy sort of closeness with some fat turtledoves which, perched up among the date palms, just a couple of meters from me, cooed away melodiously, perhaps preparing my ears for their future sensitivity to sounds.

When the noise of the merchants talking disturbed my friends, the doves, I would turn on the tap of my childish liquid scorn, down among them.

For a long time, at the French Jesuit College of St. Francis Xavier,3 all I ever learned was how to play soccer, and to fight with any of my classmates who said anything against Italy. Many times my terrified mother would find me covered in blood as a result of these furious games.

I was just fourteen when Father Bufferne, my Humanities teacher, solemnly announced one day in class that a description of mine, of the dawn, was far superior to any of those written by Chateaubriand, and predicted my glory as a very great poet.

I evinced a mad passion for Mary, a sweet fourteen-year-old girl who was a pupil at a nuns’ school next to my college. From the Levant, with her large liquorice eyes, her camelia cheeks, her fleshy, sensual lips, slinky, tender, all woman already, sly and full of malice. To kiss her, I climbed onto the shoulders of my Arab servant every day, and after having cut myself on the sharp glass shards on a wall top, I would wait among the branches of a fig tree, until she could slip away without the nuns noticing. But sometimes, up in the fig tree, there would be chameleons with me, drinking in the heat of the afternoon. Trying to get a better look at one of them one day, I lost my balance and fell, dislocating my shoulder.

My love for Mary was all mixed up with a terrible crisis I was in over mysticism.4 From being fourteen to when I was sixteen, I was

. . . the adolescent

who submitted the stirrings of his feeble body

to the voluptuous embrace of the Evening,

to the scent of incense and sweetened hosts,

when the Month of Mary

came to visit us in the parlor,

like a perfumed lady,

more beautiful than the sisters of my friends!“

 


F.T. Marinetti (22 december 1876 – 2 december 1944)  

 

 

De Franse dichter en schrijver Jean Racine werd geboren op 22 december 1639 in La Ferté-Milon. Zie ook mijn blog van 22 december 2006 en ook mijn blog van 22 december 2008 en ook mijn blog van 22 december 2009.

 

Plainte d’un chrétien …

PLAINTE D’UN CHRETIEN SUR LES CONTRARIETES

QU’IL EPROUVE AU DEDANS DE LUI-MEME

 

Mon Dieu, quelle guerre cruelle !

Je trouve deux hommes en moi :

L’un veut que plein d’amour pour toi

Mon coeur te soit toujours fidèle.

L’autre à tes volontés rebelle

Me révolte contre ta loi.

 

L’un tout esprit, et tout céleste,

Veut qu’au ciel sans cesse attaché,

Et des biens éternels touché,

Je compte pour rien tout le reste ;

Et l’autre par son poids funeste

Me tient vers la terre penché.

 

Hélas ! en guerre avec moi-même,

Où pourrai-je trouver la paix ?

Je veux, et n’accomplis jamais.

Je veux, mais, ô misère extrême !

Je ne fais pas le bien que j’aime,

Et je fais le mal que je hais.

 

O grâce, ô rayon salutaire,

Viens me mettre avec moi d’accord ;

Et domptant par un doux effort

Cet homme qui t’est si contraire,

Fais ton esclave volontaire

De cet esclave de la mort.

 

 

Jean Racine (22 december 1639 – Parijs, 21 april 1699)

Buste bij het château de la Madeleine, Chevreuse

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 22e december ook mijn vorige blog van vandaag en eveneens mijn eerste blog van vandaag.