Susanne Fischer, Luciano de Crescenzo, A Brian Aldiss, lain Robbe-Grillet, Hugo Bettauer, Václav Bolemír Nebeský

De Duitse schrijfster Susanne Fischer werd geboren op 18 augustus 1960 in Hamburg. Zie ook mijn blog van 16 augustus 2007 en ook mijn blog van 16 augustus 2008en ook mijn blog van 18 augustus 2009 en ook mijn blog van 18 augustus 2010.

 

Uit: Die Platzanweiserin

Max und ich gingen schon seit einem Jahr in Häuser in der ganzen Stadt. Häuser, die verkauft werden sollten. Wer etwas losschlagen will, läßt jeden herein, auch eine durchschnittliche Frau mit einem fünfjährigen Kind. Es hätte ja sein können, daß der Herr Gemahl, wie sich die Makler meistens ausdrückten, teurer gekleidet war, das konnte man den Frauen schon lange nicht mehr ansehen. Dabei war ich gar nicht verheiratet, und das Kind gehörte auch nicht mir, sondern meiner Nachbarin.
Häuser mag ich wirklich sehr gern, und als ich selbst noch bei einem Makler gearbeitet hatte, mußte ich mir manchmal Häuser ansehen, wenn er es für richtig hielt, mit einer Assistentin aufzutreten, um einen professionellen Eindruck zu hinterlassen, wie er es nannte. Ich glaube nicht, daß ich irgend etwas hinterließ. Doch so sah ich große und teure Häuser, Häuser von alten Menschen, die gerade gestorben oder ins Altersheim gejagt worden waren. Traurige Häuser, das sage ich jetzt nicht nur so, weil es paßt, sondern weil es stimmt. Man könnte sich die Häuser schließlich auch glücklich denken; endlich werden sie den säuerlichen Geruch der Alten los, ihre faden Gewohnheiten, ihre trockene Haut, die sich an den Mauern reibt und schuppt seit hundert Jahren. ) jedenfalls erleichtert könnte so ein Haus schon mal wirken, aber das ist es nicht. Es ächzt unter fünf Schichten Tapete und Makulatur, unter den vielen Lackhäutchen und den toten Schritten. Es ist nicht erleichtert. Es muß sich erst einmal erholen.
Natürlich verkaufen auch junge Leute ihre Häuser, das ist wahr. Das heißt aber noch lange nicht, daß diese Häuser glücklich sind.
“Vor dem Krieg hat man ja noch ganz anders gebaut”, die Witwe riß mich aus meinen Gedanken, indem sie mit der Faust gegen die Wände klopfte auf eine alberne Art, die gar nichts bewies. “Hagen” stand an der Tür, ein handgetöpfertes Schild, auf dem sich die weißen Buchstaben wie blasse Erdwürmer kringelten. Als sie mit der Hand gegen die Wand schlug, hörte ich sofort die Flicken aus Gips, all die hineingebohrten und halbherzig wieder verstopften Löcher, die ausgerissenen Putzbrocken von schiefen Bildernägeln und kleinen Nippeskostbarkeiten, die über das Linoleum gepoltert waren. Elektrische Leitungen waren verschmort und ungeschickt ersetzt worden, Leckagen abgedichtet, geplatzte Heizungsrohre nur unvollkommen wieder geflickt und zugespachtelt, ach, man hätte das ganze Haus abreißen sollen, aber, wer weiß, ein Reihenhaus, das letzte in der Reihe, da fallen die anderen, die mit dran hängen, um wie die Dominosteine. Eine ganze Stadt könnte man so vielleicht aufribbeln, wenn man es richtig anfängt und sich gut konzentriert dabei. Wahrscheinlich hatte die Witwe recht, das Haus war vor dem Krieg gebaut worden, aber die Mauern waren innen um und umgefügt, hier ein Durchbruch, dort etwas dicht gemauert, eine praktische Durchreiche hineingestemmt, zwanzig Jahre später aus der Mode, wieder armselig zugeklebt.

 


Susanne Fischer  (Hamburg, 18 augustus 1960)

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