De Duitse dichter en schrijver Günter Grass werd geboren in Danzig (tegenwoordig Gdansk) op 16 oktober 1927. Zie ook mijn blog van 16 oktober 2010 en eveneens alle tags voor Günter Grass op dit blog.
Uit: Die Rättin
“Kürzlich wurde beschlossen, daß alle links von der Brotbänken- und der Jopengasse zur Mottlau hinführenden Gassen von uns, alle rechtsläufigen Gassen bis hinterm Vorstädtischen Graben von den Versöhnlern bewohnt werden. Die hören nicht auf, Hoffnung zu plappern: Vielleicht kann man mit ihnen auf Dauer auskommen. Wenn man sie zufriedenstellt, wird sich die Menschenratte uns anpassen. Schließlich ist sie abhängig von uns. Sie lebt von gespeicherten Vorräten, die wir überschüssig, seit vielen Ernten überschüssig gelagert haben. Wir sollten ihnen zukommen lassen, was sie benötigen. Nennt es Deputat, den Zehnten oder Tribut. Jedenfalls sollten sie nicht hungern müssen. Hunger könnte sie angriffig machen. Wir Ratten sollten wissen, was Hunger heißt!
Bitter, als stieße ihr jahrtausendealte Erfahrung auf, lachte die Rättin: Hör dir das an, Herr! Die ewiggleichen Sprüche unbelehrbarer Abwiegler und Versöhnler. Wir hingegen sehen klar, allzu klar. Mehr und mehr werden sie haben wollen. Am Ende teilen sie uns zu, was übriggeblieben ist. Auf Rationen gesetzt werden wir sein. Raffgier, ihre Habsucht wird über uns kommen. Das ist das Menschliche an den Nippels. Schlußmachen! rufen wir, machen aber nicht Schluß, sondern beißen uns mit unsereins rum. In der Wollbergasse, um den Stockturm und hinterm Zeughaus ist es zu Straßenschlachten gekommen, auf dem Land nur zu kleineren Übergriffen bisher.
Und ich sah, wie sie sich befetzten. Bis zum Verenden ineinander verbissen. Der Rattenzähne unverminderte Schärfe. Überallhin, wo ihr Streit in Kampf umschlug, führte die Rättin mich. So streng um die Speicherinsel herum Distanz gehalten wurde, damit den Manippels der Zwist der Rattenvölker verborgen blieb, im Stadtkern hemmte nichts die Parteien. Rattengruppen, die aus dem Zeughaus, das neuerdings, wie auch der Theaterbau nebenan, Lagerhaus ist, Maiskolben und nicht entkernte Sonnenblumen trugen, um diese Feldfrüchte als Zehnten durch die Wollbergasse, die Langgasse hoch und durchs Grüne Tor auf die Brücke zur Speicherinsel zu schleppen, wurden schon vorm Zeughausportal von Rattenhorden, die aus der Jopengasse einfielen, angegriffen und in Zweikämpfe verwickelt. Dezimiert und geschwächt gelang es nur wenigen Transportgruppen der Versöhnler, sich bis zur Brücke durchzukämpfen: Schmale Kost fiel den Manippels zu.
Ich rief: Ein magerer Tribut ist das!
Die Rättin: Immer noch viel zuviel!
Ich: Jedenfalls leiden sie Mangel.
Geschieht Ihnen recht! rief sie, tun ja nichts als fressen und rammeln und rammeln und fressen.“
Günter Grass (16 oktober 1927 – 13 april 2015)
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