In Memoriam Walter Jens

 

In Memoriam Walter Jens

 

De Duitse schrijver, classicus, literair historicus, criticus en vertaler Walter Jens is gisteren op 90-jarige leeftijd overleden. Walter Jens werd geboren op 8 maart 1923 in Hamburg. Zie ook alle tags voor Walter Jens op dit blog.

Uit: Katias Mutter (Samen met Inge Jens)

„Es war mit Sicherheit eine der interessantesten – man könnte auch sagen: kuriosesten – Familien der preußischen Metropole, in die Hedwig Pringsheim am 13. Juli 1855 hineingeboren wurde. Ihr Vater, Ernst Dohm, Spross einer armen jüdischen Familie, war bereits als Kind getauft und von einer frommen Mutter sowie einer pietistischen Gönnerin zum Theologen bestimmt worden. Nach erfolgreich absolvierten Examenspredigten hatte er jedoch Talar und Beffchen an den Nagel gehängt und sich als Hauslehrer und Übersetzer durchgeschlagen, ehe er 1848 mit der Gründung der politisch-satirischen Zeitschrift  Kladderadatsch endgültig ins literarisch-journalistische Genre wechselte. Sein profundes Wissen, sein ebenso stil- wie treffsicherer Witz und seine unterhaltlichen Fähigkeiten sowie eine offenbar beachtliche poetische Begabung verhalfen ihm schnell zu Ansehen und Beliebtheit.

Auch Hedwigs Mutter, deren Vornamen das Neugeborene erhielt, hatte in ihrer Ehe begonnen, sich als Schriftstellerin zu profilieren. Sie schrieb Novellen, Dramen und Gedichte, später auch Romane. Vor allem aber zog sie in öffentlichen Stellungnahmen und Essays gegen die These von der angeblich naturgegebenen Ungleichheit von Männern und Frauen zu Felde und wurde in den späten sechziger und siebziger Jahren, nachdem sie vier Kinder großgezogen hatte, zu einer der bekanntesten Kämpferinnen für die Zulassung der Frau zu allen berufsqualifizierenden Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten.

«Kämpferin»? Zumindest Hedwig, die älteste ihrer vier Töchter, sah die Mutter anders: «Schön war sie und reizend; klein und zierlich von Gestalt, mit großen, grünlich-braunen Augen und schwarzen Haaren, die sie auf Jugendbildnissen noch in schlichten Scheiteln aufgesteckt trug, später aber abgeschnitten hatte, und die dann halblang und gewellt ihr wunderbares Gesicht umrahmten.Zart war sie, schüchtern, empfindsam, ängstlich. Wer sie nur aus ihren Kampfschriften kannte und ein Mannweib zu finden erwartete, wollte seinen Augen nicht trauen, wenn ihm das holde, liebliche und zaghafte kleine Wesen entgegentrat. Aber ein Gott hat ihr gegeben, zu sagen, was sie gelitten, was sie in Zukunft ihren Geschlechts-Schwestern ersparen wollte.»

 

Walter Jens (8 maart 1923 – 9 juni 2013)