Matthias Zschokke, Harald Hartung, Michel van Stratum

De Zwitserse dichter, schrijver en filmmaker Matthias Zschokke werd geboren op 29 oktober 1954 in Bern. Zie ook alle tags voor Matthias Zschokke op dit blog.

Uit: Auf Reisen

„Dann natürlich das Goethehaus. Schon nur das Entree, in das er sich eine so genannt italienische Treppe hat einbauen lassen, eine Art Behindertenrampe mit extrem niedrigen Stufen, über die er den Besuchern entgegengleiten oder -schweben konnte. Wer Schauspieler kennt, weiss, welch magischer Ort eine Treppe für sie ist; ein Auftritt über die Treppe ist das schönste Geschenk, das man einem Showstar machen kann. Goethe war Theatermann. Das ganze Haus ist durchinszeniert mit sicherem Gespür für Effekt – angefangen beim viel zu grossen Junokopf im Salon, dem die Aufgabe zukommt, den ankommenden Gast zu überwältigen, was er bravourös schafft.
Alles stellt Kunstsinn dar, Süden, Überfluss, Grosszügigkeit, souveräne Nonchalance, doch alles ist Bühnenbild, Requisit. Die griechisch-römischen Plastiken sind Kopien aus Gips (zum Teil angemalt, damit sie Bronze spielen können). Die italienischen Malereien sind ebensowenig Originale; ein Herr Meyer aus Stäfa hat sie in Goethes Auftrag in Italien abgemalt. Alles ist ein bisschen eng, behelfsmässig.
Das sind auch die herzöglichen Schlösser, Rumpelschlösschen, in denen Marmor prinzipiell nur gemalt vorkommt und Fussböden aus einfachen Brettern zusammengenagelt sind; Parkett ist ein seltener Luxus; Statuen – darunter so zauberhafte wie “Die Frierende” im Schloss Tiefurt – konnte man sich nur als Nachbildungen aus Papiermaché leisten. Ein ganzes kleines Fürstentum, alles andere als vermögend, das sich streckt nach hehrer Grösse, Freizügigkeit, Offenheit, Lebensideal. Klassik nicht als Erhabenheit, keine kalte Pose, kein erklommener Gipfel, nichts Erreichtes, sondern etwas Geträumtes, etwas heiss Ersehntes. Das wusste ich nicht; es hat mich für sich eingenommen.
Die Parkanlagen, die das Stadtschloss, die Sommersitze und das Städtchen offen miteinander verbinden, ohne Mauern, die das Fliessen stören, die morschen Villen, die später dazugekommen sind, die Ilm, die sich frei durchschlängelt, die Schwäne darauf, die Rostbratwürste an den Strassen (unbedingt vom Holzkohlengrill), das Café am Frauentor (unbedingt thüringische Schmandtorte), das Neue Museum (unbedingt), die Pension im Haus der Frau von Stein, verwunschen wie Dornröschens Schloss, in der schon Marlene Dietrich wohnte, als sie noch Geigenvirtuosin werden wollte und in Weimar Unterricht nahm – das alles ist zutiefst deutsch, schwermütig, mit dem innigen Wunsch nach Heiterkeit, melancholisch zum Umarmen.
Dummerweise fiel eine Nacht meines Aufenthalts auf den Eröffnungstermin von “Weimar Kulturstadt Europas”, zu dem alle Hotels ausgebucht waren. Ich musste den “Amalienhof” verlassen. In der Tourist-Information am Markt sitzen jedoch kompetente Leute, die mich umgehend in einer Privatpension (“Gisela”) unterbrachten, einer Gründerzeitvilla in der Nähe des Nietzschehauses, wo ich die Beletage mit Erkerzimmern, Bad und einer geräumigen Terrasse über der Altstadt zugeteilt kriegte (die Inneneinrichtung vielleicht etwas kühn, aber die Lage, die Ruhe, der Raum lassen das vergessen).“

 

Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

 

De Duitse schrijver, dichter en literatuurwetenschapper Harald Hartung werd geboren op 29 oktober 1932 in Heme. Zie ook alle tags voor Harald Hartung op dit blog.

 

Oliedruk (1973)

Bij de waterleidingvijver het dunne
laagje water op het ijs: ik zie
altijd een andere foto de
goedkope oliedruk

boven het bed van mijn ouders: een vijver
zoals deze zwart met water-
rozen en in de bekranste boot
vlezige engelen

rozige konten die driftig
springen als voor de spiegel
iemand die zich op de foto over de rand van de boot
buigt naar het water

waar lichtjes trillen van zoveel
muziek en dan is het al zijn beurt
om te springen en in de
zak zoals de andere

kinderen springt hij en valt en bespeurt
war gras of haar, blijft voor zijn gevoel
jaren liggen of gaat als
vreemdeling voorbij.

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Harald Hartung (Herne, 29 oktober 1932)

 

De Nederlandse dichter en schilder Michel van Stratum werd geboren in Goirle op 29 oktober 1970. Zie ook alle tags voor Michel van Stratum op dit blog.

 

CREATUUR VAN DE NACHT

Creatuur van de nacht
Eenzaam samengebracht

Hij gelooft niet meer
Maar dartelt en spartelt
Opgetogen, ingetogen
Al zijn sporen verbrand

Door
De onstuimigheden

Van zijn éigen beloofde land…

 

Michel van Stratum (Goirle, 29 oktober 1970)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 29e oktober ook mijn blog van 29 oktober 2018 en ook mijn blog van 29 oktober 2017 deel 2 en eveneens deel 3

Matthias Zschokke, Harald Hartung, Michel van Stratum

De Zwitserse dichter, schrijver en filmmaker Matthias Zschokke werd geboren op 29 oktober 1954 in Bern. Zie ook alle tags voor Matthias Zschokke op dit blog.

Uit: Max

„Bestimmt ist das nicht das Wesentliche, aber vielleicht für den Moment – es geht ja ganz schnell
denn er trinkt dann übereilt einige Asbach Uralt. Ich muß das so genau schreiben, weil es sich gleichförmig abspielt. Also: Da er etwas Mühe hat, sich auszudrücken – nein, kein Mitgefühl! bitte! wir haben heute alle Mühe, uns auszudrücken. Er ist überhaupt beängstigend gewöhnlich, auch wenn es sein Lebenslauf nicht verrät. Man schaue nur einmal in sein Appartement, denn ein solches bewohnt er, nicht etwa ein Logis oder eine Bude oder eine Wohnung oder ein Haus, nein, ein Appartement mit Fernseher und Katze und Poltrone (das heißt Sessel) und einer schönen Matratze am Boden, nicht etwa irgendeine Matratze auf den Boden »geknallt«, wie das die Pioniere der Bodenmatratze taten, sondern eine teure Federkernmatratze, aber eben auf den Boden gelegt, in Anlehnung an die von ihm bewunderten Revolutionäre mit Politik im Kopf und Wissen, ja, und natürlich Plattenspieler, Tonbandgerät und was unsere Zeit an schwer herumzutragenden Vereinsamern mehr hervorvorbringt. Einfach alles. Auch einen Wagen hat er, wie jeder wie jeder
23 Jahre alt ist er, der Max
und noch das mexikanische Sticktüchlein auf dem linken Lautsprecher, ein Geschenk seiner Schwester, und das indische Intarsienholzkästlein aus dem Warenhaus in der Schweiz, von seiner Schwägerin, mit dem schwarzen Garn und den Nähnadeln, dem weißen Kissenknopf
Entschuldigung, auf all das kann ich später zurückkommen
Jetzt zu Bea
also: Schnell ein paar Asbach Uralt um seine Sprach- und anderen Hemmungen zu überwin¬den. Denn das hat er, Hemmungen vor Frauen. Aller Art. Zum Beispiel glaubt er, ich sage das nicht gern, weil es leicht geschehen könnte, daß man ihn deswegen auslacht, er glaubt ein bißchen, er sei gut aussehend, und die Frauen seien vorerst immer nur an seinem Aussehen interessiert, und sein wahres Ich (das hat Horvath geschrieben: Der junge deutsche Student sagt zur alternden Valerie: »Wissen Sie, die jungen Frauen bringen meinem wahren Ich nicht genug Verständnis entgegen.« Wahrscheinlich, nein, gewiß hat er etwas anderes geschrieben, aber so ist es mir geblieben),
eben, sein wahres Ich interessiere vorrangig niemanden. Und da er sich praktisch nur mit seinem Ich beschäftigt, wohl ein Egoist ist, kränkt ihn das ungemein, und er verachtet alle Frauen von vornherein. Von Männern glaubt er, sie seien eher an ihm interessiert, da er wenig von gleichgeschlechtlicher Liebe weiß.
Übrigens hat sich das geändert, so einfach ist es heute nicht mehr. Alles geriet ihm durcheinander
Entschuldigung, ich verliere mich
also: Bea ist unheimlich schön. Was ja nicht eine Gabe ist, sondern sie hat sich in einem mühevollen, endlosen Bewußtseinsprozeß zu einer auffallenden Schönheit heraufgearbeitet.“

 

Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

 

De Duitse schrijver, dichter en literatuurwetenschapper Harald Hartung werd geboren op 29 oktober 1932 in Heme. Zie ook alle tags voor Harald Hartung op dit blog.

 

Zoals Zacheüs

Langs de weg groeit de sycomore sneller
dan je naar boven klimt op deze boom
om je aan te bevelen bij de milde man die
door de mensenmenigte wordt verwacht

Ze zullen op de verkeerde gokken op
de tiara of de gele trui
Maar stel dat je op de goede gokt…
er is nog steeds die handicap met de boom

Ook is de koelkast leeg en er is geen vuur
in de haard

 

Vertaald door Frans Roumen

 

  Harald Hartung (Herne, 29 oktober 1932)

 

De Nederlandse dichter en schilder Michel van Stratum werd geboren in Goirle op 29 oktober 1970. Zie ook alle tags voor Michel van Stratum op dit blog.

 

Zwanenhals

Ik voel me
geducht
als een sluimerend
gerucht

Ik ben dichter
bij de plus
dan
de minus

 

Michel van Stratum (Goirle, 29 oktober 1970)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 29e oktober ook mijn blog van 29 oktober 2020 en eveneens mijn blog van 29 oktober 2018 en ook mijn blog van 29 oktober 2017 deel 2 en eveneens deel 3

Matthias Zschokke, Claire Goll

De Zwitserse dichter, schrijver en filmmaker Matthias Zschokke werd geboren op 29 oktober 1954 in Bern. Zie ook alle tags voor Matthias Zschokke op dit blog.

Uit: Ein Sommer mit Proust

„Intermittierend mag im Französischen ein geläufiges Wort sein, auf Deutsch ist es ein theoretisches, wissenschaftliches. Ich frage Dich, weil ich fürchte, dass ich vielleicht an der Übersetzung scheitern könnte und gar nicht an Proust? Werde ich von der Übersetzerin dazu gezwungen, das Bildungsbürgerross zu besteigen und auf diejenigen herabzuschauen, die prunefarben nicht verstehen (zu denen gehöre ich immerhin nicht, kann ich stolz vermelden, frage mich aber, ob es nicht ebenso gut pflaumenfarben heißen könnte) oder die nach jedem dritten Satz verwundert ausrufen, hä?, was hat er gesagt?, versteh ich nicht … und irgendwann das Werk entnervt weglegen, nicht weil es ihnen zu hoch ist, sondern weil es in ein zu hohes Deutsch übersetzt ist? Bevor ich nun dauernd an dieser Frage herumnage, wollte ich sie Dir stellen, weil ich denke, dass sie alt ist und von Dir leicht beantwortet werden kann. Danach werde ich Dich in Ruhe lassen. Unabhängig davon habe ich bereits auf diesen ersten zweihundertfünfzig Seiten schöne Passagen gelesen und umarmenswerte Charaktere kennengelernt und habe den Eindruck, Proust habe einen feinen Humor und denunziere die Zeitgenossen nicht, die er abschreibt. Ich glaubte immer, die Arroganz, Verachtung und giftige Ironie, die eingeschworene Proustleser ausströmen, hätten sie bei ihm abgeschaut; doch er scheint unschuldig zu sein daran; er hat wohl bloß das Pech, die falschen Leser anzuziehen. Wobei ich, je älter ich werde desto mehr, den Verdacht habe, dass jeder von uns selbst verantwortlich ist für die Anhänger, die er um sich schart. Zum Beispiel wäre James Joyce längst zu einem Autor geworden, an dem ich mir die Zähne ausgebissen hätte, wenn er vom Pech verfolgt worden wäre, die gleichen mitleidlosen Bildungsbürger anzuziehen wie Proust. Doch das tat und tut er nicht. Mir übrigens unbegreiflich, dass beide immer in einem Atemzug genannt werden, wenn es darum geht, die Geburtsstunde der sogenannt neuen oder modernen Literatur festzulegen, da Proust meines Erachtens mit keiner Silbe neu ist — im Gegenteil, er steht für die auf die Spitze getriebene und bis ins Extrem verfeinerte Konvention —, während Joyce im Ulysses tatsächlich Regeln brach und wohl als radikal bezeichnet werden kann. Mindestens habe ich das damals, als ich ihn las, so empfunden.
An einen Freund, die ersten beiden Bände habe ich inzwischen gelesen. Ich fürchte, ich werde nicht durchhalten. Das ist mir alles viel zu mastig Eine Perle an die andere gereiht; Perlendünnpfiff Ich kann mir vorstellen, dass man als Leser niederkniet vor einem solch bravourösen Umgang mit Sprache, dass man sich benebeln lässt von der Parfumwolke und dem schwülen Bombast, in denen das alles daherkommt. Doch ich fürchte, ich habe mich schon an den ersten zwei Bänden überfressen und kriege das triefend süße Zeug nicht bis zum letzten Band runter. Aber noch gebe ich nicht auf.”

 

Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

 

De Duits – Franse schrijfster Claire Goll werd geboren op 29 oktober 1890 in Nürnberg. Zie ook alle tags voor Claire Goll op dit blog.

 

Droomde ik slechts

Droomde ik slechts
Dat ik in een gouden taxi
Met jou door de maandag reed?
Zat je echt naast me?
En hield je mijn hand vast
Die mijn lichaam trillen deed?
De bloemenkiosken op de boulevards
Drongen door de ramen binnen,
Het dak was gemaakt uit hemel
En alle neonreclames laaiden op:
Ik hou van je.

Of droomde ik
Dat de auto stopte
En we op aarde aankwamen?
Zit ik niet nog altijd
In een gouden taxi naast je,
Rij door de tedere maandag
Het paradijs in?
Hou ik niet voor eeuwig je hand vast
En laat je nooit meer uitstappen
Uit mijn droom?

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Claire Goll (29 oktober 1890 – 30 mei 1977)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 29e oktober ook mijn blog van 29 oktober 2018 en ook mijn blog van 29 oktober 2017 deel 2 en eveneens deel 3

Matthias Zschokke, Andrea Voigt, Harald Hartung, Mohsen Emadi, Lee Child, Michel van Stratum, Zbigniew Herbert, Claire Goll, Dora Read Goodale

De Zwitserse dichter, schrijver en filmmaker Matthias Zschokke werd geboren op 29 oktober 1954 in Bern. Zie ook alle tags voor Matthias Zschokke op dit blog.

Uit: Die Wolken waren groß und weiß und zogen da oben hin

“Zwar habe er erschöpft dazu gelächelt und gemeint einen feinen Scherz gemacht zu haben, doch auch die Mutter konnte das stumme Lächeln durch die Telefonleitung bindurch naturgemäß nicht wahrnehmen und hörte nur den Satz, der ihr schroff vorkam und ihr die Sprache verschlug. Danach rief sie ein paar Tage nicht mehr an und redete nicht mehr davon, dass er sie umbringen kommen solle. Die Stille, die darauf folgte, empfand er als wohltuend. Manchmal knisterte seine Geliebte mit einer Cellophantüte — er lebte mit einer Frau zusammen, in deren Nähe er sich wohl fühlte —, oder sie blätterte die Seite in einem Magazin um oder in einem Buch, und er dachte, was für eine himmlische Ruhe, und schaute ihr glücklich beim Knistern und Blättern zu.
Außer seiner Mutter hatte Roman einen Freund, der die Lust am Leben ebenfalls verloren haue und litaneiartig am Ende ihrer gelegentlichen Telefonate — sie wohnten fünfhundert Kilometer weit auseinander —jeweils wiederholte, er wäre tief enttäuscht, wenn Roman, nachdem er seine Mutter erschossen haben würde, auf dem Weg zurück nach Berlin bei ihm nicht Halt machen und auch ihn erschießen würde. Und dann war da noch eine Opossumratte, die zu jener Zeit, also gestern, in einem niederösterreichischen Tierpark gehalten wurde und — obwohl noch jung an Jahren — von einem Tag auf den anderen plötzlich den Eindruck erweckte, sich altersschwach zu fühlen und ebenfalls den Tod herbeizusehnen. Man kannte ihr Gesicht in der ganzen Welt, weil sie stark schicke, was bei Opossumratten selten vorkommt, weswegen sie fotografiert und ihr Portrait in vielen, auch seriösen Tageszeitungen auf der Seite mit den vermischten Meldungen abgedruckt worden war und international für Heiterkeit gesorgt hatte. Ihr Name war Traudel. Kurz nachdem sie als schielendes Opossum den Gipfel ihrer Berühmtheit erklommen hatte, wurde sie von der besagten Lebensmüdigkeit gepackt. Sie legte sich auf den Bauch, schlang, was man ihr vor die Schnauze legte, lustlos in sich hinein, wurde dick und dicker und rührte sich nicht mehr vom Fleck. Die Di-rektion des Tierparks schaffte ein junges, hübsches Männchen an und setzte es in Traudels Käfig, in der Hoffnung, damit ihre Lebenslust neu anzuregen. Doch Traudel fauchte das junge, hübsche Männchen wütend an, sobald es sich ihr näherte: Sie lag auf ihrem dicken Bauch und fauchte. Das junge, hübsche Männchen ließ sich davon nicht beirren. Immer wieder näherte es sich in erotischer Absicht vorsichtig der schielenden Traudel. Doch die war des Lebens definitiv überdrüssig und wollte nichts mehr wissen von Liebe und Sex. Romans Freund hatte ‘bandet aus der Ferne ins Herz geschlossen. Er berichtete Roman in täglichen Mails die letzten Neuigkeiten aus dem Opossumrattenkäfig, in dem zwischenzeitlich eine Kamera installiert worden war, die rund um die Uhr übers Internet weltweit zeigte, was dort vor sich ging.”

 

 
Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

 

De Nederlandse dichteres en schrijfster Andrea Voigt werd geboren in Rotterdam op 29 oktober 1968. Zie ook alle tags voor Andrea Voigt op dit blog.

Donderdag

Ik stak de sleutel in het slot en wrikte
de deuren schuurden langs de drempel
de kamer was verlicht, het bed verspreid

op tafel stond een pot met soep
de haverkoeken lagen op een bord
en vet, geeloranje kaas en uien en augurken

ik kon lopen door de kamer met een mond vol Schotse zalm
aan tafel zitten bij de warmte van een vuur
bekers vol met whisky kon ik drinken

ik snijd het zware brood in dikke plakken
en leg het op een plank met zoute boter
met honing en met bittere marmelade

in het midden van de kamer ga ik zitten
op de oude stenen vloer
wachtend op de honger en de kou

 

Succes

Mijn succesfactoren zijn niet in balans
ik ben niet met mijn wezen in gesprek
in mijn ogen hangt de verveelde blik
van John Malkovich na een moord

mr. Bantoe heeft beloofd dat hij gaat zorgen
voor onmiddellijke terugkeer van geluk
ziekte en gevaren en geliefden
onttovering met veren van de maraboe

ooit schoot ik vogels uit de lucht
ik ging ze zoeken in te diepe sneeuw
het bloed dat ik vond was mijn eigen
de ogen, de vleugels van mij

ik begeef me naar de metro
met een wapen in mijn tas, en bankbiljetten
mijn hartslag is niet sneller dan normaal
mijn slenteren zorgvuldig voorbereid

 


Andrea Voigt (Rotterdam, 29 oktober 1968)
Cover achterkant

 

De Duitse schrijver, dichter en literatuurwetenschapper Harald Hartung werd geboren op 29 oktober 1932 in Heme. Zie ook alle tags voor Harald Hartung op dit blog.

Uit: Der Tag vor dem Abend

“Große Waldmüller-Retrospektive im Unteren Belvedere.
Nach 1845 hat der Maler nur noch wenige Naturstudien in seine Skizzenbücher eingefügt; vielleicht weil er fortan auch Fotografien als Studienmaterial benutzte. Ein Gegner in der Akademie warf ihm »mosaikartige daguerrotypische Nachahmung« vor. Dabei ist Waldmüllers Licht einzigartig.
Starke Kontraste und brillante Lichtkanten, wie er sie einsetzte, waren der damaligen Fotografie nicht erreichbar. Womöglich mokierte er sich über das neue Medium. Dafür spricht der 1847 gemalte »Guckkastenmann«. Er zeigt eine Schar Kinder in einer dunklen Scheune, die fasziniert auf den Vorführer und sein Gerät blicken. Der Betrachter sieht nicht, was sie sehen; er sieht nur ihre Reaktion: ihre naive, pure Begeisterung. Freilich gibt es in dem Bild auch ein gegenläufiges Motiv: Im abgedunkelten Vordergrund hockt ein Mädchen, das, den Kopf in die Hand gestützt, nachdenklich, fast melancholisch Richtung Betrachter blickt – traurig vielleicht deshalb, weil sie, die Tochter des Guckkastenmannes, von der allzu bekannten Vorführung angeödet wird. Vielleicht also hat der Maler sie so plaziert, um seine Ironie gegen das neue Medium zu wenden. Und damit seinen Stolz auf die Überlegenheit seiner veristischen Malerei.
Wir sehen Wien und seine Parks für einige Tage in Waldmüllers Licht.”

 


Harald Hartung (Herne, 29 oktober 1932)

 

De Iraanse dichter en vertaler Mohsen Emadi werd geboren op 29 oktober 1976 in Sari. Zie ook alle tags voor Mohsen Emadi op dit blog.

 

Ego      

They come from burial
everybody carries his memory of the house
the doors, the windows,
the frames, the curtains and the carpets
the oven, the stove and the vessels
and the house is being left without wooden bolt and
fire
everyone has taken his portion of the memories
the opening and closing of the first door
the first waiting and the fire.

I go up from my stairs
the cats run away
it’s cold
I sit in a without door doorway
the snakes crawl in me.

In the morning
I see myself in a broken slice of a mirror
without memory
without wooden bolt
without fire
without self…

 

A myth of creation

In the beginning
it was
possibility,
that knew or didn’t know
that wants or don’t want
to get or not to get the shape of your eyes
to dress or not to  dress in the color of your shirt
to pace or not  to pace in your feet
to walk or not to walk with the trace of your shoes on the bosomto bring or not to bring a cloud or a rain to the bed
for me to feel or not to feel myself in the tremor of pain
and to discover the face of impossible
in the end.

 

Vertaald door Mohsen Emadi

 

 
Mohsen Emadi (Sari, 29 oktober 1976)

 

De Engelse schrijver Lee Child (pseudoniem van Jim Grant) werd geboren op 29 oktober 1954 in Coventry. Zie ook alle tags voor Lee Child op dit blog.

Uit: Past Tense

“Jack Reacher caught the last of the summer sun in a small town on the coast of Maine, and then, like the birds in the sky above him, he began his long migration south. But not, he thought, straight down the coast. Not like the orioles and the buntings and the phoebes and the warblers and the ruby-­throated hummingbirds. Instead he decided on a diagonal route, south and west, from the top right-­hand corner of the country to the bottom left, maybe through Syracuse, and Cincinnati, and St. Louis, and Oklahoma City, and Albuquerque, and onward all the way to San Diego. Which for an army guy like Reacher was a little too full of Navy people, but which was otherwise a fine spot to start the winter.
It would be an epic road trip, and one he hadn’t made in years.
He was looking forward to it.
He didn’t get far.
He walked inland a mile or so and came to a county road and stuck out his thumb. He was a tall man, more than six feet five in his shoes, heavily built, all bone and muscle, not particularly good looking, never very well dressed, usually a little unkempt. Not an overwhelmingly appealing proposition. As always most drivers slowed and took a look and then kept on going. The first car prepared to take a chance on him came along after forty minutes. It was a year-­old Subaru wagon, driven by a lean middle-­aged guy in pleated chino pants and a crisp khaki shirt. Dressed by his wife, Reacher thought. The guy had a wedding ring. But under the fine fabrics was a workingman’s body. A thick neck and large red knuckles. The slightly surprised and somewhat reluctant boss of something, Reacher thought. The kind of guy who starts out digging post holes and ends up owning a fencing company.
Which turned out to be a good guess. Initial conversation established the guy had started out with nothing to his name but his daddy’s old framing hammer, and had ended up owning a construction company, responsible for forty working people, and the hopes and dreams of a whole bunch of clients. He finished his story with a little facial shrug, part Yankee modesty, part genuine perplexity. As in, how did that happen? Attention to detail, Reacher thought. This was a very organized guy, full of notions and nostrums and maxims and cast-­iron beliefs, one of which was that at the end of summer it was better to stay away from both Route One and I-­95, and in fact to get out of Maine altogether as fast as possible, which meant soon and sideways, on Route Two, straight west into New Hampshire.”

 


Lee Child (Coventry, 29 oktober 1954)

 

De Nederlandse dichter en schilder Michel van Stratum werd geboren in Goirle op 29 oktober 1970. Zie ook alle tags voor Michel van Stratum op dit blog.

 

Duivelsverzen

Zij worden gedreven
Door een satanische kracht
In naam van het goddelijke
Een boek, een profeet
Dragers van de pracht

Enig doel in het vizier
Het bereiken der bestemming
Door duivels te verjagen
En verkondigers van het hemelse
Tot in het absurde te behagen

Vanwaar dit panische
Dit helse dit onverzoenbare
Waarom niet gewoon rustig
Op het strand
De schim van leider
En profeet voor ogen
En het boek in de hand

Verlangend naar de hemel staren…

 


Michel van Stratum (Goirle, 29 oktober 1970)

 

De Poolse dichter, schrijver en essayist Zbigniew Herbert werd geboren op 29 oktober 1924 in Lemberg. Zie ook alle tags voor Zbigniew Herbert op dit blog.

 

Episode in de bibliotheek

Een blond meisje heeft zich over het gedicht gebogen. Met een potlood zo scherp als een lancet brengt ze de woorden over op blank papier en verandert ze in streepjes, accenten, cesuren. Het lamento van de gevallen dichter lijkt nu op een salamander afgevreten door de mieren.
Toen we hem onder vuur wegdroegen, geloofde ik dat zijn nog warme lichaam in het woord zou herrijzen. Maar nu ik de dood van de woorden zie, weet ik dat de ontbinding geen grenzen kent. Van ons zullen alleen lettertekens overblijven, her en der verspreid in de zwarte aarde. Accenten op het niets en op stof.

Het huis van de dichter

Ooit was hier adem op de ruiten, de geur van gebraden vlees, hetzelfde gezicht in de spiegel. Nu een museum. De flora van de vloeren heeft men verdelgd, de kisten leeggehaald, de kamers schoongespoten met was. Dagen en nachten aaneen waren de ramen geopend. Muizen mijden dit bedorven huis.
Het bed werd netjes opgemaakt. Maar niemand wil hier ook maar één nacht doorbrengen.
Tussen zijn kast, zijn bed en zijn stoel – een witte grens van afwezigheid, even precies als het afgietsel van de hand.

Klassiek

Groot houten oor dichtgestopt met watten en flauwekul van Cicero. Een meesterlijk stilist – zeggen allen. Niemand schrijft vandaag nog zulke lange zinnen. En wat een eruditie. Zelfs in steen kan hij lezen. Het zal alleen nooit in hem opkomen dat de aderen in het marmer van de thermen van Diocletianus gesprongen bloedvaten zijn van slaven uit steengroeven.

 

Vertaald door Gerard Rasch


Zbigniew Herbert (29 oktober 1924 – 28 juli 1998)
In 1955

 

De Duits – Franse schrijfster Claire Goll werd geboren op 29 oktober 1890 in Nürnberg. Zie ook alle tags voor Claire Goll op dit blog

 

Träumte ich nur

Träumte ich nur,
Daß ich in goldenem Taxi
Mit dir durch den Montag fuhr?
Saßest du wirklich neben mir
Und hieltest meine Hand
An der mein Körper bebte?
Die Blumenkioske der Boulevards
Drängten zu den Fenstern herein,
Das Verdeck war aus Himmel
Und alle Lichtreklamen loderten:
Ich liebe dich.

Oder träumte ich,
Daß der Wagen hielt
Und wir ankamen auf der Erde?
Sitze ich nicht immer noch
In goldenem Taxi neben dir
Fahre durch den zarten Montag
Ins Paradies?
Halte ich nicht ewig deine Hand
Und lasse dich nie wieder aussteigen
Aus meinem Traum?

 

Junge Akrobatin

Bunter Vogel du, der zwischen Welten
Ueber Abend, Stadt und Staunen schwebt,

Schwing dich auf dem Trapez
Ueber dich selbst durch die Zeit.

Deine Schenkel flattern zitternd von Zweig zu Zweig
Und dein Herz von Mensch zu Mensch.

Goldne Flitterlibelle, deine schwebende
Sehnsucht Fällt nie durch die gierigen Augen ins Herz.

Armer Stern, der allnächtlich aufgehn muß
Am kleinen bezahlten Himmel der Gaukler.

Der jeden Abend abstürzt in die Arme roher Athleten,
In den giftigen grauen Zigeunerwagen,

Der dich gefangen durch das unendliche Leben fährt.

 

 
Claire Goll (29 oktober 1890 – 30 mei 1977)
Portret door Albert Gleizes, 1921

 

De Amerikaanse dichteres Dora Read Goodale werd geboren op 29 oktober 1866 in Mount Washington, Massachusetts. Zie ook alle tags voor Dora Read Goodale op dit blog.

 

Asters

The Autumn wood the aster knows,
The empty nest, the wind that grieves,
The sunlight breaking thro’ the shade,
The squirrel chattering overhead,
The timid rabbits lighter tread
Among the rustling leaves.

 

The Soul of Man

Say, in a hut of mean estate
A light just glimmers and then is gone,
Nature is seen to hesitate,—
Put forth and then retract her pawn;

Say, in the alembic of an eye
Haughty is mixed with poor and low;
Say, Truth herself is not so high
But Error laughs to see her so;

Say, all that strength failed in its trust;
Say, all that wit crept but a span;
Say, ’t is a drop spilled in the dust,—
And then say brother—then say man!

 

 
Dora Read Goodale (29 oktober 1866 – 12 december 1953)
Cover

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 29e oktober ook mijn blog van 29 oktober 2017 deel 2 en eveneens deel 3.

 

Matthias Zschokke, Andrea Voigt, Harald Hartung, Mohsen Emadi, Lee Child, Dominick Dunne, Claire Goll

De Zwitserse dichter, schrijver en filmmaker Matthias Zschokke werd geboren op 29 oktober 1954 in Bern. Zie ook mijn blog van 29 oktober 2010 en eveneens alle tags voor Matthias Zschokke op dit blog.

Uit: Ein Sommer mit Proust.

„Die Suche nach der verlorenen Zeit ist nicht gerade für den Plot berühmt. Niemand greift zu Proust, wenn er wissen will, ob Comte Rodolphe die Marquise de la Motte kriegt oder nicht. Es ist nicht die Neugier danach, wie es weitergeht, die einen durch die Seiten zieht. Man will bei Proust erfahren, wie der Comte duftet und welche eingebildete körpereigene Ausdünstung er mit seinem Vetiver-Parfum zu überdecken sucht, man will erfahren, wie die Marquise ihm ihre rechte Hand hinzuhalten pflegt und warum sie parallel dazu mit ihrem linken Daumen und Zeigefinger am eigenen Ohrläppchen zupft. Man will spüren, wie zart ihre Haut ist. Man will das alles Satz für Satz, Wort für Wort schmecken, riechen, empfinden. Die Sprache ist der Inhalt. Wenn da steht Stuhl, dann will der Leser sich auf ihn setzen können. Es geht um jedes noch so kleine Detail, um jeden Augenaufschlag, alles mikroskopisch genau.
Ich stelle mir das Original sinnlich betörend, fast hypnotisch vor, von laborhafter Präzision, die keinen noch so kleinen Flüchtigkeitsfehler duldet. Durch solche uns/und-Verwechslungen beginne ich jedoch im Unterbewusstsein an der Sauberkeit des ganzen Experiments zu zweifeln. Ich frage mich, ob die Übersetzung, die ich lese (Eva Rechel-Mertens), vielleicht nicht allzu sorgfältig gemacht wurde? Ich frage mich beispielsweise, ob sie vielleicht eine Spur zu akademisch ist, da ich von ihr vor allem zerebral gefordert und nicht unbedingt sinnlich entführt werde. Ein Beispiel:
»… in der alten Herberge zum >Oiseau Flesche<, aus dessen Kellerfenstern ein Küchengeruch aufsteigt, der noch manchmal genauso intermittierend und warm in meiner Erinnerung wiederkehrt …«
Erstens wusste ich nicht, was intermittierend heißt. Musste nachschlagen. Nun kann man sagen, Proust habe eben nicht für Dummerchen, sondern für gebildete Leute geschrieben. Das akzeptiere ich. Doch vermute ich, dass er eher von so etwas wie beispielsweise »warmen Schwaden« geschrieben hat, die »aus der Erinnerung heranwehen.”.

 

 
Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

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Matthias Zschokke, Harald Hartung, Mohsen Emadi, Lee Child, Dominick Dunne, Claire Goll

De Zwitserse dichter, schrijver en filmmaker Matthias Zschokke werd geboren op 29 oktober 1954 in Bern. Zie ook mijn blog van 29 oktober 2010 en eveneens alle tags voor Matthias Zschokke op dit blog.

Uit: Die Wolken waren groß und weiß und zogen da oben hin

„Gestern, als der Boden noch frisch war und feucht, lebte in Berlin ein Mann, der sich – in der Hoffnung, mit diesem Namen Erfolg zu haben und glücklich zu werden – Roman nannte.
Seine greise Mutter wohnte tausend Kilometer weiter südwestlich und rief ihn mehrmals in der Woche an, an den Wochenenden fast immer, um zu fragen, wann er endlich bei ihr vorbeikomme und Schluss mache mit ihr; sie lebte nicht mehr gern. Er lachte jedes Mal mit einem kurzen, vernehmlichen Prusten und sagte, das sei nicht so einfach, wie sie sich das vorstelle.
Er hatte noch ein altes, eierschalfarbenes Telefon mit einer W’ählscheibe und einem Hörer, der wie ein Knochen aussah und mit einem spiralförmigen schwarzen Kabel am Apparat hing. Auf der Abdeckung der Sprechmuschel klebten vertrocknete Speisereste, die durch den I.uftausstoß bei diesem Prusten jeweils zwischen seinen Zähnen hervorspritzten. Sein vernehmliches Prusten war ihm unangenehm, so dass es ihm jedes Mal auf die Stimme schlug und er sich danach oft noch stundenlang räuspern musste, bevor er einen Satz herausbrachte. Irgendwo hatte er gelesen, räuspern helfe nichts, man müsse kräftig husten, um einen belegten Hals frei zu bekommen. Am Telefon traute er sich jedoch nicht zu husten, weil das im Ohr des Gesprächspartners wie eine kleine Explosion klingen würde.
Das Prusten hatte er sich angewöhnt, nachdem zwei seiner Bekannten eine Bemerkung von ihm – die er am Telefon gemacht hatte und die ohne seinen dazu ironisch lächelnden Gesichtsausdruck offenbar als Beleidigung aufgefasst werden konnte – missverstanden hatten, woraufhin sie den Kontakt zu ihm abbrachen. Auch als er einmal zu seiner Mutter sagte, zurzeit gehe es nicht – seine Pistole, die er zu diesem Zweck einsetzen wolle, sei leider verrostet, er müsse sie erst putzen -, trübte das die Atmosphäre zwischen ihnen.“


Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

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Uit: Der Mann mit den zwei Augen

„Eine rumänische Pflegerin hob den Hörer ab und gab ihn weiter an die Frau im Liegestuhl. Die murmelte: »Io dormo, io dormo.« Der Mann mit den zwei Augen lachte und sagte: »Seit wann können Sie Italienisch? Ich bin’s, hören Sie? Sie schlafen nicht, Sie telefonieren mit mir.« Daraufhin bekam sie einen Hustenanfall, und er verabschiedete sich. Io dormo, io dormo waren ihre letzten Worte gewesen. Am Abend starb sie. Einen Tag vorher war auch ihre einundzwanzigjährige Katze gestorben. Das hatte der Mann ihr eigentlich mitteilen wollen.
Die Katze war ihr als halbwüchsiges, verwildertes Tier zugelaufen und blieb bis zuletzt schmal und scheu. Sie hatte auffallend große, fast durchsichtige Ohren und machte nur selten, völlig unerwartet, zwei, drei Schritte auf Menschen zu, um sich dann ohne übertriebene Eile wieder von ihnen zu entfernen. Den Mann mit den zwei Augen hatte sie grundsätzlich nicht beachtet. Nur ein einziges Mal hatte sie sich ihm vorsichtig genähert, war ihm ums rechte Bein gestrichen und danach mit senkrecht erhobenem Schwanz davongegangen. Wie es dazu gekommen war, lässt sich nicht rekonstruieren. Er freute sich jedenfalls sehr darüber und dachte, nun hätte er sie für sich gewonnen.
Als junges Tier hatte sie eine porzellanzarte, rosarote Nase. Manchmal vergaß sie, die Zungenspitze ins Maul zurückzuziehen. Den Ausdruck ihres Gesichts hätte man dann als leicht besorgt umschreiben können. Sie erweckte ihr ganzes Leben lang den Eindruck, schwere Verantwortung zu tragen zu haben. Was für ein Ernst!
Was für ein zierlicher Körper! Was für kühle, weiche Pfoten! Wer keine Katzen mag, wird verständnislos den Kopf schütteln über diese Zeilen. Der Mann mit den zwei Augen konnte nicht anders, ihm gefielen Tiere. In deren Umgebung war ihm wohl, und die Freude, am Leben zu sein, flammte jeweils kurz in ihm auf. Von Pferden zum Beispiel wusste er, dass sie schlecht schlafen, wenn man sie nachts allein draußen lässt. Pferde bewachen wechselseitig ihren Schlaf. Dies zu wissen beglückte ihn.“

 
Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

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Matthias Zschokke, Harald Hartung, Mohsen Emadi, Claire Goll, Zbigniew Herbert

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Uit: Die strengen Frauen von Rosa Salva

„Anfang Januar lag in seinem Kasten ein Brief. Darin die Anfrage einer Kulturstiftung, ob er Lust und Zeit habe, zusammen mit seiner Familie ein halbes Jahr in einer venezianischen Wohnung zu residieren. Für alles sei gesorgt. Eine ortsansässige Frau werde ihm die Schlüssel überreichen und sich kümmern um sämtliche praktischen Probleme, die möglicherweise auftauchen könnten.
Er hatte keine Familie. Auch Freunde waren ihm nicht mehr viele geblieben, seitdem sich herumgesprochen hatte, dass er vom Glück auf beunruhigende Weise bevorzugt würde. Er fürchtete, die Einladung nach Venedig werde als weiterer Beweis für diesen Glücksverdacht betrachtet, worauf auch noch die letzten Bekannten den Kontakt zu ihm abbrechen – »sich mit Grausen von ihm abwenden« – würden. Doch I., die Frau, mit der zusammen er in Berlin lebte, hielt das für dummes Zeug. Sie kannte keine Angst vor dem Neid der Götter. Ihr gefiel die Vorstellung, ein halbes Jahr in Venedig zu verbringen. »Etwas Besseres als den Tod findest du überall«, sagte sie. Also nahm er die Einladung an.
01.06.
Letzte Mail aus Berlin an seinen Freund in Köln, nicht was man tut, wenn man gestochen ist, will ich wissen (Essigwickel, Zitronensäure, Muttispucke, Eiweißoder Siliceapaste usw.), sondern wie ich es anstellen soll, nachts nicht umsirrt zu werden, das möchte ich ein für alle Mal erfahren: Lavendelsträuße ins Zimmer, Zitronenbäume vors Fenster, einen Katzenkadaver auf den Fenstersims, Hausfledermäuse halten, Licht brennen lassen, Fenster geschlossen halten, im Durchzug liegen, sich vor dem Schlafengehen mit Franzbranntwein einreiben, mit Lebertran? Was hält Mücken davon ab, mir um die Ohren zu sirren und mich wach zu halten? Ab morgen muss ich die Antwort kennen.“

 
Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

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Uit: Lieber Niels

 

„1.1.04

Dein Fontane-Neujahrs-Gedicht ist schön, ja – ich habe es erst gelesen, nachdem ich meins schon losgeschickt hatte (lustig, wie einfach wir werden in unseren Vorlieben) –, und Deine virtuelle Skyline mit Silvesterknallern ist ein Märchen. Kein Internettand, sondern Kunst. Ich wollte sie kopieren und weiterschicken, das schaffte ich nicht. Es soll auch so bleiben: ein Unikat für mich. Danke.

Gestern Abend war ich eingeladen zu einem veritablen Silvesteressen mit Herren und Damen in Anzügen. Etwa 25 Leute, davon mindestens zehn Psychoanalytiker. Die Gastgeber, ein Analytikerpaar, sind mit dem Maler Manfred Schling befreundet, über den ich sie kennengelernt habe. Sie residieren in einer zweihundertvierzig Quadratmeter großen Wohnung im Bayrischen Viertel, sehr schön. Der Abend verlief überraschend heiter und unverkrampft. Obwohl ich viel getrunken habe, stand ich heute mit klarem Kopf auf und beginne das neue Jahr einigermaßen nüchtern.

Die Gastgeber besitzen die Köhlmeier-CDs. Ich habe sie nun gesehen: Es sind drei Kassetten à 5 CDs, Titel Die Sagen des klassischen Altertums, produziert vom ORF. Meinst Du, es gibt eine Möglichkeit, die irgendwo im Internet antiquarisch aufzutreiben? Ich hoffe, auch Du bist gut gerutscht und startest zuversichtlich. Es soll einmal mehr unser Jahr werden!

2.1.04

Michael Johannes Maria Köhlmeier heißt er … Ob die Aufnahme wohl wirklich so gut ist, dass keiner, der sie hat, sie loswerden will? So werde ich diese entfernt Bekannten bitten müssen, sie mir zu brennen … Nein, das bringe ich nicht über mich. Werde halt auf K. verzichten und weiterhin nichts vom griechischen Altertum wissen. Ist ja kein Unglück.”

 

 

Matthias Zschokke (Bern, 29 oktober 1954)

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Harald Hartung, Matthias Zschokke, Mohsen Emadi

De Duitse schrijver, dichter en literatuurwetenschapper Harald Hartung werd geboren op 29 oktober 1932 in Heme. Zie ook mijn blog van 29 oktober 2010 en eveneens alle tags voor Harald Hartung op dit blog.

 

Uit: Der Tag vor dem Abend

Gestern abend auf dem Belvedere unter den Sternen

Vor einiger Zeit blätterte ich in Kafkas Tagebüchern, in denen ich lange nicht gelesen hatte, und stieß auf eine Stelle, von der ein eigentümlicher kleiner Glanz ausging. Sie ging mir nach, und als ich sie wieder lesen wollte, entzog sie sich meinem nervösen Suchen. Das steigerte meine Faszination, leider nicht meine Geduld. Die Frage nach Kafkas Sätzen brachte mich auf die Sache zurück. Nun las ich noch einmal von Anfang und kam an vielen wunderbaren Einträgen vorüber; gleich zu Anfang der Befund »Meine Ohrmuschel fühlte sich frisch, rauh, kühl, saftig an wie ein Blatt.« Dann der berühmte Satz, daß Schriftsteller Gestank reden; oder der nicht minder berühmte, wonach ein wahllos hingeschriebener Satz – bei ihm, Kafka – bereits vollkommen sei.

Ich eilte an all dem vorüber – im Vorschein des erinnerten Glanzes. Und natürlich fand ich die Stelle, fand sie auf halber Strecke, unter dem Datum des 13. August 1913: »Gestern abend auf dem Belvedere unter den Sternen.« Das war es also, und ich war fast ein bißchen enttäuscht. Das verheißungsvolle Halbvergessene schien mir plötzlich bloß ein simples Notat. Nun gut, dachte ich, aber dann hast du wenigstens etwas, das nicht nach Kafka klingt. Man sieht, meine Ungeduld war noch immer virulent. Doch etwas hielt mich fest. Etwas wie Treue zu meinem ersten Eindruck.

Ich hatte den Gestus der Stelle unterschätzt. Kafka scheint für diese knappe Notiz frei von aller quälenden und selbstquälerischen Reflexion. Frei für einen zeitlosen Moment, frei für eine Epiphanie, die er gar nicht weiter bezeichnet. Vielleicht weil sie ihm an einem vertrauten Ziel vieler Spaziergänge erscheint, in den Kronprinz-Rudolf- Anlagen, wie sie damals hießen. Das Belvedere, das vielen Prag-Besuchern vertraute Lustschloß auf dem Hradschin, gibt nur den Fixpunkt. Von ihm aus öffnet sich der Raum.

Ganz ohne Deutung, ohne kosmische Idee. Kafka kommt ohne Kants gestirnten Himmel aus. Er sieht sich in der einfachsten, größten Konstellation: »unter den Sternen«. Das kann jeder sagen, und doch ist es hier wie zum ersten Mal gesagt. Und versiegelt dem, der es ausdeuten möchte, die Lippen.

Aus dem Wintersemester 1957/58. Als der Landvermesser K. mit Frieda in der Bierpfütze lag, wollte mein Sofa brennen. Etwas glühende Asche vom gußeisernen Ofen hatte Flämmchen an meiner zerschlissenen Wolldecke aufzüngeln lassen. Ich sprang ins Nebengemach und griff nach der Waschschüssel, in der zum Glück noch Wasser war.”

 

Harald Hartung (Herne, 29 oktober 1932)

Herne, Schloss Strünkede

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