“denn natürlich ist b. schwul. er geht mit den mädchen auf den schulhof, sieht sich um, grüßt, bleibt stehen und ist schwul. meine damen und herren, sie hören jetzt die sendung: ein homosexueller ist immer verdächtig, johanna müller berichtet über vorurteile gegen eine minderheit. welche vorurteile wir gegen homosexuelle haben und wie die damit umgehen, das soll in dieser sendung verhandelt werden. die originaltöne sind so entstanden: fünf homosexuelle männer haben sich interviews mit zwei heterosexuellen männern angehört und sind anschließend auf einige aussagen eingegangen. b.s bekanntenkreis ist groß, er gerät durch eine männergruppe in ein rundfunkstudio des örtlichen dritten programms mit eindrucksvoller toilette, in der man tanzen kann: mal sehen, ob ich auf die damen? oder die herrentoilette gehe!, verkündet er, ein lacherfolg, er flirtet mit dem leitenden redakteur, der germanistische kolumnen im stern schreibt und ihnen, zitat, mit warmherziger sympathie zugehört hat, wie er nach der aufnahme versichert. sie sitzen in der kantine des funkhauses, und b. langweilt das tuscheln der anderen: hast du den?, guck mal der!, ist das nicht?, weil er keinen von denen kennt. auf der fahrt hierher hat er martina getroffen und es ihr in wagemutiger stimmung erzählt: also, da wird ne sendung gemacht, fünf schwule in nem studio, und wieso dann du?, ganz einfach, achso. und sie wird vor dem radio sitzen wie alle aus der schule, und es wird bekannt sein danach. und wenn einer sagt, ich tue nichts gegen das bekanntwerden meiner homosexualität aber auch nichts dafür, dann ist das zu einfach. vielleicht ist das bewußte tragen des rosa winkels, der kennzeichen der schwulen in kzs war, die nur komische überschätzung der eigenen isolation, aber es gibt diffamierung in jeder form.”
De Duitse schrijver Ronald M. Schernikau werd geboren op 11 juli 1960 in Magdeburg. Na
de verhuizing van zijn moeder van Oost-Duitsland naar West-Duitsland in
1966 Schernikau groeitde hij op in Lehrte in de buurt van Hannover. In
1976 werd hij lid van de Duitse Communistische Partij (DKP). Nog vóór
zijn afstuderen in 1980 verscheen zijn debuutroman Kleinstadtnovelle.
Het was een boek over de coming out in een klein stadje en een eerste
opmerkelijk succes, want de eerste editie was uitverkocht binnen enkele
dagen. In hetzelfde jaar verhuisde Schernikau naar West-Berlijn, waar
hij lid werd van de Socialistische Eenheidspartij van West-Berlijn (SEW)
en studeerde aan de Freie Universität germanistiek, filosofie en
psychologie. Hij trad op als Tuntendiva en werkte samen met het ensemble
»ladies neid«. Van 1986 tot 1989 studeerde Schernikau aan het Instituut
voor Literatuur “Johannes R. Becher” in Leipzig, waar hij met
veel moeite was toegelaten . In 1988 volgde hij de postdoctorale
opleiding. In mei 1988 diende hij zijn proefschrift, die hij later
gepubliceerd onder de titel “die tage in l.” In 1989 verwierf
Schernikau het burgerschap van de DDR. Op het congres van het
Schriftstellerverband van de DDR van 1 tot en met 3 Maart 1990 hield hij
een goed ontvangen toespraak waarin hij de gebeurtenissen in
Oost-Duitsland na de openstelling van de grenzen als een
contra-revolutie beschreef. 1991 voltooide hij zijn uitgebreide
montageroman “Legende”. Ronald M. Schernikau is overleden op 20 Oktober
1991 van complicaties van AIDS.
Uit: Legende
“eine geschichte | wenn ihr das gerne hören wollt, kann ich euch auch eine persönliche geschichte erzählen. eines tages entdeckte thomas an meinem hals einen knoten, der dort nicht hin gehörte, den man auch beim sprechen kaum sah und den man aber dann doch deutlich erfühlen konnte. dann bin ich zu meiner innenärztin gegangen und die innenärztin hat mich überwiesen an ein krankenhaus und in dem krankenhaus haben sie alle an mir rumgetastet und mich von einem arzt zum andern geschickt, es war kein lymphknoten es war kein nichts, es war gar nichts, es war ein knoten der da nicht hin gehörte. so wurde ich in dieses krankenhaus eingewiesen und mir wurde dieser knoten entfernt. und da gab es eine spanne von zehn tagen, nämlich von der operation bis zum histologischen befund, und unmittelbar nach der operation ist mir klargeworden, wo ich mich befinde, was passiert: es wurde nachgekuckt, ob ich krebs habe. was mache ich in diesen zehn tagen? natürlich will ich keinen krebs haben. und natürlich kann ich mir vorstellen, daß jemand in so einer situation schreit, weint, unterm bett liegt, aus dem fenster springt, sich die haare rauft oder traurige gedichte liest. und ich habe mir gesagt: ich kann diese zehn tage nichts tun. alles was ich tun werde, wird nichts an diesem befund ändern. und so hatte ich keine angst. | 8 | beschwerde | mein bauch tut weh. eigentlich ist es mehr oben, beim atmen auch, die lunge vielleicht. schon einatmen fällt mir schwer, bestimmt die luftröhre, vom schlucken zu schweigen die speiseröhre, alles in mir ist rot und entzündet, was mache ich bloß. ich fürchte, eines tages werde ich tot sein. | 9 | der gedanke an den eigenen tod macht auch sofort gehässig. der da so ruhig über die straße geht, warum lebt der noch und ich bald nicht mehr? | 10 | dagegen hilft nur hingehn. hingehn und sagen: ich wünsche ihnen einen guten tag, bald werde ich sterben, und sie? bestimmt machen sie viele intressante dinge, die sie mir in der eile gar nicht alle erzählen können. das beruhigt mich. ich danke ihnen. auf wiedersehen.