De Duitse schrijver Marc Degens werd geboren op 18 augustus 1971 in Essen. Zie ook mijn blog van 18 augustus 2007 en ook mijn blog van 18 augustus 2008 en ook mijn blog van 18 augustus 2009 en ook mijn blog van 18 augustus 2010.
Uit: Hier keine Kunst
“Sogleich nahmen die beiden anderen Mädchen wieder ihre Plätze ein. Sie hoben das Seil auf, griffen die Enden und ließen es im hohen Bogen um das Mädchen kreisen. Freudig und aufgeregt fielen sie in den Gesang mit ein:
Teddybär, Teddybär
mach dich krumm
Teddybär, Teddybär
hüpf auf einem Bein
Teddybär, Teddybär
das muß sein
Reizend. Kurz überlegte ich, das Trio zu bitten, mich auf meinem Gang zu begleiten. Wir würden uns an die Hände fassen, einen christlichen Kanon anstimmen und tanzend in die Fußgängerzone einfallen … Doch nein, schließlich hatte ich eine Aufgabe und ein Ziel vor Augen: Ich wollte Lottokönig werden! Ich hatte schon fast die Lottoannahmestelle am Marktplatz erreicht, als durch die Glastür von Erikas Friseursalon Latte hinausstolziert kam und mir direkt in die Arme lief.
– Hey, Alter. Was für ein Zufall. Hab mir grad die Spitzen schneiden lassen. Wie gefällt es dir?
– Sieht gut aus, echt. Und sonst? Alles paletti?
– Klar, Mann. Hab gestern acht Stunden am Stück gefickt. Du rätst nicht wen.
– Ich will es auch gar nicht wissen.
– Alter, du bist so verklemmt, das ist dein Problem. Ey, was rauchst du denn da für ne Priemel?
– Hat mir der alte Höttges geschenkt. Zum Geburtstag. Ich bin heute dreiunddreißig geworden.
– Im Ernst? Siehst älter aus. Komm, ich lad dich auf nen Kaffee ein. In mein neues Stammcafé. Hier lang.
– Wo willst du denn hin?
– Na, in die Wullie.
Tatsächlich lotste mich Latte geradewegs in die Woolworth. Vor dem Geschäft verabschiedete ich mich von meiner Zigarre, dann betraten wir die heiligen Hallen. Mit der Rolltreppe fuhren wir in die erste Etage, hier waren die Haushaltswaren- und Bekleidungsabteilung angesiedelt. Noch nie zuvor hatte ich einen Fuß in dieses Stockwerk gesetzt. Latte steuerte in die Ecke mit den Umkleidekabinen. Ta ta, da stand er! Erhaben und unerschütterlich. Ein dunkelbrauner, mannshoher Getränkeautomat für Selbstbediener. Genauso ein Leuchtturm bewacht auch die Kopiergeräte in der Stadtbibliothek.
– Alter, was darf es sein? Kaffee? Schokolade? Zitronentee? Mocca? Oder vielleicht eine Tomatensuppe?
– Einen Kaffee, bitte.
– Mit Milch? Zucker? Extra viel Milch?
– Einfach nur schwarz.
– Krass, Alter. Ach, hast du vielleicht ein bißchen Kleingeld? Der hier nimmt keine Scheine.
– Sicher.”
Marc Degens (Essen, 18 augustus 1971)