Rainer Maria Rilke, Paul Verlaine, Harry Mulisch, Chang-Rae, Marja Brouwers

 

Dolce far niente

 

Das ist die Sehnsucht: Wohnen im Gewoge

Das ist die Sehnsucht: Wohnen im Gewoge
und keine Heimat haben in der Zeit.
Und das sind Wünsche: Leise Dialoge
täglicher Stunden mit der Ewigkeit.

Und das ist Leben. Bis aus einem Gestern
die Einsamste von allen Stunden steigt,
die, anders lächelnd als die andern Schwestern,
dem Ewigen entgegenschweigt.

 


Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)
Herensteeg, Leiden

 

Chanson d’automne

Les sanglots longs
Des violons
De l’automne
Blessent mon coeur
D’une langueur
Monotone.

Tout suffocant
Et blême, quand
Sonne l’heure,
Je me souviens
Des jours anciens
Et je pleure;

Et je m’en vais
Au vent mauvais
Qui m’emporte
Deçà, delà
Pareil à la
Feuille morte.

 


Paul Verlaine (30 maart 1844 – 8 januari 1896)

Pieterskerkhof, Leiden

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Dolce far niente, (Sommerabend, Rainer Maria Rilke)

 

Dolce far niente

 

Otto Modersohn, Hooimijt bij Soest, 1888

 

SOMMERABEND

Die große Sonne ist versprüht,
der Sommerabend liegt im Fieber,
und seine heiße Wange glüht.
Jach seufzt er auf: “Ich möchte lieber …”
Und wieder dann: “Ich bin so müd …”

Die Büsche beten Litanein,
Glühwürmchen hängt, das regungslose,
dort wie ein ewiges Licht hinein;
und eine kleine weiße Rose
trägt einen roten Heiligenschein.

 


Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)
Rilke in Moskou, Leonid Pasternak, 1928

 

Zie voor nog de schrijvers van de 25e juli ook mijn twee blogs van 25 juli 2011.

 

Die heiligen drei Könige (Rainer Maria Rilke)

Bij het feest van Driekoningen

 

bruyn

Aanbidding door de Heilige Drie Koningen, Bartholomäus Bruyn de Oude, rond 1501/1550

 

 

Die heiligen drei Könige

Legende

Einst als am Saum der Wüsten sich
auftat die Hand des Herrn
wie eine Frucht, die sommerlich
verkündet ihren Kern,
da war ein Wunder: Fern
erkannten und begrüßten sich
drei Könige und ein Stern.

Drei Könige von Unterwegs
und der Stern Überall,
die zogen alle (überlegs!)
so rechts ein Rex und links ein Rex
zu einem stillen Stall.

Was brachten die nicht alles mit
zum Stall von Bethlehem!
Weithin erklirrte jeder Schritt,
und der auf einem Rappen ritt,
saß samten und bequem.
Und der zu seiner Rechten ging,
der war ein goldner Mann,
und der zu seiner Linken fing
mit Schwung und Schwing
und Klang und Kling
aus einem runden Silberding,
das wiegend und in Ringen hing,
ganz blau zu rauchen an.
Da lachte der Stern Überall
so seltsam über sie,
und lief voraus und stand am Stall
und sagte zu Marie:

Da bring ich eine Wanderschaft
aus vieler Fremde her.
Drei Könige mit Magenkraft

von Gold und Topas schwer
und dunkel, tumb und heidenhaft, –
erschrick mir nicht zu sehr.
Sie haben alle drei zuhaus
zwölf Töchter, keinen Sohn,
so bitten sie sich deinen aus
als Sonne ihres Himmelblaus
und Trost für ihren Thron.
Doch musst du nicht gleich glauben: bloß
ein Funkelfürst und Heidenscheich
sei deines Sohnes Los.
Bedenk, der Weg ist groß.
Sie wandern lange, Hirten gleich,
inzwischen fällt ihr reifes Reich
weiß Gott wem in den Schoß.
Und während hier, wie Westwind warm,
der Ochs ihr Ohr umschnaubt,
sind sie vielleicht schon alle arm
und so wie ohne Haupt.
Drum mach mit deinem Lächeln licht
die Wirrnis, die sie sind,
und wende du dein Angesicht

nach Aufgang und dein Kind;
dort liegt in blauen Linien,
was jeder dir verließ:
Smaragda und Rubinien
und die Tale von Türkis.


Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)

Rilke werd geboren in Praag

 

Zie voor de schrijvers van de 6e januari ook mijn vorige twee blogs van vandaag.

Zum Neuen Jahr (Rainer Maria Rilke)

Aan alle bezoekers en mede-bloggers een gelukkig Nieuwjaar!

 

Dorp in de winter door Joos de Momper II (1564-1635)

 

Zum Neuen Jahr

Wir
wollen
glauben
an
ein langes Jahr,
das uns gegeben ist,
neu,
unberührt, voll nie gewesener Dinge,
voll nie getaner Arbeit,
voll Aufgabe,
Anspruch und Zumutung.
Wir wollen sehen,
dass wir’s nehmen lernen, ohne allzu viel fallen zu lassen
von dem
was es zu vergeben hat, an die, die Notwendiges, Ernstes und
Großes von ihm verlangen.

 

Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)

Rilke werd geboren in Praag

 

Zie voor de schrijvers van de 1e januari ook mijn vorige blog van vandaag.

Geburt Christi (Rainer Maria Rilke)

Aan alle bezoekers en mede-bloggers een Prettig Kerstfeest!

 

Gerard David, Drieluik met de geboorte van Christus (middenpaneel), rond 1505 -1515

 

Geburt Christi

Hättest du der Einfalt nicht, wie sollte
dir geschehn, was jetzt die Nacht erhellt?
Sieh, der Gott, der über Völkern grollte,
macht sich mild und kommt in dir zur Welt.
Hast du dir ihn größer vorgestellt?
Was ist Größe? Quer durch alle Maße,
die er durchstreicht, geht sein grades Los.
Selbst ein Stern hat keine solche Straße.
Siehst du, diese Könige sind groß,
und sie schleppen dir vor deinen Schooß
Schätze, die sie für die größten halten,
und du staunst vielleicht bei dieser Gift -:
aber schau in deines Tuches Falten,
wie er jetzt schon alles übertrifft.
Aller Amber, den man weit verschifft,
jeder Goldschmuck und das Luftgewürze,
das sich trübend in die Sinne streut:
alles dieses war von rascher Kürze,
und am Ende hat man es bereut.
Aber (du wirst sehen): Er erfreut.

 

Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)

Rilke werd geboren in Praag (Hier de Praagse burcht)

 

Zie voor de schrijvers van de 25e december ook mijn vorige blog van vandaag.

Verkündigung über den Hirten (Rainer Maria Rilke)

Aan alle bezoekers en mede-bloggers een Prettig Kerstfeest!

 

francesco-bassano-the-younger-the-annunciation-to-the-shepherds

Francesco Giambattista Bassano da Ponte ,Verkondiging aan de herders, rond 1575

Dorotheum,Wenen

 


Verkündigung über den Hirten

Seht auf, ihr Männer. Männer dort am Feuer,
die ihr den grenzenlosen Himmel kennt,
Sterndeuter, hierher! Seht, ich bin ein neuer
steigender Stern. Mein ganzes Wesen brennt
und strahlt so stark und ist so ungeheuer
voll Licht, daß mir das tiefe Firmament
nicht mehr genügt. Laßt meinen Glanz hinein
in euer Dasein: Oh, die dunklen Blicke,
die dunklen Herzen, nächtige Geschicke
die euch erfüllen. Hirten, wie allein
bin ich in euch. Auf einmal wird mir Raum.
Stauntet ihr nicht: der große Brotfruchtbaum
warf einen Schatten. Ja, das kam von mir.
Ihr Unerschrockenen, o wüßtet ihr,
wie jetzt auf eurem schauenden Gesichte
die Zukunft scheint. In diesem starken Lichte
wird viel geschehen. Euch vertrau ichs, denn
ihr seid verschwiegen; euch Gradgläubigen
redet hier alles. Glut und Regen spricht,
der Vögel Zug, der Wind und was ihr seid,
keins überwiegt und wächst zur Eitelkeit
sich mästend an. Ihr haltet nicht
die Dinge auf im Zwischenraum der Brust
um sie zu quälen. So wie seine Lust
durch einen Engel strömt, so treibt durch euch
das Irdische. Und wenn ein Dorngesträuch
aufflammte plötzlich, dürfte noch aus ihm
der Ewige euch rufen, Cherubim,
wenn sie geruhten neben eurer Herde
einherzuschreiten, wunderten euch nicht:
ihr stürztet euch auf euer Angesicht,
betetet an und nenntet dies die Erde.

Doch dieses war. Nun soll ein Neues sein,
von dem der Erdkreis ringender sich weitet.
Was ist ein Dörnicht uns: Gott fühlt sich ein
in einer Jungfrau Schooß. Ich bin der Schein
von ihrer Innigkeit, der euch geleitet.

 

Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)

Rilke werd geboren in Praag (Hier de Karelsbrug)

 


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Vierde Advent, Rainer Maria Rilke, Robert Bly, Norman Maclean, Marcelin Pleynet, Tim Fountain

 

Bij de Vierde Advent

 

Rogier_van_der_Weyden,_Heimsuchung
Visitatie, Rogier van der Weyden, 1555


Mariae Heimsuchung

Noch erging sie’s leicht im Anbeginne,
doch im Steigen manchmal ward sie schon
ihres wunderbaren Leibes inne, –
und dann stand sie, atmend, auf den hohn

Judenbergen. Aber nicht das Land,
ihre Fülle war um sie gebreitet;
gehend fühlte sie: man überschreitet
nie die Größe, die sie jetzt empfand.

Und es drängte sie, die Hand zu legen
auf den andern Leib, der weiter war.
Und die Frauen schwankten sich entgegen
und berührten sich Gewand und Haar.

Jede, voll von ihrem Heiligtume,
schützte sich mit der Gevatterin.
Ach der Heiland in ihr war noch Blume,
doch den Täufer in dem Schooß der Muhme
riß die Freude schon zum Hüpfen hin.

 

Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)
Rilke werd geboren in Praag (Hier de Staroměstské náměsti en Nicolaaskerk)

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Rainer Maria Rilke, Geert Mak, Nikoloz Baratashvili

De Duitse dichter Rainer Maria Rilke werd als René Karel Wilhelm Johann Josef Maria Rilke op 4 december 1875 in Praag geboren. Zie ook alle tags voor Rainer Maria Rilke op dit blog.

 

Ich will ein Garten sein

Ich will ein Garten sein, an dessen Bronnen
die vielen Träume neue Blumen brächen,
die einen abgesondert und versonnen,
und die geeint in schweigsamen Gesprächen.

Und wo sie schreiten, über ihren Häupten
will ich mit Worten wie mit Wipfeln rauschen,
und wo sie ruhen, will ich den Betäubten
mit meinem Schweigen in den Schlummer lauschen.

 

Ich ließ meinen Engel lange nicht los

Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, –
und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt…

 

Aus dem Leben eines Heiligen

Er kannte Ängste, deren Eingang schon
wie Sterben war und nicht zu überstehen.
Sein Herz erlernte, langsam durchzugehen;
er zog es groß wie einen Sohn.

Und namenlose Nöte kannte er,
finster und ohne Morgen wie Verschläge;
und seine Seele gab er folgsam her,
da sie erwachsen war, auf daß sie läge

bei ihrem Bräutigam und Herrn; und blieb
allein zurück an einem solchen Orte,
wo das Alleinsein alles übertrieb,
und wohnte weit und wollte niemals Worte.

Aber dafür, nach Zeit und Zeit, erfuhr
er auch das Glück, sich in die eignen Hände,
damit er eine Zärtlichkeit empfände,
zu legen wie die ganze Kreatur.

Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)

Standbeeld in Ronda

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Ida Gerhardt, Rainer Maria Rilke, Friedrich von Schiller, T.S. Eliot

Wegens omstandigheden, zoals dat heet, even iets anders:

 

Lof van het onkruid

Godlof dat onkruid niet vergaat.
Het nestelt zich in spleet en steen,
breekt door beton en asfalt heen,
bevolkt de voegen van de straat.

Achter de stoomwals valt weer zaad:
de bereklauw grijpt om zich heen.
En waar een bom zijn trechter slaat
is straks de distel algemeen.

Als hebzucht alles heeft geslecht
straalt het klein hoefblad op de vaalt
en wordt door brandnetels vertaald:

‘gij die miljoenen hebt ontrecht:
zij kòmen – uw berekening faalt.’
Het onkruid wint het laatst gevecht.

Ida Gerhardt (11 mei 1905 – 15 augustus 1997)

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Rainer Maria Rilke, Geert Mak, Annette von Droste-Hülshoff

De Duitse dichter Rainer Maria Rilke werd als René Karel Wilhelm Johann Josef Maria Rilke op 4 december 1875 in Praag geboren. Zie ook alle tags voor Rainer Maria Rilke op dit blog.

Uit: Advent

Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenherde wie ein Hirt,
Und manche Tanne ahnt, wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird,
Und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
Streckt sie die Zweige hin – bereit,
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.

 

Ein Prophet

Ausgedehnt von riesigen Gesichten,
hell vom Feuerschein aus dem Verlauf
der Gerichte, die ihn nie vernichten, –
sind die Augen, schauend unter dichten

Brauen. Und in seinem Innern richten
sich schon wieder Worte auf,

nicht die seinen (denn was wären seine
und wie schonend waren sie vertan)
andre, harte: Eisenstücke, Steine,
die er schmelzen muß wie ein Vulkan,

um sie in dem Ausbruch seines Mundes
auszuwerfen, welcher flucht und flucht;
während seine Stirne, wie des Hundes
Stirne, das zu tragen sucht,

was der Herr von seiner Stirne nimmt:
Dieser, Dieser, den sie alle fänden,
folgten sie den großen Zeigehänden,
die Ihn weisen wie Er ist: ergrimmt.

Einmal war ich weich wie früher Weizen,
doch, du Rasender, du hast vermocht,
mir das hingehaltne Herz zu reizen,
daß es jetzt wie eines Löwen kocht.

Welchen Mund hast du mir zugemutet,
damals, da ich fast ein Knabe war:
eine Wunde wurde er: nun blutet
aus ihm Unglücksjahr um Unglücksjahr.

Täglich tönte ich von neuen Nöten,
die du, Unersättlicher, ersannst,
und sie konnten mir den Mund nicht töten;
sieh du zu, wie du ihn stillen kannst,

wenn, die wir zerstoßen und zerstören,
erst verloren sind und fernverlaufen
und vergangen sind in der Gefahr:
denn dann will ich in den Trümmerhaufen
endlich meine Stimme wiederhören,
die von Anfang an ein Heulen war.

 

Spätherbst in Venedig

Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder,
der alle aufgetauchten Tage fängt.
Die gläsernen Paläste klingen spröder
an deinen Blick. Und aus den Gärten hängt

der Sommer wie ein Haufen Marionetten
kopfüber, müde, umgebracht.
Aber vom Grund aus alten Waldskeletten
steigt Willen auf: als sollte über Nacht

der General des Meeres die Galeeren
verdoppeln in dem wachen Arsenal,
um schon die nächste Morgenluft zu teeren

mit einer Flotte, welche ruderschlagend
sich drängt und jäh, mit allen Flaggen tagend,
den großen Wind hat, strahlend und fatal.

 

Rainer Maria Rilke (4 december 1875 – 29 december 1926)

Portret door Helmut Westhoff

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