Kristine Bilkau

 

De Duitse schrijfster Kristine Bilkau werd geboren op 2 augustus 1974 in Hamburg, Zij studeerde geschiedenis in Hamburg en New Orleans. In 2008 was zij finaliste in de literaire competitie Open Mike in Berlijn. In 2009 ontving zij een beurs van de schrijverswerkplaats van het Literair Colloquium Berlin (LCB). In 2010 ontving zij een beurs van het kunstenaarsdorp Schöppingen. In 2013 kreeg zij de Hamburg Literatuurprijs. In het voorjaar van 2015 publiceerde ze haar eerste roman, “Die Glücklichen” en werd een van de meest succesvolle debutanten van het jaar. Bilkau ontving de Klaus-Michael Kuehne-prijs en de Franz-Tumler Literatuurprijs en werd genomineerd voor de aspekte-literatuurprijs.. Zij woont met haar gezin in Hamburg.

Uit:Die Glücklichen

“Es ist dunkel und der Abendverkehr schiebt sich langsam durch die Straße vor dem Haus, die Lichter der Autos schimmern hinter dem Plastikvorhang, die gesamte Außenwelt verschwimmt hinter der Plane und dem Baugerüst. Ein Zustand, der sie nicht son­ derlich stört, im Gegenteil, der gar nicht so schlecht ist, wie die Nachbarn finden, die im Treppenhaus nörgeln, wie lange denn noch. Die milchige Hülle macht die Wohnung zu einem verborgenen Raum, sie verbreitet ein Höhlenge­ fühl. Tagsüber filtert sie das Licht und lässt es geschwächt in die Zimmer, nachts ist sie wie ein schützender Man­ tel. Isabell stellt sich ihren Ahornbaum hinter dem Gerüst vor. Die feinen Anzeichen der Jahreswechsel bemerkt sie an ihm zuerst; wenn sich an den Zweigen Knospen bilden und Tage später hellgrüne Spitzen, wenn sich die Blätter rot und gelb färben und nach drei, vier stürmischen Näch­ ten die Äste kahl sind, und sie Georg mitteilen kann: Wir haben Frühling; bald ist Winter. Während sie die Plane be­ trachtet, sieht sie den Baum in all seinen Details vor sich. Das handtellergroße, gezackte Ahornblatt löst sich wie zu­ fällig von seinem Zweig und fällt langsam, kreiselnd, vom Wind getragen. Sie hat ihre Straße vor dem Auge, die Fas­ saden in Hellblau, Lindgrün und aufreizendem Himbeer­ rot mit weißen Ornamenten, nach und nach herausgeputzt während der letzten Jahre. Dazwischen, wie kümmerliche Provisorien, Häuser aus stadtschmutzigem Gelbklinker. Gegenüber die Hutmacherei und der Feinkostladen mit seinem Bistro, daneben das kleine Geschäft, in dem es überteuerte, schöne Dinge gibt: Rosenseife aus ­Portugal, Alpaka-Decken aus Norwegen, Strickpullis einer südfran­ zösischen Manufaktur. Die hohen Fenster des Yogastudios im ersten Stock, darin am späten Nachmittag die ­Umrisse der Körper, ihre synchronen Bewegungen im warmen Licht. Die Zweige der hochgewachsenen Bäume über den Dächern der parkenden Autos. Alles, ihr Zuhause.
Sie reißt einen kleinen Zettel in Hälften und beginnt zu schreiben.
Meine Hände werden nicht zittern.
Mit geschwungener Schrift notiert sie den Satz. Das Ganze hat etwas Lächerliches, Kindisches, aber sie kann nicht anders.”

 

 
Kristine Bilkau (Hamburg, 2 augustus 1974)