De Oostenrijkse schrijver Thomas Glavinic werd geboren op 2 april 1972 in Graz. Zie ook alle tags voor Thomas Glavinic op dit blog.
Uit: Die Arbeit der Nacht
»Guten Morgen!« rief er in die Wohnküche.
Er trug das Frühstücksgeschirr zum Tisch, nebenbei drehte er den Fernseher auf. An Marie schickte er eine SMS. Gut geschlafen? Habe von dir geträumt. Dann festgestellt, daß ich wach war. I. l. d.
Der Bildschirm flimmerte. Er schaltete von ORF zu ARD. Kein Bild. Er zappte zu ZDF, RTL, 3sat, RAI: Flimmern. Der Wiener Lokalsender: Flimmern. CNN: Flimmern. Der französische, der türkische Sender: kein Empfang.
Vor der Tür lag statt des Kurier auf dem Fußabstreifer nur ein alter Reklamezettel, den er aus Faulheit noch nicht entfernt hatte. Kopfschüttelnd zog er aus dem Stapel im Flur eine Zeitschrift der Vorwoche und kehrte zu seinem Kaffee zurück. Abonnement kündigen, notierte er im Geist. Schon vergangenen Monat hatte er einmal keine Zeitung bekommen.
Er blickte sich im Zimmer um. Über den Boden verstreut lagen Hemden, Hosen und Strümpfe. Auf der Anrichte stand das Geschirr vom Vorabend. Der Müll roch. Jonas verzog das Gesicht. Er sehnte sich nach ein paar Tagen am Meer. Er hätte Marie begleiten sollen. Trotz seiner Abneigung gegen Verwandtschaftsbesuche.
Als er sich noch eine Scheibe Brot abschneiden wollte, glitt das Messer ab und fuhr ihm tief in den Finger.
»Mist! Ah! Da soll doch…«
Mit zusammengebissenen Zähnen hielt er die Hand unter kaltes Wasser, bis kein Blut mehr nachfloß. Er untersuchte die Wunde. Der Schnitt war bis auf den Knochen gegangen, schien jedoch keine Sehne verletzt zu haben. Auch Schmerzen fühlte Jonas nicht. In seinem Finger klaffte ein sauberes Loch, und er konnte den Knochen sehen.
Ihm wurde flau zumute. Er atmete tief durch.”
Thomas Glavinic (Graz, 2 april 1972)