Josef Winkler, Heinz Knobloch, Alexandros Papadiamantis, Charles Sealsfield, William Godwin, Paul Guimard, Edmund Waller, Thomas Otway

De Oostenrijkse schrijver Josef Winkler werd geboren op 3 maart 1953 in Kamering, Kärnten. Zie ook alle tags voor Josef Winkler op dit blog.

Uit: Natura morta

„Mit weissen Pfirsichen und mit einem Strauß roten Ginsters lief ein alter Mann einer gehbehinderten, auf einen Ubahneingang der Stazione Termini zuhumpelnden Frau nach, die in einem durchsichtigen Plastiksack zwischen frischem Gemüse die Cronaca vera stecken hatte, überreichte ihr die Blumen und rief der überrascht sich umdrehenden, den Ginster in Empfang nehmenden Frau »Auguri e tante belle cose!« zu, die sich für die Aufmerksamkeit bedankte, ehe sie vorsichtig über die Treppe der Ubahn hinunterschlurfte mit ihrem Pfirsichsäckchen, dem roten Ginsterstrauß, den Liebesleid- und Unglücksgeschichten, den Mord- und Selbstmordgeschichten in der Cronaca vera. Vor der rollenden Ubahntreppe kniete ein verschmutzter, einen Pappdeckel mit der Aufschrift Ho fame! Non ho una casa! haltender Bettler. Zu seinen nackten Füßen lag ein großes Heiligenbild von Guido Reni, auf dem der Erzengel Michael mit einem Schwert auf den am Rande der Hölle liegenden Dämon niedersticht, der die Gesichtszüge des Kardinals Pamphilj, des späteren Papstes Innocenzo X, trug. Neben dem Heiligenbild, auf dem ein paar zerknitterte Lirescheine lagen, flackerte eine Kerze in einem roten Plastikbehälter. Einer der drei über die rollende Ubahntreppe kollernden Granatäpfel sprang auseinander, rote Granatäpfelkerne rieselten über die Betonstufen hinunter.
Unter den gruppenweise vor einem Blumenladen in der Ubahnhalle umherstehenden, buntbekleideten Somalierinnen, die als Dienstboten in römischen Haushalten arbeiten, bei Bekannten wohnen und noch keine Adresse haben, verteilte ein Mann ein dickes Bündel Briefe mit arabischen Aufschriften. Ein schwarzhaariger, ungefähr sechzehnjähriger Junge, der lange, fast seine mit Sommersprossen übersäten Wangen berührende Wimpern hatte und ein silbernes Kruzifix um seinen Hals trug, las laut die Kritzelei von der Wand der Ubahnstation Luisa ama Remo. Ti voglio bene da morire!
In der Ubahn gab zur Begrüßung ein Mann einer Frau einen Kuß und patschte mit seiner flachen Hand mehrere Male auf ihre Kniescheiben, während sie mit der Faust ihrer rechten Hand auf seine Oberschenkel klopfte. Unmittelbar danach, bevor er bei der nächsten Station die Ubahn verließ, küßte er ihre geballte Faust und verabschiedete sich mit »Auguri!«. Neben seiner verknöcherten, eine glitzernde Sonnenbrille tragenden und einen schwarzen Fächer schwenkenden Großmutter saß mit hängendem Kopf ein schwachsinniger, einen leichten Bartflaum auf der Oberlippe tragender Knabe.“

 
Josef Winkler (Kamering, 3 maart 1953)

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Heinz Knobloch, Alexandros Papadiamantis, Charles Sealsfield, William Godwin, Paul Guimard, Edmund Waller, Thomas Otway

De Duitse schrijver en feuilletonist Heinz Knobloch werd op 3 maart 1926 in Dresden geboren. Zie ook alle tags voor Heinz Knobloch op dit blog.

 

Uit: Geisterbahnhöfe

“Es konnte die stehengebliebene, anbefohlene Dekoration sein zum gerade noch vom Volk gestatteten 40. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik. So sah sie aus im Schaufenster und hätte vielleicht noch die Leser geärgert einen Monat später. Jetzt aber erfreute das Schaufenster.
Wegen dieser Darbietung bisher kaum beachtet. Nun aber stand da ein Kärtchen, gut sicht- und lesbar auf einem Glasträger in der Mitte und lautete schlicht »Alles umsonst«.
Es könnte als Kernwort stehen neben: »Wir sind das Volk«.
»Alles umsonst« galt auch für die geschlossenen und abgesperrten Bahnhöfe auf Ostberliner Gebiet. Alle Mühe war umsonst gewesen. Sie hatte nur viel gekostet. Nicht bloß Geld, wie wir wissen.
Wenn von Reisefreiheit die Rede war, oder dieser Gedanke jahrelang unausgesprochen in vielen Köpfen lebte, dann meinte man in Berlin zunächst das Nutzen sämtlicher Verkehrsmittel.

Kaufte man einen Stadtplan in der »Hauptstadt der DDR«, dann gab es neben der Hauptstadt eine Art Niemandsland, weiß gelassen, nein frei gelassen im feinsten Doppelsinne. Nur ein paar Bächlein waren eingezeichnet.
Und wer wußte von den Bahnlinien unter der volkseigenen Erde? Gelegentlich erschienen sie als westliches Fernsehbild zum Wundern.
Wer dabei war muß erzählen. ….

 

Heinz Knobloch (3 maart 1926 – 24 juli 2003)

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