Deutscher Buchpreis 2010 voor Melinda Nadj Abonji

Deutscher Buchpreis voor Melinda Nadj Abonji

 

 

De Zwitserse schrijfster en muzikante  Melinda Nadj Abonji krijgt dit jaar de Deutsche Buchpreis voor haar boek Tauben fliegen auf, zo werd op 4 oktober 2010  traditioneel bij de opening van de Frankfurter Buchmesse bekendgemaakt.

 

Melinda Nadj Abonji werd geboren op 22 juni 1968 in Bečej (nu in Servië). Zij verhuisde met haar ouders in 1973 uit het voormalige Joegoslavië van Tito naar Zwitserland en is sindsdien genaturaliseerd. Ze beëindigde haar studie aan de universiteit van Zürich in 1997 met de Lizenziatsgrad. In 2004 deed zij mee aan het Ingeborg Bachmann Concours in Klagenfurt. Ze treedt op als solo artieste en samen met rapper Jurczok 1001 als muzikante (zang en viool). Ook schreef zij tal van artikelen voor literaire tijdschriften (o.a. drehpunkt, Lenos, Basel / manuskripte, Graz / entwürfe, Zürich) en bloemlezingen. Haar roman Tauben fliegen auf werd gepubliceerd in 2010. Zij vertelt erin over de familie Kocsis, die deel uitmaakt van de Hongaarse minderheid in het noorden van Servië en die verhuisde naar Zürich. De voormalige immigrante werd de allereerste Zwitserse schrijver/schrijfster die ooit de Deutsche Buchpreis heeft gewonnen. Abonji woont al vele jaren in Zürich.

 

Uit: Tauben fliegen auf

 

“Titos Sommer

Als wir nun endlich mit unserem amerikanischen Wagen einfahren, einem tief braunen Chevrolet, schokoladefarben, könnte man sagen, brennt die Sonne unbarmherzig auf die Kleinstadt, hat die Sonne die Schatten der Häuser und Bäume beinahe restlos aufgefressen, zur Mittagszeit also fahren wir ein, recken unsere Hälse, um zu sehen, ob alles noch da ist, ob alles noch so ist wie im letzten Sommer und all die Jahre zuvor.

Wir fahren ein, gleiten durch die mit majestätischen Pappeln gesäumte Strasse, die Allee, welche die Kleinstadt vorankündigt, und ich habe es nie jemandem gesagt, dass mich diese zum Himmel strebenden Bäume in einen schwindelerregenden Zustand versetzen, einen Zustand, der mich mit Matteo kurzschliesst (der Taumel, dem ich verfalle, als Matteo und ich uns endlos im Kreis drehen, auf der schönsten Lichtung des Dorfwaldes, innig, seine Stirn auf meiner, später dann Matteos Zunge, die eigenartig kühl ist, seine schwarzen Körperhaare, die sich so an seine Haut schmiegen, als wären sie ihrer hellen Schönheit völlig ergeben).

Als wir an den Pappeln vorbeifahren, mir dieses Flirren den Verstand raubt, unser schokoladefarbenes Schiff geräuschlos von einem Baum zum nächsten gleitet, dazwischen die Luft der Ebene, die sichtbar wird, ich kann sie sehen, die Luft, die jetzt stillsteht, weil die Sonne so erbarmungslos ist, da sagt mein Vater zur Klimaanlage hin, immer noch alles genau gleich, mit kleiner Stimme sagt er, hat sich nichts verändert, gar nichts.

Niemand weiss, was mir diese Bäume bedeuten, die Luft zwischen den Bäumen, die man genau sehen kann, und nirgends sind die Bäume so verheissungsvoll wie hier, wo die Ebene ihnen Platz lässt, und ich wünsche mir auch diesmal stehenzubleiben, mich an einen dieser Stämme zu lehnen,

meinen Blick zu heben, mich von den raschen, kleinen Bewegungen der Blätter verführen zu lassen, und ich bitte meinen Vater auch diesmal nicht anzuhalten, weil ich auf die Frage »warum« keine Antwort wüsste, weil ich vieles erzählen müsste, ganz bestimmt aber von Matteo, um zu erklären,

warum ich ausgerechnet hier anhalten will, so kurz vor dem Ziel.”

 


Melinda Nadj Abonji (Bečej, 22 juni 1968)