De Duitse schrijver en jurist Bernhard Schlink werd geboren in Großdornberg op 6 juli 1944. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007 en ook mijn blog van 6 juli 2008.
Uit: Der Vorleser
„Als ich fünfzehn war, hatte ich Gelbsucht. Die Krankheit begann im Herbst und endete im Frühjahr. Je kälter und dunkler das alte Jahr wurde, desto schwächer wurde ich. Erst mit dem neuen Jahr ging es aufwärts. Der Januar war warm, und meine Mutter richtete mir das Bett auf dem Balkon. Ich sah den Himmel, die Sonne, die Wolken und hörte die Kinder im Hof spielen. Eines frühen Abends im Februar hörte ich eine Amsel singen.
Mein erster Weg führte mich von der Blumenstraße, in der wir im zweiten Stock eines um die Jahrhundertwende gebauten, wuchtigen Hauses wohnten, in die Bahnhofstraße. Dort hatte ich mich an einem Montag im Oktober auf dem Weg von der Schule nach. Hause übergeben. Schon seit Tagen war ich schwach gewesen, so schwach wie noch nie in meinem Leben. Jeder Schritt kostete mich Kraft. – Wenn ich zu Hause oder – in der Schule Treppen stieg, trugen mich – meine Beine kaum. Ich mochte auch nicht essen. Selbst wenn ich mich hungrig an den Tisch setzte, stellte sich bald Widerwillen ein. Morgens wachte ich mit trockenem Mund und dem Gefühl auf, meine Organe lägen schwer und falsch in meinem Leib. … „
(…)
“Ich wartete im Flur. Sie zog sich in der Küche um. Die Tür stand einen Spalt auf. Sie zog die Kittelschürze aus und stand in hellgrünem Unterkleid. Über die Lehne des Stuhls hingen zwei Strümpfe. Sie nahm einen und raffte ihn mit wechselnd greifenden Händen zu einer Rolle. Sie balancierte auf einem Bein, stützte auf dessen Knie die Ferse des andren Beins, beugte sich vor, führte den gerollten Strumpf über die Fußspitze, setzte die Fußspitze auf den Stuhl, streifte den Strumpf über Wade, Knie und Schenkel, neigte sich zur Seite und befestigte den Strumpf an den Strumpfbändern. Sie richtete sich auf, nahm den Fuß vom Stuhl und griff nach dem anderen Strumpf.”
Bernhard Schlink (Großdornberg, 6 juli 1944)
De Ierse dichter en schrijver dichter William Wall werd geboren in Cork City in 1955. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007.
The Coming Of Fire To Ireland
water is our element
The alder and the sally thrive
the whitethorn’s cold
glowing on dark skin
the tonguetip
of the blackthorn
the yellowflamed furze
on sullen summer days
light comes out of another world
and thunder puts its spin
on our drowsy air
like everything else
fire came from strangers
(to crack stones
and boil water)
we thought they were gods
since then we have not
gone far
we hunker by the streams
telling elaborate lies
and watching the hillsides burn
The Transplant
under our striped quilt
you are sleeping
your head off
no one has
perfected the art
of head transplant
I should wake you
while there is still time
I love your sleepy head
William Wall (Cork City, in 1955)
De Duitse schrijver Bodo Kirchhoff werd geboren op 6 juli 1948 in Hamburg. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007 en ook mijn blog van 6 juli 2008
Uit: Eros und Asche
„Ich hätte mehr auf mich hören sollen, auf mein Bangen um ihn in diesen Minuten, die so wenig von letzten Minuten hatten, statt zu glauben, es würde einfach immer so weitergehen mit unserer lebenslangen ungeklärten Freundschaft. M.s plötzliches Erzählen von dem versteckten See, auf dem zu rudern für ihn wohl noch einmal das Glück war – wir telefonierten spät abends, ich sah auf meinen völlig unversteckten italienischen Lago –, hatte nämlich etwas Erschütterndes, wie das Erzählen von einem Garten, der verschlossenen Kindern das Herz öffnet, weiter als je danach. Und ihn, der schon immer für sich war, hatten Stille und Schönheit dieses Sees geöffnet, die Farben im Ton der Ufer, flaschen- und salbeigrün, sagte er, je nach Wald oder Schilf, und der Geruch von Harz, wo Bäume bis ans Wasser reichten, oder nach Moder, wo Äste und Laub im Flachen trieben. Er klang süchtig nach der Reinheit eines Sommermorgens, dem leisen Klatschen der Ruderblätter, von dem er sprach, oder der frühen, über Kiefern und Birken schießenden Sonne. Sein versteckter See schien das letzte, für ihn erreichbare Stück Welt zu sein, das ihn noch staunen ließ, obwohl er dort alles kannte, aber nichts davon in sich zerpflückt hat, wie er es sonst mit allem und jedem tat; und so war es die richtige Umgebung, um dort das Lebe
n zu lassen, oder, wie es auch heißt, den Geist auszuhauchen – animam efflare, schon damals in Lateinstunden nur allzu gern von ihm aufgegriffen.
Unsere erste Begegnung war an einem offenen Fenster, dritter Stock, ich hatte etwas kühn auf der Kante gesessen, schon im Schlafanzug, und zum Sportplatz hinter dem
Schlossheim geschaut, zu dieser Stunde am Anreisetag nach den Osterferien – einst der Beginn des Schuljahrs –, im letzten Licht, und er kam zur Tür herein. Mit der einen
Hand trug er seinen Koffer, in der anderen hielt er Zigaretten und Feuerzeug, schlecht verborgen, weil die Hand zu schmal war; dafür hatte sein Blick etwas, das einen Fünfzehnjährigen schon wie den Mann auf verlorenem Posten aussehen lässt, wenn er nicht einen Gegenstand der Überheblichkeit mit sich führt, ein Buch, eine Kamera, eine Brille oder eben Zigaretten und Feuerzeug.“
Bodo Kirchhoff (Hamburg, 6 juli 1948)
De Duitse dichter en schrijver Marius Hulpe werd geboren op 6 juli 1982 in Soest, Nordrhein-Westfalen. Hij studeerde filosofie, literatuur-, theater- en mediawetenschappen in Leipzig, Potsdam en Berlijn en vanaf 2006 creatief schrijven en culturele journalistiek in Hildesheim. Gedichten, essays en proza van hem verschenen in diverse bloemlezingen en literaire tijdschriften. In 2008 verscheen zijn debuutbundel „wiederbelebung der lämmer“. Zie ook mijn blog van 19 juni 2009.
milchherz
wo, in dieser fahrigen stunde,
hier, auf mühelos verfaulendem land,
wo die grütze nicht mehr grütze, hier,
im nährboden schimmelnder ämter,
eine sanft sedierende petrischale,
wo, in dieser stunde, die einzige frage:
bin ich gelandet?, hier, wo man luftlöcher schlägt
in jeden heimlichen gedanken &
wo der geballte frust dient, äußerst nützlich,
zur manifesten zerstreuung, zum asbest der herzen,
in traurigen stunden wird darum geschwiegen,
ihr milchigen herzen, ich milchiges herz:
wo sind wir geblieben, wo sind wir gelandet
als sammler von öden sekunden, von haken & haaren
in unseren suppen, dem tä
glich forcierten geschäft.
Marius Hulpe (Soest, 6 juli 1982)
De Franse schrijver Fabrice Colin werd geboren op 6 juli 1972 in Parijs. Hij debuteerde in 1997 met de roman Neuvième cercle. Menkan zijn werk tot science-fiction, fantasy of magisch realisme rekenen, maar vaak doorbreekt hij ook diverse genregrenzen.
Uit: La Saga Mendelson
“Ce livre relate le destin d’une famille : les Mendelson, dont l’histoire, cinq générations durant, s’est confondue avec celle du vingtième siècle.
Bien que l’idée de rédiger une telle somme ait parfois traversé l’esprit de certains d’entre nous, c’est un étranger qui s’est finalement attelé à la tâche, un goy comme persistait à les appeler ma mère au soir de sa vie.
La première fois que j’ai rencontré Fabrice, il n’avait pas vingt ans : il participait à l’un de ces fameux programmes d’échange dont nos pays sont si friands et sa correspondante
était Joyce, la fille cadette de mon cousin Ralph. Joyce et Fabrice sont nés à une semaine d’intervalle, en 1972. Bien qu’il me soit impossible d’étayer cette affirmation, je les soupçonne d’être tombés brièvement amoureux l’un de l’autre lors d’un certain été 1989 avant de redevenir ce pour quoi, sans doute, ils avaient toujours été faits : d’inséparables amis. À compter de cette période, Fabrice est entré dans le cercle plutôt fermé des fidèles de la famille. À maintes reprises, il est venu nous rendre visite à New York, ainsi que dans la désormais légendaire maison Mendelson de Greenwich où nous avions coutume de tenir nos interminables réceptions familiales. C’est là, en juillet 1994, qu’il
a attendu à nos côtés le retour de la fille prodigue partie comme journaliste au Rwanda, et dont nous pensions, la peur au ventre, qu’elle pourrait bien ne pas revenir en vie.
Je me souviens parfaitement de ce week-end. Comment l’oublier ? Joan, la mère de Joyce, était montée s’enfermer dans sa chambre, et rien ni personne ne semblait pouvoir l’en faire sortir. Leah, ma mère à moi, qui avait pris à l’époque ses quartiers permanents dans la demeure de son défunt aîné, sirotait tranquillement son éternelle limonade, alanguie sur sa chaise longue en bois de cerisier.“
Fabrice Colin (Parijs, 6 juli 1972)
De Duitse dichter en schrijver Tobias Sommer werd geboren op 6 juli 1978 in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein). Hij publiceerde in literaire tijdschriften (entwürfe, Zeich
en und Wunder, DUM, Belletristik) en bloemlezingen. In 2005 verscheen de verhalenbundel Meer über uns, in 2007 de gedichtenbundel zu viele Tragflächen.
Bankgeheimnis
Allein im Vorraum
die Tür rastet kostenlos
ich gehe drei Schritte
die Tinte auf dem
Überweisungsträger
trocknet sofort
Ich könnte die Schließfächer
sprengen mein Hab und Gut
verbuchen fremdes Nichts
abheben die Stille um mich
herum greifen wie einen
Lottogewinn
und anonym bleiben
Ich drehe eine Geheimnummer
meinen Kopf und sehe
einen Landstreicher
er schweigt mittellos und
fordert mit seinen Augen
etwas weil er hat
Anstand
und ich bleibe anonym
Tobias Sommer (Bad Segeberg, 6 juli 1978)
De Amerikaanse schrijver, draaiboekauteur en regisseur Peter Hedges in West Des Moines, Iowa, op 6 juli 1962. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007 en ook mijn blog van 6 juli 2008.
Uit: Dan in Real Life (Samen met Pierce Gardner)
„DAN
“Hey, I’m sorry. I was way, way out of line —
MITCH
“No, you’re never out of line. You’re my brother. . . .
DAN
“Yes, but I think you’ll understand when I tell you —
MITCH
“Listen, bro: There’s nothing you could do or say that would upset me.
DAN
“But the woman I met before at the bookstore —
MITCH
(Over Dan)
“Wait, can I just say one thing?
(Beat)
When you were talking about all my other girls, I realized something. What I feel for Marie is . . . different.
Mitch looks toward the family room. Dan looks, too.
Dan’s POV: From this angle, Marie can be seen through the doorway taking her turn, acting out a charade.
MITCH
“You know that feeling when your . . .
Mitch unconsciously touches his chest.
DAN
“Heart . . .
MITCH
“When your heart is . . .
DAN
“Pounding . . .
MITCH
“Yes . . . DAN
“. . . like it’s actually outside your ribs . . .“
Peter Hedges (West Des Moines, 6 juli 1962)
De Libanees-Australische dichter en schrijver Wadih Saadeh werd geboren in Shabtin in Libanon op 6 juli 1948. Hij werkte als journalist in Beirut, Parijs en Nicosia voordat hij in 1988 naar Australiër emigreerde. Daar begon hij te werken voor een Libanese krant in Sydney. Hij heeft tien dichtbundels gepubliceerd in de Arabische taal. Vertalingen verschenen in het Duits, Engels, Frans en Spaans.
Das Leben
Er vertrieb sich ein bisschen die Zeit,
zeichnete eine Vase,
zeichnete in der Vase
eine Blume,
und Duft stieg aus dem Papier.
Er zeichnete ein Glas Wasser,
trank einen Schluck
und goss die Blume.
Er zeichnete ein Zimmer,
stellte ins Zimmer ein Bett
und schlief ein.
Und als er erwachte,
zeichnete er ein Meer,
ein tiefes Meer,
und ertrank.
Vertaald door Stefan Weidener
That day’s walk
The day he left
his fingers remained on the lock
his feet on the sidewalk
a layer of skin over the asphalt
Is this a walk or a death?
they asked, and when he
lifted his arms, they said
that he was trying to fly
but he was only waving
goodbye to his face
Vertaald door Sargon Boulus
Wadih Saadeh (Shabtin, 6 juli 1948)
De Franse dichter Serge Pey werd geboren in Toulouse op 6 juli 1950. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007 en ook mijn blog van 6 juli 2008.
Ce matin l’éternité a duré très peu de temps
dans la lumière
Elle s’est pendue à un arbre
au bout de la corde d’un oiseau
Mais son chant a été plus grand
que l’éternité toute entière
Le ciel est brûlant
Le soleil est bleu
Notre poésie ne fait que déplacer des adjectifs
dans les définitions
Ce n’est pas notre guerre
mais nous faisons partie de ce monde
Ce n’est pas notre monde
mais nous faisons partie de cette guerre
Plus nous sommes près du danger
plus nous sommes en paix
Le temps a des éternités que le temps ne connaît pas
Nos adjectifs ne font que déplacer la poésie :
Le ciel est bleu
Le soleil est brûlant
Le lieu commun peut prendre
sa place dans un poème
en s’arrêtant d’être commun
et en désignant soudain un lieu
que nous n’avons jamais cessé de voir
Le bleu est devenu brûlant
et notre guerre ne fait
pas partie de ce monde
Là-haut au début du poème
l’oiseau s’est libéré de la corde
et l’éternité tout entière s’est remise à chanter
Serge Pey (Toulouse, 6 juli 1950)
De Duitse dichter en schrijver Walter Flex werd geboren op 6 juli 1887 in Eisenach. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007.
Uit: Der Wanderer zwischen beiden Welten
„Eine stürmische Vorfrühlingsnacht ging durch die kriegswunden Laubwälder Welsch-Lothringens, wo monatelanger Eisenhagel jeden Stamm gezeichnet und zerschroten hatte. Ich lag als Kriegsfreiwilliger wie hundert Nächte zuvor auf der granatenzerpflügten Waldblöße als Horchposten und sah mit windheißen Augen in das flackernde Helldunkel der Sturmnacht, durch die ruhlose Scheinwerfer über deutsche und französische Schützengräben wanderten. Der Braus des Nachtsturms schwoll anbrandend über mich hin. Fremde Stimmen füllten die zuckende Luft. Über Helmspitze und Gewehrlauf hin sang und pfiff es schneidend, schrill und klagend, und hoch über den feindlichen Heerhaufen, die sich lauernd im Dunkel gegenüberlagen, zogen mit messerscharfem Schrei wandernde Graugänse nach Norden.
Die verflackernde Lichtfülle schweifender Leuchtkugeln hellte wieder und wieder in jähem Überfall die klumpigen Umrisse kauernder Gestalten auf, die in Mantel und Zeltbahn gehüllt gleich mir, eine Kette von Spähern, sich vor unseren Drahtverhauen in Erdmulden und Kalkgruben schmiegten. Die Postenkette unsres schlesischen Regiments zog sich vom Bois des Chevaliers hinüber zum Bois de Vérines, und das wandernde Heer der wilden Gänse strich gespensterhaft über uns alle dahin. Ohne im Dunkel die ineinanderlaufenden Zeilen zu sehen, schrieb ich auf einen Fetzen Papier ein paar Verse…“
Walter Flex (6 juli 1887 – 16 oktober 1917)
De Finse dichter en schrijver Eino Leino (eig. Armas Eino Leopold Lönnbohm) werd geboren op 6 juli 1878 in Paltamo. Zie ook mijn blog van 6 juli 2007.
Nocturne
Liegt des Wachtelkönigs Lied im Ohr,
überm Ährenfeld der volle Mond;
Sommernacht, sie trägt mein Glück mir vor,
Schwendbrandschwaden überm Talgrund thront.
Fernab Freude, Kummer, Seufzerhauch;
Waldesdunkel tragt herzu und auch
Wolkenröte, drin der Tag ertrinkt,
windgen Berges Blau, das traumversinkt,
Wasserschatten und Linnäenduft;
meines Herzens Lied aus alldem ruft.
Dir ich singe Feinslieb, Sommergras,
meines Herzens tiefe Stille sei,
meinen Glauben mir in Töne faß,
grün den Kranz aus Eichenzweigen neu.
Jag dem Irrlicht nicht mehr hinterdrein,
Glücksgold bettet meiner Hand sich ein;
enger zieht sich meines Lebens Kreis;
still die Wetterfahne, ohne Zeit;
auf dem Weg ins Unbekannte weiß
Dämmrung mir zu geben das Geleit.
Vertaald door Manfred Peter Hein
Eino Leino (6 juli 1878 – 10 januari 1926)
Stanbeeld in Kajaani
De Duitse schrijver Paul Keller werd op 6 juli 1873 in Arnsdorf geboren. Hij werd opgeleid tot leraar en was tussen 1896 en 1908 ook werkzaam in dat beroep in Breslau. Hij richtte het tijdschrift Die Bergstadt (1912–1931) op en schreef streekromans als „Das letzte Märchen“. Samen met Paul Barsch maakte Keller tussen 1903 en 1927 talrijke reizen door Europa en Noordafrika. Lezingen en voordrachten voerden hem door heel Duitsland, naar Oostentijk, Zwitserland en Tsjechoslowakije. Keller behoorde in de eerste helft van de 20e eeuw tot de meestgelezen schrijvers. Zijn werk werd in 17 talen vertaald en kende in totaal een oplage van boven de 5 miljoen exemplaren.
Uit:Das Märchen von den deutschen Flüssen
“Frau Gräfin Elbe wollte ihre Gesellschaft geben. Wie immer im intimen Kreise. Nur die Spitzen waren geladen. Schon, weil Se. Majestät erschien. König Rhein ist ja recht leutselig, zumal wenn er (ganz im Vertrauen gesagt) ein Gläschen zuviel getrunken hat, und das hat er (in noch tieferem Vertrauen gesagt) eigentlich oft; aber König ist König.
Nochmals prüfte Gräfin Elbe das Verzeichnis der Geladenen. Ach Gott, man hat seine liebe Not. Der Mangel an Herren! Majestät und seine Kammerjunker Main und Neckar; dann der Inn, der im Gefolge der Donau kommt, und schon ist Schluß. Sonst nur Damen: die Weser, die Oder, die Elbe, die Donau, die Memel. Überschuß an Weiblichkeit wie überall. Dazu die Weichsel. Frau Elbe wußte, daß seine Majestät Wert darauf legt, mit ihr gut nachbarliche Beziehungen zu pflegen. Also mußte auch sie geladen werden. Schließlich hatte sie sich nach langen, schweren Bedenken entschlossen, es mit dem Pregel einmal zu versuchen. Lediglich weil er ein Mann ist; denn sonst — o, man kann sich denk
en, was der Kerl aus seinen masurischen Wäldern für ein Odeur in den Salon bringen wird. Aber er hat eine freie Standesherrschaft, und — er ist ein Mann. Eine Art Mikosch unter den deutschen Flußherrschaften. Man muß es eben probieren.
Die Oder hat einen schmucken Trabanten, den Bober, den könnte sie mitbringen. Soll Zwar Zuweilen den Koller kriegen und dann alles drunter und drüber werfen, aber, lieber Himmel, Temperament ist ja beliebt bei den Damen. Tem— pe—ra—ment! Den Bober läßt die Oder zu Haus. Dafür bringt die Alte jedes Jahr die Warthe mit, das hausbackene, melancholische Mädchen.”
Paul Keller (6 juli 1873 – 20 augustus 1932)