Gethsemane (Annette von Droste-Hülshoff)

Bij Witte Donderdag

 

 
Christus in de hof van Gethsemane door Eugène Delacroix, 1824- 1827

 

Gethsemane

Als Christus lag im Hain Gethsemane
auf seinem Antlitz mit geschloss’nen Augen, –
die Lüfte schienen Seufzer nur zu saugen,
und eine Quelle murmelte ihr Weh,
des Mondes blasse Scheibe widerscheinend, –
das war die Stunde, wo ein Engel weinend

von Gottes Throne ward herabgesandt,
den bittern Leidenskelch in seiner Hand.
Und vor dem Heiland stieg das Kreuz empor;
daran sah seinen eignen Leib er hangen,
zerrissen, ausgespannt; wie Stricke drangen
die Sehnen an den Gliedern ihm hervor.

Die Nägel sah er ragen und die Krone
auf seinem Haupte, wo an jedem Dorn
ein Blutestropfen hing, und wie im Zorn
murrte der Donner mit verhaltnem Tone.
Ein Tröpfeln hört’ er; und am Stamme leis
herniederglitt ein Flimmern qualverloren.

Da seufzte Christus, und aus allen Poren
drang ihm der Schweiß.
Und dunkel ward die Nacht, im grauen Meer
schwamm eine tote Sonne, kaum zu schauen
war noch des qualbewegten Hauptes Grauen,
im Todeskampfe schwankend hin und her.

Am Kreuzesfuße lagen drei Gestalten;
er sah sie grau wie Nebelwolken liegen,
er hörte ihres schweren Odems Fliegen,
vor Zittern rauschten ihrer Kleider Falten.

O welch ein Lieben war wie seines heiß?
Er kannte sie, er hat sie wohl erkannt;
das Menschenblut in seinen Adern stand,
und stärker quoll der Schweiß.

Die Sonnenleiche schwand, nur schwarzer Rauch,
in ihm versunken Kreuz und Seufzerhauch;
ein Schweigen, grauser als des Donners Toben,
schwamm durch des Äthers sternenleere Gassen;
kein Lebenshauch auf weiter Erde mehr,
ringsum ein Krater, ausgebrannt und leer,
und eine hohle Stimme rief von oben:
“Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen!”

Da weinte Christus mit gebrochnem Munde:
“Herr, ist es möglich, so laß diese Stunde
an mir vorübergehn!”
Ein Blitz durchfuhr die Nacht; im Lichte schwamm
das Kreuz, o strahlend mit den Marterzeichen,
und Millionen Hände sah er reichen,
sich angstvoll klammernd um den blut’gen Stamm,
o Händ’ und Händchen aus den fernsten Zonen!

Und um die Krone schwebten Millionen
noch ungeborner Seelen, Funken gleichend;
ein leiser Nebelhauch, dem Grund entschleichend,
stieg aus den Gräbern der Verstorbnen Flehn.
Da hob sich Christus in der Liebe Fülle,
und: “Vater, Vater,” rief er, “nicht mein Wille,
der deine mag geschehn!”

Still schwamm der Mond im Blau, ein Lilienstengel
stand vor dem Heiland im betauten Grün;
und aus dem Lilienkelche trat der Engel
und stärkte ihn.

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Het graf van Annette von Droste-Hülshoff vlakbij de Friedhofskapelle in Meerrsburg.

 

Zie voor de schrijvers van de 24e maart ook mijn vorige blog van vandaag.

Am fünften Sonntag in der Fasten (Annette von Droste-Hülshoff )

Bij de vijfde zondag van de vasten

 

 
Jezus bij Pontius Pilatus door Mihály Munkácsy, 1881

 

Am fünften Sonntag in der Fasten
Evang.: Die Juden wollen Jesum steinigen

Die Propheten sind begraben,
Abraham ist tot!
Millionen Greis’ und Knaben
Und der Mägdlein rot,
Viele, die mir Liebe gaben,
Denen ich sie bot:
Alle, alle sind begraben,
Alle sind sie tot!

Herr, du hast es mir verkündet,
Und dein Wort steht fest,
Daß nur der das Leben findet,
Der das Leben läßt.
Ach, in meiner Seele windet
Es sich dumpf gepreßt;
Doch du hast es mir verkündet,
Und dein Wort steht fest.

Aber von mir selbst bereitet
Leb’ ich oft der Pein;
Alles scheint mir wohl geleitet,
Und der Mensch allein,
Der dein Ebenbild bedeutet,
Jammervoll zu sein;
Sieh, so hab’ ich mir bereitet
Namenlose Pein.

Hab’ ich grausend es empfunden,
Wie in der Natur
An ein Fäserchen gebunden,
Eine Nerve nur,
Oft dein Ebenbild verschwunden
Auf die letzte Spur:
Hab’ ich keinen Geist gefunden,
Einen Körper nur!

Seh’ ich dann zu Staub zerfallen,
Was so warm gelebt,
Ohne daß die Muskeln wallen,
Eine Nerve bebt,
Da die Seele doch an allen
Innig fest geklebt:
Möcht’ ich selbst zu Staub zerfallen,
Daß ich nie gelebt!

Schrecklich über alles Denken
Ist die dumpfe Nacht,
Drin sich kann ein Geist versenken,
Der allein gedacht,
Der sich nicht von dir ließ lenken,
Helle Glaubensmacht!
Ach, was mag der Finstre denken,
Als die finstre Nacht?

Meine Lieder werden leben,
Wenn ich längst entschwand:
Mancher wird vor ihnen beben,
Der gleich mir empfand.
Ob ein Andrer sie gegeben,
Oder meine Hand:
Sieh, die Lieder durften leben,
Aber ich entschwand!

Bruder mein, so laß uns sehen
Fest auf Gottes Wort!
Die Verwirrung wird vergehen,
Dies lebt ewig fort.
Weißt du, wie sie mag entstehen
Im Gehirne dort?
Ob wir einst nicht lächelnd sehen
Der Verstörung Wort?

Wie es hing an einem Faden,
Der zu hart gespannt,
Mit entflammtem Blut beladen,
Sich der Stirn entwand?
Flehen wir zu Gottes Gnaden,
Flehen zu seiner Hand,
Die die Fädchen und die Faden
Liebreich ausgespannt!

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Altaar in de kapel van Burg Hülshoff

 

Zie voor de schrijvers van de 13e maart ook mijn vorige drie blogs van vandaag.

Am zweiten Sonntag in der Fasten (Annette von Droste-Hülshoff)

Bij de tweede zondag van de vasten

 

 
De vrouw uit Kanaän aan de voeten van Christus door Jean Germain Drouais, 1784

 

Am zweiten Sonntag in der Fasten
Evang.: Vom Cananäischen Weibe

Liebster Jesu, nur Geduld!
Wie ein Hündlein will ich spüren
Nach den Brocken deiner Huld,
Will mich lagern an die Türen,
Ob von deinen Kindern keines
Mir ein Krüstlein reichen will,
Hungerglühend, doch in meines
Tiefen Jammers Kunde still.

Um Geduld fleh ich zu dir:
Denn ich muß in großen Peinen
Einsam liegen vor der Tür,
Wenn von deinen klaren Weinen,
Deinen lebensfrischen Gaben
Mir der Duft herüberzieht.
Ach, ein Tropfen kann mich laben,
Meine Zunge ist verglüht!

Weil ich fast in meiner Pein
Schaue wie aus Kindesaugen,
Meinen oft die Diener dein,
Daß ich mag zum Gaste taugen.
In Erbarmen ganz vermessen
Reichen sie die Schüsseln hin;
Doch ich will es nicht vergessen,
Daß ich wie ein Hündlein bin.

O, zum allergrößten Heil
Muß es mir bei dir gereichen,
Daß dir, o mein einzig Teil,
Nichts an Langmut zu vergleichen!
Denn es will mir öfters fahren
Durch die Glieder wie ein Blitz,
Deinen Kindern mich zu paaren,
Rasch erringend einen Sitz.

Kann ich dir, du Rächer groß,
Doch in Ewigkeit nicht lügen!
Und mir würd’, ein schmählich Los,
So die Diener dein zu trügen:
Weil mir weich die Augen brennen
In der ungestillten Lust,
Ich mich will ein Kindlein nennen
Mit der schuldgebrochnen Brust.

Wie ein Hündlein bin ich nur,
Und so will ich nimmer weichen,
Fest auf deiner Kinder Spur,
Ob sie mir den Bissen reichen,
Wenn die Sonne aufgegangen,
Wenn sie blutet in den Tod,
Will an ihrem Munde hangen,
So du reichst das Abendbrot.

Ist es deinen Kindern recht,
Nur ein Krüstlein mir zu spenden:
Wohl! es ist mir nichts zu schlecht,
Kömmt von übermilden Händen,
Birgt sich reiche Nahrung drinnen,
Nur in ernster Glut erstarrt.
Ach, und meinen stumpfen Sinnen
Wär’ ein Kiesel nicht zu hart!

O, es ist ein bittres Los,
Wer ein lieber Gast gewesen,
Um die eignen Sünden groß
Nun die Brocken aufzulesen!
Nicht um des Gerichtes Strenge,
Das mir noch dereinstens dräut,
Nein, im eigenen Gedränge
Innige Versunkenheit.

Daß um meiner Sehnsucht Brand
Neu die Sinne mir gegeben,
Aber nicht, so lang ein Band
Leib und Seele hält umgeben,
Darauf ruht mein einzig Hoffen.
Und so leb’ ich langsam hin;
Meine Sinne stehen offen,
Aber ihnen fehlt der Sinn.

Muß in Qual das Morgenrot,
Muß das Abendlicht mich sehen,
O, wie lieblich ist der Tod,
Und um seinen Trost zu flehen!
Darf mich dennoch nicht erkühnen,
Wie er winkt, so lockend mild;
Denn ich muß unendlich sühnen,
Und das Leben ist mein Schild.

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Heiligenbeeld bij de kapel van Burg Hülshoff

 

Zie voor de schrijvers van de 21e februari ook mijn vorige twee blogs van vandaag.

Antonio Muñoz Molina, Annette von Droste-Hülshoff, Dennis Cooper, Saskia Stehouwer, Adrian Kasnitz, Mies Bouhuys, Harrie Geelen

De Spaanse schrijver Antonio Muñoz Molina werd geboren op 10 januari 1956 in Úbeda in de provincie Jaén. Zie ook alle tags voor Antonio Muñoz Molina op dit blog.

Uit: Die Nacht der Erinnerungen (Vertaald doorWilli Zurbrüggen)

„Ich habe ihn immer deutlicher gesehen, wie er aus dem Nichts auftauchte, aus dem Nirgendwo kommend wie aus einem Gedankenblitz heraus, mit dem Koffer in der Hand und ermüdet vom Hinaufeilen der von den schrägen Schatten der Marmorsäulen schraffierten Treppe, benommen von der maßlosen Weite, in die er eintritt und in der rechtzeitig seinen Zug finden zu können er sich nicht ganz sicher ist. Ich habe ihn unter all den anderen erkannt, unter denen er nicht auffällt in seinem dunklen Anzug, dem gleichfalls dunklen Regenmantel und Hut. Seine Kleidung ist europäischen Schnitts und für die Stadt und die Jahreszeit vielleicht etwas zu formell, genau wie der Koffer in seiner Hand, solide und teuer, aus Leder, doch ziemlich abgenutzt schon nach all dem Reisen, mit Aufklebern von Hotels und Reedereien, mit Kreideresten von Zollabfertigungen; ein Koffer, der schwer in seiner vom Umklammern des Tragegriffs schmerzenden Hand hängt und für eine so lange Reise dennoch unzureichend scheint. Mit der Präzision eines Polizeiberichts oder eines Traums nehme ich alle Einzelheiten der Wirklichkeit wahr.
Ich sehe sie in dem Moment vor mir auftauchen und Gestalt annehmen, als Ignacio Abel mitten im Geschiebe der Menge einen Augenblick stehen bleibt und sich umdreht wie einer, der gehört hat, dass man seinen Namen ruft. Vielleicht hat ihn jemand gesehen und sagt oder ruft seinen Namen, um über dem Tumult gehört zu werden, der von Marmorwänden und Eisengewölben widerhallt, über dem tönenden Wirrwarr von Stimmen, Schritten, kreischenden Lokomotiven, vibrierenden Böden, dem blechernen Echo der Lautsprecherdurchsagen und den Rufen der Zeitungsverkäufer, die die Abendblätter feilbieten. Ich erforsche seine Gedanken genauso wie seine Taschen und das Innere seines Koffers. Ignacio Abel betrachtet die Titelseiten der Zeitungen stets in der Erwartung und der Furcht, eine Schlagzeile zu lesen, in der das Wort Spanien, das Wort Krieg oder der Name Madrid auftaucht.“

 
Antonio Muñoz Molina (Úbeda, 10 januari 1956)

Lees verder “Antonio Muñoz Molina, Annette von Droste-Hülshoff, Dennis Cooper, Saskia Stehouwer, Adrian Kasnitz, Mies Bouhuys, Harrie Geelen”

Am zweiten Weihnachtstage (Annette von Droste-Hülshoff)

Aan alle bezoekers en mede-bloggers een Prettig Kerstfeest!

 

 
Weihnachtsmarkt door Hans G. Jentzsch, 1907

 

Am zweiten Weihnachtstage
[Stephanus]

Jerusalem, Jerusalem!
Wie oft erschollen ist sein Ruf;
Du spieltest sorglos unter dem
Verderben, unter Rosses Huf
Und Rades Wucht. Schau, darum ist
Verödet deine Stätte worden,
Und du ein irres Küchlein bist,
Sich duckend unter Geierhorden.

Vorüber ist die heil’ge Zeit,
Wo deine Sinne ihn erkannt;
Noch seiner Wunder Herrlichkeit
Zieht nur als Sage durch das Land.
Der Weise wiegt sein schweres Haupt,
Der Tor will dessen sich entschlagen,
Und nur die fromme Einfalt glaubt
Und mag die Opfergabe tragen.

O bringt sie nur ein willig Tun,
Ein treues Kämpfen zum Altar,
Dann wird auf ihr die Gnade ruhn,
Ein hohes Wunder immerdar.
Doch bleibt es wahr: der Gegenwart
Gebrochen sind gewalt’ge Stützen,
Seit unsren Sinnen trüb und hart
Verhüllt ward seiner Zeichen Blitzen.

War einst erhellt der schwanke Steg,
Und klaffte klar der Abgrund auf,
Wir müssen suchen unsren Weg
Im Heiderauch ein armer Hauf.
Des Glaubens köstlich teurer Preis
Ward wie gestellt auf Gletschers Höhen;
Wir müssen klimmen über Eis
Und schwindelnd uns am Schlunde drehen.

Was, Herr, du ließest fort und fort,
Hat in die Seele wohl gebrannt;
Doch bleibt es ein geschriebnes Wort,
Unsichtbar die lebend’ge Hand.
Ach, nur wo Grübeln nicht und Stolz
Am Stamme nagt seit Tag und Jahren,
Blieb frisch genug das mark’ge Holz,
Frei durch Jahrtausende zu fahren.

So ist es, wehe, schrecklich wahr,
Daß Mancher, der zum starken Mast
Geschaffen, in der Zeit Gefahr
Die Glaubenssegel hat gebraßt,
Nun dürre Säule nackt und schwer
Nur krachend kündet durch das Wehen,
Hier sei in Zweifels schwarzem Meer
Ein mächtig Schiff am Untergehen.

O sende, Retter, deinen Blitz,
Der ihm den frommen Hafen hellt,
Da einst der starke Mast als Sitz
Der Pharuslampe sei gestellt.
Es trägt Gebirge ja dein Land,
Wo Cedern sich zu Cedern einen;
Laß nicht ein Sturmlicht den Verstand
Und einen Fluch die Kraft erscheinen!

Als Stephanus mit seinem Blut
Besiegelte den Christussinn,
Da legten Mörder, heiß vor Wut,
Zu eines Jünglings Füßen hin,
Der stumm und finster sich gesellt,
Die Kleider staubig, schweißbefeuchtet:
Und der ward Paulus, Christi Held,
Des Strahl die ganze Welt durchleuchtet.

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Winter op Burg Hülshoff, waar von Droste-Hülshoff werd geboren.

 

Zie voor de schrijvers van de 26e december ook mijn drie vorige blogs van vandaag.

 

Am Weihnachtstage (Annette von Droste-Hülshoff)

Aan alle bezoekers en mede-bloggers een Prettig Kerstfeest!

 

 
Aanbidding der herders door Peter Paul Rubens, 1608

 

Am Weihnachtstage

Durch alle Straßen wälzt sich das Getümmel,
Maultier, Kamele, Treiber: welch Gebimmel!
Als wolle wieder in die Steppe ziehn
Der Same Jakobs, und Judäas Himmel
Ein Saphirscheinen über dem Gewimmel
Läßt blendend seine Funkenströme sprühn.

Verschleiert’ Frauen durch die Gassen schreiten,
Mühselig vom beladnen Tiere gleiten
Bejahrte Mütterchen; allüberall
Geschrei und Treiben, wie vor Jehus Wagen.
Läßt wieder Jezabel ihr Antlitz ragen
Aus jener Säulen luftigem Portal?

’s ist Rom, die üpp’ge Priesterin der Götzen,
Die glänzendste und grausamste der Metzen,
Die ihre Sklaven zählt zu dieser Zeit.
Mit einem Griffel, noch von Blute träufend,
Gräbt sie in Tafeln, Zahl auf Zahlen häufend,
Der Buhlen Namen, so ihr Schwert gefreit.

O Israel, wo ist dein Stolz geblieben?
Hast du die Hände blutig nicht gerieben,
Und deine Träne, war sie siedend Blut?
Nein, als zum Marktplatz deine Scharen wallen,
Verkaufend, feilschend unter Tempels Hallen;
Mit ihrem Gott zerronnen ist ihr Mut!

Zum trüben Irrwisch ward die Feuersäule,
Der grüne Aaronsstab zum Henkerbeile,
Und grausig übersteint das tote Wort
Liegt, eine Mumie, im heil’gen Buche,
Drin sucht der Pharisäer nach dem Fluche,
Ihn donnernd über Freund und Fremdling fort.

So, Israel, bist du gereift zum Schnitte,
Wie reift die Distel in der Saaten Mitte;
Und wie du stehst in deinem grimmen Haß
Genüber der geschminkt und hohlen Buhle,
Seid gleich ihr vor gerechtem Richterstuhle,
Von Blute sie und du von Geifer naß.

O tauet, Himmel, tauet den Gerechten!
Ihr Wolken, regnet ihn, den wahr und echten
Messias, den Judäa nicht erharrt!
Den Heiligen und Milden und Gerechten,
Den Friedenskönig unter Hassesknechten,
Gekommen zu erwärmen, was erstarrt!

Still ist die Nacht; in seinem Zelt geborgen
Der Schriftgelehrte späht mit finstren Sorgen,
Wann Juda’s mächtiger Tyrann erscheint.
Den Vorhang lüftet er, nachstarrend lange
Dem Stern, der gleitet über Äthers Wange,
Wie Freudenzähre, die der Himmel weint.

Und fern vom Zelte über einem Stalle,
Da ist’s, als ob aufs niedre Dach er falle;
In tausend Radien sein Licht er gießt.
Ein Meteor, so dachte der Gelehrte,
Als langsam er zu seinen Büchern kehrte.
O weißt du, wen das niedre Dach umschließt?

In einer Krippe ruht ein neugeboren
Und schlummernd Kindlein; wie im Traum verloren
Die Mutter kniet, Weib und Jungfrau doch.
Ein ernster, schlichter Mann rückt tief erschüttert
Das Lager ihnen; seine Rechte zittert
Dem Schleier nahe um den Mantel noch.

Und an der Türe stehn geringe Leute,
Mühsel’ge Hirten, doch die Ersten heute,
Und in den Lüften klingt es süß und lind,
Verlorne Töne von der Engel Liede:
Dem höchsten Ehr’ und allen Menschen Friede,
Die eines guten Willens sind!

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
„Winterträume“ op Burg Hülshoff, waar von Droste-Hülshoff werd geboren.

 

Zie voor de schrijvers van de 25e december ook mijn vorige twee blogs van vandaag.

 

An meine Mutter (Annette von Droste-Hülshoff)

Bij Moederdag

 

 
Moeder met kinderen bij een raam tijdens de schemer door Viggo Pedersen (1854 – 1926)

 

An meine Mutter

So gern hätt’ ich ein schönes Lied gemacht
Von Deiner Liebe, deiner treuen Weise;
Die Gabe, die für andre immer wacht,
Hätt’ ich so gern geweckt zu deinem Preise.

Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
Und wie ich auch die Reime mochte stellen,
Des Herzens Fluten wallten darüber her,
Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.

So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
Von einfach ungeschmücktem Wort getragen,
Und meine ganze Seele nimm darin:
Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen.

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Therese von Droste-Hülshoff, geb. von Haxthausen, moeder van de dichteres, rond 1830

 

Zie voor de schrijvers van de 10e mei ook mijn vorige drie blogs van vandaag.

Am vierten Sonntage nach Ostern (Annette von Droste-Hülshoff)

 

Am vierten Sonntage nach Ostern

 


Diego Velázquez, Johannes op Patmos, 1619–1620

 

Am vierten Sonntage nach Ostern
“Ich gehe zu Dem, der mich gesandt hat.”

Nicht eine Gnadenflamme hehr
Vor deinem Volke soll ich gehn;
Nein, ein versteinert Leben schwer
Wie Sodoms Säule muß ich stehn
Und um mich her
Die Irren träumend schwanken sehn.

Und ob auch Öde mich umgibt,
Ob mich erstickt der Nebel fast,
Mir Wirbelsand die Augen trübt,
Doch weiß ich, daß mein Sinn dich faßt,
Daß er dich liebt,
Und daß du mich gesendet hast.

Den Lebenshauch halt ich von dir,
Unsterblich hast du mich gemacht;
Nicht Glut, nicht Dürre schadet mir.
Ich weiß, ich bin in deiner Wacht,
Und muß ich hier
Auch stehn wie ein Prophet der Nacht.

Ich hebe meine Stimme laut
Ein Wüstenherold für die Not:
“Wacht auf, ihr Träumer, aufgeschaut!
Am Himmel steigt das Morgenrot.
Nur aufgeschaut!
Nur nicht zurück, dort steht der Tod!

Nur aufgeschaut, nur nicht zurück!
Laßt Menschenweisheit hinter euch!
Sie ist der Tod; ihr schnödes Glück
Ist übertünchtem Grabe gleich.
O hebt den Blick!
Der Himmel ist so mild und reich.”

Könnt ich mein Auge heben nur,
Mein steinern Auge zu dem Blau:
Wie sög’ ich aus der Himmelsflur
So liebekrank den milden Tau!
Doch hat Natur
Und Schuld verschlossen mir die Brau.

Ob nimmer sich die Rinde hebt?
Ach einmal, einmal muß es sein!
Wenn Sodoms Säule sich belebt,
Dann bricht auch meine Stunde ein,
Wenn es durchbebt
Den armen blutberaubten Stein.

Dann soll ich wissen, was ich bin,
Warum so todesstarr und matt;
Dann weiß ich, was den klaren Sinn
Getrieben zu der öden Statt;
Dann knie ich hin
Vor dem, der mich gesendet hat.

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Kruisigingsgroep op de Meersburg waar von Droste-Hülshoff op het eind van haar leven woonde.

 

Zie voor de schrijvers van de 3e mei ook mijn vorige twee blogs van vandaag.

Am ersten Sonntage nach Ostern (Annette von Droste-Hülshoff)

Bij Beloken Pasen

 

 
Het Ongeloof van Sint Thomas door Guercino, 1621

 

Am ersten Sonntage nach Ostern

Evang.: Jesus geht durch verschlossene Türen
und spricht: “Der Friede sei mit Euch!”

Und hast du deinen Frieden denn gegeben
An Alle, die dich sehnen um dein Heil,
So will ich meine Stimme auch erheben:
Hier bin ich, Vater, gib mir auch mein Teil!
Warum sollt’ ich, ein ausgeschloßnes Kind,
Allein verschmachtend um mein Erbe weinen?
Warum nicht sollte deine Sonne scheinen,
Wo doch im Boden gute Keime sind?

Oft mein’ ich zwar, zum Beten sei genommen
Mir alles Recht, da es so trüb und lau;
Mir könne nur geduldig Harren frommen
Und starrer Aufblick zu des Himmels Blau:
Doch Herr, der du dem Zöllner dich gesellt,
O laß nicht zu, daß ich in Nacht verschwimme;
Dem irren Lamme ruft ja deine Stimme,
Und um den Sünder kamst du in die Welt.

Wohl weiß ich, wie es steht in meiner Seelen,
Wie glaubensarm, wie trotzig und verwirrt,
Wohl weiß ich, daß sich manches mochte hehlen;
Ich fühle, wie es durch die Nerven schwirrt,
Und kraftlos folg’ ich seiner trüben Spur.
Mein Helfer, was ich nimmer mag ergründen,
Du kennst es wohl, du weißt es wohl zu finden,
Du bist der Arzt, ich bin der Kranke nur.

Und hast du tief geschaut in meine Sünden,
Wie nicht ein Menschenauge schauen kann;
Hast du gesehn, wie in den tiefsten Gründen
Noch schlummert mancher wüste, dunkle Wahn:
Doch weiß ich auch, daß keine Trän’ entschleicht,
Die Deine treue Hand nicht hat gewogen,
Und daß kein Seufzer dieser Brust entflogen,
Der dein barmherzig Ohr nicht hat erreicht.

Du, der verschloßne Türen kann durchdringen,
Sieh, meine Brust ist ein verschloßnes Tor.
Zu matt bin ich, die Riegel zu bezwingen;
Doch siehst du, wie ich angstvoll steh’ davor.
Brich ein, brich ein! O komm mit deiner Macht,
Laß Liebe gelten, da gering der Glaube,
O laß mich schauen deine Friedenstaube,
Laß fallen deinen Strahl in meine Nacht!

Nicht weich’ ich, eh’ ich einen Schein gesehen,
Und wär’ er schwach wie Wurmes Flimmer auch;
Und nicht von dieser Schwelle will ich gehen,
Bis ich vernommen deiner Stimme Hauch.
So sprich, mein Vater, sprich denn auch zu mir
Mit jener Stimme, die Maria nannte,
Als sie verkennend, weinend ab sich wandte,
O sprich: “Mein Kind, der Friede sei mit dir!”

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Slot Hülshoff met de kapel

 

Zie voor de schrijvers van de 12e april ook mijn vorige twee blogs van vandaag.

Dolce far niente, Thomas Hardy, Andreas Gryphius, Billy Collins, Annette von Droste-Hülshoff

 

Dolce far niente

 

dolce
The doctor door Luke Fildes, 1891

 

A Wasted Illness

Through vaults of pain,
Enribbed and wrought with groins of ghastliness,
I passed, and garish spectres moved my brain
To dire distress.

And hammerings,
And quakes, and shoots, and stifling hotness, blent
With webby waxing things and waning things
As on I went.

“Where lies the end
To this foul way?” I asked with weakening breath.
Thereon ahead I saw a door extend –
The door to death.

It loomed more clear:
“At last!” I cried. “The all-delivering door!”
And then, I knew not how, it grew less near
Than theretofore.

And back slid I
Along the galleries by which I came,
And tediously the day returned, and sky,
And life—the same.

And all was well:
Old circumstance resumed its former show,
And on my head the dews of comfort fell
As ere my woe.

I roam anew,
Scarce conscious of my late distress . . . And yet
Those backward steps through pain I cannot view
Without regret.

For that dire train
Of waxing shapes and waning, passed before,
And those grim aisles, must be traversed again
To reach that door.

 

Thomas_Hardy_by_William_Strang_1893.jpg
Thomas Hardy (2 juni 1840 – 11 januari 1928)
Portret door William Strang, 1893

 

An sich selbst

Mir grauet vor mir selbst, mit zittern alle Glieder,
Wenn ich die Lipp’ und Nas’ und beider Augen Kluft,
Die blind vom Wachen sind, des Atems schwere Luft
Betracht’, und die nun schon erstorbnen Augenlider.

Die Zunge, schwarz vom Brand, fällt mit den Worten nieder,
Und lallt ich weiß nicht was; die müde Seele ruft
Dem großen Tröster zu, das Fleisch reucht nach der Gruft,
Die Ärzte lassen mich, die Schmerzen kommen wieder,

Mein Körper ist nicht mehr als Adern, Fell und Bein.
Das Sitzen ist mein Tod, das Liegen eine Pein.
Die Schenkel haben selbst nun Träger wohl vonnöten!

Was ist der hohe Ruhm und Jugend, Ehr’ und Kunst?
Wenn diese Stunde kommt: wird alles Rauch und Dunst.
Und eine Not muss uns mit allem Vorsatz töten.

 

andreas-gryphius.jpg
Andreas Gryphius (2 oktober 1616 – 16 juli 1664)

Lees verder “Dolce far niente, Thomas Hardy, Andreas Gryphius, Billy Collins, Annette von Droste-Hülshoff”