Peter Stamm, Sascha Kokot

De Zwitserse schrijver Peter Stamm werd geboren op 18 januari 1963 in Weinfelden. Zie ook alle tags voor Peter Stamm op dit blog.

Uit: In einer dunkelblauen Stunde

„Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir bleibt, sagt Wechsler, aber wer weiß das schon? Es gab Momente, in denen mir das Ende näher schien als jetzt. Er steht am Ufer der Seine, der Himmel ist bedeckt, ein paar Tauben fliegen vorüber. Wechsler macht eine unbestimmte Handbewegung, als wolle er den Ge-danken verscheuchen. Im Hintergrund ist ein Touristenschiff zu sehen, das mit überraschend hoher Geschwindigkeit vorüberfährt. Wechsler dreht sich von der Kamera weg, schaut auf den Fluss, zuckt mit den Schultern. Damit könnten wir doch anfangen. Das war, nachdem er uns von jenem Unfall in den Bergen erzählt hat, nicht wahr?, sagt Tom. Er sitzt auf dem Bett und liest etwas. Was liest du da? Es war kein Unfall. Nur beinah. Für Wechsler war das ein Schlüsselmoment. Sollen wir mit ihm in die Berge fahren und filmen, wie er da herumstolpert und sich erinnert? Wenn er überhaupt kommt. Die Geschichte haben wir doch schon. Thomas. Seit kurzem will er, dass ich ihn Thomas nenne. Warum will jemand, der vier-zig Jahre lang Tom gewesen ist, plötzlich Thomas sein? Ich springe zurück. Es wäre schön, wenn wir die Aufnahme in den Bergen machen könnten, sagt Tom. Berge sind immer schön. Paris, das Dorf, die Berge. Vermutlich wird die Geschichte mit jedem Mal erzählen etwas dramatischer. Was liest du da? Den Hotelprospekt. Eine kleine Entdeckungsreise durch unser Hotel, umgeben von einer abwechslungsreichen Landschaft in einem verträumten Weinbauerndorf Eine hochstehende Gastronomielandschaft, die für jeden Gaumen etwas Passendes bereithält. Bei uns lassen sich Arbeit und Vergnügen bestens verbinden. Nichtraucherzimmer, freier Internetzugang, ein Eldorado für jeden Geschäftsmann. Und für die Geschäftsfrau? Da ist es. Ich schalte auf normale Geschwindigkeit. … hatte mich im Weg geirrt, sagt Wechsler, aber statt zurückzugehen … ich habe es immer gehasst, Wege zurückzugehen. Das Gelände wurde steiler und steiler, alles rutschte, es kam mir vor, als sei die ganze Welt in Bewegung, nichts mehr fest. Und dann waren da plötzlich Felsen. Da habe ich gedacht, jetzt … dass ich sterblich bin, wurde mir da erst so richtig … habe ich da erst begriffen. Er hat die unangenehme Angewohnheit, Sätze nicht zu Ende zu sprechen. Man weiß zwar, was er meint, aber er sagt es nicht. Wir können keinen Film aus lauter angefangenen Sätzen machen. Ich drücke auf schnellen Vorlauf. … wer weiß das schon, sagt Wechsler. Es gab Momente, in denen mir das Ende näher schien als jetzt. Wir könnten das auch ganz an den Schluss nehmen, sagt Tom. Quasi als Ausblick. Der Film ist zu Ende, aber das Leben geht weiter. Und dann verschwindet er in den Sonnenuntergang, da an dem kleinen See.“

 

Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

 

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

het beddengoed blijft liggen

het beddengoed blijft liggen
voor een paar dagen
als een gevederde afdruk
van mijn beweging in deze
ruzie twee meter boven
de grond blijft het smeulen
woelen de kinderen de jouwe
en de mijne daarin rond
spelen burcht of grot
zo dik gewatteerd doet hun
niets pijn liggen ze niet
gewond op dit slagveld

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 18e januari ook mijn blog van 18 januari 2019 en ook mijn blog van 18 januari 2015 deel 2 en ook deel 3.

Peter Stamm, Sascha Kokot

De Zwitserse schrijver Peter Stamm werd geboren op 18 januari 1963 in Weinfelden. Zie ook alle tags voor Peter Stamm op dit blog.

Uit: Das Archiv der Gefühle

„Die matten Farben jetzt im Frühjahr, in denen sich schon die kräftigeren des Sommers ankündigen, der leichte Wind, der nicht kalt ist, aber auch noch nicht warm und mich erschauern lässt, nicht frieren, eine Wahrnehmung nur an der Oberfläche.
Ich habe die Fußgängerbrücke genommen und bin auf der anderen Seite des Flusses zurückgegangen.
Der Weg ist etwas breiter hier, aber weniger begangen, an manchen Stellen ist die Erde aufgeweicht,
Pfützen haben sich gebildet, in denen sich die Hochspannungsleitung und die Wolken spiegeln. Als ich
mich dem Stadtrand nähere, werden die Geräusche wieder lauter.
Der namenlose Weg, auf dem ich gehe, die Schrebergärten, einige schon vorbereitet für die Frühlingsbepflanzung, andere noch im Winterschlaf und einige ganz verwahrlost, vermutlich seit Jahren nicht bestellt, dahinter die Bahnlinie und etwas weiter entfernt die Autobahn. Das Rauschen des Flusses, das Rauschen der Autos, der Lkws, ein hohes Sirren und dann noch ein anderes Rauschen, das metallisch klingt und pulsiert, ein Zug, der vorüberfährt. Wie soll das alles beschrieben, wie festgehalten werden?
Das Gehen hat mich müde gemacht, ich bin es nicht mehr gewohnt und habe mich unterhalb des
Wehrs auf eine Holzbank gesetzt. Ich sitze am Fluss und bin überwältigt von der Fülle der Eindrücke, die auf mich einströmen. Es ist dieses Gefühl der Klarheit und Durchlässigkeit, das sich einstellt, wenn
man nach einer langen Krankheit zum ersten Mal wieder das Haus verlässt, etwas geschwächt noch,
nüchtern und mit geschärften Sinnen. Ich schließe die Augen, das Rauschen wird lauter, der Fluss führt mehr Wasser, fließt schneller, er ist ockergelb. Es regnet nur noch ganz leicht, schließlich hört es auf. Ich fröstle, ich trage nur Badehosen und habe ein Handtuch um die Schultern geschlungen. Die Kälte lässt mich meinen Körper deutlicher spüren als sonst, alles ist sehr klar und oberflächlich. Ich empfinde ein Glück, das sich wie Unglück anfühlt.
Ich muss an Franziska denken, die jetzt bestimmt daheim ist und Hausaufgaben macht oder einen Kuchen bäckt oder tut, was Mädchen eben tun. Wir teilen uns ein Stück des Schulwegs. An der großen Kreuzung, wo unsere Wege sich trennen, stehen wir oft lange und reden. Worüber haben wir uns damals nur immer unterhalten? Der Gesprächsstoff schien uns nie auszugehen. Dann schaut einer von uns auf die Uhr und merkt, wie spät es schon ist, und dass unsere Mütter mit dem Mittagessen auf uns warten.
Ein Lachen, ein hastiger Abschied.
Der Weg nach Hause, in Gedanken noch immer bei Franziska, ihre Stimme, ihr Lachen im Ohr, die
Dinge, die sie sagt, und jene, die sie nicht sagt. Dann das Quietschen des Gartentors, das Knirschen des Kieses in der mittäglichen Stille.“

 

Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

 

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

zelfs als de vrouw allang weg is
klinkt nog altijd het avondprogramma door
het heeft zich veel te hard ingebrand
en druppelt door het plafond op ons neer
waar we in onszelf naar de slaap grijpen
de dagen uit onze huid strijken
kunnen we ze nog lang volgen
de berichten, studio’s en moordenaars
voor hun na middernacht de stroom
wordt afgesloten en we achterblijven
in onze nachtelijke onrust die langzaam
wakker wordt in alle stilte

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 18e januari ook mijn blog van 18 januari 2019 en ook mijn blog van 18 januari 2015 deel 2 en ook deel 3.

Peter Stamm, Sascha Kokot

De Zwitserse schrijver Peter Stamm werd geboren op 18 januari 1963 in Weinfelden. Zie ook alle tags voor Peter Stamm op dit blog.

Uit: Das Archiv der Gefühle

Früher am Tag hat es ein wenig geregnet, jetzt ist der Himmel nur noch teilweise bewölkt mit kleinen, kräftigen Wolken, deren Ränder weiß leuchten im Sonnenlicht. Von hier aus ist die Sonne schon nicht mehr zu sehen, sie ist hinter der bewaldeten Hügelkette verschwunden, und es ist spürbar kühler geworden. Der Fluss führt viel Wasser, an den Schwellen bildet sich weißer Schaum, es ist mir, als könne ich die Energie spüren, die im bewegten Wasser steckt, als fließe sie durch mich hindurch, ein kräftiger, belebender Strom. Hundert Meter flussaufwärts, wo das Wasser über das Wehr stürzt, weicht das gurgelnde Geräusch einem lauten, vollen Rauschen. Das Wort Rauschen trifft es nicht, es ist viel zu ungenau in seinen vielen Bedeutungen und Anwendungen, alles rauscht, der Fluss, der Regen, der Wind. Der Äther rauscht. Ich muss eine Akte zum Thema Geräusche des Wassers anlegen, ich frage mich, wo in der Systematik sie hingehört, Natur, Physik, vielleicht sogar Musik? Geräusche, Gerüche, Lichtphänomene, Farben, so vieles fehlt noch in meinem Archiv, so viel Unbeschriebenes, Unerfasstes, Unerfassbares.
Ich bin den Pfad entlanggegangen, der den Fluss hochführt ins Tal hinein. Franziska hat sich zu mir gesellt, ich weiß nicht, woher sie gekommen ist, vielleicht wurde sie vom Wasser angezogen, wie es uns beide immer schon angezogen hat. Plötzlich geht sie neben mir. Sie sagt nichts, lächelt mich nur an, als ich zu ihr hinüberschaue, dieses verschmitzte Lächeln, das ich nie ganz deuten konnte und vielleicht deshalb so sehr liebe an ihr. Sie nickt mir zu, als wolle sie mich ermuntern, irgendetwas zu tun, zu sagen. Das Haar ist ihr dabei ins Gesicht gefallen, sie streicht es zurück. Ich möchte meine Hand auf ihren Nacken legen, ihren Nacken küssen. Ich liebe dich, sage ich. Ich will ihre Hand fassen, aber ich greife ins Leere.
Manchmal taucht sie so unvermittelt auf, ohne dass ich an sie gedacht habe, leistet mir ein wenig Gesellschaft und verschwindet dann, wie sie gekommen ist, und ich bin wieder allein.
Wie lange bin ich schon gegangen? Eine halbe Stunde, eine Stunde? Vor mir läuft ein schwarzer Käfer über den Weg, und ich stehe still und beobachte ihn. Was
für ein Käfer ist das? Es gibt Hunderttausende von Insektenarten, und ich kenne kein Dutzend davon, Marienkäfer, Mai- und Junikäfer, Wanzen, Asseln, Tausendfüßler, Heuschrecken, Bienen und Hummeln, Ameisen, was weiß ich.“

 

Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

 

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

dit meer wordt vandaag ook drooggemaakt

dit meer wordt vandaag ook drooggemaakt
met zijn ondiepten in dichte begroeiing
de zwemmers hebben geen tijd
voor het oversteken van het water
hun bewegingen grijpen in de leegte
de kieuwen verliezen hun vorm
verre boeien kletteren hol op de grond
ergens daartussen happen de zeilen naar wind
het strand wordt zienderogen een strop
die snel sluit gevolgd door
de bewoners met handdoeken en parasols
ze vinden niets meer om aan te leggen
Ik heb deze zomer geroepen
om op vijfenvijftig meter diepte
op de laatste laag te staan

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

 

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Peter Stamm, Sascha Kokot

De Zwitserse schrijver Peter Stamm werd geboren op 18 januari 1963 in Weinfelden. Zie ook alle tags voor Peter Stamm op dit blog.

Uit: Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt

„Ich setzte mich neben sie, und wir schauten hin-unter zu den Gebäuden aus gelblichem Stein, die aus den dreißiger Jahren stammen mussten. Neben einigen quaderförmigen Bauten war ein monumentales, von viereckigen Säulen getragenes Dach, davor ein großer, zugefrorener Teich. Auf den Wiesen der sanft gewellten Landschaft lagen Flecken von Schnee. Vom Eingang des Friedhofs her kamen Menschen in dunklen Mänteln, einige allein, andere paarweise oder in kleinen Gruppen. Vor einem der Gebäude blieben sie stehen, eine verstreute Versammlung, die nicht recht zusammenzupassen schien.
Ich mag Friedhöfe, sagte Lena. Ich weiß, sagte ich. Es ist kalt, sagte sie. Wollen wir uns ein wenig bewegen?
Wir gingen den Hügel hinunter. Die Trauergäste waren inzwischen unter dem ausladenden Dach der Kapelle verschwunden, und der Platz war wieder menschenleer. Neben dem Gebäude stand ein Kandelaber mit einer Uhr. Seltsam, sagte Lena, das sieht aus wie auf einem Bahnsteig. Sie stellte sich unter die Uhr, schaute zu ihr hoch und prüfte dann die Zeit auf ihrer Arm-banduhr wie eine Reisende, die die Abfahrt ihres Zuges nicht erwarten kann. Endstation, sagte ich. Sie lächelte mich an, aber spielte ihre Rolle weiter, bis ich ein paar Mal leise in die Hände klatschte, worauf sie sich linkisch verbeugte.
Wir liefen weiter in das Gelände hinein, vorbei an geometrisch angelegten Grabfeldern in Richtung eines lichten Kiefernwaldes. Wir gingen so nah neben-einander, dass unsere Schultern sich manchmal streif-ten. Lena schwieg jetzt, aber es war kein ungeduldiges Schweigen, wir hätten wohl noch lange so gehen können, ohne zu reden, nur mit unseren Gedanken beschäftigt. Schließlich, wir waren eben zwischen die ersten Bäume getreten, blieb ich stehen und sagte, ich möchte Ihnen meine Geschichte erzählen. Sie gab keine Ant-wort, aber sie wandte sich mir zu und schaute mich an mit einem Blick, der weniger neugierig als vollkommen offen wirkte.
Ich bin Schriftsteller, sagte ich, oder besser, ich war Schriftsteller. Ich habe nur ein Buch veröffentlicht, und das ist fünfzehn Jahre her. Mein Freund ist Schrift-steller, sagte sie, oder möchte es gerne sein. Ich weiß, sagte ich, deshalb will ich Ihnen meine Geschichte er-zählen.
Wir gingen langsam den Kiesweg entlang, der in gerader Linie durch den Wald führte, und ich erzählte Lena von jener seltsamen Begegnung vor vierzehn Jahren, die dazu geführt hatte, dass ich das Schreiben auf-gegeben hatte.“

 

Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

 

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

de machines worden te klein voor je

de machines worden te klein voor je
je kunt er niets mee doen
en weet alleen hoe hij de oude apparaten moet gebruiken
met hun zware lichamen scherp en grof
gegoten staan ​​ze koppig als een kudde in de hal
en tussen dat alles het kleine schepsel
breekt bij de minste schok in stoffige stukken
als broedplaats voor de bevruchte eieren
ze wachten op een gunstig moment
als je niet meer in de kamer bent en
alleen de gloeilamp zoemt als laatste warmtebron

 

Vertaald door Frans Roumen

 

Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

 

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Peter Stamm, Sascha Kokot, Franz Blei, Jon Stallworthy, Montesquieu, Ioan Slavici, Rubén Darío, Paul Léautaud, Alan Alexander Milne

De Zwitserse schrijver Peter Stamm werd geboren op 18 januari 1963 in Weinfelden. Zie ook alle tags voor Peter Stamm op dit blog.

Uit: Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt

„Magdalena musste sich über meine Nachricht gewundert haben. Ich hatte keine Telefonnummer und keine Adresse angegeben, nur die Zeit und den Ort und meinen Vornamen: Bitte kommen Sie morgen um vierzehn Uhr zum Skogskyrkogården. Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen. Ich wartete beim Ausgang der S-Bahn-Station auf sie. Um Viertel nach zwei war sie noch nicht da, und ich dachte kurz, sie könnte ein Taxi genommen haben. Aber ihre Verspätung hatte nichts zu bedeuten, sie war immer unpünktlich gewesen, nicht auf die aggressive Art, die dem Wartenden zeigen soll, dass seine Zeit weniger wert ist als ihre, eher aus einer Art Zerstreutheit, mit der sie ihr ganzes Leben anging. Ich war sicher, dass sie kommen würde, dass ihre Neugier größer sein würde als ihr Misstrauen. Fünf Minuten später fuhr der nächste Zug ein, und als ich schon dachte, sie sei auch in diesem nicht gewesen, kam sie mit hüpfenden Schritten die Treppe herunter. Ich hatte mich gleich zu erkennen geben wollen, aber kaum sah ich sie, verschlug es mir wieder den Atem wie am Tag zuvor, als ich ihr vor dem Hotel aufgelauert und sie dann doch nicht angesprochen hatte. Sie musste bald dreißig sein, zwanzig Jahre jünger als ich, aber sie sah aus wie ein junges Mädchen, und wer uns zusammen begegnet wäre, hätte glauben können, wir seien Vater und Tochter. Ich ließ sie an mir vorüber- gehen, ohne sie anzusprechen, und folgte ihr in Richtung Friedhof. Sie wirkte nicht wie jemand, der verabredet ist. Sie ging mit schnellen Schritten die Straße hinunter, als sei sie den Weg schon hundertmal gegangen. Ich hatte angenommen, sie werde beim Eingang des Gelän- des warten, aber sie ging hinein und, ohne zu zögern, einen kleinen Hügel hoch, auf dem ein Kreis alter Bäume stand. Am Fuß des Hügels gab es ein riesiges Steinkreuz, dennoch hatte die Anlage etwas Heidnisches, die Landschaft und die Natur wirkten stärker als die sakralen Bauten und alle christlichen Symbole.
Magdalena hatte sich oben auf dem Hügel unter einen der kahlen Bäume gesetzt und schaute mir entgegen, als hätten wir ein Wettrennen gemacht und sie sei die Siegerin. Außer Atem kam ich bei ihr an, und obwohl sie mich noch nie gesehen hatte, schien sie sofort zu wissen, dass ich es war, der sie hierherbestellt hatte. Lena, sagte sie und streckte mir die Hand hin. Christoph, sagte ich und gab ihr etwas irritiert die Hand. Nicht Magdalena? Niemand nennt mich so, sagte sie mit einem Lächeln. Ein ungewöhnlicher Ort für ein Treffen. Ich wollte, dass wir ungestört reden können, sagte ich.“

 

 
Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

 

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

das Bettzeug bleibt liegen

das Bettzeug bleibt liegen
für ein paar Tage
als gefiederter Abdruck
meiner Bewegung in diesem
Streitfall zwei Meter über
dem Boden schwelt es weiter
wühlen die Kinder deins
und meins darin umher
spielen Burg oder Grotte
so dick gepolstert tut ihnen
nichts weh liegen sie nicht
wund auf diesem Schlachtfeld

 

die Kinder sind uns abhandengekommen

die Kinder sind uns abhandengekommen
wir kennen ihre Namen nicht
es blieb keine Zeit sie auszuwählen einzustudieren
ihre Zimmer bleiben unbezogen
unsere Körper gehen darin brach
einander unsicher gegenüber
weisen sie uns immer weiter fort
sie scheinen die Routen verlässlich zu kennen
auch wenn wir kaum mehr wissen
was uns hier hält in den kalten Fluren

 

 
Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

 

De Oostenrijkse schrijver, vertaler en uitgever Franz Blei werd geboren op 18 januari 1871 in Wenen. Zie ook alle tags voor Franz Blei op dit blog.

Uit: Das große Bestiarium der modernen Literatur

Die George

Die George, auch die große George genannt, ist ein hochbeiniger Watvogel, der durch die außerordentlich schöne Proportion seiner Glieder wie auch durch seine Größe weit über seine Genossen im Wasser hinausragt, die es ihm mit Strecken und Recken ihrer kurzen mißgeformten Glieder gleichtun wollen zum großen Vergnügen der zuschauenden Kinder. Aber die George nimmt solches Stelzen der andern lächelnd hin, weil es ihr ihre Einzigartigkeit und Mustergültigkeit beweist. Die George hat Töne, die sie nur im Gehen von sich gibt, und es bekommen diese vom wohlgeordneten Spiel der Glieder eine gefällige Rhythmik. Das Gesicht der George ist von geringem Umfang und wird von ihren Beinen beherrscht, insofern ihr Sehen darüber nicht hinausgeht. Ihr subtiler Organismus macht sie Krankheiten geneigt, die leicht chronisch, aber nicht gefährlich werden. So ist die George dauernd mit der leichten Indisposition einer Wolfskehl behaftet. Den Schmitz, den sie einmal am Bein hatte, hat sie rasch überwunden. Einen irritierenden Gerardy ist sie aber so wenig los geworden wie an ihrer linken Pfote einen Gundelfinger, der sich da breit macht.

Gide, André

ist ein zartgebauter Schüler des Port Royal, aus ihm entsprungen und seitdem – es ist leicht, aus einer Stadt zu entfliehen, aber schwer, dann die rechte Straße zu finden – seitdem müht sich dieses vom Port Royal sublimierte Gewissen um Weg und Wege zwischen Genf und Paris, Rom und Moskau. Es flüchtet bisweilen erschöpft in Gärten, vergeblich von Blumen derbe Früchte dieser Erde erwartend. Oder es eilt ins Parisische und trinkt sich ein ganz kleines Voltairesches Schwippschen an. Manchmal auch bleibt es zwischen Paris und Genf in der Provinz liegen. Die Saiten dieser Kunst, eine Zuflucht, sind über eine offene Wunde seiner Seele gespannt; er schlägt sie wie es nur möglich ist: diskret und mit peinlichster Gewissenhaftigkeit.

 

 
Franz Blei (18 januari 1871 – 10 juli 1942)

 

De Engelse dichter en letterkundige Jon Stallworthy werd geboren op 18 januari 1935 in Londen. Zie ook alle tags voor Jon Stallworthy op dit blog.

No Ordinary Sunday

No ordinary Sunday. First the light
falling dead through dormitory windows blind
with fog; and then, at breakfast, every plate
stained with the small, red cotton flower; and no
sixpence for pocket money. Greatcoats, lined
by the right, marched from their pegs, with slow
poppy fires smouldering in one lapel
to light us through the fallen cloud. Behind
that handkerchief sobbed the quick Sunday bell.

A granite cross, the school field underfoot,
inaudible prayers, hymn-sheets that stirred
too loudly in the hand. When hymns ran out,
silence, like silt, lay round so wide and deep
it seemed that winter held its breath. We heard
only the river talking in its sleep:
until the bugler flexed his lips, and sound
cutting the fog cleanly like a bird,
circled and sang out over the bandaged ground.

Then, low-voiced, the headmaster called the roll
of those who could not answer; every name
suffixed with honour — ‘double first’, ‘kept goal
for Cambridge’ — and a death — in Spitfires, tanks,
and ships torpedoed. At his call there came through
the mist blond heroes in broad ranks
with rainbows struggling on their chests. Ahead
of us, in strict step, as we idled home
marched the formations of the towering dead.

November again, and the bugles blown
in a tropical Holy Trinity,
the heroes today stand further off, grown
smaller but distinct. They flash no medals, keep
no ranks: through Last Post and Reveille
their chins loll on their chests, like birds asleep.
Only when the long, last note ascends
upon the wings of kites, some two or three
look up: and have the faces of my friends.

 


Jon Stallworthy (18 januari 1935 – 19 november 2014)
Cover

 

De Franse schrijver en filosoof Charles Louis de Secondat, baron de La Brède et de Montesqieu werd geboren op 18 januari 1689 op het kasteel La Brède bij Bordeaux. Zie ook alle tags voor Montesquieu op dit blog.

Uit: Considérations sur les causes de la grandeur des Romains et de leur décadence

“La ville n’avait pas même de rues, si l’on n’appelle de ce nom la conti¬nuation des chemins qui y aboutissaient. Les maisons étaient placées sans ordre et très petites : car les hommes, toujours au travail ou dans la place publique, ne se tenaient guère dans les maisons.
Mais la grandeur de Rome parut bientôt dans ses édifices publics. Les ouvrages qui ont donné et qui donnent encore aujourd’hui la plus haute idée de sa puissance ont été faits sous les Rois. On commençait déjà à bâtir la ville éternelle.
Romulus et ses successeurs furent presque toujours en guerre avec leurs voisins pour avoir des citoyens, des femmes ou des terres. Ils revenaient dans la ville avec les dépouilles des peuples vaincus : c’étaient des gerbes de blé et des troupeaux ; cela y causait une grande joie. Voilà l’origine des triomphes, qui furent dans la suite la principale cause des grandeurs où cette ville parvint.
Rome accrut beaucoup ses forces par son union avec les Sabins, peuples durs et belliqueux comme les Lacédémoniens, dont ils étaient descendus. Romulus prit leur bouclier, qui était large, au lieu du petit bouclier argien, dont il s’était servi jusqu’alors, et on doit remarquer que ce qui a le plus contribué à rendre les Romains les maîtres du monde, c’est qu’ayant combattu successivement contre tous les peuples ils ont toujours renoncé à leurs usages sitôt qu’ils en ont trouvé de meilleurs.
On pensait alors dans les républiques d’Italie que les traités qu’elles avaient faits avec un roi ne les obligeaient point envers son successeur ; c’était pour elles une espèce de droit des gens. Ainsi tout ce qui avait été soumis par un roi de Rome se prétendait libre sous un autre, et les guerres naissaient toujours des guerres.
Le règne de Numa, long et pacifique, était très propre à laisser Rome dans sa médiocrité, et, si elle eût eu dans ce temps-là un territoire moins borné et une puissance plus grande, il y a apparence que sa fortune eût été fixée pour jamais.
Une des causes de sa prospérité, c’est que ses rois furent tous de grands personnages. On ne trouve point ailleurs, dans les histoires, une suite non interrompue de tels hommes d’État et de tels capitaines.
Dans la naissance des sociétés, ce sont les chefs des républiques qui font l’institution, et c’est ensuite l’institution qui forme les chefs des républiques.
Tarquin prit la couronne sans être élu par le Sénat ni par le peuple. Le pouvoir devenait héréditaire ; il le rendit absolu. Ces deux révolutions furent bientôt suivies d’une troisième.”

 

 
Montesquieu (18 januari 1689 – 10 februari 1755)
Cover

 

De Roemeense schrijver en journalist Ioan Slavici werd geboren op 18 januari 1848 in Siria. Zie ook alle tags voor Ioan Slavici op dit blog.

Uit: Popa Tanda (Vertaald door Lucy Byng)

“Then Father Trandafir reached this penitential spot. He could not expect to do as the others had done, come one day, stay the next, and depart the third. He was too much out of favour with the archdeacon to imagine that he would send him to another village. He could not remain without a village: a priest without a village—a cart without a wheel, a yoke without oxen, a hat on the top of a wig. He began to think what he must do; he must take things as they were, and stay gladly in Saraceni. It was only a village in name, but no one could say he was a priest without a village. But really a more suitable priest for a more suitable village you could not have found. The poverty of the priest corresponded to the poverty in the homes of his parishioners. From the beginning Trandafir realized one thing: it was much nicer in Butucani than in Saraceni. There the people all had something, and you could always have some of it. In Saraceni all the latches were made of wood. Then the Father reflected: the priest did all the business of the town, but the town took care of the priest’s purse. Before long the Father began to feel sure that the people who started by being charitable and hospitable were not born fools. “It is a wise thing when men meet together to comfort and cheer each other. Even our Redeemer began with almsgiving, and the wedding at Cana of Galilee.” Thus thought Father Trandafir; but in Saraceni there was neither almsgiving nor hospitality.
“There is one thing,” said the Father to himself a little later on, “in a poor village there is no corn for the priest to gather. As long as the people of Saraceni are lazy, so long shall I be hungry!” And he began to think how he was going to make his parishioners industrious. The industrious man eats the stones, makes soup out of the stagnant water, and reaps corn where the hemlock used to grow. “Then”—concluded the priest—”when the cow has fodder she is no longer dry!”

 
Ioan Slavici (18 januari 1848 – 17 augustus 1925) 
Borstbeeld in Iaşi

 

De Nicaraguaanse schrijver Rubén Darío werd geboren in Metapa, tegenwoordig Ciudad Darío, op 18 januari 1867. Zie ook alle tags voor Rubén Darío op dit blog.

 

Symphony In Grey Major

The sea like a vast silvered mirror
reflects the sky like a sheet of zinc;
distant flocks of birds make stains
on the burnished pale grey background.

The sun, like a round, opaque window
with an invalid’s steps climbs to the zenith;
the sea wind relaxes in the shade
using its black trumpet as a pillow.

The waves that move their leaden bellies
seem to moan beneath the pier.
Sitting on a cable, smoking his pipe,
is a sailor thinking of the beaches
of a vague, distant, misty land.

This sea-dog is old. The fiery beams
of Brazilian sun have tanned his face;
the wild typhoons of the China sea
have seen him drinking his bottle of gin.

The iodine and saltpetre foam
long has known his ruddy nose,
his curly hair, athletic biceps,
his canvas cap, his blouse of drill.

Surrounded by tobacco smoke
the old man sees the far off misty land
for which one hot and golden evening
his brig set out with all sails set …

The siesta of the tropics. The sea-dog sleeps.
Now the shades of grey enfold him.
It is as if an enormous soft charcoal
rubbed out the lines of the horizon’s arc.

The siesta of the tropics. The old cicada
tries out his senile, raucous guitar
and the cricket strikes up a monotonous solo
on the single string of his violin.

 

 
Rubén Darío (18 januari 1867 – 6 februari 1916)
Cover autobiografie

 

De Franse schrijver Paul Léautaud werd geboren op 18 januari 1872 in Parijs. Zie ook alle tags voor Paul Léautaud op dit blog.

Uit: Journal littéraire

« 11 mars 1938

Cet illuminé qui se croit un homme d’État, ce niais dans ses vues sociales, ce faible et pleurard, – comme Gide dans son illuminisme pour la Russie des Soviets, s’enthousiasmant sans rien savoir et quand il a vu la réalité, tombant de son haut. Et on voit tous ces coquins politiques se faire photographier en riant (il y a encore deux jours, dans un journal, Pierre Cot et Jean Zay).
Parlé aussi avec Gérin de l’abaissement de tout dans la société d’aujourd’hui. Très curieux, ce garçon de 23 ans, ancien ouvrier mineur, écrivant dans des journaux d’extrême gauche, me disant qu’il cesse peu à peu d’être républicain, démocrate, qu’il faut de l’ordre, de la hiérarchie, chacun à sa place et qu’il découvre peu à peu que la monarchie avait ses mérites et que, pour la liberté, il n’est pas si sûr qu’on ait gagné au change. Ce qui prouve bien que le milieu ne fait rien, mais le tempérament, le caractère, la sensibilité, et qu’on peut être aristocrate tout en étant un ancien ouvrier mineur.
Parlé des atteintes qu’a subies de tout cela la littérature, les moeurs littéraires, la profusion de la production, les éloges déme­surés à tout propos, les rapprochements à chaque instant avec tel écrivain célèbre : on est un nouveau Balzac à bon marché, la médiocrité de la critique, son manque de liberté d’ailleurs, tant par les petits échanges d’intérêts que par le veto des journaux. II arrive à dire qu’il manque un Sainte-Beuve, qui ne serait peut-être plus possible d’ailleurs. »

 

 
Paul Léautaud (18 januari 1872 – 22 februari 1956)
Portret van Léautaud met zijn katten door Henri Gabriel Ibels, z.j.

 

De Britse dichter en schrijver Alan Alexander Milne werd geboren op 18 januari 1882 in Londen. Zie ook alle tags voor Alan Alexander Milne op dit blog.

 

Vespers

Little Boy kneels at the foot of the bed,
Droops on the little hands little gold head.
Hush! Hush! Whisper who dares!
Christopher Robin is saying his prayers.

God bless Mummy. I know that’s right.
Wasn’t it fun in the bath to-night?
The cold’s so cold, and the hot’s so hot.
Oh! God bless Daddy – I quite forgot.

If I open my fingers a little bit more,
I can see Nanny’s dressing-gown on the door.
It’s a beautiful blue, but it hasn’t a hood.
Oh! God bless Nanny and make her good.

Mine has a hood, and I lie in bed,
And pull the hood right over my head,
And I shut my eyes, and I curl up small,
And nobody knows that I’m there at all.

Oh! Thank you, God, for a lovely day.
And what was the other I had to say?
I said ‘Bless Daddy,’ so what can it be?
Oh! Now I remember it. God bless Me.

Little Boy kneels at the foot of the bed,
Droops on the little hands little gold head.
Hush! Hush! Whisper who dares!
Christopher Robin is saying his prayers.

 

Solitude

I have a house where I go
When there’s too many people,
I have a house where I go
Where no one can be;
I have a house where I go,
Where nobody ever says ‘No’;
Where no one says anything- so
There is no one but me.

 

 
Alan Alexander Milne (18 januari 1882 – 31 januari 1956)
Cover biografie

 

Zie voor nog meer schrijvers van de 18e januari ook mijn blog van 18 januari 2015 deel 2 en ook deel 3.

Peter Stamm, Sascha Kokot, Franz Blei, Jon Stallworthy, Montesquieu, Ioan Slavici, Rubén Darío, Paul Léautaud, Alan Alexander Milne

De Zwitserse schrijver Peter Stamm werd geboren op 18 januari 1963 in Weinfelden. Zie ook alle tags voor Peter Stamm op dit blog.

Uit: Weit über das Land

„Tagsüber bemerkte man die Büsche kaum, die das Grundstück von jenen der Nachbarn trennten, sie gingen unter im allgemeinen Grün, aber wenn die Sonne sank und die Schatten länger wurden, war es, als wüchsen sie zu einer Mauer, die immer unüberwindbarer wurde, bis schließlich das letzte Licht aus dem Garten verschwunden war und die ganze quadratische Rasenfläche im Schatten lag, ein dunkles Verlies, aus dem es kein Entkommen mehr gab. Dann wurde es, jetzt, Mitte August, schnell kühl, die Kühle und die Feuchtigkeit schienen aus dem Boden zu dringen, in den sie sich während der Sonnenstunden zurückgezogen hatten, ohne jemals ganz daraus zu verschwinden.
Thomas und Astrid hatten die Kinder ins Bett gebracht, sich mit einem Glas Wein auf die Holzbank vor dem Haus gesetzt und die Sonntagszeitung geteilt. Nach einer Weile war durch das offene Fenster Konrads weinerliche Stimme zu hören gewesen und Astrid hatte ihren Teil der Zeitung mit einem Seufzer auf die Bank gelegt, hatte ihr Weinglas geleert und war wortlos hineingegangen und nicht wieder herausgekommen. Thomas hörte ein beruhigendes Murmeln und sah kurze Zeit später, wie das Licht im Wohnzimmer anging. Dann wurde das Fenster geschlossen, ein entschiedenes Zuklappen, das den Tag beschloss, das Wochenende, die Ferien. Das Licht ging wieder aus und Thomas stellte sich vor, wie Astrid sich im Flur auf den Boden kniete und den großen Koffer auspackte, den sie nach ihrer Rückkehr am späten Nachmittag dort abgestellt hatten. Es musste auch hier heiß gewesen sein während ihrer Abwesenheit, im Haus war es warm, die Luft war abgestanden und dicht, als herrsche im Inneren ein erhöhter Druck. Thomas blätterte die Post durch, die die Nachbarn auf den Tisch im Wohnzimmer gelegt hatten. Astrid stand dicht hinter ihm, ohne sie zu sehen, spürte er ihre Präsenz, ihre Aufmerksamkeit.
Nichts Wichtiges, sagte er, und setzte sich an den Tisch. Astrid öffnete die Fenster und sagte, während sie hinausging, sie werde das Abendessen machen. Sie hatten in einem Tankstellenshop ein paar Sachen gekauft, Brot, Milch und Käse und einen Beutel Mischsalat. Die Kinder waren in den oberen Stock verschwunden, Thomas hörte sie über irgendetwas streiten. Als er und Astrid sie nach dem Abendessen ins Bett gebracht hatten, war Konrad beim Zähneputzen fast eingeschlafen und Ella hatte nicht einmal gefragt, ob sie noch lesen dürfe.“

 

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Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

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Uit: Agnes

„Die Bilder scheinen mir wirklicher als die dunkle Wohnung, die mich umgibt. Es ist ein seltsames Licht in ihnen, das Licht einer weiten Ebene an einem Nachmittag im Oktober.
Eine leere Ebene, weit und breit keine Stadt, kein Dorf, nicht einmal eine Farm. Kurz geschnittene Sequenzen, ohne dass das Bild sich wesentlich verändert. Immer neue Ansätze, Versuche, die Landschaft zu erfassen. Manchmal erahne ich, weshalb Agnes die Kamera eingeschaltet hat: eine seltsam geformte Wolke, eine Reklametafel, in der Ferne ein Streifen Wald, fast unsichtbar durch das Weitwinkelobjektiv. Einmal ein Schwenk zu mir, wie ich am Steuer sitze. Ich mache eine Grimasse. Und dann wohl der Versuch, sich selbst zu zeigen: der Rückspiegel, darin gross die Kamera und dahinter, kaum zu sehen, Agnes selbst. Dann noch einmal ganz kurz Agnes, am Steuer diesmal, wie sie eine abwehrende Handbewegung macht.
Der Parkaufseher. Auch er macht abwehrende Handbewegungen, aber im Gegensatz zu Agnes lacht er dabei. Ein Zoom auf seine Hände, die über ein Kartenblatt fahren, einen Weg zeigen, der im Bild nicht zu erkennen ist. Der Aufseher lässt sich auf seinen Stuhl fallen, öffnet eine Schublade, zieht einige Broschüren heraus. Er lacht und hält eine davon in die Kamera: How to survive Hoosier National Forest. Das Bild wackelt, dann greift von unten eine Hand nach dem Faltblatt. Der Parkaufseher spricht unentwegt, sein Gesicht wird ernst. Die Kamera wendet sich von ihm ab, streift mich kurz. Plötzlich Wald, ein lockerer Baumbestand. Ich liege auf dem Boden, scheine zu schlafen oder habe zumindest die Augen geschlossen. Die Kamera nähert sich mir von oben, kommt immer näher, bis das Bild unscharf wird, weicht zurück. Dann wandert sie über meinen Körper bis zu den Füssen und wieder zum Kopf. Lange bleibt sie auf dem Gesicht stehen, versucht, noch einmal näherzukommen, aber das Bild wird wieder unscharf, und sie weicht von neuem zurück“.

 

 
Peter Stamm (Weinfelden, 18 januari 1963)

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Sascha Kokot, Peter Stamm, Franz Blei, Jon Stallworthy, Montesquieu, Ioan Slavici

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

die Maschinen werden dir zu klein

die Maschinen werden dir zu klein
du kannst damit nichts mehr anfangen
und weißt nur die alten Geräte zu bedienen
mit ihren schweren Leibern scharf und grob
gegossen stehen sie stur als Herde in der Halle
und zwischen all dem das kleine Getier
zerbricht bei der geringsten Erschütterung in staubige Teile
als Nährboden für die befruchteten Eier
die warten auf einen günstigen Moment
wenn du nicht mehr im Raum bist und
nur die Glühbirne als letzte Wärmequelle summt

 

ruhig werd ich nicht

ruhig werd ich nicht
mit dem Blick auf den Wald
und dem schwarzen Mobiliar
mir in den Rücken gestellt
die Frau steht in der Küche
redet mit dem Kind im Laufgitter
der Hunger lässt es quengeln
morgen kommt der Mörtel
für die letzten Fugen am Haus
seit einigen Tagen hält sich
die Wärme länger im Ofen
das Befeuern gelingt nun besser
auch der Frost zieht sich zurück
doch es sammelt sich Wild vor den Toren
ruhig werd ich nicht

 

 
Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

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Sascha Kokot, Peter Stamm, Rubén Darío, Franz Blei, Paul Léautaud

De Duitse dichter, schrijver en fotograaf Sascha Kokot werd geboren op 18 januari 1982 in Osterburg. Zie ook alle tags voor Sascha Kokot op dit blog.

 

Schließer

auch diese Nacht fällt
hinter deinem Haus zu Boden
du hast freie Sicht tief hinein
weißt von den Funkmasten den Rasthöfen
wie Transit sich daran entlang spurt
mit rotem Licht die Sedimente abfährt
das Zurückgelassene nachdunkelt
viel hast du dort geborgen
dir stur in die Zimmer gestellt
Schwemmholz deiner Herkunft
nun bleibt dir der Blick vom Balkon
auf die halbe graue Stadt die demontierten Gleise
der kalten Rodung folgte Stille nach
dein Heim ist ein begehbares Wesen
in dem unser Fehlen haust

 

auch dieser See wird heute gedörrt

auch dieser See wird heute gedörrt
mit seinen Untiefen im dichten Bewuchs
den Schwimmern bleibt keine Zeit
für die Querung des Gewässers
ihre Bewegungen greifen ins Leere
die Kiemen verlieren ihre Form
ferne Bojen scheppern hohl auf Grund
irgendwo dazwischen schnappen Segel nach Wind
der Strand rückt zusehends auf eine Schlinge
die sich schnell zuzieht ihr folgen
die Bewohner mit Tuch und Schirm
sie finden nichts mehr vor zum Anlegen
ich habe diesen Sommer gerufen
um in fünfundfünfzig Metern Tiefe
auf dem letzten Flöz zu stehen
vom Großvater vergessen

 

 
Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

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 in den ersten Tagen blieb der Schnee aus

in den ersten Tagen blieb der Schnee aus
die Rollbahnen grau ins Land geschnitten
half uns nur das Distanzrauschen
über die Sprache hinweg
ein toter Leib mehr zurückgelassen
ohne Lust auf Beute ziehen wir weiter
tiefe Spuren in Richtung Forst zeugen von
schweren Maschinen anfällig und starr
schwelen sie fremd in dieser Witterung
die Wüstung von einer feinen Schicht bedeckt
eine Benennung einzelner Teile will uns nicht gelingen
auch wissen wir mit unseren Mäulern nichts mehr anzufangen
wir kennen nur diese Verlassenheit
als das weite Feld auf der anderen Seite
das Licht stumm ablöscht

 

am Hang im angewehten Schnee

am Hang im angewehten Schnee
halten sich meine Spuren in Deckung
aus der Schonung über das Bracheeis
enden sie auf ungewisse Dauer
das Jungwild bleibt auf Abstand
zieht sich schnell in die Bewaldung zurück
die einzige Kontur die sich ausmachen lässt
der Weg ist schon fort vor Minuten überblendet
geblieben sind am Turm der Stundenschlag
ein Hof in dessen Ferne eine Säge kreist
kein Ort zum Unterkommen

 

 
Sascha Kokot (Osterburg, 18 januari 1982)

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