Franz Kafka, Joanne Harris, Gerard den Brabander, Christopher Kloeble, Manfred Bieler

De Duitstalige schrijver Franz Kafka werd geboren op 3 juli 1883 in Praag, toen een stad gelegen in de dubbelmonarchie Oostenrijk-Hongarije. Zie ook alle tags voor Franz Kafka op dit blog.

Uit: Tagebücher 1910 – 1923

Sonntag, den 19. Juli 1910, geschlafen, aufgewacht, geschlafen, aufgewacht, elendes Leben.
Variante
(…)

Der Vorwurf darüber, daß sie mir doch ein Stück von mir verdorben haben – ein gutes schönes Stück verdorben haben – im Traum erscheint es mir manchmal wie andern die tote Braut –, dieser Vorwurf, der immer auf dem Sprung ist, ein Seufzer zu werden, er soll vor allem unbeschädigt hinüberkommen, als ein ehrlicher Vorwurf, der er auch ist. So geschieht es, der große Vorwurf, dem nichts geschehen kann, nimmt den kleinen bei der Hand, geht der große, hüpft der kleine, ist aber der kleine einmal drüben, zeichnet er sich noch aus, wir haben es immer erwartet, und bläst zur Trommel die Trompete.
Oft überlege ich es und lasse den Gedanken ihren Lauf, ohne mich einzumischen, aber immer komme ich zu dem Schluß, daß mich meine Erziehung mehr verdorben hat, als ich es verstehen kann. In meinem Äußern bin ich ein Mensch wie andere, denn meine körperliche Erziehung hielt sich ebenso an das Gewöhnliche, wie auch mein Körper gewöhnlich war, und wenn ich auch ziemlich klein und etwas dick bin, gefalle ich doch vielen, auch Mädchen. Darüber ist nichts zu sagen. Noch letzthin sagte eine etwas sehr Vernünftiges: »Ach, könnte ich Sie doch einmal nackt sehn, da müssen Sie erst hübsch und zum Küssen sein.« Wenn mir aber hier die Oberlippe, dort die Ohrmuschel, hier eine Rippe, dort ein Finger fehlte, wenn ich auf dem Kopf haarlose Flecke und Pockennarben im Gesicht hätte, es wäre noch kein genügendes Gegenstück meiner innern Unvollkommenheit. Diese Unvollkommenheit ist nicht angeboren und darum um so schmerzlicher zu tragen. Denn wie jeder habe auch ich von Geburt aus meinen Schwerpunkt in mir, den auch die närrischste Erziehung nicht verrücken konnte. Diesen guten Schwerpunkt habe ich noch, aber gewissermaßen nicht mehr den zugehörigen Körper. Und ein Schwerpunkt, der nichts zu arbeiten hat, wird zu Blei und steckt im Leib wie eine Flintenkugel. Jene Unvollkommenheit ist aber auch nicht verdient, ich habe ihr Entstehn ohne mein Verschulden erlitten. Darum kann ich in mir auch nirgends Reue finden, soviel ich sie auch suche. Denn Reue wäre für mich gut, sie weint sich ja in sich selbst aus, sie nimmt den Schmerz beiseite und erledigt jede Sache allein wie einen Ehrenhandel; wir bleiben aufrecht, indem sie uns erleichtert.“

 
Franz Kafka (3 juli 1883 – 3 juni 1924)

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Manfred Bieler

De Duitse schrijver Manfred Bieler werd geboren op 3 juli 1934 in Zerbst. Na zijn afstuderen aan het Philanthropinum Dessau studeerde Bieler Duits aan de Humboldt Universiteit in Berlijn. Voor het verhaal “Der Vogelherd” ontving hij in 1955 de prijs van het World Festival van jongeren en studenten in Warschau. Van 1956-1957 was hij wetenschappelijk medewerker van de Deutsche Schriftstellerverband. In 1956 zette hij zich samen met Heinz Kahlau, Manfred Streubel en Jens Gerlach in voor meer culturele vrijheid in de DDR. Nadat hij werd beschuldigd van het behoren tot een groep onder leiding van Ernst Bloch en Hans Mayer, werd hij uit de Schriftstellerverband gezet. Bieler reisde vervolgens veel door Europa en naar Newfoundland. Met zijn vriend Johannes Bobrowski richtte hij in 1962 gekscherend de Neuen Friedrichshagener Dichterkreis op. In een bijzonder productieve samenwerking met Wolfgang Beck ontstonden tot midden jaren zestig vele internationaal succesvolle hoorspelen voor uitzending door de DDR-radio. In 1965 verhuisde hij naar Praag. Zijn toneelstuk “Zaza”, dat hij indiende bij de Volksbühne Berlijn, leverde hem harde kritiek van het Politbureau van het Centraal Comité van de SED op. De DEFA film “Das Kaninchen bin ich”, geregisseerd door Kurt Maetzig, werd verboden en niet uitgevoerd tot 1989 In 1967 werd Bieler staatsburger van Tsjecho-Slowakije en hij trad in 1968 toe tot de Tsjechische Schrijversbond. Na de inval van de troepen van het Warschaupact in Praag verhuisde hij naar de Bondsrepubliek Duitsland. In 1969 was hij gastdocent aan de Universiteit van Texas en kreeg hij de Andreas Gryphius Prize. In 1971 werd hij staatsburger van de Bondsrepubliek Duitsland. In 1977 werd hij bekroond met de Jakob Kaiser prijs.

Uit: Still wie die Nacht. Memoiren eines Kindes

„Ich fühle die Gleichgültigkeit der Mutter, den Widerwillen, ihren wachsenden Haß, der mich mit Schüttelfrost überzieht. Eines Abends schiebt sie meinen Stubenwagen in die Wäschekammer und verbietet der Großmutter, bei mir zu bleiben. Zum erstenmal bin ich allein in der Dunkelheit. Ich zittere vor Angst und weine, aber die Mutter verläßt mich und kommt nicht zurück.“
(…)

“Die Mutter beugt sich über einen schmalen Tisch. Hinter der Mutter steht Herr Sengebusch. Er schlingt die Arme um sie und knetet ihre nackten Brüste. Edith stöhnt. Ihr braunes Kleid mit den weißen Punkten ist hinten hochgeschlagen, und Herr Sengebusch stößt auf sie ein, als wolle er sie durchbohren. Der Mutter gegenüber steht Oswin Kutarsky und schiebt ihr seinen Schniepel in den Mund. Ich zittere vor Angst um Edith, aber sie hört und sieht mich nicht. Ich will schreien. Meine Kehle ist verstopft. Ich will weglaufen. Meine Beine sind gelähmt. Die Mutter gibt Herrn Kutarsky einen Stoß vor die Brust und rennt aus dem Zimmer. Als ich Edith folgen will, sagt Herr Kutarsky, daß ich hierbleiben muß. Herr Sengebusch verschließt die Tür. Ich weiß, daß mich die beiden Männer umbringen wollen . . . Ich will schreien. Aber der Blick von Herrn Kutarsky macht mich stumm. Sein Totenkopf kommt mir so nahe, daß ich die faltigen Tränensäcke und die braunen Tabaklippen erkenne. ,Aber wehe dir, wenn du nicht den Mund hältst und es irgendeinem Menschen erzählst – dann mußt du sterben.’

Manfred Bieler (3 juli 1934 – 23 april 2002)