De Franse schrijver Érik Orsenna werd geboren in Parijs op 22 maart 1947 als Érik Arnoult. Zie ook alle tags voor Erik Orsenna op dit blog.
Uit: Lob des Golfstroms (Vertaald doorAnnette Lallemand)
„Ich bin nicht Wissenschaftler, sondern Weltenbummler. Und genieße so banale Fragen wie: Warum ist die Nacht schwarz? Warum macht Wasser nass? … Und was treibt die Strömung an? – Fragen, die Eltern, aber auch Gelehrte in Verlegenheit bringen.
Es ist Zufall, aber seit meiner Kindheit habe ich ein inniges Verhältnis zu den Meeresströmungen. Ich liebe diese im Wasser verborgenen Flüsse. Liebe es, mich von ihnen einfangen und treiben zu lassen, wie damals in den Ferien: Plötzlich birgt dich eine starke Hand und du brauchst dich nur noch tragen zu lassen.
Genauso gerne segle ich aber auch gegen die Flut, kreuze Stunde um Stunde, gewinne Meter um Meter, egal, ob es Nacht wird, Motorhilfe kommt nicht in Frage: Greift ein Torero etwa zur Maschinenpistole? Ich liebe diese kleinen Verbündeten, die man dabei entdeckt, die Gegenströmungen. Sie haben so verspielte Formen, bilden Wirbel, drehen Spiralen. Jede von ihnen ein kleiner Troll, ein Irrwisch. Sie rufen nach dir, soll man antworten? Locken sie dich nicht vielleicht in eine Falle mit ihrer Liebenswürdigkeit? Sie treiben sich immer in Küstennähe herum, fast zu nahe bei der Küste. Ob man nicht auf Grund läuft, es achtern plötzlich kracht, weil man einen Felsbrocken gerammt hat? Wenn man nicht gar kentert, weil man ihm zu nahe kam.
Ich liebe auch die Seekarten mit ihren schwarzen Pfeilen, die in allen Größen in alle Richtungen ausschwärmen. Sie versuchen zumindest das schier Aussichtslose: zu erfassen, was nicht zu fassen ist, die Launen der Strömungen Stunde für Stunde nachzuzeichnen.
Mein Traum wäre, dass man solche Karten auch für das sogenannte Festland erstellte. Jeder weiß doch, dass es Kräfte gibt, die unseren Boden umtreiben, aber sie sind noch nicht einmal alle aufgespürt. Da fließt ja nicht nur Lava. Da bewegt sich ständig etwas unter unseren Füßen. Überall rutscht etwas, sackt etwas ein oder senkt sich ab. Ganz zu schweigen von unseren Kontinenten, die doch recht massig und schwer sind. Sie werden offenbar ebenfalls abgetrieben, trotz ihrer Korpulenz.“
Érik Orsenna (Parijs, 22 maart 1947)
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