Ferdinand von Schirach

Onafhankelijk van geboortedata

De Duitse schrijver en advocaat Ferdinand von Schirach werd geboren in 1964 in München. Von Schirach is een zoon van de Münchener zakenman Robert von Schirach (1938-1980) en kleinzoon van de Nazi Reich jeugdleider Baldur von Schirach en zijn vrouw Henriette von Schirach. Een van zijn overgrootvaders was de Hitler fotograaf Heinrich Hoffmann, een andere voorvader, Carl von Schirach, was directeur van het NationaleTheater in Weimar en het Staatstheater Wiesbaden. Schirach groeide op in München en Trossingen en beziocht het jezuïetencollege St. Blasien waarover hij in “Der Spiegel” schreef naar aanleiding van gevallen van misbruik. Na zijn studie in Bonn en zijn stage in Keulen en Berlijn vestigde hij zich in 1994 als advocaat, gespecialiseerd in het strafrecht. Von Schirach wordt beschouwd als een “celebrity advocaat” en vertegenwoordigde onder meer de BND spion Norbert Juretzko en ook GÜnter Schabowski. Hij deed in 2008 o.a. van zich spreken, toen hij in naam van de familie van de overleden acteur Klaus Kinski een rechtszaak begon omdat het Berlijnse Rijksarchief met toestemming van de Berlijnse commissaris voor gegevensbescherming Alexander Dix de medische dossiers van Kinski had gepubliceerd. Op 45-jarige leeftijd publiceerde hij zijn eerste korte verhalen. Schirach werd een van de meest succesvolle schrijvers van Duitsland, wiens boeken wereldwijd bestsellers zijn. Zijn boeken zijn gepubliceerd in 40 landen.

Uit: Verbrechen

“Friedhelm Fähner war sein Leben lang prak¬tischer Arzt in Rottweil gewesen, 2800 Krankenscheine pro Jahr, Praxis an der Hauptstraße, Vorsitzender des Kulturkreises Ägypten, Mitglied im Lionsclub, keine Straftaten, nicht einmal Ordnungswidrigkeiten. Neben seinem Haus besaß er zwei Mietshäuser, einen drei Jahre alten Mercedes E-Klasse mit Lederausstattung und Klimaautomatik, etwa 750000 Euro in Aktien und Obligationen und eine Kapitallebensversicherung. Fähner hatte keine Kinder. Seine einzige noch lebende Verwandte war seine sechs Jahre jüngere Schwester, die mit ihrem Mann und zwei Kindern in Stuttgart lebte. Über Fähners Leben hätte es eigentlich nichts zu erzählen gegeben.
Bis auf die Sache mit Ingrid.
Mit 24 Jahren hatte Fähner Ingrid auf dem sechzigsten Geburtstag seines Vaters kennengelernt. Auch sein Vater war Arzt in Rottweil gewesen.
Rottweil ist eine durch und durch bürgerliche Stadt. Jedem Fremden wird ungefragt erklärt, die Stadt sei von den Staufern gegründet und die älteste in Baden-Württemberg. Tatsächlich trifft man hier auf mittelalterliche Erker und hübsche Stechschilder aus dem 16.Jahrhundert. Die Fähners waren schon immer hier. Sie gehörten zu den sogenannten ersten Familien der Stadt, waren anerkannte Ärzte, Richter und Apotheker.
Friedhelm Fähner ähnelte dem jungen John F. Kennedy. Er hatte ein freundliches Gesicht, man hielt ihn für einen sorglosen Menschen,
die Dinge glückten ihm. Nur wenn man genauer hinsah, fiel etwas Trauriges, etwas Altes und Dunkles in seinen Zügen auf, wie man es nicht selten in dieser Gegend zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb sieht.
Ingrids Eltern, Apotheker in Rottweil, brachten ihre Tochter zu der Feier mit. Sie war drei Jahre älter als Fähner, eine handfeste Provinzschönheit mit schweren Brüsten. Wasserblaue Augen, schwarze Haare, blasse Haut – sie war sich ihrer Wirkung bewusst. Die seltsam hohe, metallische Stimme, die keinerlei Modulation zuließ, irritierte Fähner. Nur wenn sie leise sprach, hatten ihre Sätze eine Melodie.“

 
Ferdinand von Schirach (München, 1964)