Christoph Meckel, Wolfgang Herrndorf, Anne Frank, Renan Demirkan, Djuna Barnes, Sandro Penna, Johanna Spyri, H. C. Artmann, Günter Nehm

De Duitse dichter, schrijver en graficus Christoph Meckel werd geboren op 12 juni 1935 in Berlijn. Zie ook alle tags voor Christopher Meckel op dit blog.

Uit: Kein Anfang und kein Ende

Ich war der Blindenführer des Unbekannten,
LEITBURSCH! riefen die Kinder im Hinterland.
Herkunft und Namen des Alten weiß ich nicht.
Wenn er laut redete, als ob er allein war
kamen für meine Ohren fremde Wörter,
mit denen ich nicht lebte, und kein andrer.
Ich füllte den Wassersack, und wenn er scheißte,
hielt ich ihm Gras, paar Stücke Papier hin.

Auf die Arbeit konnte ich nicht stolz sein,
aber die Sorge für ihn war gute Arbeit,
immer dieselbe. Leer waren die Augen nicht immer.
Schwarz war das linke, das andre weiß,
er hat gesehn, bevor er unsehend wurde.
Was er gesehn hat, weiß ich nicht.
Davon, wie von allem, hat er kein Wort gesagt.

Ich frage ihn hundertmal: Was hast du gesehn,
bevor du fürs Leben nichts mehr siehst.
Was ich gesehn hab, sagt er, ist vor mir gestorben,
Ich hab es gesehn, jetzt hat es ein Grab, das lebt
und läuft herum, blind, ohne Tod und Friedhof.
Gesehn hab ich auch, was noch lebt, wenn ich tot bin.
Wo das Eine bleibt, das Andre,
das Halbe hinkommt, das Ganze.
Du sollst nicht fragen, damit ich dir was erzähle,
und für deine Ohren erfinde, was falsch ist.

Er hält das Gesicht in die Luft, als wenn von oben
Vogel im Schwarm auf seine Augen stürzt.
Tickelt er mit der Stockspitze auf die Steine,
und was tief unten vor ihm auf der Piste herumliegt,
tot, halbtot, lebendig, geprügelter Hund,
Reste von Rädern und Krügen, zertrampelte Kröte,
Abfall der Bordelle, verpisste Knochen,
damit der Alte drüberrutscht und hinschlägt.

Seine Wut ist Gemurmel der brüchigen Stimme.
Zeichen geben, verflucht! Er tickelt, tackelt
mit der Stockspitze durch die Luft nach mir,
Kopf oder Bauch egal, wo der Stecken reinhaut und steckt
wie der Nagel in der Wand, der Dorn im Finger.
Ich zieh ihn am Arm aus der Pfütze, in der er
dreckig, bewusstlos, kalt, sekundenlang umkam,
der Kniende trieft, der Stehende schlackert
Schlamm und Wasser von sich, frierender Hund,
und bellt nicht.
Oft allein, ohne Zeugen, aus dem Dreckloch gekrochen.

Christoph Meckel (Berlijn, 12 juni 1935)


De Duitse schrijver, schilder en illustrator Wolfgang Herrndorf werd geboren op 12 juni 1965 in Hamburg. Zie ook alle tags voor Wolfgang Herrndorf op dit blog.

Uit: Bilder deiner großen Liebe

“Verrückt sein heißt ja auch nur, dass man verrückt ist, und nicht bescheuert. Weil das viele Leute denken, dass die superkomplett be-scheuert sind, die Verrückten, nur weil sie komisch rum-laufen und schreien und auf den Gehweg kacken und was nicht alles. Und das ist ja auch so. Aber so fühlt es sich nicht an, jedenfalls nicht von innen, jedenfalls nicht immer. Es macht einem nur wahnsinnig Angst, wenn man merkt, dass man gerade auf den Gehweg kackt und weiß, dass das nicht üblich ist und dass so was nur Leute ma-chen, die verrückt sind, und diese Angst macht, dass es einem auch wieder ganz gleichgültig ist, was die anderen denken, ob die jetzt gucken oder nicht, weil man in dem Moment wirklich andere Probleme hat. Und mein Problem war eben, dass ich langsam wieder verrückt wurde. Es war nicht das erste Mal, deshalb wusste ich schon, wie das läuft und dass das in Schüben kommt. Für wer sich das nicht vorstellen kann: wie Hunger oder Durst, oder wenn man ficken will. Das kommt ja auch in Schüben. Und nicht immer, wenn’s einem passt. Und da stehe ich jetzt im Garten, vier hohe ziegelsteinmauem um mich rum. Eltern sind weg, Ärzte und Pfleger auch gerade weg, und vor mir ein riesiges Tor aus riesigem Eisen. Die Blumen blühen. Die Blumen, die der Depri mir ge-zeigt hat mit seiner Depribegeisterung, was schlimm ist. Alle Depris versuchen immer sofort, dich in ihre Depri-scheiße reinzuziehen. Aber die Blumen sind okay und können nichts dafür, wer sie gut findet. Sie haben sich das nicht ausgesucht- Wenn sie es sich aussuchen könnten, würden sie vielleicht mich aussuchen. Und darüber denke ich seit zwei Stunden nach. Und am Himmel die Sonne, mein schöner Freund. Ich hebe also den Arm und zeige mit der Hand nach oben, sodass mein rechter Daumennagel genau den Rand der Sonne berührt, damit sie nicht mehr weiterwandert. Und da wandert die Sonne nicht mehr weiter, und die zeit steht still. Das ist leicht. Und auch das ist leicht: Mit sanf-tem Druck des Fingernagels schiebe ich die Sonne Millime-ter für Millimeter zurück, und da weiß ich: Am Anfang war die Kraft. Isabel, Herrscherin über das Universum, die Pla-neten und alles. Wenn ich will, dass die Sonne steht, steht die Sonne. Wenn ich will, dass das Eisentor aufgeht, dann geht das Eisentor auf. Und im selben Moment geht es auf Ein Lkw fährt durch, und ich hinter dem Lkw vorbeige-huscht und raus. So schnell kann keiner gucken. Aber es guckt eh keiner. Draußen ist dann auch alles gleich viel besser. Es ist nicht finster, sondern alles wieimmer. Und wie ich das sehe, dass alles wie immer ist, bin ich selbst gleich wieder wie immer.“

Wolfgang Herrndorf (12 juni 1965 – 26 augustus 2013)
Cover

 

De Nederlandse schrijfster Anne Frank werd geboren in Frankfurt am Main op 12 juni 1929. Zie ook alle tags voor Anne Frank op dit blog.

Uit: The Diary of a Young Girl (Vertaald door B. M. Mooyart-Doubleday)

“FRIDAY, 14 AUGUST 1942
Dear Kitty, I’ve deserted you for an entire month, but so little has happened that I can’t find a newsworthy item to relate every single day. The van Daans arrived on 13 July. We thought they were coming on the fourteenth, but from the thirteenth to six-teenth the Germans were sending out call-up notices right and left and causing a lot of unrest, so they decided it would be safer to leave a day too early than a day too late. Peter van Daan arrived at nine-thirty in the morning (while we were still at breakfast). Peter’s going on sixteen, a shy, awkward boy whose company won’t amount to much. Mr and Mrs van Daan came half an hour later. Much to our amusement, Mrs van Daan was carrying a hatbox with a large chamber pot inside. ‘I just don’t feel at home without my chamber pot,’ she exclaimed, and it was the first item to find a permanent place under the divan. Instead of a chamber pot, Mr van D. was lugging a collapsible tea table under his arm. From the first, we ate our meals together, and after three days it felt as if the seven of us had become one big family. Naturally, the van Daans had much to tell about the week we’d been away from civilization. We were especially interested in what had happened to our flat and to Mr Goldschmidt. Mr van Daan filled us in: ‘Monday morning at nine, Mr Goldschmidt phoned and asked if I could come over. I went straight away and found a very distraught Mr Goldschmidt. He showed me a note that the Frank family had left behind. As instructed, he was planning to take the cat to the neighbours, which I agreed was a good idea. He was afraid the house was going to be searched, so we went through all the rooms, tidying up here and there and clearing the breakfast things off the table. Suddenly I saw a notepad on Mrs Frank’s desk, with an address in Maastricht written on it.”

Anne Frank (12 juni 1929 – maart 1945)
Cover


De Turks-Duitse schrijfster en actrice Renan Demirkan werd geboren op 12 juni 1955 in Ankara. Zie ook alle tags voor Renan Demirkan op dit blog

Uit: Septembertee

“Es war mir immer unverständlich, wie sich Menschen festlegen können. Festlegen auf einen Beruf zum Beispiel, oder auf einen Mann fürs Leben oder aber auch auf eine »Leitkultur« für alle. Wie soll das denn gehen?, frage ich. Kein Mensch besteht aus nur einer Erfahrung. Oder aus nur einer Begegnung. Keine Kultur aus nur einer Geschichte. Das Leben ist weder monothematisch noch monokausal.
Ich selbst kann mich an keinen Tag erinnern, an dem ich von morgens bis abends immer derselbe Mensch gewesen wäre: Ich war abwechselnd und zuweilen auch gleichzeitig Tochter und Schülerin, Schwester und Freundin, Geliebte und Mutter, Türkin und Deutsche, Nachbarin, Angestellte und Kollegin. Dabei ist keines dieser Ichs eine Solistin, denn jede Erfahrung mit einem neuen Gegenüber geht »nahtlos und ohne unausgefüllte Zwischenräume« in die Erfahrung mit dem Nächsten über und »bewahrt gleichzeitig ihre Identität«, wie der Philosoph John Dewey in »Kunst als Erfahrung« schreibt.
Das heißt, man hat nie nur ein Leben, sondern besteht aus verschiedenen Paralleluniversen. Wir sind gemacht aus dem Genpool unserer Ahnen und unseren eigenen Erfahrungen. Deshalb, so Dewey, »existiert kein Mensch ausschließlich innerhalb des Bereichs seiner eigenen Haut«. Wir sind vielmehr ein Echo all der Leben, die uns abverlangt werden, und versuchen im täglichen Dazwischen mühsam, ein selbstbestimmtes und einmaliges Ich zu kreieren. Und werden dabei nur zu einem neuen Echo, nämlich dem unserer eigenen Wunschvorstellungen.
Je mehr ich versuchte, irgendeine Art kontinuierliche Identität in mir zu finden, je öfter ich fragte: Wer bin ich mit welchem Gegenüber? Und wie verhalte ich mich in dem jeweiligen Kontext?, desto mehr Erfahrungswelten fächerten sich in mir auf. Und ich sah, dass ich als Tochter meiner Mutter eine andere Tochter war als die Tochter meines Vaters. Ich war als Vertraute meiner Schwester eine andere als die Vertraute meiner Freundin Evelyn. Ich war bei meiner Klassenlehrerin eine andere Schülerin als bei der Mathelehrerin, bei meiner Sprechtechnikdozentin wurde ich automatisch eine andere Studentin als bei dem szenischen Lehrer.
Jede dieser Veränderungen geschah ohne Druck oder Verstellung, denn jedes neue Gegenüber forderte mir ein anderes Verhalten und Denken ab. Ich merkte nur erst viel später, dass ich oft überfordert war und es nach wie vor immer wieder bin, wenn ich etwas völlig Neuem begegne. Aber ich möchte keine dieser Erfahrungen missen, denn ich habe nur dazugelernt.“

Renan Demirkan (Ankara, 12 juni 1955)
Cover


De Amerikaanse dichteres en schrijfster Djuna Barnes werd geboren in Cornwall-on-Hudson, Orange County in de staat New York op 12 juni 1892. Zie ook alle tags voor Djuna Barnes op dit blog.

In General

What altar cloth, what rag of worth
Unpriced?
What turn of card, what trick of game
Undiced?
And you we valued still a little
More than Christ.

 

Seen From The ‘L’

So she stands—nude—stretching dully
Two amber combs loll through her hair
A vague molested carpet pitches
Down the dusty length of stair.
She does not see, she does not care
It’s always there.

The frail mosaic on her window
Facing starkly toward the street
Is scribbled there by tipsy sparrows—
Etched there with their rocking feet.
Is fashioned too, by every beat
Of shirt and sheet.

Sill her clothing is less risky
Than her body in its prime,
They are chain-stitched and so is she
Chain-stitched to her soul for time.
Ravelling grandly into vice
Dropping crooked into rhyme.
Slipping through the stitch of virtue,
Into crime.

Though her lips are vague as fancy
In her youth—
They bloom vivid and repulsive
As the truth.
Even vases in the making
Are uncouth.

Djuna Barnes (12 juni 1892 – 18 juni 1982)
Cover biografie


De Italiaanse dichter en schrijver Sandro Penna werd geboren op 12 juni 1906 in Perugia. Zie ook alle tags voor Sandro Penna op dit blog.

Drowsy Autumn Arrives

Drowsy autumn arrives. Sparkling
Behind shining glass two
Shining eyes

 

Vertaald door Alexander Booth      

 

Lady on a Streetcar
You’d like to kiss your boy who doesn’t want to:
He’d like instead to look at life outside.
You’re disappointed then, but still you smile:
At least it doesn’t ache like jealousy,
Even though he already looks just like
The other who “to look at life outside”
Left you like this.

 

Vertaald door A.Z. Foreman

 

I have come down from the burning hill

I have come down from the burning hill
to stand by the station’s fresh urinal.
The dust and sweat that coat my skin
intoxicate me. In my eyes the sun
still sings. Body and soul I now abandon
to the lucid whiteness of the porcelain.

 

Vertaald door Jamie McKendrick.

Sandro Penna (12 juni 1906 – 21 januari 1977)
In de jaren 1940 in Rome


De Zwitserse schrijfster Johanna Spyri werd geboren in Hirzel op 12 juni 1827. Zie ook alle tags voor Johanna Spyri op dit blog.

Uit: Heidi kann brauchen, was es gelernt hat

„Als der Sebastian unten mit gewohnter Höflichkeit die Türe aufgemacht hatte, sagte er mit einem Bückling:
»Wenn der Herr Doktor wollten so freundlich sein und dem Mamsellchen auch einen Gruß vom Sebastian bestellen.«
»Ah, sieh da, Sebastian«, sagte der Herr Doktor freundlich; »so wissen Sie denn auch schon, daß ich reise?«
Sebastian mußte ein wenig husten.
»Ich bin… ich habe… ich weiß selbst nicht mehr recht… ach ja, jetzt erinnere ich mich: Ich bin eben zufällig durch das Eßzimmer gegangen, da habe ich den Namen des Mamsellchens aussprechen gehört, und wie es so geht, man hängt dann so einen Gedanken an den anderen an und so… und in der Weise…«
»Jawohl, jawohl«, lächelte der Herr Doktor, »und je mehr Gedanken einer hat, je mehr wird er inne. Auf Wiedersehen, Sebastian, der Gruß wird bestellt.«
Jetzt wollte der Herr Doktor gerade durch die offene Haustür enteilen, aber er traf auf ein Hindernis: Der starke Wind hatte Fräulein Rottenmeier verhindert, ihre Wanderung weiter fortzusetzen; eben war sie zurückgekehrt und wollte ihrerseits durch die offene Tür eintreten. Der Wind hatte ihr weites Tuch, in das sie sich gehüllt hatte, aber dergestalt aufgebläht, daß es gerade so anzusehen war, als habe sie die Segel aufgespannt. Der Herr Doktor wich augenblicklich zurück. Aber gegen diesen Mann hatte Fräulein Rottenmeier von jeher eine besondere Anerkennung und Zuvorkommenheit an den Tag gelegt. Auch sie wich mit ausgesuchter Höflichkeit zurück, und eine Weile standen die beiden mit rücksichtsvoller Gebärde da und machten einander gegenseitig Platz. Jetzt aber kam ein so starker Windstoß, daß Fräulein Rottenmeier auf einmal mit vollen Segeln gegen den Doktor heranflog. Er konnte eben noch ausweichen; die Dame aber wurde noch ein gutes Stück über ihn hinausgetrieben, so daß sie wieder zurückkehren mußte, um nun den Freund des Hauses mit Anstand zu begrüßen. Der gewalttätige Vorgang hatte sie ein wenig verstimmt, aber der Herr Doktor hatte eine Art und Weise, die ihr gekräuseltes Gemüt bald glättete und eine sanfte Stimmung darüber verbreitete. Er teilte ihr seinen Reiseplan mit und bat sie in der einnehmendsten Weise, ihm die Sendung an das Heidi so zu verpacken, wie nur sie zu packen verstehe. Dann empfahl sich der Herr Doktor.”

Johanna Spyri (12 juni 1827 – 7 juli 1901)
Cover


De Oostenrijkse dichter en vertaler Hans Carl Artmann werd geboren op 12 juni 1921 in Wenen. Zie ook alle tags voor H. C. Artmann op dit blog.

Uit: gedichte von der wollust des dichtens in worte gefaßt

cagliari:

die ameise deiner adern
greift meine sehnsüchte
wenn ich das beschreibe
was ein mittag verschweigt:
singt dich selbst caruso
meine zeile wird besser
im stein deines gesichts
die natur ist sinnloser
ein sehr blaues wasser
setzt dir bögen cagliari

 

carnac:

viele verbrannte lebensläufe
druiden der aschenbecher euch

ich aber ach bin noch student
sperling der stadt der türme

auf einem vogelbein hocke ich
ohne audiovisuelle erfahrung

durch den rockärmel der magie
spähe ich nach uralten echos

H. C. Artmann (12 juni 1921 – 4 december 2000)


De Duitse dichter Günter Nehm werd geboren in Wattenscheid op 12 juni 1926. Zie ook alle tags voor Günter Nehm op dit blog.

Alles mit W

Waltraud würde Windeln waschen,
Wandern ist ihr höchstes Glück.
Waltraud wartet wohl ein Weilchen,
bleib ich allzu weit zurück.

Waltraud wird ein wenig wütend,
kommt sie erst sehr spät ins Bett.
Waltraud würde Windeln waschen,
wenn sie nur ein Baby hätt’.

Waltraud wittert warme Würstchen,
die sie über alles liebt.
Waltraud wählt die Worte weise
dass das W den Ton angibt.

Einen Grund für ihr Gebaren
konnte ich noch nicht erfahren.

 

Altersdilemma

Um Verstopfung zu vermeiden,
musst du dich am Trinken weiden.
Flüssigkeit behebt die Stauung
und ist gut für die Verdauung.

Fängst du an, das Bett zu nässen,
kannst das Trinken du vergessen.
Ständig in Urin zu baden,
kann dem Selbstbewusstsein schaden.

Harter Stuhl und nasse Hosen
können beide dich erbosen.
Doch für eins der beiden Leiden
musst du dich nun mal entscheidet

Beides ist nicht ideal,
dir bleibt nur die Qual der Wahl.

Günter Nehm (12 juni 1926 – 11 februari 2009)
Wattenscheid, marktdag

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 12e juni ook mijn blog van 12 juni 2016 deel 2.

Christoph Meckel, Wolfgang Herrndorf, Anne Frank, Renan Demirkan, Djuna Barnes, Sandro Penna, Johanna Spyri H. C. Artmann, Günter Nehm

De Duitse dichter, schrijver en graficus Christoph Meckel werd geboren op 12 juni 1935 in Berlijn. Zie ook alle tags voor Christopher Meckel op dit blog.

Uit: Die Vampire

„Hier wurde Ihnen soeben bewiesen, dass man Glück haben kann. Schon 123 Tage weniger zu leben! Mein Herr, ich gratuliere Ihnen im Namen unseres zahlreichen Publikums! Man schob den Schützen zur Kasse. Die Dame im Kassenverschlag reichte ihm ein Papier, das er unterschrieb, zerknüllte und fortwarf. Ein älterer Herr zwängte sich nun durch, die Menge an den Schießstand, neue Bälle wurden aufgezogen, er bezahlte eine geringe Summe, der Harlekin legte ihm Pistolen und Gewehre zur Auswahl vor. Der Mann wählte ein Luftgewehr und begann zu schießen sobald die Leine sich straffte und in Bewegung setzte. Nach einigen hundert fehlerfreien Schüssen lief die Leine leer vorüber, der Mann setzte das Gewehr ab und erkundigte sich, warum er nicht weiterschießen könne. Bravo, meine Damen und Herren, bravo, bravo! rief die krächzende Stimme im Lautsprecher, wir machen Sie darauf aufmerksam: noch ein Schuss und wir sprechen uns an der Kasse wieder! Noch ein letzter fehlerfreier Schuss dieses Herrn vor Ihnen und alle Rekorde sind gebrochen! Beachten Sie den Schützen, meine Damen und Herrn, der nun das Gewehr wieder aufnimmt und auf den letzten Ball zielt.
Die erschlaffte Leine spannte sich, und ein kleiner, nicht nummerierter Holzball zog schnell durch die Schießbude. Der Schuss krachte, der Ball fiel in Splittern zu Boden. Das Publikum atmete auf; man klopfte dem Mann auf die Schulter und drängte ihn zur Kasse, aus dem Lautsprecher knatterte Tanzmusik. Die Dame im Kassenverschlag schob ein Papier durch die Schalteröffnung und der Mann unterschrieb. Er steckte das Papier in die Tasche, grüßte und wollte sich durch die Menge ins Freie drängen, blieb jedoch stehen, schwankte, verdrehte die Augen und fiel zu Boden. Zwei Harlekine, die bisher unbeschäftigt an den Seitenwinden der Schießbude gestanden hatten, rannten herbei und zogen den Toten aus der Menge und warfen ihn auf eine aus Brettern und Tüchern improvisierte Bahre, die sie eilig hinter die Dekorationen der Schießbude schleppten. Ein dritter Harlekin in Sportmütze und gelben Handschuhen trat aus den Dekorationen und fegte die Splitter der zerschossenen Holzbälle sorgfältig in einen Sack. Einige Zuschauer waren blass geworden, andere standen unsicher herum, aber der größte Teil der Zuschauermenge schien keine Ahnung zu haben, worum es sich handelte.
Ich begab mich sogleich hinter die Schießbude. Zwischen Wohnwagen und Gerumpel standen zwei Harlekine im nassen, zertretenen Boden und stopften den Toten in eine Kiste. Die Dame verließ den Kassenverschlag, steckte ein Pappschild mit der Aufschrift VORÜBERGEHEND GESCHLOSSEN an die Scheibe und schleppte sich hinter die Schießbude.“

 

 
Christoph Meckel (Berlijn, 12 juni 1935)

 

De Duitse schrijver, schilder en illustrator Wolfgang Herrndorf werd geboren op 12 juni 1965 in Hamburg. Zie ook alle tags voor Wolfgang Herrndorf op dit blog.

Uit: Sand

«Und interessiert mich das? Das kannst du irgendwem erzählen, deinen Briketts kannst du das erzählen, aber nicht mir.» Polidorio hatte sich Kaffee eingeschenkt und rührte ihn mit dem Kugelschreiber um. Die blauen Fensterläden waren geschlossen bis auf einen schmalen Spalt weißer Mittagshitze. «Und du kannst hier auch nicht einfach reinkommen und irgendwen anschleppen. Hollerith-Maschinen!
Du weißt nicht mal, was das ist. Und das interessiert mich nicht. Das Einzige, was mich interessiert, ist: Wo ist das passiert? Das ist in Tindirma passiert. Wer ist da zuständig? Also. Pack das da ein und verschwinde. Nein, rede nicht. Hör auf rumzureden. Seit einer Stunde redest du. Hör mir zu.»
Aber der Dicke hörte nicht zu. In einer verschmuddelten Uniform stand er vor Polidorios Schreibtisch, und er machte es wie alle hier. Wenn sie nicht kooperieren wollten, redeten sie irgendeinen Unsinn. Wenn man sie dazu befragte, redeten sie einen anderen Unsinn.
Polidorio hatte ihm weder Kaffee noch einen Stuhl angeboten, und er duzte ihn, obwohl der Mann dreißig Jahre älter war und vom Rang gleichgestellt. Für gewöhnlich waren das zuverlässige Mittel, diese Leute zu kränken. Aber der Dicke schien dagegen immun. Ungerührt redete er über nahe Rente, Fahrten mit dem Dienstfahrzeug, Gartenbau und Vitaminmangel. Zum vierten und fünften und sechsten Mal erläuterte er den Inhalt seiner Tankfüllung und sein Konzept des Gefangenentransports, sprach von Gerechtigkeit, Zufall und höherem Willen. Er zeigte auf die einander gegenüberliegenden Fenster (Wüste, Meer), auf die Tür (der lange Weg durchs Salzviertel), den defekten Deckenventilator (Allah) und trat mit dem Fuß gegen das am Boden liegende Bündel (die Ursache allen Übels).“

 

 
Wolfgang Herrndorf (12 juni 1965 – 26 augustus 2013)

 

De Nederlandse schrijfster Anne Frank werd geboren in Frankfurt am Main op 12 juni 1929. Zie ook alle tags voor Anne Frank op dit blog.

Uit: The Diary of a Young Girl (Vertaald door B. M. Mooyart-Doubleday)

« SUNDAY, JULY 12, 1942

They’ve all been so nice to me this last month because of my birthday, and yet every day I feel myself drifting further away from Mother and Margot. I worked hard today and they praised me, only to start picking on me again five minutes later. You can easily see the difference between the way they deal with Margot and the way they deal with me. For example, Margot broke the vacuum cleaner, and because of that we’ve been without light for the rest of the day. Mother said, “Well, Margot, it’s easy to see you’re not used to working; otherwise, you’d have known better than to yank the plug out by the cord.” Margot made some reply, and that was the end of the story.
But this afternoon, when I wanted to rewrite something on Mother’s shopping list because her handwriting is so hard to read, she wouldn’t let me. She bawled me out again, and the whole family wound up getting involved.
I don’t fit in with them, and I’ve felt that clearly in the last few weeks. They’re so sentimental together, but I’d rather be sentimental on my own. They’re always saying how nice it is with the four of us, and that we get along so well, without giving a moment’s thought to the fact that I don’t feel that way.
Daddy’s the only one who understands me, now and again, though he usually sides with Mother and Margot. Another thing I can’t stand is having them talk about me in front of outsiders, telling them how I cried or how sensibly I’m behaving. It’s horrible. And sometimes they talk about Moortje and I can’t take that at all. Moortje is my weak spot. I miss her every minute of the day, and no one knows how often I think of her; whenever I do, my eyes fill with tears. Moortje is so sweet, and I love her so much that I keep dreaming she’ll come back to us.
I have plenty of dreams, but the reality is that we’ll have to stay here until the war is over. We can’t ever go outside, and the only visitors we can have are Miep, her husband Jan, Bep Voskuijl, Mr. Voskuijl, Mr. Kugler, Mr. Kleiman and Mrs. Kleiman, though she hasn’t come because she thinks it’s too dangerous.”

 


Anne Frank (12 juni 1929 – maart 1945)

 

De Turks-Duitse schrijfster en actrice Renan Demirkan werd geboren op 12 juni 1955 in Ankara. Zie ook alle tags voor Renan Demirkan op dit blog.

Uit: Wie buchstabiert man Liebe

„Ich weiß nicht, aber diese Wissenschaftler klingen ziemlich be­ängstigend.
Als würden wir direkt in eine Zelle hineingeboren und warten unser ganzes Leben lang auf das Urteil: Entweder kriegst du genug Liebe und feierst Parties bis in die Ewigkeit – oder du fällst viel zu früh in den kalten Schlaf, weil für dich nichts mehr übrig war.
Ich finde das sehr deprimierend.
Sehr, sehr deprimierend.
Sehr, sehr, sehr deprimierend!
Der Mensch wird doch auch mit einem Willen geboren, denke ich mir. Also, was ist mit unserem Willen?
Die gesamte abendländische Philosophie ist voll mit Thesen über dieses angeborene Instrument der Vernunft!
Zum Beispiel Immanuel Kant, der den Willen sogar gleichgesetzt hat mit Vernunft in seinem berühmten »Kategorischen Impe­rativ«: »Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten kön­ne.«
Oder im Kontext der Ethik: »Die Autonomie des Willes ist das alleinige Prinzip aller moralischen Gesetze und der ihm gemäßen Pflichten.«
Das bedeutet – so sagt er an anderer Stelle: »Sollen ist eigentlich ein Wollen … Der Wille ist nichts anderes als praktische Vernunft.«
Und die Erkenntnis, zu der der Mensch dann schließlich gelangt, entstamme aus lediglich zwei Schichten des menschlichen Seins: aus der der Anschauung und der des Denkens.
Und ich frage mich: Was ist mit dem Gefühl, Herr Kant?
Aber da laut Herrn Kant jede Erkenntnis aus der Anschauung, aus dem Erleben hervorgeht, kann der Mensch keine Aussage über Gott und Seele machen, sagt er, kann der Mensch nicht sagen, ob sie existieren oder nicht. Sie seien ›gedachte Dinge‹, Verstandesbegriffe, die uns als ›transzendentaler Schein‹ begleiten.
Das hieße also, dass wir auch keine Auskunft darüber geben kön­nen, ob es die Liebe gibt oder nicht?!“

 

 
Renan Demirkan (Ankara, 12 juni 1955)

 

De Amerikaanse dichteres en schrijfster Djuna Barnes werd geboren in Cornwall-on-Hudson, Orange County in de staat New York op 12 juni 1892. Zie ook alle tags voor Djuna Barnes op dit blog.

 

From Third Avenue On

And now she walks on out turned feet
Beside the litter in the street
Or rolls beneath a dirty sheet
Within the town.
She does not stir to doff her dress,
She does not kneel low to confess,
A little conscience, no distress
And settles down.

Ah God! she settles down we say;
It means her powers slip away
It means she draws back day by day
From good or bad.
And so she looks upon the floor
Or listens at an open door
Or lies her down, upturned to snore
Both loud and sad.

Or sits beside the chinaware,
Sits mouthing meekly in a chair,
With over-curled, hard waving hair
Above her eyes.
Or grins too vacant into space—
A vacant space is in her face—
Where nothing came to take the place
Of high hard cries.

Or yet we hear her on the stairs
With some few elements of prayers,
Until she breaks it off and swears
A loved bad word.
Somewhere beneath her hurried curse,
A corpse lies bounding in a hearse;
And friends and relatives disperse,
And are not stirred.

Those living dead up in their rooms
Must note how partial are the tombs,
That take men back into their wombs
While theirs must fast.
And those who have their blooms in jars
No longer stare into the stars,
Instead, they watch the dinky cars—
And live aghast.

 

 
Djuna Barnes (12 juni 1892 – 18 juni 1982)
Cover

 

De Italiaanse dichter en schrijver Sandro Penna werd geboren op 12 juni 1906 in Perugia. Zie ook alle tags voor Sandro Penna op dit blog.

 

The sea is all blue

The sea is all blue.
The sea is all calm.
In the heart there is almost a scream
of joy. And all is calm.

 

The Stars don’t move

The Stars don’t move in the sky,
the summer hour is like any other summer.
But the boy walking ahead of you –
if you don’t speak up he’ll never be the one…

 

I touched you

I touched you. You screamed back hoarsely!
(you were smoking your cigarette butt on a pin).
But so was I, you know? Stabbed,
I didn’t even want you forever, just an evening,
on rent, and barely that.

 

 
Sandro Penna (12 juni 1906 – 21 januari 1977)
Cover

 

De Zwitserse schrijfster Johanna Spyri werd geboren in Hirzel op 12 juni 1827. Zie ook alle tags voor Johanna Spyri op dit blog.

Uit:Heidi kann brauchen, was es gelernt hat

„Ob dieses Versprechen der Sache den Ausschlag gab, kann man nicht wissen, aber es ist anzunehmen, denn der Herr Doktor lächelte und sagte: »Dann muß ich ja wohl gehen, Klärchen, so wirst du uns einmal rund und fest, wie wir dich haben wollen, Papa und ich. Und wann muß ich denn reisen, hast du das schon bestimmt?«
»Am liebsten gleich morgen früh, Herr Doktor«, entgegnete Klara.
»Ja, sie hat recht«, fiel hier der Vater ein; »die Sonne scheint, der Himmel ist blau, es ist keine Zeit zu verlieren, für jeden solchen Tag ist es schade, den du noch nicht auf der Alp genießen kannst.«
Der Herr Doktor mußte ein wenig lachen: »Nächstens wirst du mir vorwerfen, daß ich noch da bin, Sesemann; so muß ich wohl machen, daß ich fortkomme.«
Aber Klara hielt den Aufstehenden fest; erst mußte sie ihm ja noch alle Aufträge an das Heidi übergeben und ihm noch so vieles anempfehlen, das er recht betrachten und ihr dann davon erzählen sollte. Die Sendung an das Heidi konnte ihm erst später zugeschickt werden, denn Fräulein Rottenmeier mußte erst alles verpacken helfen; sie war aber eben auf einer ihrer Wanderungen durch die Stadt begriffen, von denen sie nicht so schnell zurückkehrte.
Der Herr Doktor versprach, alles genau auszurichten, die Reise, wenn nicht am Morgen früh, so doch womöglich noch im Laufe des folgenden Tages anzutreten und dann bei seiner Heimkehr getreulich Bericht zu erstatten über alles, was er gesehen und erlebt haben würde.
Die Diener eines Hauses haben oft eine merkwürdige Gabe, die Dinge zu erfassen, die im Hause ihrer Herren vor sich gehen, lange bevor diese dazu kommen, ihnen Mitteilung davon zu machen. Sebastian und Tinette mußten diese Gabe in hohem Grade besitzen, denn eben, als der Herr Doktor, von Sebastian begleitet, die Treppe hinunterging, trat Tinette ins Zimmer der Klara ein, die nach dem Mädchen geschellt hatte.
»Holen Sie diese Schachtel voll ganz frischer, weicher Kuchen, wie wir sie zum Kaffee haben, Tinette«, sagte Klara und deutete auf die Schachtel hin, die schon lange bereitgestanden hatte. Tinette erfaßte das bezeichnete Ding an einer Ecke und ließ es verächtlich an ihrer Hand baumeln. Unter der Türe sagte sie schnippisch:
»Es ist wohl der Mühe wert.”

 

 
Johanna Spyri (12 juni 1827 – 7 juli 1901)
Cover luisterboek

 

De Oostenrijkse dichter en vertaler Hans Carl Artmann werd geboren op 12 juni 1921 in Wenen. Zie ook alle tags voor H. C. Artmann op dit blog.

Uit: How much Schatzi?

„Er begreift nicht, was es heißt, das wort schätz zu verdienen; ihm sind die tausend brennenden dinge der liebe aus dem herzen gewichst; man müßte ihn meiden hinfür wie der handieser den cholerakranken, wie der gepflegte flaneur den floh, wie der Obstgarten einen blindwütigen affen!
Er steht vor dem café, es erscheint die blondine, er springt sie an, er reißt ihr die perücke vom kopf, er verstreut den inhalt ihrer handtasche, er bespuckt ihren pulli, er dreht ihre nase zwischen mittel- und Zeigefinger, er knetet ihre ohren, er beißt in ihre perlenkette, er stippt ihre Sonnenbrillen in unrat, er zieht ihr wie ein rasender die Strümpfe von den beinen, er zerfetzt ihr das Unterkleid, er entblößt ihr unter höhnischen bemerkungen den busen, um dadurch, für sein schreckliches werk aufmerksamkeit zu erregen.
Daß sich der azurne himmel nicht bewölkt, daß sich das gesiebte gold der sonne nicht in regen wandelt, daß sich der warme schmelz des tangos nicht in donner umbaut! Wo bleibt die wache, wo der hausmeister, wo der wackere passant? Die weit quietscht im falsett ihrer ungeölten angeln!
Gallenstein meiner blühenden jugend, ruft er aus, geschwür meines geduldigen herzens, ich will dein blut sehen, deine lunge, deine leber, deine kutteln, deine frischen Suppenknochen, dein kaiserfleisch, deinen lendenbraten, dein filet! Heda, leute, ein messer her oder einen geschliffenen regenschirm, damit ich sie teile, das verteufelte Weibsstück; ich koch sie in jauche, ich brat sie auf kamelmist, ich dünst sie auf brennesseln, ich schmor sie in schakalsschmalz, ich pökel sie in afterschweiß! Ha, hilfe, einen backofen her, damit ich ihr das handwerk ein für allemal lege!
Was ist in diesen jungen mann gefahren? Was geht in ihm vor? Wie sind seine gedanken während dieses schnöden aktes? Er, der stets nach noten sang, in wäldern musizierte, auf nachen und kähnen die bunte mandoline schlug, aus Heine vortrug, in bäume schnitzte, mit hähnen aufsprang, um dem morgenrot zu huldigen, mit offenen augen träumte, an dolden schnupperte, durch wiesen wallte und seine reisemütze fröhlich über der glatze schwang? Er, ein mensch, dem grille und ameise so lieb waren wie einem fleißigen die überstunden; was war geschehen, passiert?“

 

 
H. C. Artmann (12 juni 1921 – 4 december 2000)

 

De Duitse dichter Günter Nehm werd geboren in Wattenscheid op 12 juni 1926. Zie ook alle tags voor Günter Nehm op dit blog.

 

Affenliebe

Um des Tierparks Freigehege
wandelt einsam seiner Wege
ein verliebtes junges Paar.
Fröhlich und natur)verbunden
hatten beide sich gefunden,
da man sich sympathisch war.

Man bestaunt mit froher Miene
schwarzbefrackte Pinguine,
Krokodil und Elefant,
sieht Kamele und Giraffen
und kommt schließlich zu den Affen,
selig lächelnd, Hand in Hand.

Weil die Affen Faxen machen,
gibt es immer was zu lachen,
ständig ist der größte Streit.
Nur die Absicht zweier Affen,
sich bald Nachwuchs anzuschaffen,
bringt ein wenig Peinlichkeit.

Sehr schnell will sie nun nach Hause,
und, nach kurzer Schreckenspause,
sagt er: „Schatz, du wirst verzeih’n,
doch ich dachte mir soeben,
manchmal möchte ich im Leben
auch ein kleiner Affe sein!”

Hierdurch wird sie ganz verlegen,
da sie ihres Rufes wegen
solche Dreistigkeit verdammt.
Doch dann muss sie plötzlich lachen:
„Soll ich dich zum Affen machen?
Dann komm mit zum Standesamt!”

 

 
Günter Nehm (12 juni 1926 – 11 februari 2009)
Cover

 

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Christoph Meckel, Wolfgang Herrndorf, Anne Frank, Renan Demirkan, Djuna Barnes, Sandro Penna, Johanna Spyri H. C. Artmann, Günter Nehm

De Duitse dichter, schrijver en graficus Christoph Meckel werd geboren op 12 juni 1935 in Berlijn. Zie ook alle tags voor Christopher Meckel op dit blog.

 

Im Vergleich

Und der krumme Hund mit dem Pfennig im Sack
ist ein guter Anblick, verglichen
mit dem krummen Hund ohne Sack und Pfennig.
Der Neger, sein Messer küssend im Dunkeln
ist ein guter Anblick, verglichen
mit dem, der seinen Namen wegwirft und einschläft.
Lustig macht uns der Frierende Franz
verglichen mit dem, der frierend
Zuflucht sucht in seinem Leichnam; es macht uns
lustig was lebt und den Tag im Auge behält.

Der Baum, der Stein, der Regen
braucht nicht verglichen zu werden, erhaben
über jeden Vergleich.
Aber wir können verglichen werden
der Reihe nach, einer am andern,
der Hunger des einen und das Erbrochene des ändern
das Rasierzeug des einen mit der Kehle des ändern
nackt, nackter, entblößt bis auf den Herzschlag
können wir endlos verglichen werden
zu jeder Stunde, auf jedem Abtritt
die Schlaflosigkeit des einen
mit der Geliebten des ändern
der Kältegrad des einen
und die Schmerzmeisterschaft des andern.

Gentleman, die Vergleiche ruinieren uns, sichtbar
sichtbarer mit der Zeit, am sichtbarsten ohne Anlaß
das Stipendium des einen und der Wortschatz des andern
fern, ferner, am entferntesten einer vom andern;
einer immer hat kältere Füße
und schwärzeres Mehl in den Knochen, einer wird immer
gefischt aus dem Wasser, das grundloser ist
als das grundlose Wasser vom letzten Mal.

Steh auf, schlag den Kopf an die Wand im Vergleich
mit dem schärfsten Schmerz
mit dem härtesten Knochen!
Geh hin, zieh dich aus im Vergleich
mit der schmutzigsten Haut, mit der löchrigsten Decke!
Die Superlative halten sich schadlos
verzehren uns, persönlich und unpersönlich
während wir uns ausruhn von Hart
und Härter und Steinhart
und wir übertreffen sie, lebend und nichts sonst
und drehn uns zur Wand im Vergleich
zu früher und später
und sterben, verglichen mit niemand
tot, tot im Vergleich zu Luft und Asche.

Christoph Meckel (Berlijn, 12 juni 1935)

 

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Dieser Tag

Alle Guten Geister für diesen Tag!

Der Wind strömt stark und warm.
                       Das Grosse Licht baut den Tag auf.
Bienen und Kraniche über der Brandung.

Als hätte die Schöpfung nocheinmal begonnen.
Kein vorletzter Tag, kein letzter
und das Meer bewegt lebendige Finsternis.

Das Haus, im Schwirren der Vogelflüge
                       fliegt auf in die Pinien.

Freude, das Wort aufersteht
                       nicht geraubt, nicht gesäubert.

Wir hängen die Schuhe hinaus in den Wind
und er füllt sie mit Schmetterling
                       und Samen der Steine.

Ein paar Sätze, die ich dir zurufen wollte
für heute, für morgen,
                       für sieben Leben, kein Ende —

 

Die Märchen, die Wunder sind alt…

–  Gott  hat dem Menschen wahrlich
sehr wenige Märchen gegeben –
                                                       (Mihály Babits)

Die Märchen, die Wunder sind alt
Und ausgeweidet wie Schlachtvieh.
Neue sind nicht erschienen. Der Gott ist fort,
ihm gehört das Wunder, Nichts zu sein
in den Räumen draussen.
Die Glocke ist ein Gefäss für Laut und Klang
Und dem Wunder am nächsten, und ist kein Wunder.
Die Kerze hält Licht und Feuer fest,
dem Wunder am nächsten, und ist kein Wunder.
Der Vogel ist von allem das Gegenteil
und dem Märchen am nächsten, und ist kein Märchen.

Am Morgen schrie der Sperber im Sprühnebel draussen.

 

meckel
Christoph Meckel (Berlijn, 12 juni 1935)

 

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Schlüssel aus Holz

Es war das Gewicht des Schlüssels in ihrer Tasche,
aber sie hatte ihn nie aus der Tasche genommen,
er war in ihr unsichtbar geblieben.
Fehlte nur noch das Schlüsselloch,
irgendwo in der Welt war ein Schlüsselloch,
alt, aus Holz, das allein für den Schlüssel da war.
Zum erstenmal nahm sie den Schlüssel aus der Tasche,
er war alt, aus Holz, mit zerkratztem Bart,
und sie sagte zum Schlüssel in ihrer Hand:

Das Haus gehört uns, wir kennen es nicht,
wir kennen das Haus nicht, es gehört uns nur.
Wir haben es nicht gebaut, gekauft gestohlen,
wir brauchen es nicht, es gehört uns nur.
Wir wissen nicht, ob die Tür einen Riegel hat,
einen Vorhang oder ein Schlüsselloch.
Das Haus gehört uns, aber wir kennen es nicht.
Das Haus gehört uns, aber wir kennen es nicht.

 

Vogel

DER VOGEL IST VON ALLEM DAS GEGENTEIL –
Aber kein Gegenteil von Luft und Himmel
die sind Palast und Tanzraum der Vogelvölker.

Bis ans Ende der Weltnacht eine Dohle,
die im letzten Schnee des Märzmorgens ruft,
kann sein eine Elster, Stellas Silberkettchen
im Schnabel, wohin damit. Er ist nicht
Gegenteil des Lichts, des Meers, des Sommers,
der Stürme aus neunzig Richtungen des Nadir.

Er ist der Schwarze Milan und hat keine Feinde.
Mein Vogel, aber er kennt mich nicht.

 

 
Christoph Meckel (Berlijn, 12 juni 1935)

Bewaren

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Uit: Die Vampire

„Ich war auf dem Jahrmarkt und langweilte mich, da bemerkte ich zwischen Karussellen, Tingeltangelbuden und Trinkhallen ein Transparent mit der Aufschrift: ÜBERNEHMEN SIE SELBST DAS HANDWERK GOTTES! Ich trat näher und sah eine Schießbude, auf deren Tisch Pistolen und Gewehre lagen. Ein paar Leute hatten sich vor der Bude versammelt, redeten, rauchten und standen auf Zehenspitzen, um besseren Einblick in die Bude zu haben. Aus einem Lautsprecher sch allten Musik und gesprochene Texte, die der Lautstärke wegen schwer zu verstehen waren. Einer dieser Texte lautete: Meine Damen und Herren, übernehmen Sie selbst das Handwerk Gottes! Legen Sie selber Hand an Ihr Geschick und korrigieren Sie es, indem Sie Ihre Tage und Stunden in Form von Holzbällen von der Leine schießen! Schießen Sie, bitte schießen Sie, meine Damen und Herrn, und die Dame an der Kasse wird Ihnen die abgeschossene und also ungültige Zeit quittieren, ohne Umstände bekommen Sie Ihre nunmehr verbrauchte Zeit an der Kasse ausgehändigt!

Ich reihte mich unter die Zuschauer und versuchte zu begreifen, was vorging. An einer langsam in Augenhöhe durch die Bude ziehenden Leine schaukelten kleine, nummerierte Holzbälle. Die Zuschauer beobachteten einen Pistolenschützen, der soeben einen Holzball mit der Nummer 67 abgeschossen hatte. Alle fünf oder sechs Sekunden krachte ein Schuss und riss einen Holzball von der Leine. Lachen und Gemurmel ging durch die Menge, als der Schütze den hundertdreiundzwanzigsten Ball verfehlte. Eine mit Harlekinkittel, Sonnenbrille und Zylinder verkleidete Gestalt klatschte Beifall und nahm dem Mann die Pistole ab. Eine krächzende männliche Stimme rief durch den Lautsprecher: Haben Sie das gesehen, meine Damen und Herrn!“

 

Christoph Meckel (Berlijn, 12 juni 1935)

 

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Wolfgang Herrndorf

De  Duitse schrijver, schilder en illustrator Wolfgang Herrndorf  werd geboren op 12 juni 1965 in Hamburg. Herrndorf  studeerde schilderkunst aan de Academie voor Schone Kunsten in Neurenberg. Hij werkte als illustrator en schrijver, onder andere voor het fanzine Luke &Trooke, uitgeverij Haffmans en het satirische blad Titanic. In 2002 werd zijn eerste roman gepubliceerd “In Plüschgewittern”, die volgens de schrijver (ondanks de bijna 30-jarige hoofdpersoon) een “adolescentieroman” is. In 2007 publiceerde hij onder de titel “Diesseits des Van-Allen Gürtels” een reeks van samenhangende korte verhalen, in hetzelfde jaar verscheen in uitgeverij SuKuLTuR een door Herrndorf verzonnen interview met een (niet geheel betrouwbare) kosmonaut, dat science fiction-elementen bevat. De onbetrouwbare verteller is een terugkerend element in Herrndorfs proza. Zijn grote literaire succes begon met het verschijnen van “Tschick”  in 2010, een andere ontwikkelingsroman, wiens protagonisten ongeveer 14 jaar oud zijn. Het boek stond ongeveer een jaar op de Duitse bestsellerlijst. In november 2011 volgde de roman “Sand”, die kenmerken van de detective roman, de sociale roman en de historische roman verenigd. Nadat Tschick in  2011 al was genomineerd voor de Prijs van de Leipziger Buchmesse, werd de prijs in 2012 daadwerkelijk toegekend voor “Sand”. In hetzelfde jaar kwam “Sand” op de shortlist voor de Deutsche Buchpreis. De Berlijner Herrndorf schreef regelmatig op het internet forum “Wir höflichen Paparazzi” en op het Blog Riesenmaschine. Ook speelde hij in het nationale voetbalalftal van schrijvers “Autonama”. Nadat bij hem in maart 2010 een kwaadaardige hersentumor (glioblastoma) werd gevonden begon Herrndorf vanaf september 2010 een digitaal dagboek, dat waarschijnlijk ook in boekvorm zal verschijnen.

Uit: Tschick

“Als Erstes ist da der Geruch von Blut und Kaffee. Die Kaffeemaschine steht drüben auf dem Tisch, und das Blut ist in meinen Schuhen. Um ehrlich zu sein, es ist nicht nur Blut. Als der Ältere « vierzehn » gesagt hat, hab ich mir in die Hose gepisst.

Ich hab die ganze Zeit schräg auf dem Hocker gehangen und mich nicht gerührt. Mir war schwindlig. Ich hab versucht auszusehen, wie ich gedacht hab, dass Tschick wahrscheinlich aussieht, wenn einer « vierzehn » zu ihm sagt, und dann hab ich mir vor Angst in die Hose gepisst.

Maik Klingenberg, der Held. Dabei weiß ich gar nicht, war um jetzt die Aufregung. War doch die ganze Zeit klar, dass es so endet. Tschick hat sich mit Sicherheit nicht in die Hose gepisst.

Wo ist Tschick überhaupt ? Auf der Autobahn hab ich ihn noch gesehen, wie er auf einem Bein ins Gebüsch gehüpft ist, aber ich schätze mal, sie haben ihn auch gekriegt. Mit einem Bein kommt man nicht weit. Fragen kann ich die Polizisten natürlich nicht. Weil , wenn sie ihn nicht gesehen haben, ist es logisch besser, gar nicht damit anzufangen. Vielleicht haben sie ihn ja nicht gesehen. Und von mir erfahren sie’s mit Sicherheit nicht. Da können sie mich foltern. Obwohl die deutsche Polizei, glaube ich, niemanden foltern darf. Das dürfen die nur im Fernsehen und in der Türkei.

Aber vollgeschifft und blutig auf der Station  der Autobahnpolizei sitzen und Fragen nach  den Eltern beantworten ist auch nicht gerade der  ganz große Bringer. Vielleicht wäre Foltern sogar  ganz angenehm, dann hätte ich wenigstens einen  Grund für meine Aufregung.

Das Beste ist Klappe halten, hat Tschick gesagt.  Und das seh ich genauso. Jetzt, wo eh alles egal  ist. Und mir ist alles egal. Na ja, fast alles. Tatjana Cosic zum Beispiel ist mir natürlich nicht  egal. Obwohl ich jetzt schon ziemlich lange nicht  mehr an sie gedacht habe. Aber wo ich auf diesem Hocker hier sitze und draußen die Autobahn vorbeirauscht und der ältere Polizist steht seit fünf Minuten an der Kaffee maschine dahinten und füllt Wasser ein und kippt es wieder aus, drückt auf den Schalter und schaut das Gerät von unten an, während jeder Depp sehen kann, dass der Stecker vom Verlängerungskabel nicht drin ist, da muss ich wieder an Tatjana denken. Denn genau genommen wäre ich nicht hier, wenn es Tatjana nicht gäbe. “

Wolfgang Herrndorf (Hamburg, 12 juni 1965)