Robert Seethaler, Philip Larkin

De Oostenrijkse schrijver en acteur Robert Seethaler werd geboren op 7 augustus 1966 in Wenen. Zie ook alle tags voor Robert Seethaler op dit blog.

Uit: Der letzte Satz

„Den Kopf gesenkt, den Körper in eine warme Wolldecke gewickelt, saß Gustav Mahler auf dem eigens für ihn abgetrennten Teil des Sonnendecks der Amerika und wartete auf den Schiffsjungen. Das Meer lag grau und träge im Morgenlicht. Nichts war zu sehen außer dem Tang, der in schlierigen Inseln an der Oberfläche schwamm, und einem überaus merkwürdigen Schimmern am Horizont, das aber, wie ihm der Kapitän versichert hatte, absolut nichts bedeutete. Er saß auf einer Kiste aus Stahl, mit dem Rücken an die Wand eines Deckcontainers gelehnt, und spürte das dumpfe, gleichmäßige Hämmern der Schiffsmotoren unter sich.
Auf der Kiste lag eine Rolle Tau, aus der ein Eisenhaken ragte. Der Haken war an der Spitze angerostet, das Tau ausgefranst und schwarz vom Öl. Jemand hatte ihm vom Duft des Meeres erzählt, aber es roch nach nichts.
Hier draußen gab es nur den Geruch von Stahl und Maschinenöl und den Wind, der von Norden kam und sich nie zu drehen schien. Mahler mochte den Wind. Er hatte den Eindruck, er wehe ihm dumme Gedanken aus dem Kopf.
Vom Hinterdeck kam der Junge mit dem Tee. Er balancierte das Tablett auf einer Hand und ließ die andere über die Reling gleiten. Mahler sah zu, wie er Kanne und Tasse, beide aus feinem, weißblauem Porzellan, sowie einen Zuckerstreuer und ein Silbertellerchen mit Keksen auf der Kiste drapierte. Die Bewegungen des Jungen waren steif und verhalten wie die eines alten Mannes, doch sein Gesicht war kindlich und glatt.
»Wie lange fährst du schon zur See?«, fragte Mahler.
»Es ist mein erstes Jahr, Herr Direktor«, antwortete der Junge.
»Ich bin kein Direktor, also lass das«, sagte Mahler.
»Und nimm die Kekse wieder mit!«
Der Junge nickte.
»Wenn Sie mich jetzt nicht mehr brauchen.«
Mahler schüttelte den Kopf, und der Junge ging. In der Kanne schwammen winzige dunkle Blättchen, dabei hatte er russischen Weißen bestellt. Irgendjemand hatte ihm erzählt, dass weißer Tee die Seele beruhigt. Das war natürlich Unsinn, doch manchmal war es nützlich, an solche Dinge zu glauben.
Der Tee war heiß und er trank langsam. Das war das Einzige, was er heute zu sich nehmen würde. Er fühlte schon lange keinen Hunger mehr, vielleicht würde er morgen wieder essen.“

 

Robert Seethaler (Wenen, 7 augustus 1966)

 

De Engelse dichter Philip Larkin werd op 9 augustus 1922 geboren in Coventry. Zie ook alle tags voor Philip Larkin op dit blog.

 

MCMXIV

Deze lange rommelige rijen,
Wat staan ze daar geduldig
Alsof ze een lange keten vormen
Voor een cricket- of voetbalstadion,
De hoeden als kronen, de zon
Op besnorde archaïsche koppen
Lachend alsof er een luchtig
Vakantie-uitje begon;

En de geblindeerde winkels, verbleekte
Bekende namen op zonweringen,
De duiten en gouden tientjes,
De spelende jeugd, in stemmig gewaad,
Vernoemd naar vorsten en vorstinnen,
De advertenties op blikken
Voor cacao en wolgaren, een kroeg
Die altijd open staat;

En het zorgeloze platteland:
De plaatsnamen geheel omsluierd
Met bloeiende grassen, en akkers
Vol tarwe die in de deinende stilte
Zich voegen naar eeuwenoude kadasters;
De anders-geklede bedienden
Met kleine kamers in enorme huizen,
Het stof achter limousines;

Nooit zag je zulke onschuld,
Nooit eerder, nooit later,
Alsof deze zwijgend aan zichzelf
Voorbijging – de mannen die vlug
Hun nette tuintjes achterlieten,
De duizenden huwelijken,
Die het nog wel eventjes volhielden:
Nooit keert deze onschuld terug.

 

Vertaald door Arie Sonneveld

 

Philip Larkin (9 augustus 1922 – 2 december 1985)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 7e augustus ook mijn blog van 7 augustus 2019 en eveneens mijn blog van 7 augustus 2017 en ook mijn blog van 7 augustus 2011 deel 1 en ook deel 2.

Robert Seethaler, Philip Larkin

De Oostenrijkse schrijver en acteur Robert Seethaler werd geboren op 7 augustus 1966 in Wenen. Zie ook alle tags voor Robert Seethaler op dit blog.

Uit: Das Café ohne Namen

„Roben Simon verließ die Wohnung, in der er mit der Kriegerwitwe Martha Pohl lebte, um halb fünf an einem Montagmorgen. Es war im Spätsommer des Jahres 1966, Simon war einunddreißig Jahre alt. Er hatte allein gefrühstückt — zwei Eier, Brot mit Butter und schwarzen Kaffee. Die Witwe hatte noch geschlafen. Aus der Kammer hatte er ihr leises Schnarchen gehört. Er mochte das Geräusch, es rührte ihn auf merkwürdige Weise an, und manchmal warf er einen Blick durch den Türspalt, wo er in der Dunkelheit die weit geöffneten Nasenlöcher der alten Frau ahnte. Auf der Straße schlug ihm der Wind entgegen. Wenn der Wind von Süden kam, brachte er den Marktgestank, den Geruch von Abfall und faulem Obst mit sich, aber heute kam er aus westlicher Richtung und die Luft war frisch und kühl. Simon lief an dem grauen Wohnblock der Straßenbahnpensionäre vorbei, an der Blechwerkstatt Schneeweis & Söhne und an einer Reihe kleiner Läden, die allesamt noch geschlossen waren. Er ging über die Malzgasse zur Leopoldsgasse und gelangte, indem er die Schiffamtsgasse überquerte, zur kleinen Haidgasse. An der Ecke blieb er stehen, um einen Blick in den Gastraum des ehemaligen Marktcafés zu werfen. Er legte die Stirn an die Scheibe und spähte mit zusammengekniffenen Augen ins Innere. Vor dem großen schwarzen Tresen standen Tische und Stühle übereinandergestapelt. Die Tapete war aus-gebleicht und wölbte sich an einigen Stellen. Es sah aus, als hätten die Wände Gesichter. Die Mauern brauchen Luft, dachte Simon. Die Fenster müssten ein paar Tage offen bleiben, erst danach würde er streichen. Der Moder und die Feuchtigkeit. Die alten Schatten und der Staub. Er drückte sich von der Scheibe ab, drehte sich um und über-querte die Straße zum Markt, wo Johannes Berg gerade mit lautem Knattern die Rollläden seiner Fleischerei auf-fahren ließ. »Guten Morgen«, sagte der Fleischermeister. »Du kannst mir ein paar Blöcke Eis hacken, wenn du willst.« »Ich hab genug mit dem Gemüse zu tun«, sagte Simon. »Neunzehn Kisten Steckrüben.« Der Fleischer zuckte mit den Schultern und machte sich daran, mit einer Kurbelstange die Markise auszufahren. Er schwitzte, und sein Nacken glänzte in der Morgensonne. »Wenn du willst, schmiere ich dir später die Scharniere«, sagte Simon.
»Das kann ich auch allein.« »Letzten Winter hast du sie mit ranzigem Schmalz ein-geschmiert. Im Frühling ist der Gestank bis hinüber in den Prater gezogen.« »Das war kein Schmalz, sondern Schlachtfett.« »Sag einfach, wenn ich dir helfen soll«, sagte Simon. »Ich kann es nachher machen. Dauert nicht lange.« »Ist gut«, sagte der Fleischer. Er hakte die Stange aus, stellte sie neben die Eingangstür und wischte mit den Händen über seine von Blutflecken bedeckte Schürze. Sein Gesicht wirkte weich im gedämpften Licht unter dem rot-weiß gestreiften Stoffdach. »Heute wird ein schöner Tag«, sagte er. »Viel Sonne, aber nicht zu heiß.« »Bestimmt«, sagte Simon. »Wir sehen uns später.« Er war ein hagerer Mann mit sehnigen Armen und langen, dünnen Beinen. Sein Gesicht war braungebrannt von der Arbeit im Freien, sein Haar hing ihm aschblond und wirr in die Stirn. Seine Hände waren groß und übersät mit Narben, wie sie beim Hantieren mit den spröden Holz-kisten entstehen. Seine Augen waren blau. Sie waren das einzig wirklich Schöne an ihm. Er ging langsamer als gewöhnlich, und viele Händler hoben die Hand oder riefen ihm ein paar freundliche Worte zu.“

 

Robert Seethaler (Wenen, 7 augustus 1966)

 

De Engelse dichter Philip Larkin werd op 9 augustus 1922 geboren in Coventry. Zie ook alle tags voor Philip Larkin op dit blog.

 

KOMEND

Als avonden lengen,
Baadt ’t licht, nog gélig
En kil, het serene
Voorhoofd van huizen.
Een lijster zingt,
Omringd door laurieren
In tuinen diep en kaal, en
Zijn vers-gepèlde stem
Verbijstert de baksteen.

Snel zal ’t lente zijn,
Snel zal ’t lente zijn—
En ik, na een jeugd
Van vergeten verveling,
Voel me een kind
Dat een toneel opkomt
Van volwassen verzoening,
En niets anders kan vatten
Dan ’t ongewoon lachen,
En dat proeft aan blijdschap.

 

Vertaald door Cornelis W. Schoneveld

 

Philip Larkin (9 augustus 1922 – 2 december 1985

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 7e augustus ook mijn blog van 7 augustus 2019 en eveneens mijn blog van 7 augustus 2017 en ook mijn blog van 7 augustus 2011 deel 1 en ook deel 2.

Robert Seethaler

De Oostenrijkse schrijver en acteur Robert Seethaler werd geboren op 7 augustus 1966 in Wenen. Seethaler groeide op in een arbeidersgezin in het tiende district van Wenen. Zijn moeder was secretaresse en zijn vader slotenmaker en houtsnijder. Vanwege een aangeboren oogafwijking (minus 17 dioptrieën) onderging hij meerdere oogoperaties en ging hij naar een basisschool voor blinden en slechtzienden. Seethaler bezocht toneelschool van het Weense Volkstheater en nam deel aan tal van producties voor film en televisie, evenals in theaters in Wenen, Berlijn, Stuttgart en Hamburg. Hij is bij het televisiepubliek bekend als “Dr. Kneissler” uit de serie “Ein starkes Team”. In 2004 bezocht Robert Seethaler de scenarioworkshop in München, waar zijn debuutscenario “Heartbreakin’”, dat hij daar ontwikkelde, werd bekroond met de Tankred Dorst-prijs. In hetzelfde jaar begon Seethalers literaire werk met de roman “Die Biene und der Kurt”, gebaseerd op “Heartbreakin’” . Dit werd met tussenpozen van twee jaar gevolgd door de romans “Die weiteren Aussichten”, “HJetzt wirds ernst” en “Der Trafikant (Kein & Aber)” evenals “Ein ganzes Leben”, “Das Feld” en “Der letzte Satz”. In 2016 stond Seethalers vijfde roman, “Ein ganzes Leben” op de shortlist voor de International Booker Prize 2016.

Uit: Ein ganzes Leben

„An einem Februarmorgen des Jahres neunzehnhundertdreiunddreißig hob Andreas Egger den ster-
benden Ziegenhirten Johannes Kalischka, der von den Talbewohnern nur der Hörnerhannes gerufen wurde, von seinem stark durchfeuchteten und etwas säuerlich riechenden Strohsack, um ihn über den drei Kilometer langen und unter einer dicken Schneeschicht begrabenen Bergpfad ins Dorf hinunterzutragen.
Er hatte den Hörnerhannes aus einer seltsamen Ahnung heraus in seiner Hütte aufgesucht und zusammengekrümmt unter einem Berg von alten Ziegenfellen hinter dem längst erloschenen Ofen gefunden. Abgemagert bis auf die Knochen und gespensterbleich starrte er ihm aus der Dunkelheit entgegen und Egger wusste, dass ihm der Tod bereits hinter der Stirn hockte. Er nahm ihn wie ein Kind auf beide Arme und setzte ihn behutsam auf die mit trockenem Moos ausgelegte Holzkraxe, mit der der Hörnerhannes sein Leben lang das Brennholz und die verletzten Ziegen über die Hänge gebuckelt hatte. Er wickelte einen Viehstrick um seinen Körper, band ihn an das Gestell und zog die Knoten so fest, dass es knackte im Holz. Als er ihn fragte, ob er Schmerzen habe, schüttelte der Hörnerhannes den Kopf und verzog seinen Mund zu einem Grinsen, doch Egger wusste, dass er log.
Die ersten Wochen des Jahres waren ungewöhnlich warm gewesen. In den Tälern war der Schnee geschmolzen und im Dorf war das beständige Tropfen und Plätschern des Tauwassers zu hören. Seit einigen Tagen aber war es wieder eiskalt und der Schnee fiel so unaufhörlich und dicht vom Himmel, dass er die Landschaft mit seiner weichen Allgegenwärtigkeit zu schlucken und alles Leben und jedes Geräusch zu ersticken schien. Auf den ersten paar hundert Metern redete Egger nicht mit dem
zittrigen Mann auf seinem Rücken. Er hatte genug damit zu tun, auf den Weg zu achten, der sich vor ihm in steilen Serpentinen den Berg hinunterwand und den er im Schneetreiben nicht viel mehr als erahnen konnte. Hin und wieder spürte er, wie sich der Hörnerhannes regte.
»Stirb mir jetzt bloß nicht weg«, sagte er laut vor sich hin, ohne eine Antwort zu erwarten. Doch nachdem er fast eine halbe Stunde hinter sich gebracht hatte, immer nur das eigene Keuchen in den Ohren, kam die Antwort von hinten: »Sterben wär nicht das Schlechteste.«

»Aber nicht auf meinem Buckel!«, sagte Egger und hielt an, um die Lederriemen auf den Schultern zurechtzurücken. Für einen Augenblick horchte er in den lautlos fallenden Schnee hinaus. Die Stille war vollkommen. Es war das Schweigen der Berge, das er so gut kannte und das doch immer noch imstande war, sein Herz mit Angst zu füllen. »Auf meinem Buckel nicht«, wiederholte er und ging weiter. Nach jeder Wegkehre schien der Schnee noch dichter zu fallen, unablässig, weich und ohne jedes Geräusch. Hinten bewegte sich der Hörnerhannes immer seltener, bis er sich schließlich gar nicht mehr rührte und Egger schon mit dem Schlimmsten rechnete.“

Robert Seethaler (Wenen, 7 augustus 1966)