Am vierundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten (Annette von Droste-Hülshoff)

 


De Cijnspenning door Peter Paul Rubens, ca. 1612

 

Am vierundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten
Evang.: Vom Zinsgroschen

Gebt Gott sein Recht und gebt’s dem Kaiser auch!
Sein Odem ist’s, der um den Obern schwebet,
Aus Hochmut nicht; in Eigenwillen hebet
Nicht eure Rechte gen den heil’gen Brauch.
Doch Gott und Welt im Streit: da, Brüder, gebet
Nicht mehr auf Kaiserwort als Dunst und Rauch.
Er ist der Oberste, dem alle Macht
Zusammen bricht, wie dürres Reisig kracht.

Den Eltern gib und gib auch Gott sein Recht!
O weh des Tiefgesunknen, dem verloren
Der frömmste Trieb, Jedwedem angeboren,
Den Freisten stempelnd zum beglückten Knecht.
Doch stell’ den Wächter an der Ehrfurcht Toren
Und halte das Gewissen rein und echt;
Er ist der Vater, dem du Seel’ und Leib
Verschuldest, mehr als irgend Mann und Weib.

Den Gatten lieb’ und denk’ an Gott dabei!
Er gab den Segen dir, als am Altare
Den Eid du sprachst, gewaltig bis zur Bahre
In Fesseln legend deine Lieb’ und Treu’.
Doch wird die Liebe Torheit, o dann wahre,
O halte deine tiefsten Gluten frei!
Er ist es, dem du einer Flamme Zoll
Mußt zahlen, die kein Mensch empfangen soll.

An deine Kinder hänge nur dein Herz,
In deren Adern rollt dein eignes Leben;
Das Gottesbild, in deine Hand gegeben,
Es nicht zu lieben, wäre herber Schmerz.
Doch siehst du zwischen Glück und Schuld es schweben,
Wend’ deine Augen, stoß es niederwärts;
Er, über tausend Kinder lieb und hehr,
Er sieht dir nach, ist deine Seele schwer.

Und auch dem Freunde halte Treue fest,
Mit der die Ehre innig sich verbunden,
Ein irdisch Gut, was Gnade doch gefunden,
So lang es nicht die Hand der Tugend läßt.
Doch nahen glänzender Versuchung Stunden,
Dann aller Erdenrücksicht gib den Rest
Und klammre an den Einen dich, der dann
Dir mehr als Freund und Ehre geben kann.

So biete Jedem, was sein Recht begehrt,
Und nimm von Jedem, was du darfst empfangen;
Dein Herz, es mag an zarten Banden hangen,
Die Gottes Huld so gnadenvoll gewährt;
Doch drüber wie ein Glutstern das Verlangen
Nach Einem leuchte, irdisch unversehrt,
Nach Einem, ohne den dein Herz so warm
Ewig verlassen bliebe doch und arm.

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Burg Hüllshoff, het geboortehuis van de dichteres tijdens een tuinbeurs.

 

Zie voor de schrijvers van de 12e november ook mijn vorige twee blogs van vandaag.

Am zweiundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten (Annette von Droste-Hülshoff)

 

 
Christus en de hoveling uit Kafarneüm door Bartholomeus Breenbergh, circa 1630 (detail)

 

Am zweiundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten
Evang.: Vom kranken Sohn des Königleins

Der Sonnenstrahl, ein goldner Spieß,
Prallt von des Sees kristallnen Flächen
Und schwirrend um den Marmorflies
Palastes Mauern will durchstechen.
Auf seidnen Polstern windet sich,
Die magern Ärmchen ringt das Kind,
Und eine Träne bitterlich
Noch möchte aus dem Auge lind,
Dem halberstarrten, brechen.

Schon hat der Tod die Hand gelegt
Auf seine Beute ohn’ Erbarmen;
Doch ob er Eis zum Herzen trägt,
Noch schmilzt im Blutstrom es, dem warmen.
O Jugend, Jugend, wie so fest
Hast du verstrickt das Leben dir,
Wie sich das Schlinggewächse preßt
Mit Wurzeln dort und Fasern hier
Als mit Polypenarmen!

O Anblick, stärker als ein Weib,
Das Wachen, Angst und Kummer nagen!
Betäubt und schwer, gleich totem Leib,
Hat man die Fürstin fortgetragen.
Noch weilt der Vater; wenn ein Sklav’
Des Bornes frische Labung reicht,
Mit zitternd kalter Hand den Schlaf
Des Kindes netzt er sacht gebeugt
Und flüstert leise Fragen.

Wer regt sich an des Fürsten Ohr?
Menipp, der Jüngling aus Euböa.
“Herr”, keucht er, “hebt den Blick empor!
Herr, der Prophete aus Judäa,
Von dem das ganze Land erfüllt,
Er kömmt, er naht Capharnaum,
Und wie aus hundert Adern quillt
Entgegen ihm und nach und um
Ein Glutstrom Galiläa.”

“Sind denn die alten Götter tot,
So müssen wir die neuen wahren.
Es sei, es sei, und meine Not
Mag sich dem Volke offenbaren!”
Die Rosse stampfen. Einmal schaut
Der Vater auf sein sterbend Kind,
Und nun voran! – “Was rauscht so laut?
Was streicht am Berge wie ein Wind?”
“Herr, des Propheten Scharen!”

O, wie die Angst den Stolz zerbricht!
Demütig, zitternd, als zur Frohne,
Er weiß es nicht, zu wem er spricht,
Doch wie der Sklave vor dem Throne,
Gebrochen steht der reiche Mann.
Die bleiche Lippe zuckt vor Schmerz,
Und heißer, als das Wort es kann,
Viel heißer fleht das bange Herz:
“Hilf, Rabbi, meinem Sohne!”

Ein Murmeln durch die Masse geht,
Erwartend sich die Wangen färben.
“Wenn ihr nicht Wunderzeichen seht,
Dann muß der Zweifel euch verderben!”
So spricht der Heiland abgewandt.
Unwillig rauscht es in dem Kreis;
Doch angstvoll hebt sich eine Hand,
Und wie ein Seufzer quillt es leis:
“Rabbi, mein Sohn will sterben!”

Du hast geglaubt, und wärst du arm
Wie Irus, was dich immer quäle,
Du wahrhaft Reicher, liebewarm
Hast einen Schatz, den Keiner zähle!
O der in dir, als Alles brach,
Es machen konnte froh und still,
Hat er gehört mich, als ich sprach:
Herr, meine Seele sterben will;
O Herr, hilf meiner Seele!

 


Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Het graf van de dichteres met ernaast een klein borstbeeld in Meersburg

 

Zie voor de schrijvers van de 29e oktober ook mijn twee vorige blogs van vandaag.

Am dritten Sonntage nach Ostern (Annette von Droste-Hülshoff)

 

Bij de derde zondag na Pasen

 

 
Joannes de Evangelist door Valentin de Boulogne, ca. 1621-22

 

Am dritten Sonntage nach Ostern
»Über ein kleines werdet ihr mich sehen.« (Joh: 16:16)

Ich seh dich nicht!
Wo bist du denn, o Hort, o Lebenshauch?
Kannst du nicht wehen, daß mein Ohr es hört?
Was nebelst, was verflatterst du wie Rauch,
Wenn sich das Aug’ nach deinen Zeichen kehrt?
Mein Wüstenlicht,
Mein Aaronsstab, der lieblich könnte grünen,
Du tust es nicht;
So muß ich eigne Schuld und Torheit sühnen!

Heiß ist der Tag;
Die Sonne prallt von meiner Zelle Wand,
Ein traulich Vöglein flattert ein und aus;
Sein glänzend Auge fragt mich unverwandt:
Schaut nicht der Herr zu diesen Fenstern aus?
Was fragst du nach?
Die Stirne muß ich senken und erröten.
O bittre Schmach!
Mein Wissen mußte meinen Glauben töten.

Die Wolke steigt,
Und langsam über den azurnen Bau
Hat eine Schwefelhülle sich gelegt.
Die Lüfte wehn so seufzervoll und lau
Und Angstgestöhn sich in den Zweigen regt;
Die Herde keucht.
Was fühlt das stumpfe Tier, ist’s deine Schwüle?
Ich steh gebeugt;
Mein Herr berühre mich, daß ich dich fühle!

Ein Donnerschlag!
Entsetzen hat den kranken Wald gepackt.
Ich sehe, wie im Nest mein Vogel duckt,
Wie Ast an Ast sich ächzend reibt und knackt,
Wie Blitz an Blitz durch Schwefelgassen zuckt;
Ich schau ihm nach.
Ist’s deine Leuchte nicht, gewaltig Wesen?
Warum denn, ach!
Warum nur fällt mir ein was ich gelesen?

Das Dunkel weicht;
Und wie ein leises Weinen fällt herab
Der Wolkentau; Geflüster fern und nah.
Die Sonne senkt den goldnen Gnadenstab,
Und plötzlich steht der Friedensbogen da.
Wie? wird denn feucht
Mein Auge, ist nicht Dunstgebild der Regen?
Mir wird so leicht!
Wie? kann denn Halmes Reibung mich bewegen?

Auf Bergeshöhn
Stand ein Prophet und suchte dich wie ich:
Da brach ein Sturm der Riesenfichte Ast,
Da fraß ein Feuer durch die Wipfel sich;
Doch unerschüttert stand der Wüste Gast.
Da kam ein Wehn
Wie Gnadenhauch und zitternd überwunden
Sank der Prophet,
Und weinte laut und hatte dich gefunden.

Hat denn dein Hauch
Verkündet mir, was sich im Sturme barg,
Was nicht im Blitze sich enträtselt hat?
So will ich harren auch, schon wächst mein Sarg,
Der Regen fällt auf meine Schlummerstatt.
Dann wird wie Rauch
Entschwinden eitler Weisheit Nebelschemen,
Dann schau ich auch,
»Und meine Freude wird mir niemand nehmen.«

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
De kapel van Burg Hülshoff

 

Zie voor de schrijvers van de 7e mei ook mijn volgende twee blogs van vandaag.

Am vierten Sonntage in der Fasten (Annette von Droste-Hülshoff)

 

Bij de vierde zondag van de vasten

 

 
De droom van St. Jozef door Anton Raphael Mengs, ca. 1773/1774

 

Am vierten Sonntage in der Fasten
Josephsfest

Gegrüßt in deinem Scheine,
Du Abendsonne reine,
Du alter Lilienzweig,
Der du noch hast getragen
In deinen grauen Tagen
So mildes Blütenreich!

Je mehr es sich entfaltet,
Zum Ehrenkranz gestaltet,
Der deine Stirn umlaubt:
Je mehr hast du geneiget,
In Ehrfurcht ganz gebeuget
Dein gnadenschweres Haupt.

Wie ist zu meinem Frommen
Dein freundlich Fest gekommen
In diese ernste Zeit!
Ich war fast wie begraben;
Da kömmst du mich zu laben
Mit seltner Freudigkeit.

Zu dir will ich mich flüchten,
Mein scheues Leben richten,
O Joseph, milder Hauch!
Du hast gekannt die Fehle
In deiner starken Seele,
Und die Vergebung auch!

Was hast du nicht geduldet,
Da im Geheim verschuldet
Maria dir erschien?
Und konntest ihr nicht trauen,
Worauf die Himmel bauen,
Und hast ihr doch verziehn!

Und da du mußtest scheiden
Mit deinen lieben Beiden,
Wie groß war deine Not!
Die Wüste schien dir lange;
Doch war vom Untergange
Dein liebes Kind bedroht.

Und da Er glanzumkrönet,
Wie bist du nicht gehöhnet
Um seine Gotteskraft!
Wie mag, den Groll zu laben,
Dich nicht gelästert haben
Die arge Priesterschaft!

Und gar, wenn gottdurchdrungen
Dich grüßten fromme Zungen
Und priesen laut und weit:
Wie hast du nicht in Zagen
An deine Brust geschlagen
In deiner Sündlichkeit!

So hast du viel getragen,
Unendlich viele Plagen,
Mit freundlicher Geduld,
Und ist in all den Jahren
Manch Seufzer dir entfahren
Und manche kleine Schuld.

Du frommer Held im Glauben,
Den schrecklich dir zu rauben
Sich alle Welt verband,
Hast können nicht erhalten
Ein unbeflecktes Walten
An deines Jesu Hand.

Was soll ich denn nicht hoffen,
Da noch der Himmel offen,
Und meine Seele still?
Will sich die Gnade nahen:
Ich kann sie wohl empfahen,
So Gott mir helfen will.

Zerrissen in den Gründen
Bin ich um meine Sünden,
Und meine Reu’ ist groß!
O hätt’ ich nur Vertrauen,
Die Hütte mein zu bauen
In meines Jesu Schoß!

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Friedhofskapelle Mariä Himmelfahrt in Meersburg, linker zijaltaar. Annette von Droste-Hülshoff werd in Meersburg begraven.

Am dritten Sonntage in der Fasten (Annette von Droste-Hülshoff)

 

Bij de derde zondag van de vasten

 

 
“Jesus treibet Teufel aus” door Julius Schnorr von Carolsfeld, 1860

 

Am dritten Sonntage in der Fasten
Evang: Jesus treibt den Teufel aus

»Mein Nam’ ist Legion, denn unserer sind Viele!«
So spricht der finstre Geist.
Sein Nam’ ist Legion, weh mir, daß ich es fühle!
Daß es mich zittern heißt!

Wo kindlich dem Gemüt in Einfalt und Vertrauen
Nichts als sein Jesu kund,
Da kann der Finstre nicht die wirren Höhlen bauen
Im einfach lichten Grund.

Doch du, mein schuldvoll Herz, in deinem eitlen Wissen,
In deinem irren Tun:
Wie sind dir tausend brand’ge Stellen aufgerissen,
Worin die Nacht kann ruhn!

Und raff’ ich mich empor, und will ich mich erkühnen
Zu heil’gen Namens Schall,
O, könnte nicht vielleicht mein guter Wille dienen
Zu neuem schwerem Fall!

Denn daß die Welt mich nicht, die Menschen mich nicht kennen,
Die gleißend wie das Meer,
Daß sie mich oft sogar noch hell und freudig nennen,
Das senkt unendlich schwer!

Mich kennen muß die Welt, ich muß Verachtung tragen,
Wie ich sie stets verdient;
Ich Wurm, der den, den Engel kaum zu nennen wagen
Zu preisen mich erkühnt!

Laß in Zerknirschung mich, laß mich in Furcht dich singen,
Mein Heiland und mein Gott!
Daß nicht mein Lied entrauscht, ein kunstvoll sündlich Klingen,
Ein Frevel und ein Spott.

Ach, wer so leer wie ich in Worten und in Werken,
An Sinnen so verwirrt,
Dess Lied kann nur des Herrn barmherzig Wunder stärken,
Daß es zum Segen wird.

Ist nicht mein ganzer Tag nur eine Reihe Sünden?
Muß oft in Traumeswahn,
Oft wachend die Begier nicht zahllos Wege finden,
Nur nie die Himmelsbahn?

Tönt nicht der Kampfgesang der Lust von allen Seiten?
Und bringt er nicht den Sieg?
Ist nicht mein Leben nur ein flüchtig kraftlos Streiten,
Ein schmachbedeckter Krieg?

Und mein’ ich eine Zeit, daß ich den Sieg errungen,
Weil die Begierde schwand:
Da bin ich ausgeschlürft wie von Empusenzungen,
Wie eine tote Hand!

Und ist mir’s eine Zeit, als will das Leben ziehen
Ins Herze gar erstarrt:
Da muß mit ihm zugleich der Übermut entglühen,
Der eines Hauchs geharrt.

Und wird mir’s endlich klar, umsprüht von Leidensfunken,
Wie klein, wie Nichts ich bin;
Da bin ich ausgebrannt, zu Asche eingesunken,
Verglüht an Geist und Sinn.

Das hast du selber dir, du schuldvoll Herz, zu danken;
Mein Jesu lieb und traut,
Wärst du nur irgend treu, er würde nimmer wanken
Von der geliebten Braut.

Doch daß du schlummernd läßt durch alle Tore ziehen
Den grausen Höllenbund,
Daß überall für ihn die Siegeskränze blühen
Aus deinem eignen Grund;

Daß du dich töricht wähnst in vollem hellem Laube,
Du armer dürrer Zweig!
Daß du, indes der Feind frohlockt in deinem Raube.
Dich herrlich wähnst und reich:

Das ist warum du stirbst, daß du in Wahnes Gluten
Nicht kennst den eignen Schmerz,
O, fühltest du dich selbst aus allen Adern bluten,
Du töricht frevelnd Herz!

So schaue deine Not! Noch fielen nicht die Schranken
Der dunklen Ewigkeit.
»Sein Nam’ ist Legion«, o fasse den Gedanken!
Es ist die letzte Zeit!

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Friedhofskapelle Mariä Himmelfahrt in Meersburg. Annette von Droste-Hülshoff werd in Meersburg begraven.

 

Am Feste vom süßen Namen Jesus (Annette von Droste-Hülshoff)

 

Onafhankelijk van geboortedata

 

 
Jozef met het kindje Jezus door Guido Reni, ca. 1635

 

Am Feste vom süßen Namen Jesus

Was ist süß wie Honigseim,
Wenn er sich der Wab’ entgießt?
Süßer ist des Lebens Keim,
Der durch unsre Adern fließt.
Doch dein Name, lieber Jesu mein,
Der ist über Alles mild und süß!
Daß der Tod vergißt die herbe Pein,
Wo ein frommer Mund ihn tönen ließ.

Was ist gleich des Löwen Kraft
Wenn er durch die Wälder kreis’t?
Stärker ist die Leidenschaft,
Ist der widerspenst’ge Geist.
Doch dein Name, lieber Jesu mein,
Der ist über Alles voll der Macht!
Daß er zwängt zu milden Lichtes Schein,
Was die Welt bedräut in Flammenpracht.

Was ist reich wie Meeresfahrt,
Gleich des Schachtes goldner Hut?
Reicher ist, wer sich bewahrt
Seiner Ehre köstlich Gut.
Doch dein Name, lieber Jesu mein,
Der ist mehr und reicher als das all’!
Ach um ihn erträgt man ganz allein
Schmach, Verkennung, aller Ehre Fall.

Was ist schön wie Morgenlicht,
Gleich dem Sternendom der Nacht?
Ach, ein lieblich Angesicht,
Und im Aug’ des Geistes Pracht!
Doch dein Name, lieber Jesu mein,
Der ist über Alles mild und schön!
Wer ihn trägt im stillen Antlitz sein,
Der ist hold, was auch Natur versehn.

Was ist freudig wie zu ziehn
In die reiche Welt hinaus?
Ach, viel freud’ger, was wir fliehn,
Das verkannte Elternhaus!
Doch dein Name, lieber Jesu mein,
Der ist über alles voll der Lust!
O, wer gäb’ nicht um die Freuden sein
Heimat, Freiheit, was ihm nur bewußt!

Ja, dein Name, Jesus Christ,
Der ist stark und reich und mild!
Wer den Namen nie vergißt,
Der kennt aller Leiden Schild.
Und ich soll, o liebster Jesu mein,
Ich, die Arme, treulos aller Pflicht,
Dennoch deines Namens Erbin sein:
Gott, du willst den Tod des Sünders nicht!

 


Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Venster met het Jezus monogram in de Namen Jesu kerk in Wenen

 

 

Zie voor de schrijvers van de 15e januari ook mijn drie vorige blogs van vandaag.

Antonio Muñoz Molina, Annette von Droste-Hülshoff, Dennis Cooper, Saskia Stehouwer, Adrian Kasnitz, Mies Bouhuys, Harrie Geelen, Jared Carter, Yasmina Khadra

De Spaanse schrijver Antonio Muñoz Molina werd geboren op 10 januari 1956 in Úbeda in de provincie Jaén. Zie ook alle tags voor Antonio Muñoz Molina op dit blog.

Uit: A Manuscript of Ashes (Vertaald door Edith Grossman)

“She closed the door very slowly and went out with the stealth of someone leaving a sick person who has just fallen asleep at midnight. I listened to her slow steps along the hallway, fearing or wishing she would return at the last minute to leave her suitcase at the foot of the bed and sit down on the edge with a gesture of surrender or fatigue, as if she had already returned from the journey she had never been able to take until tonight. When the door closed the room was left in darkness, and now my only illumination is the thread of light that enters from the hall and slides in a tapering line to the legs of the bed, but at the window there is dark blue night and through the open shutters comes the breeze of a night that is almost summer, crossed in the far distance by the whistles of express trains that travel under the moon along the livid valley of the Guadalquivir and climb the slopes of Mágina on their way to the station where he, Minaya, is waiting for her now without even daring to hope that Inés, slim and alone, with her short pink skirt and her hair pulled back into a ponytail, will appear at a corner of the platform. He is alone, sitting on a bench, smoking perhaps as he looks at the red lights and the tracks and the cars stopped at the end of the station and of the night. Now, when she closed the door, I can, if I want, imagine him for myself alone, that is, for no one, I can bury my face beneath the turned-down bedclothes that Inés smoothed with so much secret tenderness before she left, and then, waiting in the darkness and in the heat of my body under the sheets, I can imagine or recount what happened and even direct their steps, those of Inés and his, on the way to their encounter and mutual acknowledgment on the empty platform, as if at this moment I had invented and depicted their presence, their desire, and their guilt.”

 
Antonio Muñoz Molina (Úbeda, 10 januari 1956)

Lees verder “Antonio Muñoz Molina, Annette von Droste-Hülshoff, Dennis Cooper, Saskia Stehouwer, Adrian Kasnitz, Mies Bouhuys, Harrie Geelen, Jared Carter, Yasmina Khadra”

Am siebenundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten (Annette von Droste-Hülshoff )

Onafhankelijk van geboortedata

 

 
De evangelist Mattheus en de engel door Vincenzo Campi, 1588

 

Am siebenundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten
Ev.: Vom Senfkörnlein und Sauerteig.

»Das Himmelreich ist gleich einem Senfkörnlein, das ein Mensch nahm, und säte es auf seinen Acker; dasselbe ist zwar das kleinste unter allen Körnern, wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, so daß alle Vögel des Himmels kommen, und unter seinen Zweigen wohnen. – Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteige, den ein Weib nahm, und steckte ihn unter drei Scheffel Mehls, bis es ganz durchsäuert war.«

Tief, tief ein Körnlein schläft in mancher Brust,
Doch Herr, du siehst es und du magst es segnen.
O schau auf jene die, sich unbewußt,
Nicht fühlen deiner Gnadenwolke Regnen,
Die um sich steigen lassen deinen Tau;
Nachtwandler, dumpf gebannt in Traumes Leben,
Umwandeln Turmes Zinne sonder Beben,
Nicht zuckend nur mit der geschloßnen Brau’.

Ich bin erwacht, ob auch zu tiefer Schmach;
So will ich heut nicht an mein Elend denken,
Will, ach, das einzige, was ich vermag,
Ein zitterndes Gebet den Armen schenken;
Ob nur ein kraftlos halbgebrochner Hauch,
Der dennoch mag die rechten Wege finden,[695]
Und muß er sich zu deinem Throne winden
Wie sich zum Äther wälzet Nebelrauch.

Du Milder, weißt aus allem Erdendunst
Den warmen Lebensodem wohl zu scheiden,
Gerechter du und doch die höchste Gunst,
Des Sonne scheinet über Moor und Heiden,
O kräft’ge deinen Strahl, daß er entglüht
Die langverjährte Rinde mag durchdringen;
Mach des erstarrten Blutes Quellen springen,
Auftauen das erfrorne Augenlid.

Wie oft sah ich in schier vereistem Grund
Sich leise noch das Samenkörnlein dehnen,
Wie öfters brach aus längst entweihtem Mund
Ein Schmerzenslaut, der alles kann versöhnen!
O, nur wer stand in glüher Wüstenei,
Der weiß des grünen Blattes Wert zu schätzen,
Und wessen Ohr kein Luftzug durfte letzen,
Nur der vernimmt den halberstickten Schrei.

Mit meinem Schaden hab’ ich es gelernt,
Daß nur der Himmel darf die Sünde wägen,
O Menschenhand, sie halte sich entfernt,
Die nur das Leben zählt nach Pulses Schlägen.
Lebt doch das Samenkorn und atmet nicht,
Und kann es dennoch einen Stamm enthalten,
Der herrlich einst die Zweige mag entfalten,
Wo das Gevögel jubelt unterm Licht.

Sei Menschenurteil in Unwissenheit
Hart wie ein Stein, du Herr, erkennst das Winden
Der Seele, und wie unter Mördern schreit
Zu dir ein Seufzer, der sich selbst nicht finden
Und nennen kann. Kein Feuer brennt so heiß
Als was sich wühlen muß durch Grund und Steine,
Von allen Quellen rauschender rinnt keine
Als die sich hülflos windet unterm Eis.

Im Fluch, dem alle schaudern, hörst du noch
Den Klageruf an Kraft und Mut gebrochen;
In des Verbrechers Wahnsinn trägt sich doch
Entgegen dir zerfleischten Herzens Pochen.
Das ist das Samenkorn, was wie im Traum
Bohrt ängstlich mit den Würzelchen zum Grunde,
Und immer trägt es noch den Keim im Munde
Und immer schlummert noch in ihm der Baum.

Brich ein o Herr! du weißt den rechten Stoß
Und weißt, wo schwach vernarbt der Sünde Wunden;
Noch liegt in deiner Hand ihr ewig Los,
Noch lauert stumm die schrecklichste der Stunden,
Wo ihnen deine Hand die Waage reicht
Und die Verdammung steht im eignen Herzen,
O Jesu Christ gedenk an deine Schmerzen,
O rette die aus deinem Blut gezeugt!

 

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Kapel in de Meersburg waar von Droste-Hülshoff op het eind van haar leven woonde.

 

Am vierundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten (Annette von Droste-Hülshoff )

Onafhankelijk van geboortedata

 


Geef aan de keizer wat van de keizer is door Maerten de Vos – 1602

 

Am vierundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten
Evang.: Vom Zinsgroschen

Gebt Gott sein Recht und gebt’s dem Kaiser auch!
Sein Odem ist’s, der um den Obern schwebet,
Aus Hochmut nicht; in Eigenwillen hebet
Nicht eure Rechte gen den heil’gen Brauch.
Doch Gott und Welt im Streit: da, Brüder, gebet
Nicht mehr auf Kaiserwort als Dunst und Rauch.
Er ist der Oberste, dem alle Macht
Zusammen bricht, wie dürres Reisig kracht.

Den Eltern gib und gib auch Gott sein Recht!
O weh des Tiefgesunknen, dem verloren
Der frömmste Trieb, Jedwedem angeboren,
Den Freisten stempelnd zum beglückten Knecht.
Doch stell’ den Wächter an der Ehrfurcht Toren
Und halte das Gewissen rein und echt;
Er ist der Vater, dem du Seel’ und Leib
Verschuldest, mehr als irgend Mann und Weib.

Den Gatten lieb’ und denk’ an Gott dabei!
Er gab den Segen dir, als am Altare
Den Eid du sprachst, gewaltig bis zur Bahre
In Fesseln legend deine Lieb’ und Treu’.
Doch wird die Liebe Torheit, o dann wahre,
O halte deine tiefsten Gluten frei!
Er ist es, dem du einer Flamme Zoll
Mußt zahlen, die kein Mensch empfangen soll.

An deine Kinder hänge nur dein Herz,
In deren Adern rollt dein eignes Leben;
Das Gottesbild, in deine Hand gegeben,
Es nicht zu lieben, wäre herber Schmerz.
Doch siehst du zwischen Glück und Schuld es schweben,
Wend’ deine Augen, stoß es niederwärts;
Er, über tausend Kinder lieb und hehr,
Er sieht dir nach, ist deine Seele schwer.

Und auch dem Freunde halte Treue fest,
Mit der die Ehre innig sich verbunden,
Ein irdisch Gut, was Gnade doch gefunden,
So lang es nicht die Hand der Tugend läßt.
Doch nahen glänzender Versuchung Stunden,
Dann aller Erdenrücksicht gib den Rest
Und klammre an den Einen dich, der dann
Dir mehr als Freund und Ehre geben kann.

So biete Jedem, was sein Recht begehrt,
Und nimm von Jedem, was du darfst empfangen;
Dein Herz, es mag an zarten Banden hangen,
Die Gottes Huld so gnadenvoll gewährt;
Doch drüber wie ein Glutstern das Verlangen
Nach Einem leuchte, irdisch unversehrt,
Nach Einem, ohne den dein Herz so warm
Ewig verlassen bliebe doch und arm.

 


Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Friedhofskapelle Mariä Himmelfahrt in Meersburg, Annette von Droste-Hülshoff werd naast de kapel begraven.

Annette von Droste-Hülshoff , Erik Spinoy, Arthur Conan Doyle, Ahmed Fouad Negm, Anne de Vries

Bij Drievuldigheidszondag

 


Heilige Drie-eenheid door El Greco, 1577

 

Am ersten Sonntage nach Pfingsten
(Dreifaltigkeit)

»Drum gehet hin und lehret alle Völker, und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie alles halten was ich euch gesagt habe, und sehet, ich bin bei euch bis ans Ende der Welt.«

Bin ich getauft in deinem Zeichen,
Du heilige Dreifaltigkeit,
Nun bleibt es mir und kann nicht weichen
In dieser nicht und jener Zeit.
Ich fühle durch Verstandes Frost,
Durch Menschenwortes Nebelrennen
Es wie ein klares Funkeln brennen
Und zehren an verjährtem Rost.

In deinem Tempel will sich’s regen,
Wo ich als deine Magd erschien,
Und unter deines Priesters Segen
Fühl’ ich es leise Nahrung ziehn.
Wenn eine teure Mutterhand
Das Kreuz mir zeichnet auf die Stirne,
Dann zuckt’s lebendig im Gehirne
Und meine Sinne stehn in Brand.

Ja selbst zu Nacht, wenn alle schlafen
Und über mich die Angst sich legt,
In der Gedanken öden Hafen
Der Zweifel seine Flagge trägt:
Wie eine Phosphorpflanze noch
Fühl’ ich es warm und leuchtend schwellen,
Und über die verstörten Wellen
Legt sich ein leiser Schimmer doch.

Und muß mir zum Gericht gereichen
Die Lebenspflanze mir gesellt,
Die ich versäumte sondergleichen,
Und dürrem Holze gleichgestellt:[638]
So ist sie in der Sünden Bann,
Des Geistes schwindelnden Getrieben,
Mein heimlich Kleinod doch geblieben
Und angstvoll hangt mein Herz daran.

Ob ich vor deiner Geißel zage,
Nichts kömmt doch dem Bewußtsein gleich,
Daß dennoch ich dein Zeichen trage
Und blute unter deinem Streich.
Fluch allem, was von dir mich stößt!
Dein will ich sein, von dir nur stammen;
Viel lieber sollst du mich verdammen,
Als daß ein andrer mich erlöst.

 
Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)
Friedhofskapelle Mariä Himmelfahrt in Meersburg, hoogaltaar (detail Hl. Drie-eenheid)
Annette von Droste-Hülshoff werd naast de kapel begraven

Lees verder “Annette von Droste-Hülshoff , Erik Spinoy, Arthur Conan Doyle, Ahmed Fouad Negm, Anne de Vries”