De Chinese dichter en mensenrechtenactivist Liu Xiaobo werd geboren in Changchun op 28 december 1955. Zie ook mijn blog van 28 december 2010.
Uit: Ich habe keine Feinde, ich kenne keinen Hass (Vertaald door Katrin Betz en Hans Peter Hoffmann)
„Leben und in Würde leben
Über die chinesische Lebenseinstellung
Unter der autokratischen Macht einer Partei dreht sich die politische Existenz und der politische Betrieb einzig und allein um die Macht, es gibt kein weiteres Motiv; die Existenz des Staates oder des Volkes ist nur ein Vorwand für die Machtausübung, es gibt keinen anderen Wert. Die Menschen unter einem autokratischen System leben einzig und allein um zu leben, es gibt keine anderen Werte, die eingefordert würden.
Wer so lebt, früher vom kommunistischen Fanatismus für dumm verkauft, heute bestochen vom Versprechen auf Wohlstand, lebt damals wie heute in einer menschlichen Wüste.
Die Chinesen als Menschen lebten damals ohne die geringste Würde, sie waren nichts als ein Werkzeug der Terrorordnung und hatten keine grundlegenden Werte mehr!
Mao Zedong hat unseren Landsleuten beigebracht: »Seid eine Schraube im revolutionären Getriebe!«
Ganz gleich, oh man sich wie in der Mao-Ära der Revolution widmete oder unter Deng Xiaoping die Revolution mied, unsere Landsleute hatten nur eine Wahl: eine Schraube zu sein in der Maschinerie der Despoten.
Wer lebte, lebte als Opportunist, hingegeben an ein Leben ohne Wahl nach der «dicken dunklen Theorie«.
Wer lebte, lebte in Heuchelei, eine zynische Strategie, versessen darauf, den Charakter zu spalten.
Wer lebte, lebte gleichgültig und abgestumpft, gewohnt an eine egoistische Zuschauerrolle.
Wer lebte, lebte auf den Knien, zufrieden mit dem Brot der Almosen.
Wer lebte, lebte leichthin und trivial; moralisches Schamgefühl und unauslöschliches Gewissen starben im Schweigen.
Wer lebte, lebte nur mit gebeugten Knien und gesenktem Kopf, eine moralische Ohnmacht, die längst nicht mehr an die Kraft des Gewissens und der Gerechtigkeit glaubte.
Wer lebte, lebte nur so, eine moralische Hilflosigkeit, in der der Opportunismus das Gewissen verschlang.
Wer lebte, lebte klug und aalglatt, verkaufte zunächst sein Gewissen, dann seine Helden, die ein Gewissen hatten, und schließlich das Schamgefühl, das für seine Sünden die Verantwortung übernimmt. Ein Mensch und ein Volk, das kein Schamgefühl hat, kann sehr glücklich leben.“
Liu Xiaobo (Changchun, 28 december 1955)
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