Jonas Lüscher

De Zwitsers-Duitse schrijver en essayist Jonas Lüscher werd geboren op 22 oktober 1976 in Zürich. Jonas Lüscher groeide op in Bern, waar hij van 1994 tot 1998 het protestantse Lehrerseminar Muristalden bezocht (opleiding tot leraar basisonderwijs). Na een aantal jaren als dramaturg en materiaalontwikkelaar in de Münchener filmindustrie studeerde hij aan de Hogeschool voor Filosofie in München. Daarnaast werkte Lüscher als freelance redacteur. Hij studeerde in 2009 af met de graad van magister. Hierna volgden twee jaar als onderzoeker bij het Instituut TTN (Technology-Theologie-Natuurwetenschappen) aan de Ludwig-Maximilians-Universität, terwijl hij tegelijkertijd werkte als docent ethiek aan aan de Staatliche Wirtschaftsschule München / Pasing. In 2011 stapte Lüscher over naar de ETH Zürich. Hij schreef daar met Michael Hampe aan een proefschrift over het belang van verhalen voor de beschrijving van maatschappelijke complexiteit in de context van Richard Rorty’s neo-pragmatisme. In 2012/2013 was hij, met een beurs ​​van het Schweizerische Nationalfonds, negen maanden als gastonderzoeker aan de faculteit Vergelijkende Literatuurwetenschap verbonden aan de Stanford University. Aan het einde van 2014 verliet Lüscher de ETH zonder zijn proefschrift af te ronden. Zijn eerste novelle “Frühling der Barbaren”werd in 2013 zowel genomineerd voor de Deutsche Buchpreis als ook voor de Schweizer Buchpreis.

Uit:Frühling der Barbaren

“Nein», sagte Preising, „du stellst die falschen Fragen», und um seinem Einwand Nachdruck zu verleihen, blieb er mitten auf dem Kiesweg stehen. Eine Angewohnheit, die ich nicht ausstehen konnte, denn dergestalt glichen unsere Spaziergänge den kurzatmigen Wanderungen alter, übergewichtiger Bassets. Und dennoch spazierte ich täglich mit Preising, denn an diesem Ort war er mir, trotz seiner zahlreichen ärgerlichen Eigenheiten, noch immer der liebste Gefährte. «Nein», wiederholte er und setzte sich endlich wieder in Bewegung, «du stellst die falschen Fragen.»
Dafür, dass Preising so viel redete, nahm er die Bedeutung seiner Worte erstaunlich ernst, und er wusste immer genau, was er gefragt werden wollte, damit der Strom seiner Worte seinen vorgedachten Weg gehen konnte. Mir, der ich hier gewissermaßen ein Gefangener war, blieb nicht viel anderes übrig, als ihm auf diesen Pfaden zu folgen.
«Pass auf», sagte er, «ich werde es dir beweisen, und zu diesem Behufe werde ich dir eine Geschichte erzählen.» Das war auch so eine von seinen Angewohnheiten, Worte zu verwenden, von denen er sicher sein konnte, dass er der Einzige war, der sie noch im Repertoire hatte. Allerdings war das eine Marotte, die, so fürchte ich, im Lauf der letzten Wochen auf mich abgefärbt hatte. Manchmal gab es guten Grund, daran zu zweifeln, dass wir uns guttaten, Preising und ich.
«Eine Geschichte», versprach er mir, «aus der sich etwas lernen lässt. Eine Geschichte voller unglaublicher Wendungen, abenteuerlicher Gefahren und exotischer Versuchungen.»
Wer jetzt eine schlüpfrige Geschichte erwartet, kann falscher gar nicht liegen. Preising sprach nie über sein Geschlechtsleben. Das brauchte ich nicht zu fürchten, dazu kannte ich ihn gut genug. Ob er überhaupt eines hatte, darüber konnte ich nur Vermutungen anstellen. Es war schwer, sich das vorzustellen. Aber das konnte täuschen. Schließlich wundere ich mich vor dem Spiegel stehend manchmal selbst, dass einer wie ich, in dem so wenig Leben steckt, ein solches zustande gebracht hatte.“

 
Jonas Lüscher (Zürich, 22 oktober 1976)