De Duitse schrijver André Kubiczek werd op 20 januari 1969 geboren in Potsdam. Kubiczek is de oudste van de twee zonen van de politieke wetenschapper Wolfgang Kubiczek. Zijn moeder, een Laotiaanse had zijn vader ontmoet in Moskou, toen zij daar allebei studeerden. André Kubiczek studeerde een tijdje germanistiek in Leipzig en Bonn, maar brak zijn studie af. In 1997 kreeg hij een werkbeurs van Brandenburg, in 1998 de Alfred Döblin-beurs van de Akademie der Künste. Zijn debuutroman “Junge Talente” verscheen in 2002. Het thema van de roman is “het literaire afscheid van de kindertijd en jeugd in een ten onder gaand staatsbestel” ‘door critici vergeleken met gelijksoortige debuutwerken van Jakob Hein en Claudia Rusch. Alle drie auteurs waren ‘kinderen van de laatste echte DDR generatie “. Voor zijn tweede roman “Die Guten und die Bösen” werd Kubiczek genomineerd voor de Marburg Literatuurprijs 2005, In 2007 werd hij bekroond met de Candide prijs. In 2016 ontving hij een werkbeurs van de Berlijnse Senaat. In hetzelfde jaar verscheen de roman “Skizze eines Sommers” die op de shortlist van de Deutsche Buchpreis kwam.
Uit: Junge Talente
“Er solle nicht so arrogant sein, sagte Delia, Theateraufführungen, ein 8-mm-Film. Lass mich raten, sagte Less, experimentell. Keine Ahnung, sagte Delia, und dass Göhrke – wie Less mutmaßte: um dem Fass die Krone aufzusetzen – jetzt schreibe,
Kurzgeschichten, Gedichte, Fabeln. Fabeln? Hatte er ihr all das in der Eisdiele aufgetischt? Ja schon, schließlich waren sie fast drei Stunden zusammen gewesen. Ob er, Less, denn auch schreibe, passen würde es ja, fände sie. Nein, ebendarum nicht, sagte Less, ob sie denn schreibe, passen, dachte Less, würde es auch, kam ja schließlich drauf an, was man schrieb, Wanderlieder zum Beispiel oder Fabeln. Fabeln! Delia druckste rum, und Less wusste, dass sie schrieb, Gedichte wahrscheinlich, die ihr armes Herz nicht für sich behalten konnte.
Less sagte, dass einige behaupteten, jeder sei ein Künstler, na ja, sagte Delia geniert, sie hoffe nur, morgen durch die Prüfung zu kommen.
Da Delia auf einem Dessert bestand, stocherten sie anschließend jeder in einem Eisbecher Melba herum, als Less vom Tresen her eine wohl bekannte Stimme vernahm, betrunken und schwerfällig, die Du dämliche Schwuchtel! brüllte. Er spähte an Delia vorbei und sah tatsächlich Nathanael auf einem Barhocker hängen, die Hände, die seine Worte wohl unterstrichen hatten, noch immer in der Luft. Der Wirt redete beruhigend auf ihn ein und stellte dann ein Getränk mit zerstoßenem Eis vor ihm ab.
Less zog den Kopf ein, bemüht, sich hinter Delias dürrer Gestalt zu verbergen, die mit dem Rücken zum Tresen saß und so den Grund seiner abschweifenden Aufmerksamkeit nicht mitbekam, die sie und ihr Gerede von der Macht der Poesie allein gelassen hatte. Er konnte jetzt kaum mit ihr am Tresen vorbei, also überredete er sie zu einer weiteren Flasche Wein, was sie zu dem schnippischen Kommentar veranlasste, Maik Göhrke trinke nicht so viel wie er, und ihn gleichzeitig zwang, auf das Thema, das ihr sehr wichtig schien, einzugehen.
Dass die Poesie bestimmte Saiten anschlage, die gespannt wären zwischen Verstand und Seele und ebenjenes Territorium mit Klängen erfülle, das unerkannt dazwischen im Nebel liege, abgeklemmt von den Nervenbahnen und ohne die Kanalisation der Instinkte, dass durch diese Klänge seine Dämonen geweckt würden, lichtscheue Mädchennachthemd trug.“
André Kubiczek (Potsdam, 20 januari 1969)