Cornelia Schmerle, Urs Jaeggi, Wolfgang Koeppen, Robert C. Hunter, Philip Weiss

De Duitse dichteres Cornelia Schmerle werd geboren op 23 juni 1973 in Berlijn. Zie ook mijn blog van 23 juni 2010.

 

Aufenthalte

»Wenn du abends kommst und mich besuchst,

bring mir immer einen Strang Seide mit.

Ich werde daraus ein Seil flechten.

Wenn es fertig ist, klettern wir beide

daran herunter und fliehen.«

aus Rapunzel

I

Hin und wieder gerät Madrid in die Klaue des Tigers;

du zählst es aus, verlangst mich dazu,

mein Beistehen in dieser grauenvollen Stunde

deiner Wolllust, eine Stadt dem Boden gleich zu machen.

Es sind die Seminare deines kühlen Kopfes,

von denen ich wenig halte; halten aber muss

in den Puppengelenken, die von vorsichtigen Händen

in einer einzigen Nacht nur gemacht sind,

ich weiß es – ich bezahle unser Heim, die Luft,

an der wir gedeihen und verderben: grün, blau und

rot bei Licht; bei Projektur der Tage, die – das glaube mir –

nicht zu zerstören ist, so einfach wie dein Wild.

 

II

Du brauchst den Anhaltspunkt, dieses:

Halt an! Hier!

Und ich –

vielleicht schwebe oder schwimme ich

dir zu und fort und wieder hin;

das Rückenmark aus Zitrone,

die Essenz einer nicht verdauten Oblate.

Mein schwierigstes Unterfangen:

zu bergen, was ich liebe.

Ich beginne mit den Berührungen

an dir, an mir, an den plötzlichen Schnittstellen,

die ausfahrn aus beleidigtem Himmel,

Aufmerksamkeit reißen, natürlich –

das Kindlein ist ausgerückt,

entrückt, verrückt mehr als die geschworne Sekunde;

mein Beileid, den neu entdeckten Leberflecken

auf Haut und Wort, dem Kanon

der Naturen, die sich nicht erklärn;

der Ertrag des Zauberhaften

liegt wie mein Kopf schon ungehalten

hier im Korb vor dir, ein Bukett des Ganzen.

 

Cornelia Schmerle (Berlijn, 23 juni 1973)

 

De Duitse schrijver en essayist Wolfgang Arthur Reinhold Koeppen (eig. Köppen) werd geboren op 23 juni 1906 in Greifswald. Zie ook mijn blog van 23 juni 2007 en mijn blog van 23 juni 2008 en ook mijn blog van 23 juni 2009.

 

Uit: Amerikafahrt und andere Reisen in die Neue Welt

„Die Kasernen der geimpften Kreuzritter auf Europas Boden, der erneuerte Limes am Rhein, Raketenrampen im schwarzen Revier, Versorgungsbasen bei der hohen Schule von Salamanca, Bulldozer, Planierungsmaschinen, Höhlenbohrer, Verstecke für die Angst, Unterstände für die Torheit, die alten Weinberge den Göttern und den Heiligen und dem Umsatz geweiht, das deutsche Vorfeld, die germanische Mitte, des Erdteils gebrochenes Herz, Maginots wiedererstandene Illusionen, die Kolonien der Feldoffiziere und Sergeanten mit dem Indianergesicht, Nachbarschaft und Isolierung, die Main Street mitgebracht, die Kirchen aus dem Koffer gepackt und die Jagdflugplätze für den Sturm, den Sand und das Vergessen gebaut am Freienreichs- stadtrand, die Schulbusse der selbstbewußten Kinder mit den Sicherungssprüchen der schon in die Wiege gelegten Zukunft, Weltherrschaftsaspiranten schüchtern und laut in der Altheidelbergschau, das Gentlemandasein der Whiskyreklame bei deutschem Flaschenbier, mitgereist die Einsamkeit der Prärie, mitgereist die heiße und kalte Luft der Nevadawüste, unvergessen im Getto der Herkunft der gute und böse Wind Chicagos, Automaten der Liebe und Automaten des Gesanges für den Traum des Nichtalleinseins, Viersternegenerale auf den Elyseeischen Feldern, Funksprüche aus dem Pentagon, die Banner des Atlantikpaktes im freundlichen Wald von Marly-le-Roi, tot die christlichen Könige, magistral die Ansprachen des Präsidenten im Weißen Haus, urbi et orbi, Reden zum Schornstein hinaus, zur Nachrichtenstunde des Rundfunks verbreitete Furcht und Hoffnung, das gute Geld des Marshallplans, der feste Dollar für die unterentwickelten Gebiete, der Scheck für die Freiheit, der Scheck gegen den Hunger, der Scheck für das Öl, die Milliarden für die Forschungen von Peenemünde, der Rauch für den Mond, die stars and stripes über denKonsulaten und Bibliotheken des american way of life, auf den abendlichen Leinwänden jedem Dorfjungen vertraut die Lichterschlucht des Broadway, Californiens sonnenblanke Straßen, das Familiengebet vor dem geöffneten Schrein des Kühlschranks, die chromstrahlende Manneskraft der Pferdestärken, die Busen und Beine der handelfördernden Schönheitsköniginnen, entzückte Augen, gezückte Pistolen, der große Krieg von Wildwest und die große Schlacht in den Dschungeln der Städte, Gestalten aus Kleinbürgersehnsüchten und Unerwachsensein und Triumphe im Lebenskampf, Siege in den Wissenschaften, doch auch die irren Lichter O’Neills, die Durchleuchtungen Tennessee Williams’, Faulkners Genie, die Heldensage von  Little Rock, das fruchtbare Unbehagen der Reklameagenten, und dann die Plakate der Luftfahrtgesellschaften, im Sesselschlaf über den Atlantik, du bist schon angekommen, bevor du abgeflogen, so vieler Verführung ist nicht zu widerstehen, doch auch heute noch sollte man zur ersten Pilgerfahrt nach dem Amerika-du-hast-es-besser die Neue Welt zu Schiff ansteuern, von Wellen getragen, wie der wahrlich bewundernswerte Kolumbus, und nicht durch die Luft gerissen, wie der vom Reisebüro verfrachtete Zeitgenosse, begreift man erst wieder, daß wirklich ein Ozean die Kontinente trennt, während der Reisende des fliegenden Schaumgummisitzes allzu geneigt ist, New York für einen Vorort von Berlin oder Paris, aber London, Frankfurt, den Flughafen Wahn und was drum herum liegt für Trabantenstädte Manhattans zu halten.”

 

 

Wolfgang Koeppen (23 juni 1906 – 15 maart 1996)

 

De Zwitserse schrijver, kunstenaar en socioloog Urs Jaeggi werd geboren op 23 juni 1931 in Solothurn. Zie ook mijn blog van 23 juni 2007 en mijn blog van 23 juni 2008 en ook mijn blog van 23 juni 2009.

 

Uit: Wie wir

«Als Kind habe ich die schlaflosen Stunden vor dem In-die-Schule-gehenmüssen schätzen gelernt. Dabei ist es geblieben. Ob ich reglos in einem Bett verharre und manchmal am ganzen Körper brenne, oder ob ich, wenn die Spätheimkehrer verschwunden sind, irgendwo auf einer Strasse herumstreune wenn die Müllabfuhr und die Frühlieferanten noch nicht die Stille brechen. Ich kann, wenn ich es will, ganz leicht über die Wirklichkeit oder das, was so genannt wird, hinweg springen. Ich begehre den kommenden Tag und liebe die Restnacht, die ihren schlechten Atem verloren hat. Vergessen die Unentschiedenheit. Die Nacht hat in diesen Stunden nur sich selbst.»

 

 

Urs Jaeggi (Solothurn, 23 juni 1931)

 

De Amerikaanse dichter, vertaler en tekstschrijver Robert C. Hunterwerd geboren op 23 juni 1941 in San Luis Obispo, California. Zie ook mijn blog van 23 juni 2009.

 

Boys In The Barroom

Does God look down on the boys in the barroom?
Mainly forsaken but surely not judged
Jacks, Kings and Aces, their faces in wine
Do Lord deliver our kind?

From singin’ for whiskey, three strings on a fiddle
Four on the guitar and a song that I love
Many’s the night we spent pickin’ and singin’
In hopes it be pleasing both here and above

Jack string fiddle to my saw tooth bow
Who loves loneliness, loves it alone
I love the dim lights like some love the dew
The only thing I wonder sometimes

Is does God look down on the boys in the barroom?
Mainly forsaken but surely not judged
Jacks, Kings and Aces, their faces in wine
Do Lord deliver our kind?

Robert C. Hunter (San Luis Obispo, 23 juni 1941)

 

Onafhankelijk van geboortedata:

 

De Oostenrijkse schrijver Philip Weiss werd geboren in 1982 in Wenen. Philip Weiss studeerde Germanistik, filosofie en Duits als vreemde taal aan de Universiteit van Wenen. Als een master’s thesis schreef hij een essay over deconstructivist Peter Handke’s A Sorrow Beyond Dreams. Na zijn afstuderen, in 2008, doceerde hij aan de universiteit van Bakoe, Azerbeidzjan. Zijn theatertekstEgon”verscheen in 2008 bij Passagen Verlagen werd in het ​​Leopold Museum in Wenen gepresenteerd als een geënsceneerde lezing en performance. Weiss nam met zijn tekst “Blätterliebe” deel aan de Ingeborg Bachmann-prijs in 2009 en verraste met het feit dat hij aan het einde van de lezing een pagina van zijn tekst op at.

 

Uit: Blätterliebe

„Ich schreibe mit der linken Hand und streiche mit der rechten durch. Manchmal ist es anders. Ich schreibe dann mit der rechten Hand, die linke dient mir dazu durchzustreichen. An seltenen Tagen schreibe ich beidhändig, streiche beidhändig durch. Weshalb ich beinahe nur durchgestrichene Worte, Texte, Geschichten geschrieben habe, ich mir also eine ständig wachsende Sammlung ausgestellt unhaltbarer Sätze zugelegt habe. Nur in seltenen Fällen, wenn eine der Hände müde wird durch die Arbeit des ständigen Streichens, erschlafft, zuerst nachhinkt, zunehmend erlahmt, schließlich daliegt, auf dem Schreibtisch, und der Stift unberührt daneben, ungeöffnet, ebenso daliegt, sodass die andere, die schreibende Hand, in einer plötzlichen Freiheit, Improvisation, sich über das Papier zu bewegen beginnt, alle Vorsicht ablegt, sich überbietet in Unsinnigkeiten, Verrücktheiten, übermütig wird, immer weiter, wilder, so lange, bis die andere, die ihre Streicharbeit vernachlässigende Hand, sich notgedrungen wieder regt, widerständig wird und eingreift, diesem Spiel ein Ende zu machen versucht, den Füller ergreift, ihn zwischen Daumen und Zeigefinger öffnet und schließlich durchzustreichen beginnt, nur in diesen seltenen Fällen, diesem Fallen des Körpers also entstehen meine Texte. In dieser Nachlässigkeit, dieser Blöße des Körpers entstehen meine Texte. In dieser Reglosigkeit, Starre, nur in diesem Geschlampe des Körpers, in diesem Körpertheater entstehen meine Texte.“

 


Philip
Weiss (Wenen, 1982)