Helene Uri

De Noorse schrijfster en taalkundige Helene Uri werd geboren op 11 december 1964, in Stockholm. Zij groeide echter op in Oslo. In 1996 promoveerde zij aan de Universiteit van Oslo in de taalkunde. Zij schreef zowel non-fictie- boeken als romans en kinderboeken. In haar eerste roman “Anna på fredag” (Anna op vrijdag, uit 1995) bracht zij kinderen dichter bij de aard van de taal, zoals Jostein Gaader dat met filosofie deed in “De wereld van Sofie”. Tot haar romans behoren “Dyp rød 315” (Diep rood 315) uit 2001, en “Honningtunger” (Honingtongen) uit 2002. Haar roman “De beste blant oss” (De besten onder ons) uit 2006, die zich bezighoudt met machtsstrijd, intriges en laster in academische kringen werd door de critici goed ontvangen.Terwijl ze werkte voor haar roman “Rydde ut” (Uitruimen), die speelt in Finnmark, ontdekte Uri dat haar familie deels Sami is. Dat was door het normalisatieproces van haar familie in Noorwegen in de vergetelheid geraakt. Uri was adjunct-hoogleraar aan het departement taalkunde van de universiteit van Oslo van 1998 tot 2005 toen ze stopte om een fulltime schrijver te worden. Vanaf 2012 was zij professor II in creatief schrijven aan het College van Kristiania. Zij is lid van de Noorse Academie voor Taal en Literatuur, bestuurslid van de Noorse Taalraad en jury lid van de Literatuurprijs van de Noorse Raad.

Uit: Anna am Freitag (Vertaald door Gabriele Haefs)

“Das klingt aber nicht sehr spannend”, sagte ich und schaute zu dem dicken grauen Buch hinüber.
“Ist es aber! Linguistik ist ein anderes Wort für Sprach- wissenschaft. Wir studieren unterschiedliche Sprachen. Wir sehen, wie Sprachen aufgebaut sind, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern und noch vieles andere. Was wir hier in der letzten Stunde gemacht haben, war auch Sprachwissenschaft. Und das hat doch Spaß gemacht, oder?” fragte Anna und wurde wieder ein wenig rot.
(…)

„Anna hatte mir gerade erzählt, dass so eine Kuh aus purem Zufall Kuh heiße. Sie könnte auch „Uk“ oder „Skruff“ heißen, behauptete Anna. Ich verstand nicht so ganz, wie sie das meinte. „Ich kann doch nicht plötzlich alle Kühe Skruff nennen. Dann würde mich kein Mensch mehr verstehen“, protestierte ich. „Die Skruff gibt uns Milch, das geht doch nicht.“ „Nein, stimmt“, sagte Anna. „Was ich meine, ist, dass der Klang eines Wortes nichts mit seiner Bedeutung zu tun hat. Die Laute k und u stehen in keiner logischen Verbindung zum Tier Kuh.“ „Das nicht“, sagte ich, wusste aber zugleich immer noch nicht so recht, was sie meinte. „Dass Kuh in anderen Sprachen anders heißt, ist eigentlich schon ein Beweis. Auf Französisch heißt sie vache, auf Spanisch vaca, auf Türkisch inek und auf Irisch bó.“ „Aber auf Englisch heißt sie cow, und das hat, finde ich, große Ähnlichkeit mit der Kuh.“ „Stimmt, auf Norwegisch heißt sie ku. Das liegt daran, dass Deutsch, Englisch und Norwegisch eng miteinander verwandt sind. Aber es besteht keine logische Verbindung zwischen den Klängen und ihrer Bedeutung, in keiner Sprache. Vache, vaca und bó waren ursprünglich übrigens auch dasselbe Wort.“ Ich runzelte die Stirn und versuchte, das zu begreifen. „Bist du immer noch nicht überzeugt?“, fragte Anna und latschte mitten durch eine Pfütze. „Dann versuchen wir die ganze Sache auf den Kopf zu stellen. Die beiden Buchstaben or bedeuten auf Norwegisch eine Baumsorte, auf Englisch dagegen oder und auf Französisch Gold. Verstehst du, wie zufällig das ist? Was sagt übrigens die Kuh?“ „Die sagt muuuuuh!“, antwortete ich und Helle fuchtelte beglückt mit den Händen. „Hat das etwas mit der Sache zu tun?“ „Ja, es ist nämlich kein Zufall, dass die Kuh muh sagt. Lautmalende Wörter sind niemals zufällig entstanden. Das Wort Krähe haben wir uns ausgesucht, weil es so ähnlich klingt wie der Krähenruf. Der Wind saust, sagen wir. Sausen ist auch ein lautmalendes Wort. Aber Wörter müssen sich nicht nach ihrer Bedeutung anhören. Die meisten tun das eben nicht.“.


Helene Uri (Stockholm, 11 december 1964)