Christa Wolf, Charlotte Roche, John Updike, Wilfred Owen, Stéphane Mallarmé, Héctor Bianciotti, Hellema, Friedrich Hebbel

De Duitse schrijfster Christa Wolf werd geboren op 18 maart 1929 in het huidige Poolse Gorzów Wielkopolski. Zie ook alle tags voor Christa Wolf op dit blog.

Uit: Kassandra

„Marpessa, sah ich, die, wie einmal schon, mit mir nicht sprechen wollte, war besser vorbereitet, auf was wir nun erfahren, als ich, die Seherin; denn ich zog Lust aus allem, was ich sah – Lust; Hoffnung nicht! – und lebte weiter, um zu sehn.
Merkwürdig, wie eines jeden Menschen Waffen – Marpessas Schweigen, Agamemnons Toben – stets die gleichen bleiben mssen. Ich freilich hab allmählich meine Waffen abgelegt, das wars, was an Veränderung mir möglich war.
Warum wollte ich die Sehergabe unbedingt? Mit meiner Stimme sprechen: das äußerste. Mehr, andres hab ich nicht gewollt. Zur Not könnt ich es beweisen, doch wem? Dem fremden Volk, das, frech und scheu zugleich, den Wagen umsteht? Ein Grund zu lachen, gäbe es den noch: Mein Hang, mich zu rechtfertigen, sollte sich, so kurz vor mir selbst, erledigt haben.
Marpessa schweigt. Die Kinder will ich nicht mehr sehn. Sie hlt sie unter dem Tuch vor mir versteckt.
Der gleiche Himmel über Mykenae wie über Troia, nur leer. Emailleschimmernd, unzugänglich, blankgefegt. Etwas in mir entspricht der Himmelsleere über dem feindlichen Land. Noch alles,was mir widerfahren ist, hat in mir seine Entsprechung gefunden. Es ist das Geheimnis, das mich umklammert und zusammenhält, mit keinem Menschen habe ich darber reden können.
Hier erst, am äußersten Rand meines Lebens, kann ich es bei mir selber benennen: Da von jedem etwas in mir ist, habe ich zu keinem ganz gehçrt, und noch ihren Haß auf mich hab ich verstanden. Einmal, »früher«, ja, das ist das Zauberwort, hab ich in Andeutungen und halben Sätzen mit Myrine darüber sprechen wollen – nicht, um mir Erleichterung zu verschaffen, die gab es nicht. Sondern weil ich es ihr schuldig zu sein glaubte. Troias Ende war abzusehen, wir waren verloren. Aineias mit seinen Leuten hatte sich abgesetzt. Myrine verachtete ihn. Und ich versuchte ihr zu sagen, daß ich Aineias – nein, nicht nur verstand: erkannte. Als sei ich er. Als kauerte ich in ihm, speiste mit meinen Gedanken seine verräterischen Entschlüsse.“

 
Christa Wolf (18 maart 1929 – 1 december 2011) 
Cover 

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Prijs van de Leipziger Buchmesse voor Guntram Vesper

Prijs van de Leipziger Buchmesse

De Prijs van de Leipziger Buchmesse 2016 gaat naar de Duitse schrijver Guntram Vesper Hij ontvangt de prijs, waaraan een geldbedrag van € 15.000 verbonden is in de categorie fictie voor zijn roman “Frohburg”. In de meer dan duizend pagina’s tellende roman vertelt Vesper gaat over zijn geboorteplaats Frohburg: een kleine stad ten zuiden van Leipzig, waar hij zijn kindertijd en jeugd doorgebracht, voordat de familie in 1957 vluchtte naar de Bondsrepubliek. Zie ook alle tags voor Guntram Vesper op dit blog.

Uit: Frohburg

„Unsere uneigene Sache, unser eigentliches Ding: die endlos langen Sommerabende. Fußball. Räuber und Gendann, Versteckspiel, renn ums Leben. Sonst abgeschlagen, ausgeschieden, ausgenommen. zu den Toten. In den Auguststaub klopfende lgelitsandalen, hallende Rufe, spitze Schreie. Grölen. Quieken. zurückgeworfen vom dämmergrauen Geviert der Häuserreihen, Geschiebe‚ Gesehubse, Gezerre, Gerangel, bei zunehmender Dunkelheit,  gemeint die Mädchen, wer sonst.
Brückengasse Wyhrabrücke Gußleisenkonstruktion aus Cainsdorf, Königin-Marien-l-lütte. Unter jedem Laster Zittern, Beben. Schwingen. Auch bei Hochwasser und Eisgang: Treibgut Balken, Schollenstoß,
Töpferplatz. Die Maulbeerhecke. Eßbar oder. Drei Trittstufen zur Schöpfe. Der alte Bürstenrnacher Prause bis zum Knie im seichten Fluß: Auf Wiedersehn, du schöne Welt. Von der Tochter zurückgesehleppt ins Haus und eingeschlossen. Warum auch nicht. muß sein. Lindenreihe. In den Hundstagswochen, vor Gewittern schwarzrotes Gewimmel der Franzosenkäfer.
Greifenhainer Straße.
Die Großeltern. Nach dem großen Brand am Markt das Haus am Fluß gekauft. Dort ich geboren.
(…)

Meine ersten Jahre, die ersten anderthalb Jahrzehnte, dort drüben, da hinten, in Frohburg. Als hätte man sie im Hinterzimmer einer riesengroßen, rastlos stampfenden Mühle verbracht, die Ideen und Gefühle und noch die leisesten Regungen zerschrotete und Menschen verbrauchte, in maßloser Menge, ganze Städte, Landstriche, Provinzen und Länder wurden zu Schutt und Erinnerung, während man selber Lesen und Schreiben lernte und die Sonne aufgehen und hinter dem Horizont wieder versinken sah. Zitternde Bilder, zitternder Boden. Wirkt und wühlt in uns weiter, wirst sehen.
Kindheit ohne Ziel, ohne Mitte. Musik war Kirchengesang oder FDJ-Lied, Wörter wie Oper, Sinfonie, Streichquartett hast du kaum oder gar nicht gehört, sie kamen, wenn du genau überlegst, einfach nicht vor, einfach, das sagt sich so leicht, von Mozart, Beethoven, von Hans Pfitzner, sein Vater in Frohburg geboren, und Schönberg keine Spur. Rückschritt, den man Fortschritt nannte. Fortschritt, der Rückschritt hieß. Dazu die Lehrer, Uniformfotos von gestern bestens versteckt, wenn nicht verbrannt, was sie als junge Offiziere und Unteroffiziere an der Ostfront oder im Hinterland getrieben hatten, darüber kein Wort, sie lobten Johannes R. Becher und Kuba über alles und beteten jede Eloge der Zeitungen auf Aschajew und Babajewski nach, Fern von Moskau, Ritter des goldenen Sterns, was sie wirklich dachten, behielten sie lieber für sich.“

 
Guntram Vesper (Frohburg, 28 mei 1941)