Christi Himmelfahrt (Annette von Droste-Hülshoff)

Bij Hemelvaart

 

garofalo

‘L’Ascensione di Cristo’ door Il Garofalo, 1510-1520

 

Christi Himmelfahrt

Er war ihr eigen drei und dreißig Jahr.
Die Zeit ist hin, ist hin!
Wie ist sie doch nun alles Glanzes bar,
Die öde Erd’, auf der ich atm’ und bin!
Warum durft’ ich nicht leben, als sein Hauch
Die Luft versüßte, als sein reines Aug’
Gesegnet jedes Kraut und jeden Stein?
Warum nicht mich? Warum nicht mich allein
O Herr, du hättest mich gesegnet auch!
Dir nachgeschlichen wär’ ich überall
Und hätte ganz von fern,
Verborgen von gebüschesgrünem Wall,
Geheim betrachtet meinen liebsten Herrn.
Zu Martha hätt’ ich bittend mich gewandt
Um einen kleinen Dienst für meine Hand:
Vielleicht den Herd zu schüren dir zum Mahl,
Zum Quell zu gehn, zu lüften dir den Saal –
Du hättest meine Liebe wohl erkannt.
Und draußen in des Volkes dichtem Schwarm
Hätt’ ich versteckt gelauscht,
Und deine Worte, lebensreich und warm,
So gern um jede andre Lust getauscht;
Mit Magdalena hätt’ ich wollen knien,
Auch meine Träne hätte sollen glühn
Auf deinem Fuß; vielleicht dann, ach, vielleicht
Wohl hätte mich dein selig Wort erreicht:
Geh hin, auch deine Sünden sind verziehn!
Umsonst! Und zwei Jahrtausende nun fast
Sind ihrem Schlusse nah’,
Seitdem die Erde ihren süßen Gast
Zuletzt getragen in Bethania.
Schon längst sind deine Märtyrer erhöht,
Und lange Unkraut hat der Feind gesät;
Gespalten längst ist deiner Kirche Reich,
Und trauernd hängt der mühbeladne Zweig
An deinem Baume; doch die Wurzel steht.
Geboren bin ich in bedrängter Zeit;
Nach langer Glaubensrast
Hat nun verschollner Frevel sich erneut;
Wir tragen wieder fast vergeßne Last,
Und wieder deine Opfer stehn geweiht.
Ach, ist nicht Lieben seliger im Leid?
Bist du nicht näher, wenn die Trauer weint.
Wo Drei in deinem Namen sind vereint,
Als Tausenden in Schmuck und Feierkleid?
‘S ist sichtbar, wie die Glaubensflamme reich
Empor im Sturme schlägt,
Wie Mancher, der zuvor Nachtwandlern gleich,
Jetzt frisch und kräftig seine Glieder regt.
Gesundet sind die Kranken; wer da lag
Und träumte, ward vom Stundenschlage wach;
Was sonst zerstreut, verflattert in der Welt,
Das hat um deine Fahne sich gestellt,
Und jeder alte, zähe Firnis brach.
Was will ich mehr? Ist es vergönnt dem Knecht,
Die Gabe seines Herrn
Zu meistern? Was du tust, das sei ihm recht!
Und ist dein Lieben auch ein Flammenstern,
Willst läutern du durch Glut, wie den Asbest,
Dein Eigentum von fauler Flecken Pest:
Wir sehen deine Hand und sind getrost,
Ob über uns die Wetterwolke tost,
Wir sehen deine Hand und stehen fest.

 

Annette von Droste-Hülshoff (10 januari 1797 – 24 mei 1848)

Burcht Hülshoff bij Münster op een ansichtkaart

 

Zie voor de schrijvers van de 17e mei ook mijn vorige blog van vandaag.

Lars Gustafsson, Peter Høeg, Gary Paulsen, Dennis Potter, Henri Barbusse

 

De Zweedse dichter en schrijver Lars Gustafsson werd geboren in Västeras, op 17 mei 1936. Zie ook alle tags voor Lars Gustafsson op dit blog.

 

Elegie auf einen Labrador

Mitten im Sommer gibt es bei uns Tage,
an denen es plötzlich Herbst ist.
Die Krähen im Baum schlagen schärfere Töne an.
Die Klippen ragen deutlicher aus dem See als sonst.
Sie wissen etwas. Sie haben es immer gewußt.
Wir auch, doch wollen wir nichts davon wissen.
Auf dem Heimweg bist du oft am Bug gestanden,
an solchen Abenden, hast den Gerüchen nachgespürt,
die übers Wasser kamen, mit ruhig gesammelten Blick,
den Abend entziffert, die schwache Rauchfahne
eines Sommerhauses, den Pfannkuchen, der irgendwo
drei Kilometer weiter briet, einen Dachs bemerkt,
der ich weiß nicht wo in der Dämmerung stand
und etwas witterte, ganz wie du. Unsere Freundschaft
war natürlich ein Kompromiß: wir lebten zusammen
in zwei verschiedenen Welten, der meinigen
mit ihren Buchstaben, einem lebenslänglichen Text,
und der deinen mit ihren Gerüchen. Ich hätte viel
für deine Kenntnisse gegeben, für dein Vermögen,
ein Gefühl wie Eifer, Haß oder Liebe wie eine Welle
über den ganzen Körper hinlaufen zu lassen
von der Nase bis zum Schwanz, für deine Unfähigkeit,
dich damit abzufinden, daß der Mond eine Tatsache ist.
Bei Vollmond hast du dich lauthals darüber beklagt.
Als Gnostiker warst du mir überlegen, und somit
hast du dauernd im Paradies gelebt. Auch pflegtest du
Schmetterlinge aufzuschnappen im Sprung und sie dann
hinunterzuschlucken. Abstoßend fanden manche das.
Mir gefiel es. Warum habe ich es dir darin
nie gleichtun können? Und dann die Türen!
Waren sie zu, so legtest du dich hin und schliefst ein;
irgend jemand würde sie sicherlich öffnen,
früher oder später. Du hattest recht. Ich hatte unrecht.
Heute, da diese lange, stumme Freundschaft vorbei ist
für immer, frage ich mich, ob auch ich am Ende
etwas konnte, was dir imponiert hat. Ich meine nicht
deinen festen Glauben, daß ich es war, der die Gewitter
hervorrief. Das war ein Wahn. Ich denke eher,
mein sichres Gefühl dafür, daß der Ball vorhanden war,
auch wenn er sich hinter dem Sofa versteckt hielt,
hat dir eine Ahnung verschafft von meiner Welt.
Fast alles in meiner Welt hält sich versteckt
hinter etwas anderem. Ich nannte dich“Hund”.
Ich frage mich ganz im Ernst: Hast du mich wohl
für einen größern, lauteren “Hund” gehalten,
oder für etwas anderes, etwas für immer Unbekanntes,
das einfach ist, was es ist, und existiert
auf seine Weise und damit basta: den Pfiff
durch den nächtlichen Park, dem zu folgen
man sich angewöhnt hat ohne so recht zu wissen,
was das ist, dem man folgt. Und ich
wußte ebensowenig von dir und davon, was du warst.
Von diesem objektiveren Standpunkt aus
waren wir zwei Organismen, zwei jener Orte,
an denen das Universum sich in sich selber
verknotet, verwickelt, kurzlebige, komplexe Strukturen
aus Eiweiß, die sich immer weiter verheddern müssen,
um zu überleben, bis das Ganze versagt
und sich wieder vereinfacht, der Knoten sich löst,
das Rätsel verschwindet. Du warst eine Frage,
gerichtet an eine andere Frage, sonst nichts,
und keine von beiden konnte der andern Antwort geben.

 

Vertaald door Hans Magnus Enzensberger

 

Lars Gustafsson (Västeras, 17 mei 1936)

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