De Poolse schrijver en letterkundige Andrzej Stasiuk werd geboren op 25 september 1960 in Warschau. Zie ook mijn blog van 25 september 2008 en ook mijn blog van 25 september 2009 en ook mijn blog van 25 september 2010.
Uit: Hinter der Blechwand (Vertaald door Renate Schmidgall)
“Diese Stadt deprimierte mich, aber ich wußte, ich würde keine bessere finden. Ich betrachtete die Taxifahrer, die den ganzen Tag am Marktplatz standen, und spürte, daß ich im Grunde ein Glückspilz war. Ich hatte noch nie gesehen, daß einer von ihnen mit einem Kunden weggefahren wäre. Stundenlang standen sie da, redeten, gingen dann zu ihren Kutschen, lasen Zeitung, lösten Kreuzworträtsel: Fluß in Afrika, drei Buchstaben, erster “N”, letzter “L”, dann kehrten sie wie- der zu den anderen zurück, zu ihrem Gerede darüber, welches Auto wieviel auf freier Strecke verbrauchte und wieviel in der Stadt, daß die Juden die arabischen Ölfelder gekauft und jetzt das russische Gas im Auge hätten, also würde sich in ein, zwei Jahren gar nichts mehr lohnen, auch das Rumstehen in der Sonne und im Staub würde sich nicht mehr lohnen, nichts, nie mehr, in Ewigkeit amen. Das war der Refrain dieser Stadt: “Es lohnt sich nicht.” Außer Stehen und Warten versuchten sie gar nichts, es hätte sich schließlich nicht gelohnt. Ja, diese Angst des Bauern, daß er wie ein Idiot dasteht, daß man ihn anpißt, daß die Wirklichkeit ihn nach Strich und Faden verarscht, hing über der Stadt wie eine Dunstglocke. Nur regloses Abwarten gab den Leuten das Gefühl von Sicherheit. Sie standen neben ihren Kutschen, klopften ihnen aufs Dach und öffneten die Türen, um die Fürze rauszulassen. Sie waren mir ein Trost. Verächtlich betrachteten sie den rostenden Ducato, wenn ich vorsichtig zwischen ihre herausgeputzten Mercedes rollte, die sie aus dem Reich angeschleppt hatten und mit denen sie in fünf Jahren fünftausend Kilometer fuhren. Ich glitt mit meiner nie gewaschenen Spaghettikiste an den fetten, auf Hochglanz polierten Hintern der deutschen Schrottwagen vorbei, und an der Ecke beim Tabakladen, wo wir uns gewöhnlich verabredeten, hielt ich Ausschau nach meinem Partner. Dort gab es die billigsten Zigaretten in der Stadt, dort deckte er sich ein. Ich fuhr ganz langsam, er lief mit und sprang herein, fiel auf den Sitz, holte Luft und fragte:
“Hast du getankt?”
“Halb”, erwiderte ich. “Für mehr hat’s nicht gereicht.”
“Das heißt?”
“Für circa vierhundert Kilometer, knapp die Hälfte.” “In Mariafalva ist heute große Kirchweih.”
Andrzej Stasiuk (Warschau, 25 september 1960)
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