Margit Schreiner, Felicitas Hoppe, Hugo Loetscher, F.T. Marinetti, Jean Racine, Kenneth Rexroth

De Oostenrijkse schrijfster Margit Schreiner werd geboren op 22 december 1953 in Linz. Zie ook alle tags voor Margit Schreiner op dit blog.

 

Uit: Heißt lieben

“Am Ende bringen wir unsere Mütter um, weil wir nicht mehr lügen wollen.
Es beginnt bereits im November. Wir fühlen uns nicht wohl und wissen nicht, warum wir uns nicht wohl fühlen. Wir schieben es auf den Nebel oder den Schneeregen. In Wirklichkeit haben wir Angst vor Weihnachten. Sobald wir die ersten Schokoladeweihnachtsmänner im Kaufhaus sehen, beginnt die Angst. Und steigert sich dann, Tag für Tag.
Wir fühlen uns immer schlechter, haben ständig kalte Füße und Kopfschmerzen, beginnen zu husten und versuchen, den Weihnachtsbesuch bei unseren Müttern abzusagen. Da unsere Mütter erfahrungsgemäß Krankheiten ignorieren, wenn sie ihnen nicht in den Kram passen, beginnen wir zu lügen. Wir sprechen von unaufschiebbaren beruflichen Terminen, und da auch das nichts nützt, schieben wir unsere Kinder vor. Wir erfinden ansteckende Kinderkrankheiten wie Masern oder Scharlach.
Am Ende bringen wir unsere Mütter um, weil wir nicht mehr lügen wollen. Unsere Bedenken, wir könnten sie zu Weihnachten anstecken, so daß sie dann geschwächt sind und womöglich hinfallen und dann später infolge des Sturzes ins Pflegeheim müssen und dort an einem Organzusammenbruch sterben werden, tun sie lachend ab.
Die Mütter tun unsere Bedenken ja immer mit einem Lachen ab. Einerseits haben sie selbst vor allem und jedem Angst und warnen uns ununterbrochen: vor dem Straßenverkehr, vor schlechter Gesellschaft, vor Drogen, dem anderen Geschlecht, verdorbenen Mahlzeiten, Hundekot auf den Straßen, den Folgen von Masern, dem Lesen bei schlechtem Licht, Mangel an Frischluft und so weiter und so fort, andererseits akzeptieren sie nicht die geringsten Einwände unsererseits. Wir sollen uns unseren Müttern mit Haut und Haar ausliefern. Darauf läuft alles hinaus”

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Margit Schreiner (Linz, 22 december 1953)

 

De Duitse schrijfster Felicitas Hoppe werd geboren op 22 december 1960 in Hameln. Zie ook alle tags voor Felicitas Hoppe op dit blog.

 

Uit: The Best Place In the World (Vertaald door Edward Vance Humphrey)

“As you can see, when it comes to ordeals of body and soul, I have never been particularly squeamish. But despite all the practice, it still demands all my courage to board a train from Berne to Visp and ride through the tunnel up to Valais. I have travelled the whole world, but I’m afraid to come up into the mountains to receive an award, with a view of a valley that I’ve never seen before and which I may not want to see at all, because I’ve dreamed of nothing else my whole life and would like to keep dreaming on until the end.

Because this is the best place in the world, where in the mornings they pour the light from tall jugs down into the valley, where they look for shade at midday behind wooden shutters and sit in the evenings on little verandas in order to gauge the distances between heaven, mountain peaks and earth, between the Weisshorn and the Schwarzhorn, between the thirtieth and the fortieth floor, without ever coming to a conclusion. The people here measure things by the decilitre and in two or three languages, so that the guest can easily lose track. And when the rest have long since left for home, I still sit there, calculating, next to the man with the light footgear who drives through the unremitting snow and extols the environs in glowing colours, as though he would like, with his talk, to briefly cause the snow to melt.

But the snow did not melt, instead growing thicker, muting the man’s lively voice, which gradually went into a higher register and seemed to become ever softer, until it transmuted in the distance into the voice of my deceased aunt, something that hardly surprised me, because my aunt was the only one in my family before me who dared to travel by herself from the North German flatlands up into the Valais mountains.”

 

Felicitas Hoppe (Hameln, 22 december 1960)

Weihnachtsmarkt in Hameln

 

De Zwitserse schrijver Hugo Loetscher werd geboren op 22 december 1929 in Zürich. Zie ook alle tags voor Hugo Loetscher op dit blog..

 

MIT DER SPIELBAHN

„Komm, wir nehmen die Eisenbahn,
und wenn der Zug am Stuhlbein hält
steigen wir in Schlumpfstock aus,
(dann mag die Lokomotive verschnaufen,
zwar keuchen wir und gar nicht sie,
doch bringt sie die Murmeln
hindurch unterm Tisch,
hinüber zum Stellwerk Kastentür,
und falls der Bär am Dampfhahn dreht,
pfeifen wir
und rattern auf Schienen an uns vorbei)
schauen wir hinaus
durchs zitternde Fenster,
was auf dem Teppich an Blumen blüht.
Und schieben die Wagen die Alpen hinauf
und lassen sie los die Täler hinunter,
verladen die Zündholzschachtel
hinter dem Fluss der Fransen
auf dem Abstellgeleis von Santa Fe.
Wir befehlen den Weichen,
uns gehorcht das Signal,
wir fahren von einem Ende der Welt
auf weiten Kurven
in die andere Ecke des Zimmers.”

 

Hugo Loetscher (22 december 1929 – 18 augustus 2009)

Hier voor een zelfportret uit 1972

 

De Italiaanse dichter, schrijver en futuristisch kunstenaar Filippo Tomasso Marinetti werd geboren op 22 december 1876 in Alexandrië. Zie ook alle tags voor F.T. Marinetti op dit blog.

 

Uit: Manifest des Futurismus (Vertaald door Jean-Jacques)

„Wir hatten die ganze Nacht gewacht, meine Freunde und ich, unter den Lampen der Moscheen, deren Kupferkuppeln, die ebenso durchbrochen waren wie unsere Seele, doch elektrische Herzen hatten. Und indem wir in unserer angeborenen Faulheit auf üppige Perserteppiche traten, stritten wir an den äußersten Grenzen der Logik und bedeckten das Papier mit wahnsinnigen Schriftzeichen.

Ein unendlicher Stolz dehnte unsere Brust, uns allein stehen zu sehen, wie Leuchttürme oder wie weiter vorgeschobene Vorposten, gegenüber dem Heer feindlicher Sterne, die in ihrem heimatlichen Biwak kampieren. Allein mit den Mechanikern in den höllischen Herzräumen der großen Schiffe, allein mit den schwarzen Fantomen, die den roten Leib der Lokomotiven füttern, allein mit den Trunkenen, die mit ihren Flügeln gegen die Mauer schlagen.

Und plötzlich werden wir durch das Rollen der zweistöckigen Straßenbahnen abgelenkt, die hüpfend und buntscheckig vor lauter Licht vorüberfahren, wie der aus seinem Bett getretene Po plötzlich die Weiler überfällt und entwurzelt, um sie mit sich über Kaskaden und Wirbel bis ans Meer zu ziehen.

Dann wurde das Schweigen noch tiefer, drückender. Da wir dem abgezehrten Gebet des Kanals und dem Knirschen der Gebeine der todkranken Paläste in ihrem Bart von Grün lauschten, brüllten unter unserem Fenster plötzlich die hungrigen Automobile.

– Los, meine Freunde, sagte ich. Gehen wir! Endlich sind die Mythologie und das Ideal überwunden. Wir werden der Geburt des Zentauren beiwohnen, und bald werden wir die ersten Engel fliegen sehen! – Wir werden die Pforten des Lebens erschüttern müssen, um ihre Angeln und Riegel zu prüfen!… Gehen wir! Seht die erste über die Erde aufgehende Sonne!…“

 

F.T. Marinetti (22 december 1876 – 2 december 1944)

 

De Franse dichter en schrijver Jean Racine werd geboren op 22 december 1639 in La Ferté-Milon. Zie ook alle tags voor Jean Racine op dit blog.

Ode

tirée du Psaume XVII

(Fragment)

Déjà, dans mon âme éperdue,
La mort répandant ses terreurs,
Présentait par tout à ma vue
Et ses tourments et ses horreurs :
Ma perte était inévitable ;
J’invoquai ton nom redoutable,
Et tu fus sensible à mes cris :
Tu vis leur trame sacrilège,
Et ta pitié rompit le piège
Où leurs complots m’avaient surpris.

Tu dis : et ta voix déconcerte
L’ordre éternel des éléments ;
Sous tes pas la terre entrouverte,
Voit chanceler ses fondements.
Dans sa frayeur le ciel s’abaisse ;
Devant ton trône une ombre épaisse
Te dérobe aux yeux des vivants ;
Des Chérubins, dans le silence,
L’aile s’étend ; ton char s’élance
A travers les feux et les vents.

Au devant des pâles victimes
Que poursuit ton glaive perçant,
Prête à sortir de ses abîmes,
La mer accourt en mugissant ;
Intéressés à ta vengeance,
Tous les fléaux, d’intelligence
S’unissent pour leur châtiment :
Du monde, près de se dissoudre,
Le chaos en proie à la foudre,
N’est plus qu’un vaste embrasement.[…]

Jean Racine (22 december 1639 – Parijs, 21 april 1699)

 

De Amerikaanse dichter Kenneth Rexroth werd geboren in South Bend (Indiana) op 22 december 1905. Zie ook alle tags voor Kenneth Rexroth op dit blog.

Falling Leaves and Early Snow

In the years to come they will say,
“They fell like the leaves
In the autumn of nineteen thirty-nine.”
November has come to the forest,
To the meadows where we picked the cyclamen.
The year fades with the white frost
On the brown sedge in the hazy meadows,
Where the deer tracks were black in the morning.
Ice forms in the shadows;
Disheveled maples hang over the water;
Deep gold sunlight glistens on the shrunken stream.
Somnolent trout move through pillars of brown and gold.
The yellow maple leaves eddy above them,
The glittering leaves of the cottonwood,
The olive, velvety alder leaves,
The scarlet dogwood leaves,
Most poignant of all.

In the afternoon thin blades of cloud
Move over the mountains;
The storm clouds follow them;
Fine rain falls without wind.
The forest is filled with wet resonant silence.
When the rain pauses the clouds
Cling to the cliffs and the waterfalls.
In the evening the wind changes;
Snow falls in the sunset.
We stand in the snowy twilight
And watch the moon rise in a breach of cloud.
Between the black pines lie narrow bands of moonlight,
Glimmering with floating snow.
An owl cries in the sifting darkness.
The moon has a sheen like a glacier.

Kenneth Rexroth (22 december 1905 – 6 juni 1982)



Zie voor nog meer schrijvers van de 22e december ook
mijn vorige blog van vandaag
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